Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.in Südpersieu wirkende Landarmee schaffen zu können; sie übersieht aber dabei Diese Verhältnisse lassen sich aber nur dann sachgemäß und zutreffend Der Zahl nach sind die zunächst stehenden russischen Truppen weit schwächer, Was aber den Stürtennterschied der beiden Rivalen in Zeutrnlasieu noch in Südpersieu wirkende Landarmee schaffen zu können; sie übersieht aber dabei Diese Verhältnisse lassen sich aber nur dann sachgemäß und zutreffend Der Zahl nach sind die zunächst stehenden russischen Truppen weit schwächer, Was aber den Stürtennterschied der beiden Rivalen in Zeutrnlasieu noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0643" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237167"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2698" prev="#ID_2697"> in Südpersieu wirkende Landarmee schaffen zu können; sie übersieht aber dabei<lb/> die Mangelhaftigkeit der englisch-indischen Armee lind rechnet zu viel mit der<lb/> Unachtsamkeit und Unthätigkeit der russischen Regierung. Diese ist aber schon<lb/> lange auf ihrer Hut, und nicht erst die bedrohliche Haltung Englands in Koweit.<lb/> oder die Anwesenheit des englischen Kreuzers „Perseus" und dreier Knuoueu-<lb/> bovtc im Persischen Meerlinsen haben Rußland die Augen über die militärische<lb/> Bedeutung der Bagdadbahu sowie über Englands Absichten in Asien geöffnet,<lb/> sondern die Erkenntnis der strategischen Vorteile, die zunächst die Türkei, dann<lb/> aber auch jede fremde Macht durch die Beherrschung der Bagdadbahn haben<lb/> muß, und sodann die Bedeutung des Persischen Golfs für die Operationen<lb/> einer russischen Armee gegen Indien haben die Zarenpolitik und die militärischen<lb/> Maßnahmen in Mittelasien und »ach Persien zu in die rechten Wege geleitet<lb/> gegenüber den Expansionsbestrebnngen der Engländer.</p><lb/> <p xml:id="ID_2699"> Diese Verhältnisse lassen sich aber nur dann sachgemäß und zutreffend<lb/> beurteilen, wenn man über die militärische Lage Rußlands an den Grenzen<lb/> gegen Persien und Afghanistan Bescheid weiß, und wenn man das afghanische<lb/> und das englisch-indische Heer mit in den Bereich der Erwägungen zieht. Die<lb/> zuletzt genannte Armee verfügt zur Zeit über 218210 Mann, die sich mit<lb/> 73362 Mann auf englische Truppen und mit 144848 Mann auf eingeborne<lb/> verteilen, und zu denen die vier großen Armeen von Bombay, Madras, Bengalen<lb/> und dem Punjnb gehören. Anspruch auf einigen militärischen Wert haben von<lb/> diesen Soldaten nnr die englischen und von deu eingebornen die verhältnis¬<lb/> mäßig geringe Zahl derer, die zu den Stämmen der Gurkhas und Sikhs ge¬<lb/> hören oder aus den Bergen Nepals lind dem Puujnb angeworben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2700"> Der Zahl nach sind die zunächst stehenden russischen Truppen weit schwächer,<lb/> denn die beiden in Turkestan stehenden Armeekorps haben nur 60000 Manu<lb/> und 34 Batterien; da sie, mit Ausnahme zweier versuchsweise formierter Es¬<lb/> kadrons Turkmenen, sämtlich ein und derselben Nation angehören, so könne»<lb/> sie mit Fug und Recht nur mit den vorerwähnten 73362 Mann englischer<lb/> Truppen verglichen werden. Auch der verbleibende Unterschied von 13362 Köpfen<lb/> zu llnguusteu des russischen Kontingents schrumpft noch zusammen, wenn man<lb/> berücksichtigt, daß England von seinen britischen Truppen in Indien noch<lb/> 1500 Mann zur Garnison Aden lind 3500 Mann zur Besatzung von Birma<lb/> abgeben muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_2701" next="#ID_2702"> Was aber den Stürtennterschied der beiden Rivalen in Zeutrnlasieu noch<lb/> ">ehr verringert, das ist der Umstand, daß England im Notfall Verstärkungen<lb/> aus dem Mutterlande frühestens in 18 Tagen heranziehn kann, während<lb/> Rußland dagegen innerhalb 24 Stunden 70000 Mann ans dem Kaukasus<lb/> vou Baku aus über das Kaspische Meer nach Krasnowodsk beordern und<lb/> hierdurch eine wesentliche Unterstützung für seine beiden Armeekorps ans dem<lb/> Turkestan finden kaun. Auch darf schließlich bei einer solchen Gegenüberstellung<lb/> der Truppenstärken nicht unerwähnt bleibe», daß England unter der dauernden<lb/> ^esorguis steht, die eingebornen Regimenter könnten sich, dem Beispiel früherer<lb/> Tahre folgend, in entscheidender Stunde gegen die Fremdherrschaft erheben und<lb/> ehre Kriegsdienste verweigern oder gar zum Feinde übergehn. Es ist ja schon</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0643]
in Südpersieu wirkende Landarmee schaffen zu können; sie übersieht aber dabei
die Mangelhaftigkeit der englisch-indischen Armee lind rechnet zu viel mit der
Unachtsamkeit und Unthätigkeit der russischen Regierung. Diese ist aber schon
lange auf ihrer Hut, und nicht erst die bedrohliche Haltung Englands in Koweit.
