Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Auf der Alm Aber heernse, wie kommen Sie denn hier in die Wildnis, bei das Wetter, Ich habe die Sennerin, meine Freundin, besuchen wollen, sagte Hanna be¬ Die Herren nahmen dankend Platz, bekamen ihren Kaffee und fingen mit Das ist wärklich guter Kaffee! sagte behaglich der erste Baß. El Gottchen, Heernse! sagte der Hauptmann, sich zu Hanna wendend, das war wärklich Jawohl, vier Stunden! fiel der zweite Baß ein -- -- bis es da ooch naß wurde, wo mir saßen. Dn nützte es nischt. Genossen, Neumann, du redst kee Blech! sagte dieser entrüstet -- -- da sehn mir das Licht ans der Hütte riwwerschimmern. Kindersch, sagte ich, Hanna, fragte Traudel, indem sie sie anstieß, san dös Frcmzvsn? Hanna mußte gerade herauslachen, trotz ihrer Herzschmcrzen. Die Sachsen Der Haust stand auf und klopfte seine Pfeife aus. Zeit is, daß ma schlaafn Was seid denn ihr? Holzhacker? brummte der zweite Baß zu den Forst¬ Holzhacker? freili, da ists net weit gfohlt, sagte der Haust. Das sind wir auch, sagte der zweite Baß. Aber wir beabsichtigen nicht, euch Also, alleweile machen mir ins Heu! Meine Herren, Sie werden die Güte Traudel hatte ein Stümpfchen Licht aus ihrem Stübchen geholt und ange¬ Auf der Alm Aber heernse, wie kommen Sie denn hier in die Wildnis, bei das Wetter, Ich habe die Sennerin, meine Freundin, besuchen wollen, sagte Hanna be¬ Die Herren nahmen dankend Platz, bekamen ihren Kaffee und fingen mit Das ist wärklich guter Kaffee! sagte behaglich der erste Baß. El Gottchen, Heernse! sagte der Hauptmann, sich zu Hanna wendend, das war wärklich Jawohl, vier Stunden! fiel der zweite Baß ein — — bis es da ooch naß wurde, wo mir saßen. Dn nützte es nischt. Genossen, Neumann, du redst kee Blech! sagte dieser entrüstet — — da sehn mir das Licht ans der Hütte riwwerschimmern. Kindersch, sagte ich, Hanna, fragte Traudel, indem sie sie anstieß, san dös Frcmzvsn? Hanna mußte gerade herauslachen, trotz ihrer Herzschmcrzen. Die Sachsen Der Haust stand auf und klopfte seine Pfeife aus. Zeit is, daß ma schlaafn Was seid denn ihr? Holzhacker? brummte der zweite Baß zu den Forst¬ Holzhacker? freili, da ists net weit gfohlt, sagte der Haust. Das sind wir auch, sagte der zweite Baß. Aber wir beabsichtigen nicht, euch Also, alleweile machen mir ins Heu! Meine Herren, Sie werden die Güte Traudel hatte ein Stümpfchen Licht aus ihrem Stübchen geholt und ange¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235982"/> <fw type="header" place="top"> Auf der Alm</fw><lb/> <p xml:id="ID_565"> Aber heernse, wie kommen Sie denn hier in die Wildnis, bei das Wetter,<lb/> wenn ich fragen derf? fragte der Sprecher.</p><lb/> <p xml:id="ID_566"> Ich habe die Sennerin, meine Freundin, besuchen wollen, sagte Hanna be¬<lb/> lustigt, und bin hier eingeregnet. — Dieses Intermezzo heiterte sie auf. — Nehmen<lb/> Sie nur hier am Tische Platz; ich setze mich zum Traudel an den Herd.</p><lb/> <p xml:id="ID_567"> Die Herren nahmen dankend Platz, bekamen ihren Kaffee und fingen mit<lb/> sichtlicher Wonne an einzuhauen.</p><lb/> <p xml:id="ID_568"> Das ist wärklich guter Kaffee! sagte behaglich der erste Baß. El Gottchen,<lb/> nach der Wasserfahrt!</p><lb/> <p xml:id="ID_569"> Heernse! sagte der Hauptmann, sich zu Hanna wendend, das war wärklich<lb/> eure Kugelfuhre. Mir warn ganz hibsch uaufgekommeu, ganz sachtchen — mir<lb/> hatten ja nischt zu versäumen —, nu de Aussicht — nee, was recht ist, ist recht,<lb/> fuhr er zu Traudel gewandt fort, großartig! eefach großartig! De ganze Gegend<lb/> sieht mer, und de Umgegend ooch noch. Alle Achtung! Aber Hernachens! Nee,<lb/> so e Wetter! Mir machten nunter, was mer konnten, aber das Ausreißen half<lb/> nischt, es erwischte uns doch! Zum Glück Hammer eure ieberhängende Felsplatte<lb/> gefunden. Da Hammer vier Stunden gesessen —</p><lb/> <p xml:id="ID_570"> Jawohl, vier Stunden! fiel der zweite Baß ein —</p><lb/> <p xml:id="ID_571"> — bis es da ooch naß wurde, wo mir saßen. Dn nützte es nischt. Genossen,<lb/> sagte ich, nu nur weiter! Hier warn mer naß, und drnnßen warn mer naß.<lb/> Das ist gehoppst wie gesprungen. Jwwernachten können mir ooch nich hier. Also<lb/> sein mer weiter gemacht, allerdings freilich mehr uffm Buckel gerutscht wie geloofen.<lb/> Aber gesehen Hammer nischt mehr. Ich weeß es ganz bestimmt, mei zweeter Tenor<lb/> wollte gerade anfangen zu weeren —</p><lb/> <p xml:id="ID_572"> Neumann, du redst kee Blech! sagte dieser entrüstet —</p><lb/> <p xml:id="ID_573"> — da sehn mir das Licht ans der Hütte riwwerschimmern. Kindersch, sagte ich,<lb/> die Erde hat uns wieder! Nu nur anständig marschmäßig! Und nu danke ich<lb/> meinem Schöpfer, daß nur hier sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_574"> Hanna, fragte Traudel, indem sie sie anstieß, san dös Frcmzvsn?</p><lb/> <p xml:id="ID_575"> Hanna mußte gerade herauslachen, trotz ihrer Herzschmcrzen. 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Meine Herren, Sie werden die Güte<lb/> haben, uns den Weg zu weisen, rief der Anführer der Holzschneider den Vertretern<lb/> der gröber» Seite des Fachs zu. Meine Damen, ich habe die Ehre! — Die drei<lb/> andern Herren verbeugten sich, wünschten eine wohlzuruhende Nacht und folgten<lb/> dann, nachdem sie diskret in der Ecke die Stiefel ausgezogen hatten, ihre Plaids<lb/> mitnehmend den Holzknechten, die mit ihrem Gutenachtgruß voranmarschierten,<lb/> in den Stall.</p><lb/> <p xml:id="ID_581"> Traudel hatte ein Stümpfchen Licht aus ihrem Stübchen geholt und ange¬<lb/> zündet. Sie hielt es, in der Stallthür stehn bleibend, über ihren Kopf, um den<lb/> Fremden zu leuchten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
Auf der Alm
Aber heernse, wie kommen Sie denn hier in die Wildnis, bei das Wetter,
wenn ich fragen derf? fragte der Sprecher.
