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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

selbst unbewußte Liebenswürdigkeit waren ihm etwas ganz Neues. Diese junge
Dame in das Heiligtum der Wissenschaft einzuführen, machte ihm große Freude,
und er bereitete sich diese Freude täglich und dehnte sie aus, soweit es eben ging.

Die gnädige Frau hatte sich auch in ihrer Krankheit nicht von ihrer Lorgnette
mit dem langen Stiele trennen können. Sie hielt sie in der Hand und machte
mit ihr matte Taktschläge zu dem, was sie dachte. Als nun -- durch Verdienst
des Arztes -- alle Komplikationen, die das an sich geringe Leiden gefährlich
machten, bekämpft und beseitigt waren, sie aber, um gefährliche Rückfälle zu ver¬
meiden, bis auf weiteres im Bette liegen blieb, wurden die Konferenzen nur noch
länger. Es gab so unendlich viel zu ordnen, zu bedenken, zu besprechen, was ja
am besten in Gegenwart des Arztes geschah, der zu allem seinen wissenschaftlichen
Segen geben mußte.

Beunruhige dich nicht, Mama, sagte Alice, es wird ja alles besorgt.

Du scheinst anzunehmen, mein Kind, erwiderte die gnädige Frau, indem sie,
so gut es im Bette ging, eine königliche Haltung annahm, daß ich entbehrlich bin.
Sie war allerdings der Meinung, daß die guten Reden, mit denen sie die Arbeit
andrer zu begleiten Pflegte, unersetzlich seien. -- Wenn du die Erfahrung hättest
wie ich, Allee, würdest du den Wert einer Hausfrau nicht unterschätzen. Die Haus¬
frau ist die Seele des Hauses. Ach, ein Haus ohne Hausfrau, wie seelenlos ist
es. Und wie gönne ich euch und Egon das Glück, eine sorgende Mutter und
Gattin zu haben. Es ist nicht leicht, Herr Doktor. Die Hausfrau trägt die Last
des ganzen Hauses. Sie bedenkt und erwägt und leitet alles. So habe ich
wenigstens meine Aufgabe angesehen. Ich habe es für meine Pflicht gehalten,
meinem Hause zu leben, und du wirst mir zugestehn, Alice, daß ich meine Pflicht
erfüllt habe. Tante Maud pflegte zu sagen -- Tante Maud in Scroopshir Castle,
sie war die Gemahlin des verstorbnen Barons of Scroopshire und wohnte im
Sommer auf ihrem Schlosse, einem prachtvollen alten Bau aus dem Mittelalter!
Uralte Bäume! Man aß von Silber, die Dienerschaft trug Uniform, Scharlachrot
und Silber. Nein, ich irre mich, es war Dunkelblau und Gold, und dazu ge¬
puderte Perücke. Was wollte ich doch sagen? -- Ja, sie Pflegte zu sagen: Ich
habe Grund, anzunehmen, daß du einmal das Glück und der Stolz deines Hauses
werden wirst. In der That, so sagte Tante Maud.

Die gnädige Frau sah fragend rechts auf Alice und links auf den Doktor,
als wenn sie ein bestätigendes Zeugnis wünsche. Doktor Duttmüller beeilte sich
denn auch, die Tante Maud als eine Dame von Klugheit und Menschenkenntnis
zu rühmen. Worauf ihm die gnädige Frau dankbar die Hand reichte und fort¬
fuhr: Darum bin ich Ihnen auch so dankbar, daß Sie mir helfen, gesund zu
werden und trotz meines Leidens meine Pflicht zu erfüllen. Ihnen und Alice --
hier reichte sie die andre Hand Alice, und die Sache nahm einen gruppenhaften
Charakter an. Ich muß Ihnen sagen, lieber Doktor, daß ich ein ganz besondres
Zutrauen zu Ihnen habe, als Arzt und als Mensch. Es ist mir seit lange kein
Mediziner vorgekommen, der seines Amtes mit solcher Treue und Selbstlosigkeit
waltete, der einen so rein sachlichen Blick hat, und der mit solcher unfehlbaren
Sicherheit das Rechte zu treffen weiß. Ich bin Ihnen sehr, sehr dankbar.

Hier wurde Doktor Duttmüller rot.

Und auch dir, Alice, bin ich sehr, sehr dankbar. Du hast dich selbst übertroffen.
Ich wünsche dir all das Beste, Was eine Mutter ihrer Tochter nur wünschen kann.
Damit sah sie bedeutsam zu Doktor Duttmüller hinüber.

Hier wurde auch Alice rot. Aber es geschah weiter nichts.

Während dessen waren Ellen und ihr Papa in dessen Studierzimmer. Papa
rauchte seine Meerschaumpfeife, und Ellen hatte das chemische Buch auf den Knieen,
studierte aber nicht.

Pa, sagte Ellen, ich muß einmal den Dummen markieren, wie Klapphorn sagt,
aber du darfst nicht böse sein.


