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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Miorflnssiges Geld

fein anzukaufen gehalten ist, nur noch 696 Mark dafür zahlen. Somit brächte
es keinen Vorteil, wenn jemand die neuen Münzen einschmelzen und als Gold-
metnll verwenden wollte.

Die gesamten Goldmünzen des Deutschen Reichs haben einen Nennwert
von etwa 3600 Millionen Mark. Nachdem diese Münzen sämtlich umgewandelt
wären, würde ihr Wert also nur auf etwa 1800 Millionen lauten. Wollte
der Staat dann noch mehr Münzen ausprägen und könnte er dazu nunmehr
das Goldmetall zum Preise von 696 Mark kaufen, so kosteten ihm diese weitern
Münzen, trotzdem daß auch sie den doppelten Metallgehalt erhalten würden,
nicht mehr als die frühern. Allerdings würde der Verlust, der durch die Herab¬
setzung des Goldpreises um die Hälfte entsteht, dann für den in Barren be¬
stehenden Teil des Goldvorrats von dessen Besitzern getragen werden, die diese
Goldbarren noch zum frühern Preise erstanden hätten. Dus wäre aber eine
Unbilligkeit, und es würde sich ohne Zweifel einrichten lassen, daß die Wert-
einbnße nicht ausschließlich die träfe, denen gerade zu der Zeit der Herab¬
setzung des Goldpreises die Goldbarren gehörte". Da das nngemünzte Gold,
das sich in Banken oder sonst in Privatbauten befindet, ohne Jdentitäts¬
nachweis zwischen den verschiednen Ländern und Erdteilen hin und her gesandt
wird, so läßt sich freilich nicht ohne weiteres sagen, welches Land für die
Wertverminderung einzutreten hätte. Es würde vielmehr eine Vereinbarung
zwischen den sämtlichen beteiligten Staaten nötig sein, und es müßte ein
Modus gefunden werden, wonach (vielleicht xro raw der gemünzten llmlanfs-
mittel jedes Landes) das vorhandne Barrengold anf die verschiednen Länder
zum bisherigen Goldpreise zu repartieren wäre. Es erlitte dann jedes Land
anch für diese zugeteilt erhnltnen Barren die Wcrteinbuße und vermöchte den
Verlust auf seine Bewohner dem Vermögensbesitz jedes Einzelnen gemäß
-- durch Erhebung einer Vesitzstener -- gerecht zu verteilen.

Wenn man in dieser Weise verführe, wäre damit die jetzige arge Untcr-
wertigkeit des Goldbestandes beseitigt; der Geldwert, auf den man den Gold-
bcsitz des Einzelnen und der Gesamtheit berechnet, ergäbe dann eine zutreffendere,
richtigere Summe. Nachdem alsdann der Goldbesitz aller Länder anch nicht
mehr wesentlich größer sein würde, als es der Bedarf nach baren Umlaufs¬
mitteln und "ach Goldnietall zur industriellen Verarbeitung erfordert, wäre
der richtige Zeitpunkt gekommen, durch geeignete Maßnahmen zu bewirken,
daß nicht aufs neue ein Übermaß an Goldmetall und Goldmünzen entstehn
könnte. Zunächst müßte dann die freie Prägung abgeschafft werden. Wenn man
dnrch sie herbeiführen wollte, daß nicht mehr Gold auf den Markt komme,
als Aufnahme finden kann, und durch sie den Goldpreis unveränderlich erhalten
wollte, schlug mau doch einen ganz verkehrten Weg ein. Es ist auf diesem
Wege nur erreicht worden, daß die Produktion des Goldes fortwährend größer
geworden ist, und daß alle Länder gewaltige Goldsummen aufgespeichert haben,
für die die Menschheit auch nicht annähernd Verwendung Hot. Nicht da¬
durch, daß man den Goldgräbern alles Gold, das sie produzieren, zu dem
hohen Münzmaterialpreise abnimmt, kann die Wertbeständigkeit des Goldes


Miorflnssiges Geld

fein anzukaufen gehalten ist, nur noch 696 Mark dafür zahlen. Somit brächte
es keinen Vorteil, wenn jemand die neuen Münzen einschmelzen und als Gold-
metnll verwenden wollte.

