Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.Die Noukolomscitlon Südaim'uleis Kolnmbicns in Handels- und verkehrspolitischer Hinsicht zu beleuchten. Während Die Bevölkerung weist in einem Prozentsatz wie kaum irgendwo im latei¬ Die Noukolomscitlon Südaim'uleis Kolnmbicns in Handels- und verkehrspolitischer Hinsicht zu beleuchten. Während Die Bevölkerung weist in einem Prozentsatz wie kaum irgendwo im latei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235395"/> <fw type="header" place="top"> Die Noukolomscitlon Südaim'uleis</fw><lb/> <p xml:id="ID_1001" prev="#ID_1000"> Kolnmbicns in Handels- und verkehrspolitischer Hinsicht zu beleuchten. Während<lb/> dieses Land mit seinen mehr als eine Million Quadratkilometern Deutschland<lb/> beinahe um die Hälfte übertrifft, steht eine Einwohnerzahl von nicht einmal<lb/> 4 Millionen dort den rund 56 Millionen hier gegenüber. Die große Frucht¬<lb/> barkeit des Bodens und seine mineralischen Schlitze lassen es gerechtfertigt er¬<lb/> scheinen, wenn Kenner des Landes seine natürlichen Hilfsquellen mit denen<lb/> Indiens vergleiche«, ja noch über dieses stellen. Das Klima erzeugt in den<lb/> heißen Küstenstrichen Fieber, ist dagegen auf deu zahlreichen Hochflüchen des<lb/> Innern im allgemeinen gesund. Immerhin dürften die Leute allzu optimistisch<lb/> urteilen, die das Vorkommen des gelben Fiebers auf die Küste beschränk<lb/> wissen wollen. Ein im Innern des Staates ansässiger deutscher Kaufmann<lb/> Versichertc uns, daß seine Berufsgenossen, die sich in seiner Provinz (Santander)<lb/> niederließen, daS Fieber meist zuerst an der Küste, wo eS leichter auftrete,<lb/> durchmachten und dann im Hinterland dagegen immun seien. Im übrigen<lb/> redete derselbe Gewährsmann der Gründung von Ackcrbankolonien auf den ge¬<lb/> sunden Hochebnen entschieden daS Wort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1002" next="#ID_1003"> Die Bevölkerung weist in einem Prozentsatz wie kaum irgendwo im latei¬<lb/> nischen Amerika reine spanische Kreolen neben Inilio» br-n-o«, also noch »in<lb/> zivilisierten Indianern, und Mischungen ans. Die spanisch-klerikale Herrschaft<lb/> hat dafür gesorgt, daß sich daS Land einer geistigen Rückständigkeit erfreut,<lb/> wie sie in gleichem Maße kaum uoch in Peru und Ekuador angetroffen werden<lb/> kann. In politischer Hinsicht ist das Land durch seine häufigen Revolutionen<lb/> mit Recht verrufen. Die Unsicherheit der politischen Verhältnisse ist auch ein<lb/> Hauptgrund, weshalb von europäischer Seite so wenig zur Entnnckluug des<lb/> Landes geschehn ist. Wir treffen hier denselben verhängnisvollen Zirkel wie<lb/> anderwärts. Weil eS Revolutionen giebt, baut mau keine Eisenbahnen; weil<lb/> man keine Eisenbahnen baut, giebt es Revolutionen. Nach W. Wintzer (Die<lb/> Deutschen im tropischen Amerika, München, 1900) liegt trotzdem ein Drittel<lb/> des gesamten Handels in deutsche» Händen. Derselbe Verfasser zählt achtzig<lb/> deutsche Firmen im Lande auf und schätzt die Summe des beweglichen dentschen<lb/> Kapitals, ungerechnet die zahlreichen ausstehenden Kredite, auf weit mehr als<lb/> l«0 Millionen Mark. Dabei macht er den Konsuln, die meist selbst Geschäfts¬<lb/> leute sind, den Vorwurf, daß sie die glänzende Ertragsfähigkeit ihrer Unter¬<lb/> nehmungen verschweigen. Die dentschen Kaufleute wollten den Rahm von der<lb/> Milch des Landes selbst abschöpfen und rieten deshalb von jeder Zuwcmdrung<lb/> ab. Im Gegensatz zu den Angehörige» andrer Nationen zeichne sich der Deutsche<lb/> muh hiev durch Mangel an Gemeinsinn und an Verständnis für nationale<lb/> Handelspolitik ans. Immerhin haben sich die Erwerbsverhältnissc in der<lb/> "Listen Zeit für den Kaufmann wieder »»günstiger gestaltet. Auch im Ver¬<lb/> kehrswesen steh» die Deutsche» mit a» der ersten Stelle. Abgesehen von de»<lb/> zahlreiche» deutschen Dampfern, die den Verkehr ans dem Magdnlenenstrom,<lb/> dieser Hauptverkehrsader des Landes, besorgen, und dem Anteil a» dein spär-<lb/> liche» Schiene»»etz habe» die deutschen Kalifleute eine» eignen Postdienst<lb/> "^mustert und> besitze» für diesen Zweck große Herden von Mauleseln, Pferden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