Doktor Duttmüller und sein Freund

selbst unbewußte Liebenswürdigkeit waren ihm etwas ganz Neues. Diese junge
Dame in das Heiligtum der Wissenschaft einzuführen, machte ihm große Freude,
und er bereitete sich diese Freude täglich und dehnte sie aus, soweit es eben ging.

Die gnädige Frau hatte sich auch in ihrer Krankheit nicht von ihrer Lorgnette
mit dem langen Stiele trennen können. Sie hielt sie in der Hand und machte
mit ihr matte Taktschläge zu dem, was sie dachte. Als nun — durch Verdienst
des Arztes — alle Komplikationen, die das an sich geringe Leiden gefährlich
machten, bekämpft und beseitigt waren, sie aber, um gefährliche Rückfälle zu ver¬
meiden, bis auf weiteres im Bette liegen blieb, wurden die Konferenzen nur noch
länger. Es gab so unendlich viel zu ordnen, zu bedenken, zu besprechen, was ja
am besten in Gegenwart des Arztes geschah, der zu allem seinen wissenschaftlichen
Segen geben mußte.

Beunruhige dich nicht, Mama, sagte Alice, es wird ja alles besorgt.

Du scheinst anzunehmen, mein Kind, erwiderte die gnädige Frau, indem sie,
so gut es im Bette ging, eine königliche Haltung annahm, daß ich entbehrlich bin.
Sie war allerdings der Meinung, daß die guten Reden, mit denen sie die Arbeit
andrer zu begleiten Pflegte, unersetzlich seien. — Wenn du die Erfahrung hättest
wie ich, Allee, würdest du den Wert einer Hausfrau nicht unterschätzen. Die Haus¬
frau ist die Seele des Hauses. Ach, ein Haus ohne Hausfrau, wie seelenlos ist
es. Und wie gönne ich euch und Egon das Glück, eine sorgende Mutter und
Gattin zu haben. Es ist nicht leicht, Herr Doktor. Die Hausfrau trägt die Last
des ganzen Hauses. Sie bedenkt und erwägt und leitet alles. So habe ich
wenigstens meine Aufgabe angesehen. Ich habe es für meine Pflicht gehalten,
meinem Hause zu leben, und du wirst mir zugestehn, Alice, daß ich meine Pflicht
erfüllt habe. Tante Maud pflegte zu sagen — Tante Maud in Scroopshir Castle,
sie war die Gemahlin des verstorbnen Barons of Scroopshire und wohnte im
Sommer auf ihrem Schlosse, einem prachtvollen alten Bau aus dem Mittelalter!
Uralte Bäume! Man aß von Silber, die Dienerschaft trug Uniform, Scharlachrot
und Silber. Nein, ich irre mich, es war Dunkelblau und Gold, und dazu ge¬
puderte Perücke. Was wollte ich doch sagen? — Ja, sie Pflegte zu sagen: Ich
habe Grund, anzunehmen, daß du einmal das Glück und der Stolz deines Hauses
werden wirst. In der That, so sagte Tante Maud.

Die gnädige Frau sah fragend rechts auf Alice und links auf den Doktor,
als wenn sie ein bestätigendes Zeugnis wünsche. Doktor Duttmüller beeilte sich
denn auch, die Tante Maud als eine Dame von Klugheit und Menschenkenntnis
zu rühmen. Worauf ihm die gnädige Frau dankbar die Hand reichte und fort¬
fuhr: Darum bin ich Ihnen auch so dankbar, daß Sie mir helfen, gesund zu
werden und trotz meines Leidens meine Pflicht zu erfüllen. Ihnen und Alice —
hier reichte sie die andre Hand Alice, und die Sache nahm einen gruppenhaften
Charakter an. Ich muß Ihnen sagen, lieber Doktor, daß ich ein ganz besondres
Zutrauen zu Ihnen habe, als Arzt und als Mensch. Es ist mir seit lange kein
Mediziner vorgekommen, der seines Amtes mit solcher Treue und Selbstlosigkeit
waltete, der einen so rein sachlichen Blick hat, und der mit solcher unfehlbaren
Sicherheit das Rechte zu treffen weiß. Ich bin Ihnen sehr, sehr dankbar.

Hier wurde Doktor Duttmüller rot.

Und auch dir, Alice, bin ich sehr, sehr dankbar. Du hast dich selbst übertroffen.
Ich wünsche dir all das Beste, Was eine Mutter ihrer Tochter nur wünschen kann.
Damit sah sie bedeutsam zu Doktor Duttmüller hinüber.

Hier wurde auch Alice rot. Aber es geschah weiter nichts.

Während dessen waren Ellen und ihr Papa in dessen Studierzimmer. Papa
rauchte seine Meerschaumpfeife, und Ellen hatte das chemische Buch auf den Knieen,
studierte aber nicht.

Pa, sagte Ellen, ich muß einmal den Dummen markieren, wie Klapphorn sagt,
aber du darfst nicht böse sein.


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[0578] Doktor Duttmüller und sein Freund selbst unbewußte Liebenswürdigkeit waren ihm etwas ganz Neues. Diese junge Dame in das Heiligtum der Wissenschaft einzuführen, machte ihm große Freude, und er bereitete sich diese Freude täglich und dehnte sie aus, soweit es eben ging. Die gnädige Frau hatte sich auch in ihrer Krankheit nicht von ihrer Lorgnette mit dem langen Stiele trennen können. Sie hielt sie in der Hand und machte mit ihr matte Taktschläge zu dem, was sie dachte. Als nun — durch Verdienst des Arztes — alle Komplikationen, die das an sich geringe Leiden gefährlich machten, bekämpft und beseitigt waren, sie aber, um gefährliche Rückfälle zu ver¬ meiden, bis auf weiteres im Bette liegen blieb, wurden die Konferenzen nur noch länger. Es gab so unendlich viel zu ordnen, zu bedenken, zu besprechen, was ja am besten in Gegenwart des Arztes geschah, der zu allem seinen wissenschaftlichen Segen geben mußte. Beunruhige dich nicht, Mama, sagte Alice, es wird ja alles besorgt. Du scheinst anzunehmen, mein Kind, erwiderte die gnädige Frau, indem sie, so gut es im Bette ging, eine königliche Haltung annahm, daß ich entbehrlich bin. Sie war allerdings der Meinung, daß die guten Reden, mit denen sie die Arbeit andrer zu begleiten Pflegte, unersetzlich seien. — Wenn du die Erfahrung hättest wie ich, Allee, würdest du den Wert einer Hausfrau nicht unterschätzen. Die Haus¬ frau ist die Seele des Hauses. Ach, ein Haus ohne Hausfrau, wie seelenlos ist es. Und wie gönne ich euch und Egon das Glück, eine sorgende Mutter und Gattin zu haben. Es ist nicht leicht, Herr Doktor. Die Hausfrau trägt die Last des ganzen Hauses. Sie bedenkt und erwägt und leitet alles. So habe ich wenigstens meine Aufgabe angesehen. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, meinem Hause zu leben, und du wirst mir zugestehn, Alice, daß ich meine Pflicht erfüllt habe. Tante Maud pflegte zu sagen — Tante Maud in Scroopshir Castle, sie war die Gemahlin des verstorbnen Barons of Scroopshire und wohnte im Sommer auf ihrem Schlosse, einem prachtvollen alten Bau aus dem Mittelalter! Uralte Bäume! Man aß von Silber, die Dienerschaft trug Uniform, Scharlachrot und Silber. Nein, ich irre mich, es war Dunkelblau und Gold, und dazu ge¬ puderte Perücke. Was wollte ich doch sagen? — Ja, sie Pflegte zu sagen: Ich habe Grund, anzunehmen, daß du einmal das Glück und der Stolz deines Hauses werden wirst. In der That, so sagte Tante Maud. Die gnädige Frau sah fragend rechts auf Alice und links auf den Doktor, als wenn sie ein bestätigendes Zeugnis wünsche. Doktor Duttmüller beeilte sich denn auch, die Tante Maud als eine Dame von Klugheit und Menschenkenntnis zu rühmen. Worauf ihm die gnädige Frau dankbar die Hand reichte und fort¬ fuhr: Darum bin ich Ihnen auch so dankbar, daß Sie mir helfen, gesund zu werden und trotz meines Leidens meine Pflicht zu erfüllen. Ihnen und Alice — hier reichte sie die andre Hand Alice, und die Sache nahm einen gruppenhaften Charakter an. Ich muß Ihnen sagen, lieber Doktor, daß ich ein ganz besondres Zutrauen zu Ihnen habe, als Arzt und als Mensch. Es ist mir seit lange kein Mediziner vorgekommen, der seines Amtes mit solcher Treue und Selbstlosigkeit waltete, der einen so rein sachlichen Blick hat, und der mit solcher unfehlbaren Sicherheit das Rechte zu treffen weiß. Ich bin Ihnen sehr, sehr dankbar. Hier wurde Doktor Duttmüller rot. Und auch dir, Alice, bin ich sehr, sehr dankbar. Du hast dich selbst übertroffen. Ich wünsche dir all das Beste, Was eine Mutter ihrer Tochter nur wünschen kann. Damit sah sie bedeutsam zu Doktor Duttmüller hinüber. Hier wurde auch Alice rot. Aber es geschah weiter nichts. Während dessen waren Ellen und ihr Papa in dessen Studierzimmer. Papa rauchte seine Meerschaumpfeife, und Ellen hatte das chemische Buch auf den Knieen, studierte aber nicht. Pa, sagte Ellen, ich muß einmal den Dummen markieren, wie Klapphorn sagt, aber du darfst nicht böse sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/578>, abgerufen am 20.10.2024.