Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.Naiionalitätskämpfe gegen sowie das obere Weiler-, Leber- und Urbeisthal nuf der französischen Wie die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze dann weiter in der Alles in allem zeigte die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze nur hier Schon um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts zeigen sich die ersten Naiionalitätskämpfe gegen sowie das obere Weiler-, Leber- und Urbeisthal nuf der französischen Wie die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze dann weiter in der Alles in allem zeigte die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze nur hier Schon um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts zeigen sich die ersten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236726"/> <fw type="header" place="top"> Naiionalitätskämpfe</fw><lb/> <p xml:id="ID_733" prev="#ID_732"> gegen sowie das obere Weiler-, Leber- und Urbeisthal nuf der französischen<lb/> Seite und folgte dann der Kammlinie der Vogesen bis zum Endpunkt nördlich<lb/> voll Giromagny, von wo aus sie sich fast wie gegenwärtig im Bogen östlich<lb/> um Velfort herumzog, das sie mit seiner Umgebung auf der französischen<lb/> Seite ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_734"> Wie die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze dann weiter in der<lb/> Schweiz verlief, ist uoch nicht so genau erforscht. Wir wissen nur bestimmt,<lb/> daß dort das deutsche Sprachgebiet noch nicht so ausgedehnt war wie heute,<lb/> daß insbesondre im Gebiete des Vieler, Neuenburger und Murtener Sees,<lb/> sowie auch im obern Wallis das Nomauentum noch ein weiteres Gebiet inne<lb/> hatte als hente. In der Ostschweiz, in der noch heute der Kanton Grau¬<lb/> bünden der Schauplatz eiues stetigen und kräftigen Vordringens des deutschen<lb/> Sprachgebiets ist, war ebenfalls der deutsche Besitzstand vor tausend Jahren<lb/> noch bedeutend geringer als jetzt. Wir wissen, daß noch im zehnten Jahr¬<lb/> hundert bis an den Bodensee heran die romanische Sprache herrschte.</p><lb/> <p xml:id="ID_735"> Alles in allem zeigte die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze nur hier<lb/> und dort große Verschiedenheiten im Vergleich zu der heute bestehenden. In<lb/> Nordfrankreich wie in Lothringen waren ziemlich ausgedehnte Gebiete deutsch¬<lb/> redend, die heute dem französischen Sprachgebiet angehören; in einigen Teilen<lb/> der Westschweiz, besonders in der Seengegend und im Wallis war es um¬<lb/> gekehrt, und in der Ostschweiz war das Romanentnm sogar noch die über¬<lb/> wiegende Nation. In Lothringen steigerte sich zunächst die Verschiedenheit<lb/> noch, indem das Deutschtum bis ins fünfzehnte Jahrhundert hinein langsame<lb/> aber genau erkennbare Fortschritte machte: die Sprachgrenze schob sich hier<lb/> allmählich näher an das mit seiner Umgebung romanisch gebliebne Metz heran,<lb/> indem die nördlich an der Mosel liegenden Orte Treiuery, Ap, Flevy,<lb/> Ennery u. a. im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert germanisiert wurden.<lb/> Auch Chicourt, Burlioncourt und Marsal mit Umgebung wurden vou der<lb/> deutschen Sprache erobert; in dem noch weiter vorgeschobnen Vie an der sende,<lb/> dem Lieblingsaufeuthnlt der damaligen Metzer Bischöfe, lassen sich um dieselbe<lb/> Zeit deutliche Anzeichen fortschreitender Germanisierung erkennen. Hier aber<lb/> kam der Prozeß nicht zum Abschluß; er wurde unterbrochen durch den sich in<lb/> Lothringen anbahnenden nationalen Umschwung.</p><lb/> <p xml:id="ID_736" next="#ID_737"> Schon um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts zeigen sich die ersten<lb/> vereinzelten Anzeichen, die darauf hindeuten, daß der Fortschritt des Deutsch¬<lb/> tums in Lothringen seinen Höhepunkt erreicht hatte. Während hier und da<lb/> die Vorwärtsbewegung uoch anhält, treten an andern Punkten schon Merk¬<lb/> male eines beginnenden Rückgangs hervor. Die am 28. Februar 1548 durch<lb/> den Metzer Bischof Johann von Lothringen verfügte Ersetzung der deutscheu<lb/> Gerichtssprache in Marsal durch die französische war der erste wirkliche Schlag,<lb/> den das Deutschtum in Lothringen erleiden mußte. Schon 1551 folgte eine<lb/> ähnliche Verfügung für Chicourt, 1552 fiel Metz in die Hände der Franzosen.<lb/> Langsam begann in den vorgeschobensten Punkten des deutschen Sprachgebiets<lb/> sich französisches Wesen einzunisten. Ein rascher Fortschritt des Franzosen-<lb/> tums und dem entsprechend ein schnelles und beträchtliches Zurückweichen der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
Naiionalitätskämpfe
gegen sowie das obere Weiler-, Leber- und Urbeisthal nuf der französischen
Seite und folgte dann der Kammlinie der Vogesen bis zum Endpunkt nördlich
voll Giromagny, von wo aus sie sich fast wie gegenwärtig im Bogen östlich
um Velfort herumzog, das sie mit seiner Umgebung auf der französischen
Seite ließ.
