Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Disziplin >ab Sozialdom>,'kratu' zeugung, dnß in Frankreich ebenso une in der SchU'eiz und eventuell auch in Disziplin >ab Sozialdom>,'kratu' zeugung, dnß in Frankreich ebenso une in der SchU'eiz und eventuell auch in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236145"/> <fw type="header" place="top"> Disziplin >ab Sozialdom>,'kratu'</fw><lb/> <p xml:id="ID_1261" prev="#ID_1260" next="#ID_1262"> zeugung, dnß in Frankreich ebenso une in der SchU'eiz und eventuell auch in<lb/> Deutschland jeder größern, namentlich im Komplott begangnen oder wenigstens<lb/> systematisch vorbereiteten Auflehnung gegen Disziplin und militärischen Ge¬<lb/> horsam der Einfluß der Sozialdemokratie zu Grunde liegt. So wie der<lb/> Franzose bei andrer Gelegenheit sagt: 0ü e-se In. tsurinö? so kann der mili¬<lb/> tärische Vorgesetzte bei solchen Vorkommnissen getrost sagen: „Wo ist der<lb/> sozialdemokratische Agitator?" Es ist ja von sozialdemokrntischer Seite selbst<lb/> oft ausgesprochen worden, daß die Agitation im Heere eine ihrer nächsten und<lb/> wichtigsten Aufgaben sei, und es wäre geradezu ein Wunder, wenn diese Be-<lb/> mtthuugen gegenüber jungen unreifen Leuten von zwanzig Jahren, die zum<lb/> großen Teile in den industriellen Großstädten aufgewachsen sind, nicht von<lb/> mehr oder minder großem Erfolge sollten begleitet sein. Alle von den<lb/> Militärbehörden dagegen getrvffnen Maßregeln können nicht genügen. Bei<lb/> uns in Dentschlnud werden ja die Soldaten nach Möglichkeit überwacht, aber<lb/> radikal kann solche Vorsicht nicht helfen, und während der Manöver, wo die<lb/> Mannschaften einquartiert sind, und abgesehen von persönlichen Einflüssen, jede<lb/> Art der Presse ihnen zugänglich ist, versagt sie vollständig. Das weiß auch<lb/> die sozinldemokrntische Preßleitung recht wohl, und zu keiner Zeit wird man<lb/> in diesen Blättern so viel lesen über Überanstrengung der Truppen, übergroße<lb/> Strenge, menschennnwürdige Behandlung usw, wie zur Zeit der Manöver,<lb/> Bei den Vorkommnissen in Se, Etienne in Frankreich wird von allen Seiten<lb/> anerkannt, daß die sozialdemokratische Arbeiterbevölkerung hauptsächlich die<lb/> Schuld nu der Meuterei trug, und in der Schweiz gingen die sozialdemvkro-<lb/> tischeu Blätter der französischen Schweiz, so namentlich das in Genf er¬<lb/> scheinende Ils ?«zux1ö so weit, daß sie die Dienstpflichtigen geradezu zur<lb/> Meuterei aufforderten, falls ihnen nicht eine „menschenwürdige" Behandlung<lb/> zu teil würde. In einer deutsch-schweizerischen Zeitung fanden Nur vor kurzem<lb/> eine Korrespondenz aus Genf, in der es heißt: „Es darf betont werden, daß<lb/> auch unter den Sozinldemokraten der französischen Schweiz die beständigen<lb/> Hetzereien in militärischem Gebiete, die sich der 1'vuxlo von Genf, das 6rutli<lb/> von Lausanne und die LöntinÄlv von La Chaux-de-Fonds zu Schulden kommen<lb/> lassen, eine abfällige Beurteilung erfahren." Auch die sozialdemokratischen<lb/> Blätter der deutscheu Schweiz verfolgen die nämliche Tendenz, und ebenso<lb/> natürlicherweise — nirgends herrscht bekanntlich so strenge und straffe Dis¬<lb/> ziplin wie in der Sozialdemokratie — die Parteiorgane der rudern Länder.<lb/> Je kürzer die Dienstzeit wird, desto leichter ist die Arbeit der Sozialdemokraten,<lb/> weil der Soldatenstand als Beruf mehr und mehr schwindet, die Erziehung<lb/> zur Vaterlandsliebe, zur Treue und zum Gehorsam immer schwieriger wird<lb/> und mehr und mehr nur noch an der Oberfläche haftet. Wir haben in der<lb/> letzten Zeit mehrfach die Erfahrung gemacht, daß Männer, die ein warmes<lb/> Herz für das notleidende Volk haben, Sympathie für die Sozialdemokratie ge¬<lb/> winnen, und besonders in gut christlichen Kreisen begegnet man jetzt öfters<lb/> einer Hinneigung zu den Bethätigungen der Sozialdemokratie — einzelne</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
