Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.Dii! englisch": Lokalverwaltung bedeutenden und später lauter "lehr verkümmernder Städten eine Wahl- Diese Reformbewegung -- die Episode Georgs III., der das Parlament Dii! englisch»: Lokalverwaltung bedeutenden und später lauter »lehr verkümmernder Städten eine Wahl- Diese Reformbewegung — die Episode Georgs III., der das Parlament <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235617"/> <fw type="header" place="top"> Dii! englisch»: Lokalverwaltung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1909" prev="#ID_1908"> bedeutenden und später lauter »lehr verkümmernder Städten eine Wahl-<lb/> uiaschinerie geschaffen, die der zur Herrschaft gelangte Grundadel übernahm.<lb/> Die Zahl der städtische» Mandate war weit größer als die der Grnfschafts-<lb/> vertreter, die sogenannten Städte aber waren meistens rottsn borouAlrs, elende<lb/> Flecken und Dörfer oder gar blos; noch Ruinen, nominelle Städte, deren solövt<lb/> boäiös im Dienste des benachbarten LaudlordS standen. Dieser kaufte ent¬<lb/> weder die Grundstücke oder die Wähler. Viele solche Wahlflecken wurden samt<lb/> ihrem Wahlrecht fester Familienbesitz, die übrigen verkauften ihre Mandate der<lb/> meistbietenden Partei. Soweit die borou^hö noch wirkliche kleine Städte<lb/> waren, litte» sie unter elender Verwaltung. Die im Laufe des achtzehnten<lb/> Jahrhunderts heranwachsenden große» Fabrik- >ab Handelsstädte Ware» un-<lb/> vertreten, und die Sache wurde noch ärger, als sich nach Einführung der<lb/> Dampfmaschine die Industrie von den Wasserläufen, losmachte und die ans<lb/> dem agrarischen Süden auswandernde Bevölkerung sich in den kohleureichcu<lb/> mittlern und nördlichen Grafschaften ansammelte. Die herrschende Aristokratie<lb/> wußte sich den Schein der Uneigennützigkeit zu gebe», indem sie die Diäten<lb/> für die Abgeordnete» »»d für die Friedensrichter abschaffte. Durch hoch be¬<lb/> soldete Hof- und Staatsämter, Sinekuren und eine für das Illnävä moi'We<lb/> zugeschnittene Gesetzgebung wußte» sich die Herren für die dem Gemeinwesen<lb/> gebrachten Opfer reichlich zu entschädigen; dagegen sicherte ihnen der dadurch<lb/> und durch Einführung eines hohen Zensus für deu Zugang zum Amt eines<lb/> Friedensrichters und eines Geschwornen bewirkte Ausschluß aller wenig Be¬<lb/> mittelten von der Lokalverwaltung die Alleinherrschaft nicht allein im Parlament,<lb/> sondern auch in der Grafschaft, und das Volk fing an, über die Paschawirt¬<lb/> schaft der Friedensrichter, die Squirearchie zu klagen. Wenn oben gesagt<lb/> wurde, daß Verwaltung lind Rechtsprechung nicht parteiisch geworden seien,<lb/> so ist damit nur genieint, nicht tvrhistisch oder whigistisch; das Klasseninteresse<lb/> aber beherrschte allerdings sowohl die Rechtsprechung wie die Verwaltung.<lb/> Nur London und einige wenige andre Orte wählten Abgeordnete, die wirkliche<lb/> Vertreter, nicht zwar des gemeinen Volkes, aber wenigstens einer zweiten<lb/> Klasse, des dein Iimcl«za mtergst gegenüber erstarkenden monoyvä intgiöst waren,<lb/> und diese wenigen Abgeordneten und die zum Glück von der Zensur befreite<lb/> Presse waren die Organe der in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr¬<lb/> hunderts entstehenden Reformbewegung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1910" next="#ID_1911"> Diese Reformbewegung — die Episode Georgs III., der das Parlament<lb/> noch einmal um seine Herrschaft zu kämpfen zwang, übergehn wir — läßt<lb/> Redlich in drei Phasen verlaufen, der des idealistischen Radikalismus, der des<lb/> Jakobinismus, der eine Reaktion zur Folge hat, und der der Agitation für<lb/> Praktische Reformen. Die darauf folgende Zeit der wirklichen Reformen läßt<lb/> sich dann ebenfalls in drei Perioden einteilen, deren jede mit einer Parlmnents-<lb/> reform beginnt. Die Abwehr des Radikalismus wurde der herrschenden Aristo¬<lb/> kratie durch deu Umstand erleichtert, daß Blackstone mit seinen LowwMwriss<lb/> ot' tho ol klug'Iimcl die »ach Redlich falsche Auffassung Montesquieu«?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0445]
Dii! englisch»: Lokalverwaltung
bedeutenden und später lauter »lehr verkümmernder Städten eine Wahl-
uiaschinerie geschaffen, die der zur Herrschaft gelangte Grundadel übernahm.
Die Zahl der städtische» Mandate war weit größer als die der Grnfschafts-
vertreter, die sogenannten Städte aber waren meistens rottsn borouAlrs, elende
Flecken und Dörfer oder gar blos; noch Ruinen, nominelle Städte, deren solövt
boäiös im Dienste des benachbarten LaudlordS standen. Dieser kaufte ent¬
weder die Grundstücke oder die Wähler. Viele solche Wahlflecken wurden samt
ihrem Wahlrecht fester Familienbesitz, die übrigen verkauften ihre Mandate der
meistbietenden Partei. Soweit die borou^hö noch wirkliche kleine Städte
waren, litte» sie unter elender Verwaltung. Die im Laufe des achtzehnten
Jahrhunderts heranwachsenden große» Fabrik- >ab Handelsstädte Ware» un-
vertreten, und die Sache wurde noch ärger, als sich nach Einführung der
Dampfmaschine die Industrie von den Wasserläufen, losmachte und die ans
dem agrarischen Süden auswandernde Bevölkerung sich in den kohleureichcu
mittlern und nördlichen Grafschaften ansammelte. Die herrschende Aristokratie
wußte sich den Schein der Uneigennützigkeit zu gebe», indem sie die Diäten
für die Abgeordnete» »»d für die Friedensrichter abschaffte. Durch hoch be¬
soldete Hof- und Staatsämter, Sinekuren und eine für das Illnävä moi'We
zugeschnittene Gesetzgebung wußte» sich die Herren für die dem Gemeinwesen
gebrachten Opfer reichlich zu entschädigen; dagegen sicherte ihnen der dadurch
und durch Einführung eines hohen Zensus für deu Zugang zum Amt eines
Friedensrichters und eines Geschwornen bewirkte Ausschluß aller wenig Be¬
mittelten von der Lokalverwaltung die Alleinherrschaft nicht allein im Parlament,
sondern auch in der Grafschaft, und das Volk fing an, über die Paschawirt¬
schaft der Friedensrichter, die Squirearchie zu klagen. Wenn oben gesagt
wurde, daß Verwaltung lind Rechtsprechung nicht parteiisch geworden seien,
so ist damit nur genieint, nicht tvrhistisch oder whigistisch; das Klasseninteresse
aber beherrschte allerdings sowohl die Rechtsprechung wie die Verwaltung.
Nur London und einige wenige andre Orte wählten Abgeordnete, die wirkliche
Vertreter, nicht zwar des gemeinen Volkes, aber wenigstens einer zweiten
Klasse, des dein Iimcl«za mtergst gegenüber erstarkenden monoyvä intgiöst waren,
und diese wenigen Abgeordneten und die zum Glück von der Zensur befreite
Presse waren die Organe der in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr¬
hunderts entstehenden Reformbewegung.
Diese Reformbewegung — die Episode Georgs III., der das Parlament
noch einmal um seine Herrschaft zu kämpfen zwang, übergehn wir — läßt
Redlich in drei Phasen verlaufen, der des idealistischen Radikalismus, der des
Jakobinismus, der eine Reaktion zur Folge hat, und der der Agitation für
Praktische Reformen. Die darauf folgende Zeit der wirklichen Reformen läßt
sich dann ebenfalls in drei Perioden einteilen, deren jede mit einer Parlmnents-
reform beginnt. Die Abwehr des Radikalismus wurde der herrschenden Aristo¬
kratie durch deu Umstand erleichtert, daß Blackstone mit seinen LowwMwriss
ot' tho ol klug'Iimcl die »ach Redlich falsche Auffassung Montesquieu«?
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |