Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Das englische Königtum Vermächtnis Edwards, das ihn zum Erben und Rechtsnachfolger einsetzte und Die normännische Eroberung bedeutete für England etwa soviel wie für Die normännischen Könige brauchten nicht lange dazu, diesen Gang als Für das englische Königtum war diese Wiederanknüpfung an die alte Das englische Königtum Vermächtnis Edwards, das ihn zum Erben und Rechtsnachfolger einsetzte und Die normännische Eroberung bedeutete für England etwa soviel wie für Die normännischen Könige brauchten nicht lange dazu, diesen Gang als Für das englische Königtum war diese Wiederanknüpfung an die alte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0467" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236289"/> <fw type="header" place="top"> Das englische Königtum</fw><lb/> <p xml:id="ID_1764" prev="#ID_1763"> Vermächtnis Edwards, das ihn zum Erben und Rechtsnachfolger einsetzte und<lb/> dadurch Harold zum Empörer stempelte. Den Angelsachsen jedoch konnte das<lb/> nicht genügen, da noch ein Sprößling Cerdics lebte, Edward der Ätheling,<lb/> und Wilhelm war genötigt, sich den Beinamen des Eroberers zu erwerben.<lb/> Sieben Jahre dauerte es, bis er auch den Widerstand der letzten Angelsachsen<lb/> überwand, des kleinen Häufleins unter Herewart, das ihm in Eis fteifncickig<lb/> die Huldigung versagte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1765"> Die normännische Eroberung bedeutete für England etwa soviel wie für<lb/> Gallien der Einbruch der Franken. Die Franken waren der Adel und gaben<lb/> dem Staate das Gepräge. Das alte Volk haben sie nicht verändert. Sie<lb/> sind vielmehr allmählich von ihm aufgesogen worden, und nur eine beschränkte<lb/> Zahl germanischer Wörter ist in die französische Sprache übergegangen. So<lb/> hat auch die normännische Eroberung keine durchgreifende Änderung herbei¬<lb/> geführt. Der alte sächsische Adel wird vom normünnisch-französischen verdrängt,<lb/> das Feudalsystem, das schou in seinen Anfängen bestand, wird völlig und streng<lb/> ausgebildet; aber bevor zwei Jahrhunderte verflossen sind, haben sich Angel¬<lb/> sachsen und Normannen zu dem Volke der Engländer verschmolzen, worin, wie<lb/> der Name sagt, der ältere Bestandteil überwiegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1766"> Die normännischen Könige brauchten nicht lange dazu, diesen Gang als<lb/> unvermeidlich zu erkennen. Sie mußten fühlen, daß, obwohl Edgar Ätheling<lb/> seinen Frieden mit Wilhelm gemacht hatte, in den Augen der alten Bevölke¬<lb/> rung das Vermächtnis Edwards ohne die Zustimmung des Witcnagemots<lb/> keinen genügenden Rechtsgrund für den Besitz der Krone darstellte, und<lb/> daß bei den Ansprüchen der uormünnischcn Barone eine Versöhnung mit<lb/> dem besiegten Volke weise Staatskunst war. Der Übermut der Barone führte<lb/> schon Wilhelm den Roten und die Angelsachsen zusammen. Dieselbe Ursache<lb/> bewog Heinrich I. nicht nur die Gesetze Edwards wieder herzustellen, souderu<lb/> auch Matilda von Schottland, die Nichte des Äthelings, zu heiraten und<lb/> damit das Blut Cerdics wieder auf den englischen Thron zurückzuführen. Das<lb/> salische Recht hatte in England nicht Eingang gefunden und hat mich später<lb/> keine Geltung erlangt gegenüber der cognatischen Erbfolge. Mit dem Ab¬<lb/> sterben des Mmmesstamms gingen demnach die Ansprüche des Hauses Cerdics<lb/> auf Edgars Schwester, Margarete von Schottland über. Streng genommen<lb/> war Margaretens Sohn Edgar, von dessen Bruder David die Bruees und<lb/> Stuarts abstammen, der Vertreter des Cerdieschen Bluts. Aber da Edgar<lb/> seine Krone der englischen Hilfe verdankte, konnte die Heirat Heinrichs mit<lb/> Matilda als ein billiger Ausgleich gelte«, und die Engländer jubelten ihr zu.<lb/> Zur Nachkommenschaft aus dieser Ehe gehören mit Ansnahme des Usurpators<lb/> Stephan sämtliche spätern Könige von England. Bei allen Verändrungen hat<lb/> man jederzeit am Blute Cerdics festgehalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1767" next="#ID_1768"> Für das englische Königtum war diese Wiederanknüpfung an die alte<lb/> Überlieferung von großer Wichtigkeit. Sie stellte die legitime Rechtsordnung<lb/> wieder her, die durch die Eroberung unterbrochen war. Die Anerkennung der<lb/> Gesetze Edwards bedeutete ein Aufgeben der despotischen Gewalt und mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0467]
Das englische Königtum
Vermächtnis Edwards, das ihn zum Erben und Rechtsnachfolger einsetzte und
dadurch Harold zum Empörer stempelte. Den Angelsachsen jedoch konnte das
nicht genügen, da noch ein Sprößling Cerdics lebte, Edward der Ätheling,
und Wilhelm war genötigt, sich den Beinamen des Eroberers zu erwerben.
