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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Einteilung, bei der die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kreise wenig zur
Geltung kommt. Mur darf infolgedessen die außerordentlich verschiednen Bezirke
im Hinblick auf wirtschaftliche Frage" auf keinen Fall alle als gleiche Einheiten
behandeln und bloße Smumenzcihleu solcher Bezirke so gegeneinander abwägen, wie
es Wenckstern thut. Ein Bezirk füllt eben ganz anders ins Gewicht als der andre.
Die Statistik ist aber eine Methode des Messens und erfordert vor allem, daß
man möglichst mit gleichem Maße mißt. Das Uuznläßliche des Wcncksternschen
Verfahrens ergiebt sich ohne weiteres, wenn man sich z. V. vergegenwärtigt, daß
in seiner Rechnung der Stadtkreis Berlin mit 765348 Erwerbthätigen und
1615517 Einwohnern ebensowenig oder nur ebensoviel bedeutet wie der Amts-
gerichtsbezirk Bürge' in Reuß ä. L. mit 1825 Erwerbthätigen und 4590 Ein¬
wohnern. Der Stadtkreis Donauwörth (3960 Einwohner!) spielt dieselbe Rolle
wie der Stadtkreis München (391307 Einwohner!) und wie das um Einwohnern
über vierhundertmal größere und in wirtschaftspolitischer Hinsicht Wohl fast ebenso-
vielmnl bedeutsamere Berlin; die oldeuburgische Stadtgemeinde Jeder mit 2068
Erwerbthätigen steht in dieser Statistik ebenbürtig neben Hamburg mit 271369
Erwerbthätigen usw. Es ist natürlich, daß durch diese Art, statistische Zahlen zu
verwenden, kein zutreffendes Bild der Wirtschaftslage entsteht, und daß das Resultat
vielmehr ganz zufällig und von der Art und Begrenzung der Bezirkseinteilung ab¬
hängig ist. Würde man ans noch kleinere Territorialbezirke oder administrative
Körper eingehn, als die Reichsstatistik es ermöglicht, so könnte nur noch viel bessere
Zahlen für die Wencksternsche Argumentation Heransrechnen; ja es wäre prinzipiell
noch nicht einmal etwas andres, wenn man die erdrückende Zahl aller Land¬
gemeinden mit überwiegender landwirtschaftlicher Bevölkerung der Zahl der in¬
dustriellen Geineindebezirke gegenüberstellen wollte, um die größere Bedeutung der
Landwirtschaft zu beweisen. Die ganze Sache ist pro wluio! Auch die weiter ge¬
machte Darlegungen Wencksterus, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung in
19 Bezirken nur 10 bis 20 Prozent, in 26 Bezirken nur 20 bis 30 Prozent der
landwirtschaftlichen Bevölkerung ausmache usw., ist für den Kern der Frage ebenso
nichtssagend, als ob man alle Stadtbezirke des Reichs aufzählen wollte, in denen
die Landwirtschaft doch fast immer ganz und gar zurücktritt. Solche Verwertung
statistischer Daten kann doch wohl nur auf ganz naive Leser der Kreuzzeitung Ein¬
druck machen.

Wenckstern findet weiter, daß etwa 60 Prozent der landwirtschaftlichen Be¬
völkerung von ihr direkt abhängige Industrie- und Haudelsüevvlkerung sei, und daß
mithin "allein 13292(192 Personen, als Erwerbthätige im Hauptberufe, an der
Landwirtschaft des Reichs interessiert" seien, indem er nach recht hübschen Klein¬
malereien über den Kreis Kostin, der sein volkswirtschaftliches Ideal zu sein scheint,
die dortigen Verhältnisse -- mniMs wuwnäis -- als "typisch" verallgemeinert.
Daß es sich dabei um eine wenig zuverlässige Schätzung handelt, braucht kaum
gesagt zu werden; denn abgesehen von der sonderbaren Art der Schätzung ist der
Begriff "abhängig" hier gewiß nicht bestimmt bcgrenzbar. "Abhängig" ist heute
am Ende jeder Berufsthätige insofern, als seine Einzelwirtschaft nicht unabhängig,
sondern in die gesamte Volkswirtschaft mit verflochten ist. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung mit ihren Interessen sehr mit
der landwirtschaftlichen Bevölkerung verknüpft ist, aber andrerseits hat auch diese
ihre großen und wichtigen Interessen an der industriellen Bevölkerung. Es liegen
hier eben gegenseitige Interessen vor, die Wenckstern freilich in einseitiger Form
darstellt.

Auf jeden Fall werden alle solche Betrachtungen wenig an dem durch die
Berufszählung von 1895 erbrachten Resultat ändern, daß jetzt im Deutschen Reich


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Einteilung, bei der die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kreise wenig zur
Geltung kommt. Mur darf infolgedessen die außerordentlich verschiednen Bezirke
im Hinblick auf wirtschaftliche Frage» auf keinen Fall alle als gleiche Einheiten
behandeln und bloße Smumenzcihleu solcher Bezirke so gegeneinander abwägen, wie
es Wenckstern thut. Ein Bezirk füllt eben ganz anders ins Gewicht als der andre.
Die Statistik ist aber eine Methode des Messens und erfordert vor allem, daß
man möglichst mit gleichem Maße mißt. Das Uuznläßliche des Wcncksternschen
Verfahrens ergiebt sich ohne weiteres, wenn man sich z. V. vergegenwärtigt, daß
in seiner Rechnung der Stadtkreis Berlin mit 765348 Erwerbthätigen und
1615517 Einwohnern ebensowenig oder nur ebensoviel bedeutet wie der Amts-
gerichtsbezirk Bürge' in Reuß ä. L. mit 1825 Erwerbthätigen und 4590 Ein¬
wohnern. Der Stadtkreis Donauwörth (3960 Einwohner!) spielt dieselbe Rolle
wie der Stadtkreis München (391307 Einwohner!) und wie das um Einwohnern
über vierhundertmal größere und in wirtschaftspolitischer Hinsicht Wohl fast ebenso-
vielmnl bedeutsamere Berlin; die oldeuburgische Stadtgemeinde Jeder mit 2068
Erwerbthätigen steht in dieser Statistik ebenbürtig neben Hamburg mit 271369
Erwerbthätigen usw. Es ist natürlich, daß durch diese Art, statistische Zahlen zu
verwenden, kein zutreffendes Bild der Wirtschaftslage entsteht, und daß das Resultat
vielmehr ganz zufällig und von der Art und Begrenzung der Bezirkseinteilung ab¬
hängig ist. Würde man ans noch kleinere Territorialbezirke oder administrative
Körper eingehn, als die Reichsstatistik es ermöglicht, so könnte nur noch viel bessere
Zahlen für die Wencksternsche Argumentation Heransrechnen; ja es wäre prinzipiell
noch nicht einmal etwas andres, wenn man die erdrückende Zahl aller Land¬
gemeinden mit überwiegender landwirtschaftlicher Bevölkerung der Zahl der in¬
dustriellen Geineindebezirke gegenüberstellen wollte, um die größere Bedeutung der
Landwirtschaft zu beweisen. Die ganze Sache ist pro wluio! Auch die weiter ge¬
machte Darlegungen Wencksterus, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung in
19 Bezirken nur 10 bis 20 Prozent, in 26 Bezirken nur 20 bis 30 Prozent der
landwirtschaftlichen Bevölkerung ausmache usw., ist für den Kern der Frage ebenso
nichtssagend, als ob man alle Stadtbezirke des Reichs aufzählen wollte, in denen
die Landwirtschaft doch fast immer ganz und gar zurücktritt. Solche Verwertung
statistischer Daten kann doch wohl nur auf ganz naive Leser der Kreuzzeitung Ein¬
druck machen.

Wenckstern findet weiter, daß etwa 60 Prozent der landwirtschaftlichen Be¬
völkerung von ihr direkt abhängige Industrie- und Haudelsüevvlkerung sei, und daß
mithin „allein 13292(192 Personen, als Erwerbthätige im Hauptberufe, an der
Landwirtschaft des Reichs interessiert" seien, indem er nach recht hübschen Klein¬
malereien über den Kreis Kostin, der sein volkswirtschaftliches Ideal zu sein scheint,
die dortigen Verhältnisse — mniMs wuwnäis — als „typisch" verallgemeinert.
Daß es sich dabei um eine wenig zuverlässige Schätzung handelt, braucht kaum
gesagt zu werden; denn abgesehen von der sonderbaren Art der Schätzung ist der
Begriff „abhängig" hier gewiß nicht bestimmt bcgrenzbar. „Abhängig" ist heute
am Ende jeder Berufsthätige insofern, als seine Einzelwirtschaft nicht unabhängig,
sondern in die gesamte Volkswirtschaft mit verflochten ist. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung mit ihren Interessen sehr mit
der landwirtschaftlichen Bevölkerung verknüpft ist, aber andrerseits hat auch diese
ihre großen und wichtigen Interessen an der industriellen Bevölkerung. Es liegen
hier eben gegenseitige Interessen vor, die Wenckstern freilich in einseitiger Form
darstellt.