Ich habe die Sennerin, meine Freundin, besuchen wollen, sagte Hanna be¬
lustigt, und bin hier eingeregnet. — Dieses Intermezzo heiterte sie auf. — Nehmen
Sie nur hier am Tische Platz; ich setze mich zum Traudel an den Herd.
Die Herren nahmen dankend Platz, bekamen ihren Kaffee und fingen mit
sichtlicher Wonne an einzuhauen.
Das ist wärklich guter Kaffee! sagte behaglich der erste Baß. El Gottchen,
nach der Wasserfahrt!
Heernse! sagte der Hauptmann, sich zu Hanna wendend, das war wärklich
eure Kugelfuhre. Mir warn ganz hibsch uaufgekommeu, ganz sachtchen — mir
hatten ja nischt zu versäumen —, nu de Aussicht — nee, was recht ist, ist recht,
fuhr er zu Traudel gewandt fort, großartig! eefach großartig! De ganze Gegend
sieht mer, und de Umgegend ooch noch. Alle Achtung! Aber Hernachens! Nee,
so e Wetter! Mir machten nunter, was mer konnten, aber das Ausreißen half
nischt, es erwischte uns doch! Zum Glück Hammer eure ieberhängende Felsplatte
gefunden. Da Hammer vier Stunden gesessen —
Jawohl, vier Stunden! fiel der zweite Baß ein —
— bis es da ooch naß wurde, wo mir saßen. Dn nützte es nischt. Genossen,
sagte ich, nu nur weiter! Hier warn mer naß, und drnnßen warn mer naß.
Das ist gehoppst wie gesprungen. Jwwernachten können mir ooch nich hier. Also
sein mer weiter gemacht, allerdings freilich mehr uffm Buckel gerutscht wie geloofen.
Aber gesehen Hammer nischt mehr. Ich weeß es ganz bestimmt, mei zweeter Tenor
wollte gerade anfangen zu weeren —
Neumann, du redst kee Blech! sagte dieser entrüstet —
— da sehn mir das Licht ans der Hütte riwwerschimmern. Kindersch, sagte ich,
die Erde hat uns wieder! Nu nur anständig marschmäßig! Und nu danke ich
meinem Schöpfer, daß nur hier sein.
Hanna, fragte Traudel, indem sie sie anstieß, san dös Frcmzvsn?
Hanna mußte gerade herauslachen, trotz ihrer Herzschmcrzen. Die Sachsen
lachten auch, und die Holzknechte mit, obwohl sie nicht wußten, worüber, außer
daß es ganz urkomische Gesellen waren, die vier, und Paul kreischte einen Jodler
dazu.
Der Haust stand auf und klopfte seine Pfeife aus. Zeit is, daß ma schlaafn
gehn, sagte er.
Was seid denn ihr? Holzhacker? brummte der zweite Baß zu den Forst¬
arbettern hinüber.
Holzhacker? freili, da ists net weit gfohlt, sagte der Haust.
Das sind wir auch, sagte der zweite Baß. Aber wir beabsichtigen nicht, euch
ins Handwerk zu pfuschen, wir vertreten mehr die illustrative Seite des Handwerks.
Also können wir friedlich der gemeinsamen Nachtruhe pflegen.
Also, alleweile machen mir ins Heu! Meine Herren, Sie werden die Güte
haben, uns den Weg zu weisen, rief der Anführer der Holzschneider den Vertretern
der gröber» Seite des Fachs zu. Meine Damen, ich habe die Ehre! — Die drei
andern Herren verbeugten sich, wünschten eine wohlzuruhende Nacht und folgten
dann, nachdem sie diskret in der Ecke die Stiefel ausgezogen hatten, ihre Plaids
mitnehmend den Holzknechten, die mit ihrem Gutenachtgruß voranmarschierten,
in den Stall.
Traudel hatte ein Stümpfchen Licht aus ihrem Stübchen geholt und ange¬
zündet. Sie hielt es, in der Stallthür stehn bleibend, über ihren Kopf, um den
Fremden zu leuchten.
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