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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

und sagte Hum! Hum! und Doktor Duttmüller fuhr mit deu Augen im Zimmer
umher.

Aber warum essen Sie nicht, Herr Doktor? mahnte die alte Dame, langen Sie
zu, ich kann mehr holen.

Jetzt kam die Rede auf den Bau einer Eisenbahn durch das Assethal. Der
Herr Doktor zeigte wenig Interesse an der Sache, und es war ihm ganz gleich-
giltig, ob die Haltestelle nach Altum oder nach Rodersdorf kommen werde. Der alte
Herr sagte: Hum! hum! und schwieg, und die alte Dame griff nach ihrem Wurst¬
teller. Man brachte das Gespräch auf Personen aus der Gegend, Duttmiiller
kannte niemand, auf die Tagesereignisse, Duttmüller hatte keine Zeitung gelesen.
Der Faden lief ab, Doktor Blume nickte und sagte: Hum! und Frau Doktor griff
nach der Flasche. Aber warum trinken Sie denn nicht? Trinken Sie doch ein¬
mal aus.

Jetzt blieb nichts übrig als die Frage: Wie haben Sie sich denn in Holz-
weißig eingewöhnt, und wie gefällt es Ihnen denn in der hiesigen Gegend?
Dieser Schlag gab Öl. Louis Duttmüller laute auf und setzte auseinander, daß
er eigentlich nicht daran gedacht habe, sich in Hvlzweißig niederzulassen, und daß
er als Schüler von Geheimrat Forstmann geglaubt habe, zu Höheren berufen zu
sein. Man habe ihn aber dringend gebeten, und da habe er geglaubt, nicht nein
sagen zu solle". Es sei ja auch nicht ausgeschlossen, daß er später doch noch in
eine Universitätsstadt gehe.

Der alte Herr ließ die Daumen umeinander kreisen und sagte: Hum!

Es sei ja aber auch auf dem Lande möglich, fuhr Dnttmüller fort, mit Er¬
folg zu Praktizieren, und es sei merkwürdig, welche Erfolge er schon auszuweisen
habe. Ob denn der Herr Kollege salicylsaures Natron gegen Diphtherie anwende --
us-trii salieMi 10,0, succin-i I^uiritii 20,0, av.na" ässtillatao 200,0. Großartig!
Er habe damit die bedenklichsten Fälle in zwei Tagen einfach beseitigt.

Na na! sagte der alte Herr.

Wie ich Ihnen sage, Herr Kollege, Belag, Lymphdrüsengeschwulst, Fieber,
alles weg!

Wenn das nur nicht am Ende eine bloße Entzündung der angina tonsillaris
gewesen ist, erwiderte Doktor Blume. Es kommt vor, daß man so etwas ver¬
wechselt. Doktor Duttmüller lehnte mit überlegner Sicherheit ab, daß er sich ge¬
irrt haben könnte, und führte genau nach dem Lehrbuch alle Symptome auf, die
zu einer wirklichen Diphtherie gehören, und nach denen es keinem Zweifel ausgesetzt
sei, daß eine solche vorgelegen habe. Der alte Herr sagte: Hum! hum! und ließ
die Daumen kreisen, und die alte Dame griff wieder nach ihrem Wurstteller.

Ob denn der Herr Kollege, fuhr Duttmüller, der in sein Fahrwasser gekommen
war, fort, schon von der Entdeckung der Doktoren I. Höricourt und Charles Riedel
Notiz genommen habe, wonach es gelungen sei, Tuberkulose durch das Plasma,
das heißt den durch Pressung rohen Muskelfleisches gewonnenen Saft zu heilen?

Wissen Sie, sagte der alte Herr, ich halte von der Erfindern nicht allzuviel.
Ich bin alt genug, erfahren zu haben, alle diese neuen Mittel kommen und gehn
mit der Mode. Hat so ein Chemiker oder Professor etwas neues herausgediftelt,
so geht es durch alle Zeitungen, dann ist man entzückt, dann giebt es nichts besseres
als das. Und nach ein paar Jahren ist alles wieder mäuschenstill.

Wenn man aber neue Erfindungen nicht unterstützt und erprobt --

Dann geht es auch. Ich ziehe ein gutes altes Hausmittel manchem Medi¬
kament mit dem gelehrtesten Namen vor. Und wenn ich im Dorfe eine Frau
habe, die das Blut besprechen kann, so fahre ich nicht erst nach Hause, um Kom¬
presse" zu holen.

Louis Duttmüller fuhr in die Höhe! Aber Herr Kollege, wo bleibt da die
Wissenschaft? rief er.

Wo sie hingehört, im Lehrsaal. Aber hier draußen hat die Praxis das Wort.


