Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.König Wilhelm I, und die Beschießung von Paris fügbaren schweren Geschütze nunmehr hierhin beordert. Auch beim Südangriff Am 17. Dezember fand dann beim König die entscheidende Beratung über In diesem Sinne wurden nun die Arbeite" fortgeführt; aber es bedürfte König Wilhelm I, und die Beschießung von Paris fügbaren schweren Geschütze nunmehr hierhin beordert. Auch beim Südangriff Am 17. Dezember fand dann beim König die entscheidende Beratung über In diesem Sinne wurden nun die Arbeite« fortgeführt; aber es bedürfte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236718"/> <fw type="header" place="top"> König Wilhelm I, und die Beschießung von Paris</fw><lb/> <p xml:id="ID_711" prev="#ID_710"> fügbaren schweren Geschütze nunmehr hierhin beordert. Auch beim Südangriff<lb/> wurden die Arbeiten jetzt kräftig gefördert, besonders seit die Eisenbahn bis<lb/> Lngny weitergeführt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_712"> Am 17. Dezember fand dann beim König die entscheidende Beratung über<lb/> die Beschießung statt, an der der Kronprinz und eine größere Anzahl höherer<lb/> Offiziere teilnahmen. In der Beratung beantragte zunächst Roon, mit der bis<lb/> dahin herangeschafftcn Munition alsbald das Bombardement von Paris zu er¬<lb/> öffnen. Der General von Hindersin wies nach, daß das artilleristisch nicht an¬<lb/> gängig sei; er nannte den Vorschlag einen Bombardementskitzel, mit dem man sich<lb/> nur lächerlich mache. Der König lehnte darauf den Vorschlag entschieden und<lb/> endgiltig ub. Es wurde vielmehr, und zwar auf den Vorschlag von Moltke,<lb/> in Aussicht genommen, unter möglichster Beschleunigung der Vorarbeiten mit<lb/> einer Beschießung der Werke und der Stadt im Süden vorzugchn, sobald ein<lb/> genügender Vorrat an Munition (500 Schuß für das Geschütz) herangeschafft<lb/> sei, um das Feuer ohne Unterbrechung durchführen zu können. Über den<lb/> Nordangriff wurde der Beschluß zunächst ausgesetzt, da die dafür bestimmten<lb/> Geschütze für den Angriff im Osten gebraucht wurden. Von einem Sturm der<lb/> Infanterie auf die Werke wollte man nach wie vor absehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_713" next="#ID_714"> In diesem Sinne wurden nun die Arbeite« fortgeführt; aber es bedürfte<lb/> immer noch der treibenden Kraft des Königs. „Ich muß nur immer treiben,"<lb/> hat er in diesen Tagen wiederholt zu seiner Umgebung gesagt. Moltke blieb<lb/> skeptisch gesinnt; noch in einem Brief vom 22. Dezember erwartet er den<lb/> Erfolg wesentlich vom Hunger, und Blumenthal bekennt sich noch am 24. De¬<lb/> zember dem Prinzen Hohenlohe gegenüber als entschiednen Gegner der Be¬<lb/> schießung. So ist es erklärlich, daß die schnellern Fortschritte beim Ostangriff<lb/> gemacht wurden, wo allerdings wegen der größern Nähe der Eisenbahn die<lb/> Transportverhältnisse wesentlich günstiger lagen. Am 4. Dezember erging der<lb/> königliche Befehl für die Beschießung des Mont Avron; am 15. Dezember<lb/> trafen die Geschütze und die Truppen zu ihrer Bedienung mit der Eisenbahn<lb/> ein, und schon am 27. Dezember erfolgte die Eröffnung des Feuers. Der<lb/> Erfolg war außerordeutlich glänzend: schon am 28. Dezember abends räumten<lb/> die Franzosen, zum Teil in wilder Flucht, den Mont Avron und ließen Ge¬<lb/> wehre, Munition, Armaturstücke und sogar zwei schwere Festnngsgcschütze auf<lb/> dem freien Felde liegen. Auch die moralische Wirkung war gewaltig: in Paris<lb/> war man völlig zerschmettert, während die Truppen der Einschließuugslinie<lb/> froh aufatmeten, daß endlich der Bann gebrochen und das Feuer der Festung<lb/> von ihnen abgelenkt war. Auch in die höhern Kreise drang die Wirkung; der<lb/> Kronprinz gestand offen, daß er sich geirrt habe, nur Blumenthal blieb ans<lb/> seiner Ansicht bestehn. Mit demselben schnellen und durchschlagenden Erfolge<lb/> wurde dann am 5. Januar im Norden das Feuer gegen die vorgeschobne<lb/> französische Stellung bei Le Bourget eröffnet, und an demselben 5. Januar<lb/> begann endlich auch der Südangriff das Feuer und zwar zunächst gegen die<lb/> Forts Jssy, Vanves und Montrouge. Auch hier war die Wirkung gut; gegen<lb/> die beiden ersten Forts wurde schon am ersten Tage eine Überlegenheit erreicht,<lb/> sodaß dann auch alsbald mit der Beschießung der Stadt begonnen werden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
König Wilhelm I, und die Beschießung von Paris
fügbaren schweren Geschütze nunmehr hierhin beordert. Auch beim Südangriff
wurden die Arbeiten jetzt kräftig gefördert, besonders seit die Eisenbahn bis
Lngny weitergeführt war.