Wie die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze dann weiter in der
Schweiz verlief, ist uoch nicht so genau erforscht. Wir wissen nur bestimmt,
daß dort das deutsche Sprachgebiet noch nicht so ausgedehnt war wie heute,
daß insbesondre im Gebiete des Vieler, Neuenburger und Murtener Sees,
sowie auch im obern Wallis das Nomauentum noch ein weiteres Gebiet inne
hatte als hente. In der Ostschweiz, in der noch heute der Kanton Grau¬
bünden der Schauplatz eiues stetigen und kräftigen Vordringens des deutschen
Sprachgebiets ist, war ebenfalls der deutsche Besitzstand vor tausend Jahren
noch bedeutend geringer als jetzt. Wir wissen, daß noch im zehnten Jahr¬
hundert bis an den Bodensee heran die romanische Sprache herrschte.
Alles in allem zeigte die früheste deutsch-romanische Sprachgrenze nur hier
und dort große Verschiedenheiten im Vergleich zu der heute bestehenden. In
Nordfrankreich wie in Lothringen waren ziemlich ausgedehnte Gebiete deutsch¬
redend, die heute dem französischen Sprachgebiet angehören; in einigen Teilen
der Westschweiz, besonders in der Seengegend und im Wallis war es um¬
gekehrt, und in der Ostschweiz war das Romanentnm sogar noch die über¬
wiegende Nation. In Lothringen steigerte sich zunächst die Verschiedenheit
noch, indem das Deutschtum bis ins fünfzehnte Jahrhundert hinein langsame
aber genau erkennbare Fortschritte machte: die Sprachgrenze schob sich hier
allmählich näher an das mit seiner Umgebung romanisch gebliebne Metz heran,
indem die nördlich an der Mosel liegenden Orte Treiuery, Ap, Flevy,
Ennery u. a. im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert germanisiert wurden.
Auch Chicourt, Burlioncourt und Marsal mit Umgebung wurden vou der
deutschen Sprache erobert; in dem noch weiter vorgeschobnen Vie an der sende,
dem Lieblingsaufeuthnlt der damaligen Metzer Bischöfe, lassen sich um dieselbe
Zeit deutliche Anzeichen fortschreitender Germanisierung erkennen. Hier aber
kam der Prozeß nicht zum Abschluß; er wurde unterbrochen durch den sich in
Lothringen anbahnenden nationalen Umschwung.
Schon um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts zeigen sich die ersten
vereinzelten Anzeichen, die darauf hindeuten, daß der Fortschritt des Deutsch¬
tums in Lothringen seinen Höhepunkt erreicht hatte. Während hier und da
die Vorwärtsbewegung uoch anhält, treten an andern Punkten schon Merk¬
male eines beginnenden Rückgangs hervor. Die am 28. Februar 1548 durch
den Metzer Bischof Johann von Lothringen verfügte Ersetzung der deutscheu
Gerichtssprache in Marsal durch die französische war der erste wirkliche Schlag,
den das Deutschtum in Lothringen erleiden mußte. Schon 1551 folgte eine
ähnliche Verfügung für Chicourt, 1552 fiel Metz in die Hände der Franzosen.
Langsam begann in den vorgeschobensten Punkten des deutschen Sprachgebiets
sich französisches Wesen einzunisten. Ein rascher Fortschritt des Franzosen-
tums und dem entsprechend ein schnelles und beträchtliches Zurückweichen der
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