Doktor Duttmüller und sein Freund

und sagte Hum! Hum! und Doktor Duttmüller fuhr mit deu Augen im Zimmer
umher.

Aber warum essen Sie nicht, Herr Doktor? mahnte die alte Dame, langen Sie
zu, ich kann mehr holen.

Jetzt kam die Rede auf den Bau einer Eisenbahn durch das Assethal. Der
Herr Doktor zeigte wenig Interesse an der Sache, und es war ihm ganz gleich-
giltig, ob die Haltestelle nach Altum oder nach Rodersdorf kommen werde. Der alte
Herr sagte: Hum! hum! und schwieg, und die alte Dame griff nach ihrem Wurst¬
teller. Man brachte das Gespräch auf Personen aus der Gegend, Duttmiiller
kannte niemand, auf die Tagesereignisse, Duttmüller hatte keine Zeitung gelesen.
Der Faden lief ab, Doktor Blume nickte und sagte: Hum! und Frau Doktor griff
nach der Flasche. Aber warum trinken Sie denn nicht? Trinken Sie doch ein¬
mal aus.

Jetzt blieb nichts übrig als die Frage: Wie haben Sie sich denn in Holz-
weißig eingewöhnt, und wie gefällt es Ihnen denn in der hiesigen Gegend?
Dieser Schlag gab Öl. Louis Duttmüller laute auf und setzte auseinander, daß
er eigentlich nicht daran gedacht habe, sich in Hvlzweißig niederzulassen, und daß
er als Schüler von Geheimrat Forstmann geglaubt habe, zu Höheren berufen zu
sein. Man habe ihn aber dringend gebeten, und da habe er geglaubt, nicht nein
sagen zu solle». Es sei ja auch nicht ausgeschlossen, daß er später doch noch in
eine Universitätsstadt gehe.

Der alte Herr ließ die Daumen umeinander kreisen und sagte: Hum!

Es sei ja aber auch auf dem Lande möglich, fuhr Dnttmüller fort, mit Er¬
folg zu Praktizieren, und es sei merkwürdig, welche Erfolge er schon auszuweisen
habe. Ob denn der Herr Kollege salicylsaures Natron gegen Diphtherie anwende —
us-trii salieMi 10,0, succin-i I^uiritii 20,0, av.na« ässtillatao 200,0. Großartig!
Er habe damit die bedenklichsten Fälle in zwei Tagen einfach beseitigt.

Na na! sagte der alte Herr.

Wie ich Ihnen sage, Herr Kollege, Belag, Lymphdrüsengeschwulst, Fieber,
alles weg!

Wenn das nur nicht am Ende eine bloße Entzündung der angina tonsillaris
gewesen ist, erwiderte Doktor Blume. Es kommt vor, daß man so etwas ver¬
wechselt. Doktor Duttmüller lehnte mit überlegner Sicherheit ab, daß er sich ge¬
irrt haben könnte, und führte genau nach dem Lehrbuch alle Symptome auf, die
zu einer wirklichen Diphtherie gehören, und nach denen es keinem Zweifel ausgesetzt
sei, daß eine solche vorgelegen habe. Der alte Herr sagte: Hum! hum! und ließ
die Daumen kreisen, und die alte Dame griff wieder nach ihrem Wurstteller.

Ob denn der Herr Kollege, fuhr Duttmüller, der in sein Fahrwasser gekommen
war, fort, schon von der Entdeckung der Doktoren I. Höricourt und Charles Riedel
Notiz genommen habe, wonach es gelungen sei, Tuberkulose durch das Plasma,
das heißt den durch Pressung rohen Muskelfleisches gewonnenen Saft zu heilen?

Wissen Sie, sagte der alte Herr, ich halte von der Erfindern nicht allzuviel.
Ich bin alt genug, erfahren zu haben, alle diese neuen Mittel kommen und gehn
mit der Mode. Hat so ein Chemiker oder Professor etwas neues herausgediftelt,
so geht es durch alle Zeitungen, dann ist man entzückt, dann giebt es nichts besseres
als das. Und nach ein paar Jahren ist alles wieder mäuschenstill.

Wenn man aber neue Erfindungen nicht unterstützt und erprobt —

Dann geht es auch. Ich ziehe ein gutes altes Hausmittel manchem Medi¬
kament mit dem gelehrtesten Namen vor. Und wenn ich im Dorfe eine Frau
habe, die das Blut besprechen kann, so fahre ich nicht erst nach Hause, um Kom¬
presse» zu holen.

Louis Duttmüller fuhr in die Höhe! Aber Herr Kollege, wo bleibt da die
Wissenschaft? rief er.

Wo sie hingehört, im Lehrsaal. Aber hier draußen hat die Praxis das Wort.