oder die Anwesenheit des englischen Kreuzers „Perseus" und dreier Knuoueu-
bovtc im Persischen Meerlinsen haben Rußland die Augen über die militärische
Bedeutung der Bagdadbahu sowie über Englands Absichten in Asien geöffnet,
sondern die Erkenntnis der strategischen Vorteile, die zunächst die Türkei, dann
aber auch jede fremde Macht durch die Beherrschung der Bagdadbahn haben
muß, und sodann die Bedeutung des Persischen Golfs für die Operationen
einer russischen Armee gegen Indien haben die Zarenpolitik und die militärischen
Maßnahmen in Mittelasien und »ach Persien zu in die rechten Wege geleitet
gegenüber den Expansionsbestrebnngen der Engländer.
Diese Verhältnisse lassen sich aber nur dann sachgemäß und zutreffend
beurteilen, wenn man über die militärische Lage Rußlands an den Grenzen
gegen Persien und Afghanistan Bescheid weiß, und wenn man das afghanische
und das englisch-indische Heer mit in den Bereich der Erwägungen zieht. Die
zuletzt genannte Armee verfügt zur Zeit über 218210 Mann, die sich mit
73362 Mann auf englische Truppen und mit 144848 Mann auf eingeborne
verteilen, und zu denen die vier großen Armeen von Bombay, Madras, Bengalen
und dem Punjnb gehören. Anspruch auf einigen militärischen Wert haben von
diesen Soldaten nnr die englischen und von deu eingebornen die verhältnis¬
mäßig geringe Zahl derer, die zu den Stämmen der Gurkhas und Sikhs ge¬
hören oder aus den Bergen Nepals lind dem Puujnb angeworben werden.
Der Zahl nach sind die zunächst stehenden russischen Truppen weit schwächer,
denn die beiden in Turkestan stehenden Armeekorps haben nur 60000 Manu
und 34 Batterien; da sie, mit Ausnahme zweier versuchsweise formierter Es¬
kadrons Turkmenen, sämtlich ein und derselben Nation angehören, so könne»
sie mit Fug und Recht nur mit den vorerwähnten 73362 Mann englischer
Truppen verglichen werden. Auch der verbleibende Unterschied von 13362 Köpfen
zu llnguusteu des russischen Kontingents schrumpft noch zusammen, wenn man
berücksichtigt, daß England von seinen britischen Truppen in Indien noch
1500 Mann zur Garnison Aden lind 3500 Mann zur Besatzung von Birma
abgeben muß.
Was aber den Stürtennterschied der beiden Rivalen in Zeutrnlasieu noch
">ehr verringert, das ist der Umstand, daß England im Notfall Verstärkungen
aus dem Mutterlande frühestens in 18 Tagen heranziehn kann, während
Rußland dagegen innerhalb 24 Stunden 70000 Mann ans dem Kaukasus
vou Baku aus über das Kaspische Meer nach Krasnowodsk beordern und
hierdurch eine wesentliche Unterstützung für seine beiden Armeekorps ans dem
Turkestan finden kaun. Auch darf schließlich bei einer solchen Gegenüberstellung
der Truppenstärken nicht unerwähnt bleibe», daß England unter der dauernden
^esorguis steht, die eingebornen Regimenter könnten sich, dem Beispiel früherer
Tahre folgend, in entscheidender Stunde gegen die Fremdherrschaft erheben und
ehre Kriegsdienste verweigern oder gar zum Feinde übergehn. Es ist ja schon
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