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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die fehlerhafte (Organisation der Sparkassen für den Hyxothekarkredit

Werden. Im Gegenteil, die künftigen Kriege werden wenn nicht auf die staat¬
liche so doch auf die wirtschaftliche Vernichtung des Gegners abzielen und
hinauslaufen. So sind der spanisch-amerikanische Krieg wie der Burenkrieg
allein aus wirtschaftlichen Gründen hervorgegangen. Bei dem spanischen war
die Ausbeutung der Zuckerplantagen Kubas, bei dem Bnrenkriege die Aus¬
beutung der Goldminen Johannesburgs die Verlockung zum Kriege. Wenn auch
die rein politischen Kriege abnehmen werden, so werden dafür die wirtschaft¬
lichen an ihre Stelle treten. Diese werden aber so lange andauern oder sich
so oft wiederholen, bis der Zweck -- die wirtschaftliche Vernichtung des
Gegners -- erreicht ist, wenn nicht vorher beide Teile so erschöpft sind, daß
ihnen eine Weiterführung des Kriegs unmöglich wird. Derartige wirtschaftliche
Kriege werden aber länger als politische dauern. Denn kommt beiden Krieg¬
führenden die Überzeugung, daß es sich um die wirtschaftliche Existenz handelt,
so wird jeder Teil eben kämpfen wenn auch nicht gerade bis zum letzten Mann,
so doch sicherlich bis zum letzten Groschen. Dann wird es eben zuletzt darauf
ankommen, wessen Kreditsystem nicht versagt, niemals versiegt, sondern immer
noch einen Groschen hervorbringt, wie dies Friedrich der Große so meisterhaft
verstanden hat.

Nun können unsre Sparkassen in sehr einfacher Weise reformiert werden,
sodaß sie nicht mehr in diesen: Umfange zu solchen Gefahren führen. Man
braucht ihnen bloß durch Gesetz zu verbieten, Gelder gegen Hypothek auf Grund¬
stücke auszuleihn. Wenn sie die Spargelder nur in Wertpapieren anlegen
können, so werden sie niemals in Fällen der Not durch Kündigung von Hypo¬
theken eine Krisis heraufbeschwören. Der Grundbesitz bleibt dann mindestens
von der Krisis der Sparkasse verschont. Aber auch die Sparkasse selbst wird
sich besser helfen können. Denn die Wertpapiere werden immer noch -- wenn
auch zu einem geringern Kurse -- leichter und schneller versilbert oder ver¬
pfändet werden können als etwa Hypothekenbriefe. Es wird aus ihnen immer
noch Geld gemacht werden können, und die Gemeinde wird nicht in so arge
Not und Bedrängnis geraten, als wenn sie die Hälfte der Sparkassenkapitalien
auf Hypothek ausgeliehn hätte. Die Gefahr wird von den Grundbesitzern ganz
genommen und für die Gemeinde in hohem Maße gemindert werden. Sollte
es in Zeiten des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht möglich
sein, derartige wichtige Geldanstalten gesünder zu gestalten?

Allerdings würde das Verbot, Sparkassengelder ans Hypotheken auszu¬
leihn, zwei Nachteile zeitigen: Erstens würde die Sparkasse nicht mehr so viel
Gewinn abwerfen; denn die Hypotheken bringen immer mehr Zinsen als die
Wertpapiere. Will man aber nicht einen geringern Gewinn für die Spar¬
kassen, sondern den bisherigen großen Gewinn beibehalten, so kann dies einfach
auch dadurch geschehn, daß die Sparkasse den Sparern etwas weniger Zinsen
zahlt. Dies würde mittelbar mit dazu beitragen, daß die Sparkassen nicht
einen gar zu riesenhaften Umfang annehmen, der manchmal nicht im richtigen
Verhältnis zu der finanziellen Kraft der Gemeinde steht.


Die fehlerhafte (Organisation der Sparkassen für den Hyxothekarkredit

Werden. Im Gegenteil, die künftigen Kriege werden wenn nicht auf die staat¬
liche so doch auf die wirtschaftliche Vernichtung des Gegners abzielen und
hinauslaufen. So sind der spanisch-amerikanische Krieg wie der Burenkrieg
allein aus wirtschaftlichen Gründen hervorgegangen. Bei dem spanischen war
die Ausbeutung der Zuckerplantagen Kubas, bei dem Bnrenkriege die Aus¬
beutung der Goldminen Johannesburgs die Verlockung zum Kriege. Wenn auch
die rein politischen Kriege abnehmen werden, so werden dafür die wirtschaft¬
lichen an ihre Stelle treten. Diese werden aber so lange andauern oder sich
so oft wiederholen, bis der Zweck — die wirtschaftliche Vernichtung des
Gegners — erreicht ist, wenn nicht vorher beide Teile so erschöpft sind, daß
ihnen eine Weiterführung des Kriegs unmöglich wird. Derartige wirtschaftliche
Kriege werden aber länger als politische dauern. Denn kommt beiden Krieg¬
führenden die Überzeugung, daß es sich um die wirtschaftliche Existenz handelt,
so wird jeder Teil eben kämpfen wenn auch nicht gerade bis zum letzten Mann,
so doch sicherlich bis zum letzten Groschen. Dann wird es eben zuletzt darauf
ankommen, wessen Kreditsystem nicht versagt, niemals versiegt, sondern immer
noch einen Groschen hervorbringt, wie dies Friedrich der Große so meisterhaft
verstanden hat.