Disziplin >ab Sozialdom>,'kratu'
zeugung, dnß in Frankreich ebenso une in der SchU'eiz und eventuell auch in
Deutschland jeder größern, namentlich im Komplott begangnen oder wenigstens
systematisch vorbereiteten Auflehnung gegen Disziplin und militärischen Ge¬
horsam der Einfluß der Sozialdemokratie zu Grunde liegt. So wie der
Franzose bei andrer Gelegenheit sagt: 0ü e-se In. tsurinö? so kann der mili¬
tärische Vorgesetzte bei solchen Vorkommnissen getrost sagen: „Wo ist der
sozialdemokratische Agitator?" Es ist ja von sozialdemokrntischer Seite selbst
oft ausgesprochen worden, daß die Agitation im Heere eine ihrer nächsten und
wichtigsten Aufgaben sei, und es wäre geradezu ein Wunder, wenn diese Be-
mtthuugen gegenüber jungen unreifen Leuten von zwanzig Jahren, die zum
großen Teile in den industriellen Großstädten aufgewachsen sind, nicht von
mehr oder minder großem Erfolge sollten begleitet sein. Alle von den
Militärbehörden dagegen getrvffnen Maßregeln können nicht genügen. Bei
uns in Dentschlnud werden ja die Soldaten nach Möglichkeit überwacht, aber
radikal kann solche Vorsicht nicht helfen, und während der Manöver, wo die
Mannschaften einquartiert sind, und abgesehen von persönlichen Einflüssen, jede
Art der Presse ihnen zugänglich ist, versagt sie vollständig. Das weiß auch
die sozinldemokrntische Preßleitung recht wohl, und zu keiner Zeit wird man
in diesen Blättern so viel lesen über Überanstrengung der Truppen, übergroße
Strenge, menschennnwürdige Behandlung usw, wie zur Zeit der Manöver,
Bei den Vorkommnissen in Se, Etienne in Frankreich wird von allen Seiten
anerkannt, daß die sozialdemokratische Arbeiterbevölkerung hauptsächlich die
Schuld nu der Meuterei trug, und in der Schweiz gingen die sozialdemvkro-
tischeu Blätter der französischen Schweiz, so namentlich das in Genf er¬
scheinende Ils ?«zux1ö so weit, daß sie die Dienstpflichtigen geradezu zur
Meuterei aufforderten, falls ihnen nicht eine „menschenwürdige" Behandlung
zu teil würde. In einer deutsch-schweizerischen Zeitung fanden Nur vor kurzem
eine Korrespondenz aus Genf, in der es heißt: „Es darf betont werden, daß
auch unter den Sozinldemokraten der französischen Schweiz die beständigen
Hetzereien in militärischem Gebiete, die sich der 1'vuxlo von Genf, das 6rutli
von Lausanne und die LöntinÄlv von La Chaux-de-Fonds zu Schulden kommen
lassen, eine abfällige Beurteilung erfahren." Auch die sozialdemokratischen
Blätter der deutscheu Schweiz verfolgen die nämliche Tendenz, und ebenso
natürlicherweise — nirgends herrscht bekanntlich so strenge und straffe Dis¬
ziplin wie in der Sozialdemokratie — die Parteiorgane der rudern Länder.
Je kürzer die Dienstzeit wird, desto leichter ist die Arbeit der Sozialdemokraten,
weil der Soldatenstand als Beruf mehr und mehr schwindet, die Erziehung
zur Vaterlandsliebe, zur Treue und zum Gehorsam immer schwieriger wird
und mehr und mehr nur noch an der Oberfläche haftet. Wir haben in der
letzten Zeit mehrfach die Erfahrung gemacht, daß Männer, die ein warmes
Herz für das notleidende Volk haben, Sympathie für die Sozialdemokratie ge¬
winnen, und besonders in gut christlichen Kreisen begegnet man jetzt öfters
einer Hinneigung zu den Bethätigungen der Sozialdemokratie — einzelne
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |