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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttinüller und sein Freund

mühe und einem blau und rot karrierten Unterrocke bekleidet, die Füße in Männer¬
stiefel gesteckt, angekeucht. Die Haubenbänder flogen in der Luft, und die Arme
machten verzweifelte Bewegungen. Es war Frau Rummel, die gefürchtete Frau
des Obersteigers. Der Obersteiger hatte nämlich seine Wohnung im Werke selbst.
Sie brach mit kühner Gewalt durch den Kreis der Zuschauer, packte einen der da¬
stehenden Bergleute beim Kragen und herrschte ihn an: Wo ist mein Mann?

Nanu, sagte der Bergmann.

Wo mein Mann ist? Können Sie nicht hören?

Unten auf Sohle zwei.

Was macht er da?

Gar nichts.

Mensch, reden Sie nicht so dämlich. Was mein Mann macht, will ich wissen.

Was soll er denn machen, wenn er ertrunken ist?

Frau Rummel war eine starke Fran. Ihr Mann und alle, die mit ihr zu
thun gehabt hatten, konnten das beschwören, ohne in Gefahr zu kommen, einen
Meineid zu leisten. Ihre Fäuste, ihre Zunge, ihre Nerven hatten etwas helden¬
haftes, unbesiegbares. Und doch war sie innerlich weich. Wie ein Ritter im
Stachelspitzeuharuisch doch seine Stelle hat, wo er verwundbar ist, so auch sie. Und
die Stelle, wo sie verwundbar war, war ihr Mann. Es war wunderlich, sie hatte
thu täglich gequält, gescholten, beschulmeistert, herunter gemacht, aber nicht aus Ab¬
neigung, sondern aus einer wunderlichen Art von Liebe, indem sie immer sein
Bestes, wie sie es sich dachte, im Auge hatte. Sie konnte, so oft sie ihren Mann
auch aufgefordert hatte, zum Teufel zu gehn, ohne ihren Mann nicht leben. Auf
das Wort: Ertrunken! sanken ihr die Arme, riß sie Mund und Augen auf und
schien in dieser Haltung zu erstarren.

Ein mitleidiger Bergmann schüttelte sie am Arm und sagte: Nehmen Sie es
nicht so schwer, Frau Rummel. Sterben müssen wir alle einmal. Und Ihr Mann
hat seine Schuldigkeit gethan, das sagt jeder von der Knappschaft. Und keiner von
der Knappschaft trägt ihm was nach.

Das muß wahr sein, ertönte es im Kreise der Frauen, seine Schuldigkeit hat
er gethan. Und es war ein ordentlicher Mann, und gedrückt hat er keinen, wenn
er auch manchmal grob wurde.

Die Reden machten keinen Eindruck auf sie. Mit starrem und totem Blicke
schaute sie nach der Thür, hinter der man murmelnde Stimmen und schwere Tritte
vernahm. Bald darauf brachten die Bergleute einen leblosen Körper heraus. Es
war der Obersteiger. Frau Rummel wollte darauf zustürzen, aber zwei Männer
hielten sie mit äußerster Gewalt fest, als habe sie eben die Absicht kund gethan,
sich in den Schacht zu stürzen. Eine kurze Zeit rang die Frau gegen die Gewalt,
und dann sank sie mit einem Wehlaute zusammen. Man hätte nicht geglaubt, daß
ein solcher Schmerz in einer solchen harten Schale wohnen könnte.

Die Bergleute legten den Obersteiger neben den beiden andern nieder. Die
laute Rede sank zum Flüstern herab. Der Tod ist ein König im Lande des
Schweigens. Da, wo er seine Fahne entrollt und seine Herrschaft verkündet, da
verstummt die Menschenrede, da weht ein Hauch ewigen Schweigens über das
Menschenherz, und es schließt sich furchtsam zu, wie eine Blume am Abend. Die
Bergleute nahmen die Hüte ab, als gelte es schon ein Begräbnis, und die Frauen
hielten ihre Taschentücher vor den Mund. Nun -drängten sich Kinder durch den
Kreis, halb bekleidet, ein großes Mädchen, das kleinste auf dem Arme, voraus und
die andern hinterher, die beiden letzten, die nicht schnell genug nachkommen konnten,
erhoben ein Jammergeschrei, als gelte es ein Schauspiel zu versäumen. Es waren
des Obersteigers Kiuder. Als sie den Vater auf der Matratze liegen sahen, stimmten
sie ein vielstimmiges Klagelied an, und die Frauen hatten viel Mühe, sie zu be¬
ruhigen und für das erforderliche Schweigen zu sorgen.

Duttmüller übergab seinen Verwundeten Alice und wandte sich der neuen


Doktor Duttinüller und sein Freund

mühe und einem blau und rot karrierten Unterrocke bekleidet, die Füße in Männer¬
stiefel gesteckt, angekeucht. Die Haubenbänder flogen in der Luft, und die Arme
machten verzweifelte Bewegungen. Es war Frau Rummel, die gefürchtete Frau
des Obersteigers. Der Obersteiger hatte nämlich seine Wohnung im Werke selbst.
Sie brach mit kühner Gewalt durch den Kreis der Zuschauer, packte einen der da¬
stehenden Bergleute beim Kragen und herrschte ihn an: Wo ist mein Mann?

Nanu, sagte der Bergmann.

Wo mein Mann ist? Können Sie nicht hören?

Unten auf Sohle zwei.

Was macht er da?

Gar nichts.

Mensch, reden Sie nicht so dämlich. Was mein Mann macht, will ich wissen.

Was soll er denn machen, wenn er ertrunken ist?

Frau Rummel war eine starke Fran. Ihr Mann und alle, die mit ihr zu
thun gehabt hatten, konnten das beschwören, ohne in Gefahr zu kommen, einen
Meineid zu leisten. Ihre Fäuste, ihre Zunge, ihre Nerven hatten etwas helden¬
haftes, unbesiegbares. Und doch war sie innerlich weich. Wie ein Ritter im
Stachelspitzeuharuisch doch seine Stelle hat, wo er verwundbar ist, so auch sie. Und
die Stelle, wo sie verwundbar war, war ihr Mann. Es war wunderlich, sie hatte
thu täglich gequält, gescholten, beschulmeistert, herunter gemacht, aber nicht aus Ab¬
neigung, sondern aus einer wunderlichen Art von Liebe, indem sie immer sein
Bestes, wie sie es sich dachte, im Auge hatte. Sie konnte, so oft sie ihren Mann
auch aufgefordert hatte, zum Teufel zu gehn, ohne ihren Mann nicht leben. Auf
das Wort: Ertrunken! sanken ihr die Arme, riß sie Mund und Augen auf und
schien in dieser Haltung zu erstarren.

Ein mitleidiger Bergmann schüttelte sie am Arm und sagte: Nehmen Sie es
nicht so schwer, Frau Rummel. Sterben müssen wir alle einmal. Und Ihr Mann
hat seine Schuldigkeit gethan, das sagt jeder von der Knappschaft. Und keiner von
der Knappschaft trägt ihm was nach.

Das muß wahr sein, ertönte es im Kreise der Frauen, seine Schuldigkeit hat
er gethan. Und es war ein ordentlicher Mann, und gedrückt hat er keinen, wenn
er auch manchmal grob wurde.

Die Reden machten keinen Eindruck auf sie. Mit starrem und totem Blicke
schaute sie nach der Thür, hinter der man murmelnde Stimmen und schwere Tritte
vernahm. Bald darauf brachten die Bergleute einen leblosen Körper heraus. Es
war der Obersteiger. Frau Rummel wollte darauf zustürzen, aber zwei Männer
hielten sie mit äußerster Gewalt fest, als habe sie eben die Absicht kund gethan,
sich in den Schacht zu stürzen. Eine kurze Zeit rang die Frau gegen die Gewalt,
und dann sank sie mit einem Wehlaute zusammen. Man hätte nicht geglaubt, daß
ein solcher Schmerz in einer solchen harten Schale wohnen könnte.

Die Bergleute legten den Obersteiger neben den beiden andern nieder. Die
laute Rede sank zum Flüstern herab. Der Tod ist ein König im Lande des
Schweigens. Da, wo er seine Fahne entrollt und seine Herrschaft verkündet, da
verstummt die Menschenrede, da weht ein Hauch ewigen Schweigens über das
Menschenherz, und es schließt sich furchtsam zu, wie eine Blume am Abend. Die
Bergleute nahmen die Hüte ab, als gelte es schon ein Begräbnis, und die Frauen
hielten ihre Taschentücher vor den Mund. Nun -drängten sich Kinder durch den
Kreis, halb bekleidet, ein großes Mädchen, das kleinste auf dem Arme, voraus und
die andern hinterher, die beiden letzten, die nicht schnell genug nachkommen konnten,
erhoben ein Jammergeschrei, als gelte es ein Schauspiel zu versäumen. Es waren
des Obersteigers Kiuder. Als sie den Vater auf der Matratze liegen sahen, stimmten
sie ein vielstimmiges Klagelied an, und die Frauen hatten viel Mühe, sie zu be¬
ruhigen und für das erforderliche Schweigen zu sorgen.

Duttmüller übergab seinen Verwundeten Alice und wandte sich der neuen


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[0452] Doktor Duttinüller und sein Freund mühe und einem blau und rot karrierten Unterrocke bekleidet, die Füße in Männer¬ stiefel gesteckt, angekeucht. Die Haubenbänder flogen in der Luft, und die Arme machten verzweifelte Bewegungen. Es war Frau Rummel, die gefürchtete Frau des Obersteigers. Der Obersteiger hatte nämlich seine Wohnung im Werke selbst. Sie brach mit kühner Gewalt durch den Kreis der Zuschauer, packte einen der da¬ stehenden Bergleute beim Kragen und herrschte ihn an: Wo ist mein Mann? Nanu, sagte der Bergmann. Wo mein Mann ist? Können Sie nicht hören? Unten auf Sohle zwei. Was macht er da? Gar nichts. Mensch, reden Sie nicht so dämlich. Was mein Mann macht, will ich wissen. Was soll er denn machen, wenn er ertrunken ist? Frau Rummel war eine starke Fran. Ihr Mann und alle, die mit ihr zu thun gehabt hatten, konnten das beschwören, ohne in Gefahr zu kommen, einen Meineid zu leisten. Ihre Fäuste, ihre Zunge, ihre Nerven hatten etwas helden¬ haftes, unbesiegbares. Und doch war sie innerlich weich. Wie ein Ritter im Stachelspitzeuharuisch doch seine Stelle hat, wo er verwundbar ist, so auch sie. Und die Stelle, wo sie verwundbar war, war ihr Mann. Es war wunderlich, sie hatte thu täglich gequält, gescholten, beschulmeistert, herunter gemacht, aber nicht aus Ab¬ neigung, sondern aus einer wunderlichen Art von Liebe, indem sie immer sein Bestes, wie sie es sich dachte, im Auge hatte. Sie konnte, so oft sie ihren Mann auch aufgefordert hatte, zum Teufel zu gehn, ohne ihren Mann nicht leben. Auf das Wort: Ertrunken! sanken ihr die Arme, riß sie Mund und Augen auf und schien in dieser Haltung zu erstarren. Ein mitleidiger Bergmann schüttelte sie am Arm und sagte: Nehmen Sie es nicht so schwer, Frau Rummel. Sterben müssen wir alle einmal. Und Ihr Mann hat seine Schuldigkeit gethan, das sagt jeder von der Knappschaft. Und keiner von der Knappschaft trägt ihm was nach. Das muß wahr sein, ertönte es im Kreise der Frauen, seine Schuldigkeit hat er gethan. Und es war ein ordentlicher Mann, und gedrückt hat er keinen, wenn er auch manchmal grob wurde. Die Reden machten keinen Eindruck auf sie. Mit starrem und totem Blicke schaute sie nach der Thür, hinter der man murmelnde Stimmen und schwere Tritte vernahm. Bald darauf brachten die Bergleute einen leblosen Körper heraus. Es war der Obersteiger. Frau Rummel wollte darauf zustürzen, aber zwei Männer hielten sie mit äußerster Gewalt fest, als habe sie eben die Absicht kund gethan, sich in den Schacht zu stürzen. Eine kurze Zeit rang die Frau gegen die Gewalt, und dann sank sie mit einem Wehlaute zusammen. Man hätte nicht geglaubt, daß ein solcher Schmerz in einer solchen harten Schale wohnen könnte. Die Bergleute legten den Obersteiger neben den beiden andern nieder. Die laute Rede sank zum Flüstern herab. Der Tod ist ein König im Lande des Schweigens. Da, wo er seine Fahne entrollt und seine Herrschaft verkündet, da verstummt die Menschenrede, da weht ein Hauch ewigen Schweigens über das Menschenherz, und es schließt sich furchtsam zu, wie eine Blume am Abend. Die Bergleute nahmen die Hüte ab, als gelte es schon ein Begräbnis, und die Frauen hielten ihre Taschentücher vor den Mund. Nun -drängten sich Kinder durch den Kreis, halb bekleidet, ein großes Mädchen, das kleinste auf dem Arme, voraus und die andern hinterher, die beiden letzten, die nicht schnell genug nachkommen konnten, erhoben ein Jammergeschrei, als gelte es ein Schauspiel zu versäumen. Es waren des Obersteigers Kiuder. Als sie den Vater auf der Matratze liegen sahen, stimmten sie ein vielstimmiges Klagelied an, und die Frauen hatten viel Mühe, sie zu be¬ ruhigen und für das erforderliche Schweigen zu sorgen. Duttmüller übergab seinen Verwundeten Alice und wandte sich der neuen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/452>, abgerufen am 27.09.2024.