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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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dessen große, mit grünlichem verblichnen Band eingefaßte Seitentaschen wie zwei
halbgeöffnete Handkoffer gähnten. Ane ermahnte Sören, behutsam in die dünnen
Tuchhosen zu schlüpfen, denn das sei ein mürber Staat, jetzt wo er alt sei; und
dann band sie ihm das Halstuch um. Vergiß nicht, daß die Kühe am westlichen
Ende des nördlichen Ackers stehn sollen! sagte Sören, während er einen seiner
Hosenträger loser schnallte.

Die beiden Ausschußmitglieder schlugen sofort einen schnellen Schritt an, und
nach einem mehrstündigen Gang erreichten sie den Navnstruper Krug, der höchst ein¬
ladend an der staubige" Landstraße lag und mit seinem ovalen roten Schild am Giebel
über der Hausthür die Vorübergehenden zum Eintreten lockte...... Zwei Schnäpse und
eine Flasche Bier! bestellte Sören, indem er seinen Stock in die Ecke der Schenk-
stube stellte. Darauf ließe" sich die beiden am Fenster nieder und packten ihren
in blaugewürfelte Taschentücher eingewickelten Mundvorrat aus. Als sich die um¬
fangreiche Wirtin entfernt hatte, sagte Jens: Glaubst du, daß durch den Fettklumpen
eine Kugel durchginge? Das kann man nicht wissen, erwiderte Sören bedächtig,
aber ich bezweifle es wahrhaftig. -- Ich glaube, sie würde ap--se- -tut im Speck
stecken bleiben. -- Wenn sie nicht etwa aus so einem neuen gezognen... -- Hahaha!

Nach einem kurzen Aufenthalt wurde die Reise fortgesetzt. Je weiter südwärts
die beiden Wandrer kamen, desto kleiner wurden die Hügel, desto bebauter die
Ebnen und zahlreicher die menschlichen Wohnungen. Nicht länger standen die
Hüucugräber wie schwarze Silhouetten gegen den Himmel auf den mit Heidekraut
bedeckten HügeWmme"; grasgrün tauchten diese in dem wogenden Korn unter, und
drinnen zwischen de" stattlichen Höfen der Bauern lag das überfalle Vieh wieder¬
käuend in den üppigen .Kleefeldern. Hier sieht es wahrhaftig anders aus als
draußen auf der Düne! rief Sören, indem er stehn blieb und sich umschaute. --
Ja, da hast du Recht! Aber dieser Boden ist auch fast uicht mit Geld aufzu-
wiegen; den muß man eigentlich geerbt haben. Aber wer mit Ochsen fährt, kommt
schließlich doch auch mit! Was, Sören? -- Ja natürlich, aber . . . -- O, Sören!
rief Jens, indem er sich an einen Grabenrand setzte, du mußt mir helfen, meine
Stiefel ausziehn, ich kann es bei Gott in dem Lederzeug nicht mehr aushalten!
Jens band die Stiefel dann mit seinem Strumpfband zusammen und hängte sie
über die Schulter. Die letzte Strecke des Wegs legten sie zurück, ohne ein Wort
miteinander zu wechseln. Schließlich bemerkte Jens: Es soll eine schlimme Kar-
nallje sein! - - Ja, so heißt es! Nun mußt dn aber deine Stiefel wieder anziehn,
ehe wir zu ihm kommen.

Es wurde den beiden ziemlich schwer, ihr Anliegen bei dem hochwürdigen
Herrn vorzubringen, der überdies zum Ausgehn bereit vor ihnen stand. - Was
wünschen Sie? fragte er. -- Sören: Wenn der Herr Propst Zeit hätten, möchten
wir gern ein Wörtchen rin dem Herrn Propst reden. - Propst: Bitte, nehmt
Platz, aber ich habe Eile. -- Jens: Die haben wir übrigens auch. Wir sollten
heute abend wieder zu Hanse sein, und der Weg ist nicht gerade kurz, Herr
Propst. - Propst: Woher seid ihr?- - Jens: Ich glaube, man heißt es meistens
die Lendumdüue. --- Sören: Wir möchten bei uns draußen gern eine Schule
haben. -- Propst: Eine Schule! -- Hin! -- Heutigentags meint jeder, er müsse
eine Schule gerade vor der Thür haben! iMeht im Zimmer auf und ab.) Und
wenn man ihm dann eine Schule giebt, dann versäumen die Kinder sie in uner¬
hörter Weise. Sören: Wir dachten, der Herr Propst könne uns vielleicht eine"
Rat geben, denn es muß doch auch dafür Recht und Gesetz geben. ^ - Propst:
Einen Rat! Ich will euch etwas sagen, meine guten Leute; erstens bin ich kein
Advokat, und zweitens bin ich nicht allmächtig, erwiderte der Propst und sah etwas
ungeduldig auf seine Uhr. Aber die beiden Häusler, die gewohnt waren, eine
Sache nicht gleich beim ersten Widerstand aufzugeben, saßen so ruhig auf des Propsts
Stühlen, als ob sie gedächten, zunächst da sitzen zu bleibe".


dessen große, mit grünlichem verblichnen Band eingefaßte Seitentaschen wie zwei
halbgeöffnete Handkoffer gähnten. Ane ermahnte Sören, behutsam in die dünnen
Tuchhosen zu schlüpfen, denn das sei ein mürber Staat, jetzt wo er alt sei; und
dann band sie ihm das Halstuch um. Vergiß nicht, daß die Kühe am westlichen
Ende des nördlichen Ackers stehn sollen! sagte Sören, während er einen seiner
Hosenträger loser schnallte.