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[0276] Doktor Duttmüller und sein Freund und sagte Hum! Hum! und Doktor Duttmüller fuhr mit deu Augen im Zimmer umher. Aber warum essen Sie nicht, Herr Doktor? mahnte die alte Dame, langen Sie zu, ich kann mehr holen. Jetzt kam die Rede auf den Bau einer Eisenbahn durch das Assethal. Der Herr Doktor zeigte wenig Interesse an der Sache, und es war ihm ganz gleich- giltig, ob die Haltestelle nach Altum oder nach Rodersdorf kommen werde. Der alte Herr sagte: Hum! hum! und schwieg, und die alte Dame griff nach ihrem Wurst¬ teller. Man brachte das Gespräch auf Personen aus der Gegend, Duttmiiller kannte niemand, auf die Tagesereignisse, Duttmüller hatte keine Zeitung gelesen. Der Faden lief ab, Doktor Blume nickte und sagte: Hum! und Frau Doktor griff nach der Flasche. Aber warum trinken Sie denn nicht? Trinken Sie doch ein¬ mal aus. Jetzt blieb nichts übrig als die Frage: Wie haben Sie sich denn in Holz- weißig eingewöhnt, und wie gefällt es Ihnen denn in der hiesigen Gegend? Dieser Schlag gab Öl. Louis Duttmüller laute auf und setzte auseinander, daß er eigentlich nicht daran gedacht habe, sich in Hvlzweißig niederzulassen, und daß er als Schüler von Geheimrat Forstmann geglaubt habe, zu Höheren berufen zu sein. Man habe ihn aber dringend gebeten, und da habe er geglaubt, nicht nein sagen zu solle». Es sei ja auch nicht ausgeschlossen, daß er später doch noch in eine Universitätsstadt gehe. Der alte Herr ließ die Daumen umeinander kreisen und sagte: Hum! Es sei ja aber auch auf dem Lande möglich, fuhr Dnttmüller fort, mit Er¬ folg zu Praktizieren, und es sei merkwürdig, welche Erfolge er schon auszuweisen habe. Ob denn der Herr Kollege salicylsaures Natron gegen Diphtherie anwende — us-trii salieMi 10,0, succin-i I^uiritii 20,0, av.na« ässtillatao 200,0. Großartig! Er habe damit die bedenklichsten Fälle in zwei Tagen einfach beseitigt. Na na! sagte der alte Herr. Wie ich Ihnen sage, Herr Kollege, Belag, Lymphdrüsengeschwulst, Fieber, alles weg! Wenn das nur nicht am Ende eine bloße Entzündung der angina tonsillaris gewesen ist, erwiderte Doktor Blume. Es kommt vor, daß man so etwas ver¬ wechselt. Doktor Duttmüller lehnte mit überlegner Sicherheit ab, daß er sich ge¬ irrt haben könnte, und führte genau nach dem Lehrbuch alle Symptome auf, die zu einer wirklichen Diphtherie gehören, und nach denen es keinem Zweifel ausgesetzt sei, daß eine solche vorgelegen habe. Der alte Herr sagte: Hum! hum! und ließ die Daumen kreisen, und die alte Dame griff wieder nach ihrem Wurstteller. Ob denn der Herr Kollege, fuhr Duttmüller, der in sein Fahrwasser gekommen war, fort, schon von der Entdeckung der Doktoren I. Höricourt und Charles Riedel Notiz genommen habe, wonach es gelungen sei, Tuberkulose durch das Plasma, das heißt den durch Pressung rohen Muskelfleisches gewonnenen Saft zu heilen? Wissen Sie, sagte der alte Herr, ich halte von der Erfindern nicht allzuviel. Ich bin alt genug, erfahren zu haben, alle diese neuen Mittel kommen und gehn mit der Mode. Hat so ein Chemiker oder Professor etwas neues herausgediftelt, so geht es durch alle Zeitungen, dann ist man entzückt, dann giebt es nichts besseres als das. Und nach ein paar Jahren ist alles wieder mäuschenstill. Wenn man aber neue Erfindungen nicht unterstützt und erprobt — Dann geht es auch. Ich ziehe ein gutes altes Hausmittel manchem Medi¬ kament mit dem gelehrtesten Namen vor. Und wenn ich im Dorfe eine Frau habe, die das Blut besprechen kann, so fahre ich nicht erst nach Hause, um Kom¬ presse» zu holen. Louis Duttmüller fuhr in die Höhe! Aber Herr Kollege, wo bleibt da die Wissenschaft? rief er. Wo sie hingehört, im Lehrsaal. Aber hier draußen hat die Praxis das Wort.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/276>, abgerufen am 20.10.2024.