Die gesamten Goldmünzen des Deutschen Reichs haben einen Nennwert
von etwa 3600 Millionen Mark. Nachdem diese Münzen sämtlich umgewandelt
wären, würde ihr Wert also nur auf etwa 1800 Millionen lauten. Wollte
der Staat dann noch mehr Münzen ausprägen und könnte er dazu nunmehr
das Goldmetall zum Preise von 696 Mark kaufen, so kosteten ihm diese weitern
Münzen, trotzdem daß auch sie den doppelten Metallgehalt erhalten würden,
nicht mehr als die frühern. Allerdings würde der Verlust, der durch die Herab¬
setzung des Goldpreises um die Hälfte entsteht, dann für den in Barren be¬
stehenden Teil des Goldvorrats von dessen Besitzern getragen werden, die diese
Goldbarren noch zum frühern Preise erstanden hätten. Dus wäre aber eine
Unbilligkeit, und es würde sich ohne Zweifel einrichten lassen, daß die Wert-
einbnße nicht ausschließlich die träfe, denen gerade zu der Zeit der Herab¬
setzung des Goldpreises die Goldbarren gehörte». Da das nngemünzte Gold,
das sich in Banken oder sonst in Privatbauten befindet, ohne Jdentitäts¬
nachweis zwischen den verschiednen Ländern und Erdteilen hin und her gesandt
wird, so läßt sich freilich nicht ohne weiteres sagen, welches Land für die
Wertverminderung einzutreten hätte. Es würde vielmehr eine Vereinbarung
zwischen den sämtlichen beteiligten Staaten nötig sein, und es müßte ein
Modus gefunden werden, wonach (vielleicht xro raw der gemünzten llmlanfs-
mittel jedes Landes) das vorhandne Barrengold anf die verschiednen Länder
zum bisherigen Goldpreise zu repartieren wäre. Es erlitte dann jedes Land
anch für diese zugeteilt erhnltnen Barren die Wcrteinbuße und vermöchte den
Verlust auf seine Bewohner dem Vermögensbesitz jedes Einzelnen gemäß
— durch Erhebung einer Vesitzstener — gerecht zu verteilen.

Wenn man in dieser Weise verführe, wäre damit die jetzige arge Untcr-
wertigkeit des Goldbestandes beseitigt; der Geldwert, auf den man den Gold-
bcsitz des Einzelnen und der Gesamtheit berechnet, ergäbe dann eine zutreffendere,
richtigere Summe. Nachdem alsdann der Goldbesitz aller Länder anch nicht
mehr wesentlich größer sein würde, als es der Bedarf nach baren Umlaufs¬
mitteln und »ach Goldnietall zur industriellen Verarbeitung erfordert, wäre
der richtige Zeitpunkt gekommen, durch geeignete Maßnahmen zu bewirken,
daß nicht aufs neue ein Übermaß an Goldmetall und Goldmünzen entstehn
könnte. Zunächst müßte dann die freie Prägung abgeschafft werden. Wenn man
dnrch sie herbeiführen wollte, daß nicht mehr Gold auf den Markt komme,
als Aufnahme finden kann, und durch sie den Goldpreis unveränderlich erhalten
wollte, schlug mau doch einen ganz verkehrten Weg ein. Es ist auf diesem
Wege nur erreicht worden, daß die Produktion des Goldes fortwährend größer
geworden ist, und daß alle Länder gewaltige Goldsummen aufgespeichert haben,
für die die Menschheit auch nicht annähernd Verwendung Hot. Nicht da¬
durch, daß man den Goldgräbern alles Gold, das sie produzieren, zu dem
hohen Münzmaterialpreise abnimmt, kann die Wertbeständigkeit des Goldes


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/131>, abgerufen am 01.09.2024.