Die beiden Ausschußmitglieder schlugen sofort einen schnellen Schritt an, und
nach einem mehrstündigen Gang erreichten sie den Navnstruper Krug, der höchst ein¬
ladend an der staubige» Landstraße lag und mit seinem ovalen roten Schild am Giebel
über der Hausthür die Vorübergehenden zum Eintreten lockte...... Zwei Schnäpse und
eine Flasche Bier! bestellte Sören, indem er seinen Stock in die Ecke der Schenk-
stube stellte. Darauf ließe» sich die beiden am Fenster nieder und packten ihren
in blaugewürfelte Taschentücher eingewickelten Mundvorrat aus. Als sich die um¬
fangreiche Wirtin entfernt hatte, sagte Jens: Glaubst du, daß durch den Fettklumpen
eine Kugel durchginge? Das kann man nicht wissen, erwiderte Sören bedächtig,
aber ich bezweifle es wahrhaftig. — Ich glaube, sie würde ap—se- -tut im Speck
stecken bleiben. — Wenn sie nicht etwa aus so einem neuen gezognen... — Hahaha!

Nach einem kurzen Aufenthalt wurde die Reise fortgesetzt. Je weiter südwärts
die beiden Wandrer kamen, desto kleiner wurden die Hügel, desto bebauter die
Ebnen und zahlreicher die menschlichen Wohnungen. Nicht länger standen die
Hüucugräber wie schwarze Silhouetten gegen den Himmel auf den mit Heidekraut
bedeckten HügeWmme»; grasgrün tauchten diese in dem wogenden Korn unter, und
drinnen zwischen de» stattlichen Höfen der Bauern lag das überfalle Vieh wieder¬
käuend in den üppigen .Kleefeldern. Hier sieht es wahrhaftig anders aus als
draußen auf der Düne! rief Sören, indem er stehn blieb und sich umschaute. —
Ja, da hast du Recht! Aber dieser Boden ist auch fast uicht mit Geld aufzu-
wiegen; den muß man eigentlich geerbt haben. Aber wer mit Ochsen fährt, kommt
schließlich doch auch mit! Was, Sören? — Ja natürlich, aber . . . — O, Sören!
rief Jens, indem er sich an einen Grabenrand setzte, du mußt mir helfen, meine
Stiefel ausziehn, ich kann es bei Gott in dem Lederzeug nicht mehr aushalten!
Jens band die Stiefel dann mit seinem Strumpfband zusammen und hängte sie
über die Schulter. Die letzte Strecke des Wegs legten sie zurück, ohne ein Wort
miteinander zu wechseln. Schließlich bemerkte Jens: Es soll eine schlimme Kar-
nallje sein! - - Ja, so heißt es! Nun mußt dn aber deine Stiefel wieder anziehn,
ehe wir zu ihm kommen.

Es wurde den beiden ziemlich schwer, ihr Anliegen bei dem hochwürdigen
Herrn vorzubringen, der überdies zum Ausgehn bereit vor ihnen stand. - Was
wünschen Sie? fragte er. — Sören: Wenn der Herr Propst Zeit hätten, möchten
wir gern ein Wörtchen rin dem Herrn Propst reden. - Propst: Bitte, nehmt
Platz, aber ich habe Eile. — Jens: Die haben wir übrigens auch. Wir sollten
heute abend wieder zu Hanse sein, und der Weg ist nicht gerade kurz, Herr
Propst. - Propst: Woher seid ihr?- - Jens: Ich glaube, man heißt es meistens
die Lendumdüue. —- Sören: Wir möchten bei uns draußen gern eine Schule
haben. — Propst: Eine Schule! — Hin! — Heutigentags meint jeder, er müsse
eine Schule gerade vor der Thür haben! iMeht im Zimmer auf und ab.) Und
wenn man ihm dann eine Schule giebt, dann versäumen die Kinder sie in uner¬
hörter Weise. Sören: Wir dachten, der Herr Propst könne uns vielleicht eine»
Rat geben, denn es muß doch auch dafür Recht und Gesetz geben. ^ - Propst:
Einen Rat! Ich will euch etwas sagen, meine guten Leute; erstens bin ich kein
Advokat, und zweitens bin ich nicht allmächtig, erwiderte der Propst und sah etwas
ungeduldig auf seine Uhr. Aber die beiden Häusler, die gewohnt waren, eine
Sache nicht gleich beim ersten Widerstand aufzugeben, saßen so ruhig auf des Propsts
Stühlen, als ob sie gedächten, zunächst da sitzen zu bleibe».


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/613>, abgerufen am 28.07.2024.