Auf jeden Fall werden alle solche Betrachtungen wenig an dem durch die
Berufszählung von 1895 erbrachten Resultat ändern, daß jetzt im Deutschen Reich


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[0111] Maßgebliches und Unmaßgebliches Einteilung, bei der die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kreise wenig zur Geltung kommt. Mur darf infolgedessen die außerordentlich verschiednen Bezirke im Hinblick auf wirtschaftliche Frage» auf keinen Fall alle als gleiche Einheiten behandeln und bloße Smumenzcihleu solcher Bezirke so gegeneinander abwägen, wie es Wenckstern thut. Ein Bezirk füllt eben ganz anders ins Gewicht als der andre. Die Statistik ist aber eine Methode des Messens und erfordert vor allem, daß man möglichst mit gleichem Maße mißt. Das Uuznläßliche des Wcncksternschen Verfahrens ergiebt sich ohne weiteres, wenn man sich z. V. vergegenwärtigt, daß in seiner Rechnung der Stadtkreis Berlin mit 765348 Erwerbthätigen und 1615517 Einwohnern ebensowenig oder nur ebensoviel bedeutet wie der Amts- gerichtsbezirk Bürge' in Reuß ä. L. mit 1825 Erwerbthätigen und 4590 Ein¬ wohnern. Der Stadtkreis Donauwörth (3960 Einwohner!) spielt dieselbe Rolle wie der Stadtkreis München (391307 Einwohner!) und wie das um Einwohnern über vierhundertmal größere und in wirtschaftspolitischer Hinsicht Wohl fast ebenso- vielmnl bedeutsamere Berlin; die oldeuburgische Stadtgemeinde Jeder mit 2068 Erwerbthätigen steht in dieser Statistik ebenbürtig neben Hamburg mit 271369 Erwerbthätigen usw. Es ist natürlich, daß durch diese Art, statistische Zahlen zu verwenden, kein zutreffendes Bild der Wirtschaftslage entsteht, und daß das Resultat vielmehr ganz zufällig und von der Art und Begrenzung der Bezirkseinteilung ab¬ hängig ist. Würde man ans noch kleinere Territorialbezirke oder administrative Körper eingehn, als die Reichsstatistik es ermöglicht, so könnte nur noch viel bessere Zahlen für die Wencksternsche Argumentation Heransrechnen; ja es wäre prinzipiell noch nicht einmal etwas andres, wenn man die erdrückende Zahl aller Land¬ gemeinden mit überwiegender landwirtschaftlicher Bevölkerung der Zahl der in¬ dustriellen Geineindebezirke gegenüberstellen wollte, um die größere Bedeutung der Landwirtschaft zu beweisen. Die ganze Sache ist pro wluio! Auch die weiter ge¬ machte Darlegungen Wencksterus, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung in 19 Bezirken nur 10 bis 20 Prozent, in 26 Bezirken nur 20 bis 30 Prozent der landwirtschaftlichen Bevölkerung ausmache usw., ist für den Kern der Frage ebenso nichtssagend, als ob man alle Stadtbezirke des Reichs aufzählen wollte, in denen die Landwirtschaft doch fast immer ganz und gar zurücktritt. Solche Verwertung statistischer Daten kann doch wohl nur auf ganz naive Leser der Kreuzzeitung Ein¬ druck machen. Wenckstern findet weiter, daß etwa 60 Prozent der landwirtschaftlichen Be¬ völkerung von ihr direkt abhängige Industrie- und Haudelsüevvlkerung sei, und daß mithin „allein 13292(192 Personen, als Erwerbthätige im Hauptberufe, an der Landwirtschaft des Reichs interessiert" seien, indem er nach recht hübschen Klein¬ malereien über den Kreis Kostin, der sein volkswirtschaftliches Ideal zu sein scheint, die dortigen Verhältnisse — mniMs wuwnäis — als „typisch" verallgemeinert. Daß es sich dabei um eine wenig zuverlässige Schätzung handelt, braucht kaum gesagt zu werden; denn abgesehen von der sonderbaren Art der Schätzung ist der Begriff „abhängig" hier gewiß nicht bestimmt bcgrenzbar. „Abhängig" ist heute am Ende jeder Berufsthätige insofern, als seine Einzelwirtschaft nicht unabhängig, sondern in die gesamte Volkswirtschaft mit verflochten ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Industrie- und Handelsbevölkerung mit ihren Interessen sehr mit der landwirtschaftlichen Bevölkerung verknüpft ist, aber andrerseits hat auch diese ihre großen und wichtigen Interessen an der industriellen Bevölkerung. Es liegen hier eben gegenseitige Interessen vor, die Wenckstern freilich in einseitiger Form darstellt. Auf jeden Fall werden alle solche Betrachtungen wenig an dem durch die Berufszählung von 1895 erbrachten Resultat ändern, daß jetzt im Deutschen Reich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/111>, abgerufen am 27.07.2024.