Die Noukolomscitlon Südaim'uleis
Kolnmbicns in Handels- und verkehrspolitischer Hinsicht zu beleuchten. Während
dieses Land mit seinen mehr als eine Million Quadratkilometern Deutschland
beinahe um die Hälfte übertrifft, steht eine Einwohnerzahl von nicht einmal
4 Millionen dort den rund 56 Millionen hier gegenüber. Die große Frucht¬
barkeit des Bodens und seine mineralischen Schlitze lassen es gerechtfertigt er¬
scheinen, wenn Kenner des Landes seine natürlichen Hilfsquellen mit denen
Indiens vergleiche«, ja noch über dieses stellen. Das Klima erzeugt in den
heißen Küstenstrichen Fieber, ist dagegen auf deu zahlreichen Hochflüchen des
Innern im allgemeinen gesund. Immerhin dürften die Leute allzu optimistisch
urteilen, die das Vorkommen des gelben Fiebers auf die Küste beschränk
wissen wollen. Ein im Innern des Staates ansässiger deutscher Kaufmann
Versichertc uns, daß seine Berufsgenossen, die sich in seiner Provinz (Santander)
niederließen, daS Fieber meist zuerst an der Küste, wo eS leichter auftrete,
durchmachten und dann im Hinterland dagegen immun seien. Im übrigen
redete derselbe Gewährsmann der Gründung von Ackcrbankolonien auf den ge¬
sunden Hochebnen entschieden daS Wort.
Die Bevölkerung weist in einem Prozentsatz wie kaum irgendwo im latei¬
nischen Amerika reine spanische Kreolen neben Inilio» br-n-o«, also noch »in
zivilisierten Indianern, und Mischungen ans. Die spanisch-klerikale Herrschaft
hat dafür gesorgt, daß sich daS Land einer geistigen Rückständigkeit erfreut,
wie sie in gleichem Maße kaum uoch in Peru und Ekuador angetroffen werden
kann. In politischer Hinsicht ist das Land durch seine häufigen Revolutionen
mit Recht verrufen. Die Unsicherheit der politischen Verhältnisse ist auch ein
Hauptgrund, weshalb von europäischer Seite so wenig zur Entnnckluug des
Landes geschehn ist. Wir treffen hier denselben verhängnisvollen Zirkel wie
anderwärts. Weil eS Revolutionen giebt, baut mau keine Eisenbahnen; weil
man keine Eisenbahnen baut, giebt es Revolutionen. Nach W. Wintzer (Die
Deutschen im tropischen Amerika, München, 1900) liegt trotzdem ein Drittel
des gesamten Handels in deutsche» Händen. Derselbe Verfasser zählt achtzig
deutsche Firmen im Lande auf und schätzt die Summe des beweglichen dentschen
Kapitals, ungerechnet die zahlreichen ausstehenden Kredite, auf weit mehr als
l«0 Millionen Mark. Dabei macht er den Konsuln, die meist selbst Geschäfts¬
leute sind, den Vorwurf, daß sie die glänzende Ertragsfähigkeit ihrer Unter¬
nehmungen verschweigen. Die dentschen Kaufleute wollten den Rahm von der
Milch des Landes selbst abschöpfen und rieten deshalb von jeder Zuwcmdrung
ab. Im Gegensatz zu den Angehörige» andrer Nationen zeichne sich der Deutsche
muh hiev durch Mangel an Gemeinsinn und an Verständnis für nationale
Handelspolitik ans. Immerhin haben sich die Erwerbsverhältnissc in der
"Listen Zeit für den Kaufmann wieder »»günstiger gestaltet. Auch im Ver¬
kehrswesen steh» die Deutsche» mit a» der ersten Stelle. Abgesehen von de»
zahlreiche» deutschen Dampfern, die den Verkehr ans dem Magdnlenenstrom,
dieser Hauptverkehrsader des Landes, besorgen, und dem Anteil a» dein spär-
liche» Schiene»»etz habe» die deutschen Kalifleute eine» eignen Postdienst
"^mustert und> besitze» für diesen Zweck große Herden von Mauleseln, Pferden
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