Am 17. Dezember fand dann beim König die entscheidende Beratung über
die Beschießung statt, an der der Kronprinz und eine größere Anzahl höherer
Offiziere teilnahmen. In der Beratung beantragte zunächst Roon, mit der bis
dahin herangeschafftcn Munition alsbald das Bombardement von Paris zu er¬
öffnen. Der General von Hindersin wies nach, daß das artilleristisch nicht an¬
gängig sei; er nannte den Vorschlag einen Bombardementskitzel, mit dem man sich
nur lächerlich mache. Der König lehnte darauf den Vorschlag entschieden und
endgiltig ub. Es wurde vielmehr, und zwar auf den Vorschlag von Moltke,
in Aussicht genommen, unter möglichster Beschleunigung der Vorarbeiten mit
einer Beschießung der Werke und der Stadt im Süden vorzugchn, sobald ein
genügender Vorrat an Munition (500 Schuß für das Geschütz) herangeschafft
sei, um das Feuer ohne Unterbrechung durchführen zu können. Über den
Nordangriff wurde der Beschluß zunächst ausgesetzt, da die dafür bestimmten
Geschütze für den Angriff im Osten gebraucht wurden. Von einem Sturm der
Infanterie auf die Werke wollte man nach wie vor absehen.
In diesem Sinne wurden nun die Arbeite« fortgeführt; aber es bedürfte
immer noch der treibenden Kraft des Königs. „Ich muß nur immer treiben,"
hat er in diesen Tagen wiederholt zu seiner Umgebung gesagt. Moltke blieb
skeptisch gesinnt; noch in einem Brief vom 22. Dezember erwartet er den
Erfolg wesentlich vom Hunger, und Blumenthal bekennt sich noch am 24. De¬
zember dem Prinzen Hohenlohe gegenüber als entschiednen Gegner der Be¬
schießung. So ist es erklärlich, daß die schnellern Fortschritte beim Ostangriff
gemacht wurden, wo allerdings wegen der größern Nähe der Eisenbahn die
Transportverhältnisse wesentlich günstiger lagen. Am 4. Dezember erging der
königliche Befehl für die Beschießung des Mont Avron; am 15. Dezember
trafen die Geschütze und die Truppen zu ihrer Bedienung mit der Eisenbahn
ein, und schon am 27. Dezember erfolgte die Eröffnung des Feuers. Der
Erfolg war außerordeutlich glänzend: schon am 28. Dezember abends räumten
die Franzosen, zum Teil in wilder Flucht, den Mont Avron und ließen Ge¬
wehre, Munition, Armaturstücke und sogar zwei schwere Festnngsgcschütze auf
dem freien Felde liegen. Auch die moralische Wirkung war gewaltig: in Paris
war man völlig zerschmettert, während die Truppen der Einschließuugslinie
froh aufatmeten, daß endlich der Bann gebrochen und das Feuer der Festung
von ihnen abgelenkt war. Auch in die höhern Kreise drang die Wirkung; der
Kronprinz gestand offen, daß er sich geirrt habe, nur Blumenthal blieb ans
seiner Ansicht bestehn. Mit demselben schnellen und durchschlagenden Erfolge
wurde dann am 5. Januar im Norden das Feuer gegen die vorgeschobne
französische Stellung bei Le Bourget eröffnet, und an demselben 5. Januar
begann endlich auch der Südangriff das Feuer und zwar zunächst gegen die
Forts Jssy, Vanves und Montrouge. Auch hier war die Wirkung gut; gegen
die beiden ersten Forts wurde schon am ersten Tage eine Überlegenheit erreicht,
sodaß dann auch alsbald mit der Beschießung der Stadt begonnen werden
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