Nun können unsre Sparkassen in sehr einfacher Weise reformiert werden,
sodaß sie nicht mehr in diesen: Umfange zu solchen Gefahren führen. Man
braucht ihnen bloß durch Gesetz zu verbieten, Gelder gegen Hypothek auf Grund¬
stücke auszuleihn. Wenn sie die Spargelder nur in Wertpapieren anlegen
können, so werden sie niemals in Fällen der Not durch Kündigung von Hypo¬
theken eine Krisis heraufbeschwören. Der Grundbesitz bleibt dann mindestens
von der Krisis der Sparkasse verschont. Aber auch die Sparkasse selbst wird
sich besser helfen können. Denn die Wertpapiere werden immer noch — wenn
auch zu einem geringern Kurse — leichter und schneller versilbert oder ver¬
pfändet werden können als etwa Hypothekenbriefe. Es wird aus ihnen immer
noch Geld gemacht werden können, und die Gemeinde wird nicht in so arge
Not und Bedrängnis geraten, als wenn sie die Hälfte der Sparkassenkapitalien
auf Hypothek ausgeliehn hätte. Die Gefahr wird von den Grundbesitzern ganz
genommen und für die Gemeinde in hohem Maße gemindert werden. Sollte
es in Zeiten des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht möglich
sein, derartige wichtige Geldanstalten gesünder zu gestalten?

Allerdings würde das Verbot, Sparkassengelder ans Hypotheken auszu¬
leihn, zwei Nachteile zeitigen: Erstens würde die Sparkasse nicht mehr so viel
Gewinn abwerfen; denn die Hypotheken bringen immer mehr Zinsen als die
Wertpapiere. Will man aber nicht einen geringern Gewinn für die Spar¬
kassen, sondern den bisherigen großen Gewinn beibehalten, so kann dies einfach
auch dadurch geschehn, daß die Sparkasse den Sparern etwas weniger Zinsen
zahlt. Dies würde mittelbar mit dazu beitragen, daß die Sparkassen nicht
einen gar zu riesenhaften Umfang annehmen, der manchmal nicht im richtigen
Verhältnis zu der finanziellen Kraft der Gemeinde steht.


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[0359] Die fehlerhafte (Organisation der Sparkassen für den Hyxothekarkredit Werden. Im Gegenteil, die künftigen Kriege werden wenn nicht auf die staat¬ liche so doch auf die wirtschaftliche Vernichtung des Gegners abzielen und hinauslaufen. So sind der spanisch-amerikanische Krieg wie der Burenkrieg allein aus wirtschaftlichen Gründen hervorgegangen. Bei dem spanischen war die Ausbeutung der Zuckerplantagen Kubas, bei dem Bnrenkriege die Aus¬ beutung der Goldminen Johannesburgs die Verlockung zum Kriege. Wenn auch die rein politischen Kriege abnehmen werden, so werden dafür die wirtschaft¬ lichen an ihre Stelle treten. Diese werden aber so lange andauern oder sich so oft wiederholen, bis der Zweck — die wirtschaftliche Vernichtung des Gegners — erreicht ist, wenn nicht vorher beide Teile so erschöpft sind, daß ihnen eine Weiterführung des Kriegs unmöglich wird. Derartige wirtschaftliche Kriege werden aber länger als politische dauern. Denn kommt beiden Krieg¬ führenden die Überzeugung, daß es sich um die wirtschaftliche Existenz handelt, so wird jeder Teil eben kämpfen wenn auch nicht gerade bis zum letzten Mann, so doch sicherlich bis zum letzten Groschen. Dann wird es eben zuletzt darauf ankommen, wessen Kreditsystem nicht versagt, niemals versiegt, sondern immer noch einen Groschen hervorbringt, wie dies Friedrich der Große so meisterhaft verstanden hat. Nun können unsre Sparkassen in sehr einfacher Weise reformiert werden, sodaß sie nicht mehr in diesen: Umfange zu solchen Gefahren führen. Man braucht ihnen bloß durch Gesetz zu verbieten, Gelder gegen Hypothek auf Grund¬ stücke auszuleihn. Wenn sie die Spargelder nur in Wertpapieren anlegen können, so werden sie niemals in Fällen der Not durch Kündigung von Hypo¬ theken eine Krisis heraufbeschwören. Der Grundbesitz bleibt dann mindestens von der Krisis der Sparkasse verschont. Aber auch die Sparkasse selbst wird sich besser helfen können. Denn die Wertpapiere werden immer noch — wenn auch zu einem geringern Kurse — leichter und schneller versilbert oder ver¬ pfändet werden können als etwa Hypothekenbriefe. Es wird aus ihnen immer noch Geld gemacht werden können, und die Gemeinde wird nicht in so arge Not und Bedrängnis geraten, als wenn sie die Hälfte der Sparkassenkapitalien auf Hypothek ausgeliehn hätte. Die Gefahr wird von den Grundbesitzern ganz genommen und für die Gemeinde in hohem Maße gemindert werden. Sollte es in Zeiten des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht möglich sein, derartige wichtige Geldanstalten gesünder zu gestalten? Allerdings würde das Verbot, Sparkassengelder ans Hypotheken auszu¬ leihn, zwei Nachteile zeitigen: Erstens würde die Sparkasse nicht mehr so viel Gewinn abwerfen; denn die Hypotheken bringen immer mehr Zinsen als die Wertpapiere. Will man aber nicht einen geringern Gewinn für die Spar¬ kassen, sondern den bisherigen großen Gewinn beibehalten, so kann dies einfach auch dadurch geschehn, daß die Sparkasse den Sparern etwas weniger Zinsen zahlt. Dies würde mittelbar mit dazu beitragen, daß die Sparkassen nicht einen gar zu riesenhaften Umfang annehmen, der manchmal nicht im richtigen Verhältnis zu der finanziellen Kraft der Gemeinde steht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/359>, abgerufen am 23.07.2024.