Sieben Jahre dauerte es, bis er auch den Widerstand der letzten Angelsachsen
überwand, des kleinen Häufleins unter Herewart, das ihm in Eis fteifncickig
die Huldigung versagte.
Die normännische Eroberung bedeutete für England etwa soviel wie für
Gallien der Einbruch der Franken. Die Franken waren der Adel und gaben
dem Staate das Gepräge. Das alte Volk haben sie nicht verändert. Sie
sind vielmehr allmählich von ihm aufgesogen worden, und nur eine beschränkte
Zahl germanischer Wörter ist in die französische Sprache übergegangen. So
hat auch die normännische Eroberung keine durchgreifende Änderung herbei¬
geführt. Der alte sächsische Adel wird vom normünnisch-französischen verdrängt,
das Feudalsystem, das schou in seinen Anfängen bestand, wird völlig und streng
ausgebildet; aber bevor zwei Jahrhunderte verflossen sind, haben sich Angel¬
sachsen und Normannen zu dem Volke der Engländer verschmolzen, worin, wie
der Name sagt, der ältere Bestandteil überwiegt.
Die normännischen Könige brauchten nicht lange dazu, diesen Gang als
unvermeidlich zu erkennen. Sie mußten fühlen, daß, obwohl Edgar Ätheling
seinen Frieden mit Wilhelm gemacht hatte, in den Augen der alten Bevölke¬
rung das Vermächtnis Edwards ohne die Zustimmung des Witcnagemots
keinen genügenden Rechtsgrund für den Besitz der Krone darstellte, und
daß bei den Ansprüchen der uormünnischcn Barone eine Versöhnung mit
dem besiegten Volke weise Staatskunst war. Der Übermut der Barone führte
schon Wilhelm den Roten und die Angelsachsen zusammen. Dieselbe Ursache
bewog Heinrich I. nicht nur die Gesetze Edwards wieder herzustellen, souderu
auch Matilda von Schottland, die Nichte des Äthelings, zu heiraten und
damit das Blut Cerdics wieder auf den englischen Thron zurückzuführen. Das
salische Recht hatte in England nicht Eingang gefunden und hat mich später
keine Geltung erlangt gegenüber der cognatischen Erbfolge. Mit dem Ab¬
sterben des Mmmesstamms gingen demnach die Ansprüche des Hauses Cerdics
auf Edgars Schwester, Margarete von Schottland über. Streng genommen
war Margaretens Sohn Edgar, von dessen Bruder David die Bruees und
Stuarts abstammen, der Vertreter des Cerdieschen Bluts. Aber da Edgar
seine Krone der englischen Hilfe verdankte, konnte die Heirat Heinrichs mit
Matilda als ein billiger Ausgleich gelte«, und die Engländer jubelten ihr zu.
Zur Nachkommenschaft aus dieser Ehe gehören mit Ansnahme des Usurpators
Stephan sämtliche spätern Könige von England. Bei allen Verändrungen hat
man jederzeit am Blute Cerdics festgehalten.
Für das englische Königtum war diese Wiederanknüpfung an die alte
Überlieferung von großer Wichtigkeit. Sie stellte die legitime Rechtsordnung
wieder her, die durch die Eroberung unterbrochen war. Die Anerkennung der
Gesetze Edwards bedeutete ein Aufgeben der despotischen Gewalt und mit
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |