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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Regierungspräsident und Gberregierungsrnt

Stellung ein, als die des frühern Dirigenten der ausgehöhlten Abteilung. Er
ist also in dieser seiner Eigenschaft nicht etwa Vorgesetzter der Dirigenten der
Abteilungen II und III, sondern er steht ihnen dienstlich gleich. Nimmt aber
der Präsident in der Verwaltung der Geschäfte der ausgehöhlten Abteilung I
keine Sonderstellung den übrigen Abteilungen gegenüber ein, so ist dies selbst¬
verständlich noch viel we>?iger bei dem ihm beigegebnen Oberregierungsrat
der Fall, der nur nach seiner Anweisung die Geschäfte führt 19). Die
Stellung dieses Beamten ist deshalb den übrigen Oberregierungsrüteu gegen¬
über durchaus koordiniert. Eine Rangerhöhung ist ihm dadurch, daß ihm
ein für alle mal die Vertretung des Präsidenten in den Präsidialgeschäften
übertragen ist (t? 20), nicht beigelegt, ebenso wie dies früher nach der Regie¬
rungsinstruktion bei dem älteste" Oberregieruugsrat der Fall war. Er hat
nur den Amtscharakter als Oberregiernngsrat erhalten. Für seine Stellung
den Kollegen gegenüber ist deshalb der sich nach dem Alter des Anstellungs¬
patents richtende Rang entscheidend. Etwas andres ist nirgends im Gesetz aus¬
gesprochen, wie es hätte geschehn müssen, wenn man ihn etwa zu der Stellung
eines Vizepräsideuten hätte emporheben wollen. Im Staatshandbuch rangiert
er denn auch uach dem Alter des Patents, ein Beweis, daß er an entscheidender
Stelle den übrigen Oberregierungsrüten gegenüber nur als koordiniert angesehen
wird. Formell erfreut er sich nicht einmal der Selbständigkeit wie seine .Kollegen,
insofern als er nur nach Anweisung des Präsidenten die Geschäfte führt
<H 19), während jene insofern unabhängiger gestellt find, als sie in Fällen von
Meinungsverschiedenheiten mit den, Präsidenten ans dem Beschluß der Abteilung
besteh" können.

Dieser gesetzlichen Ordnung, wie sie sich aus den angeführten Paragraphen
ergiebt, entspricht es nicht, wenn sich bei einzelnen Regierungen das Bestreben
zeigt, dem Oberregiernngsrat, der dem Präsidenten für die Geschäfte der
frühern Abteilung l beigegeben ist, eine bevorzugte Stellung einzuräumen.
Eine solche Einräumung ist ein Mißbrauch, der nicht mir die dienstlichen,
sondern auch die gesellschaftlichen Beziehungen erschwert und das im Interesse
des Dienstes durchaus notwendige kollegialische Zusammenwirken der Regie¬
rungsmitglieder gefährdet. Es kann nur beklagt werden, daß die bewährte
Organisation der Regierungsbehörden durch das Landesverwaltungsgesetz in
solcher Weise, der Ausdruck ist nicht zu hart, verstümmelt worden ist. Die
neue Einrichtung wird auch nicht durch die Absicht gerechtfertigt, die dabei
entscheidend gewesen war, daß mit dem persönlichen Regiment der Regierungs¬
präsidenten bei den Geschäften der frühern Abteilung des Innern ein Gegen¬
gewicht gegen die Selbstverwaltung geschaffen werden sollte, wie sie mit der
Bildung des Bezirksausschusses neben der Regierung eingeführt worden ist.




Regierungspräsident und Gberregierungsrnt

Stellung ein, als die des frühern Dirigenten der ausgehöhlten Abteilung. Er
ist also in dieser seiner Eigenschaft nicht etwa Vorgesetzter der Dirigenten der
Abteilungen II und III, sondern er steht ihnen dienstlich gleich. Nimmt aber
der Präsident in der Verwaltung der Geschäfte der ausgehöhlten Abteilung I
keine Sonderstellung den übrigen Abteilungen gegenüber ein, so ist dies selbst¬
verständlich noch viel we>?iger bei dem ihm beigegebnen Oberregierungsrat
der Fall, der nur nach seiner Anweisung die Geschäfte führt 19). Die
Stellung dieses Beamten ist deshalb den übrigen Oberregierungsrüteu gegen¬
über durchaus koordiniert. Eine Rangerhöhung ist ihm dadurch, daß ihm
ein für alle mal die Vertretung des Präsidenten in den Präsidialgeschäften
übertragen ist (t? 20), nicht beigelegt, ebenso wie dies früher nach der Regie¬
rungsinstruktion bei dem älteste» Oberregieruugsrat der Fall war. Er hat
nur den Amtscharakter als Oberregiernngsrat erhalten. Für seine Stellung
den Kollegen gegenüber ist deshalb der sich nach dem Alter des Anstellungs¬
patents richtende Rang entscheidend. Etwas andres ist nirgends im Gesetz aus¬
gesprochen, wie es hätte geschehn müssen, wenn man ihn etwa zu der Stellung
eines Vizepräsideuten hätte emporheben wollen. Im Staatshandbuch rangiert
er denn auch uach dem Alter des Patents, ein Beweis, daß er an entscheidender
Stelle den übrigen Oberregierungsrüten gegenüber nur als koordiniert angesehen
wird. Formell erfreut er sich nicht einmal der Selbständigkeit wie seine .Kollegen,
insofern als er nur nach Anweisung des Präsidenten die Geschäfte führt
<H 19), während jene insofern unabhängiger gestellt find, als sie in Fällen von
Meinungsverschiedenheiten mit den, Präsidenten ans dem Beschluß der Abteilung
besteh» können.

Dieser gesetzlichen Ordnung, wie sie sich aus den angeführten Paragraphen
ergiebt, entspricht es nicht, wenn sich bei einzelnen Regierungen das Bestreben
zeigt, dem Oberregiernngsrat, der dem Präsidenten für die Geschäfte der
frühern Abteilung l beigegeben ist, eine bevorzugte Stellung einzuräumen.
Eine solche Einräumung ist ein Mißbrauch, der nicht mir die dienstlichen,
sondern auch die gesellschaftlichen Beziehungen erschwert und das im Interesse
des Dienstes durchaus notwendige kollegialische Zusammenwirken der Regie¬
rungsmitglieder gefährdet. Es kann nur beklagt werden, daß die bewährte
Organisation der Regierungsbehörden durch das Landesverwaltungsgesetz in
solcher Weise, der Ausdruck ist nicht zu hart, verstümmelt worden ist. Die
neue Einrichtung wird auch nicht durch die Absicht gerechtfertigt, die dabei
entscheidend gewesen war, daß mit dem persönlichen Regiment der Regierungs¬
präsidenten bei den Geschäften der frühern Abteilung des Innern ein Gegen¬
gewicht gegen die Selbstverwaltung geschaffen werden sollte, wie sie mit der
Bildung des Bezirksausschusses neben der Regierung eingeführt worden ist.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/68>, abgerufen am 26.06.2024.