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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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man sich uicht einigen konnte, ans den Antrag des Abgeordneten Dr. Sattler
nochmals an die Budgetkommission zurückverwiesen. Diese ermäßigte in der
Sitzung vom 6. Mai die Vergütnngssätze für den Kilometer bei Reisen auf
Eisenbahnen noch um je einen Pfennig für jede Tarifklasse. In dieser Fassung
wurde die Vorlage schließlich in der Sitzung vom 22. Mui angenommen, nach¬
dem sich der Abgeordnete Mich noch vergeblich bemüht hatte, die Herabsetzung
des Satzes von 9 auf 7 Pfennige für die Tnrifklassc V rückgängig zu machen.
Die Bestimmungen der Vorlage sind demnächst vom 1. Oktober 1897 ab in
Kraft getreten.

Wir wollen nun zunächst untersuchen, ob der Zweck, den man bei der
Neuregelung der Reisekostenvergütung im Auge gehabt hatte, auch wirklich
erreicht worden ist. Leider ist dies nicht geschehn; es ist so ziemlich beim
alten geblieben, stellenweise ist sogar, wie schon der Abgeordnete Dasbach in
der Sitzung vom 3. April an einer Reihe von Beispielen nachgewiesen hatte,
anstatt der beabsichtigten Ermäßigung eine Erhöhung der Gebühren eingetreten.

Was zunächst die Tagegelder anlangt, so wird der Beweis dafür schwerlich
erbracht werden können, daß die frühern Sätze von 30 Mark für die Minister
(Klasse I des Tarifs), von 24 Mark für die Beamten der ersten (II) und
18 Mark für die Beamten der zweiten und dritten Rangklasse (III) nicht aus¬
reichten, um die Ausgaben für standesgemäßen Lebensunterhalt in einem
Gasthause entsprechenden Ranges für einen Tag zu bestreiten; man hat es
bei den Beratungen nicht einmal versucht. Dagegen kann man die Erhöhung
des den Beamten der vierten und fünften Rangklasse (IV) früher gewährten
Satzes von 12 Mark, der nicht in allen Fällen ausreicht, auf 15 Mark recht¬
fertigen, da diese Beamten in ihrem Auftreten und namentlich in der Wahl des
Gasthauses doch dieselben Standesrücksichten zu beobachten gezwungen sind,
wie z. B. die Beamten der dritten Rangklasse. Der Erhöhung der Tagegeld¬
sätze für die nicht zu den erwähnten fünf Rangklassen gehörenden Beamten
(V, VI und VII), sowie für die Unterbeamten (VIII) muß man bedingungslos
zustimmen, da die frühern Sätze von 9, 6 und 3 Mark schon für die Ver¬
gangenheit zu niedrig bemessen waren.

Eine neue, in dem alten Gesetz nicht enthaltne Bestimmung trifft das
gegenwärtig giltige Gesetz in dem Punkte, daß bei Dienstreisen, die an ein und
demselben Tage angetreten und beendet werden, die Tagegelder bei der Klasse I
um 8, bei II um 7, bei III um 5, bei IV und V um 3, bei VI um 2, bei
VII um 1 Mark 50 Pfennige und bei VIII um 1 Mark herabgesetzt werden.
Die schwache Seite dieser sonst durchaus glücklichem Neuerung liegt darin, daß
die Sätze, die für das wegfallende Nachtquartier außerhalb des Stationsortes
abgezogen werden, im Verhältnis zu der thatsächlich erforderlichen Aufwendung
-- wenigstens für die Beamten der Tarifklassen I bis V -- viel zu niedrig
bemessen sind, und daß infolgedessen der den Beamten zur Bestreitung der
Tagesausgaben bleibende Betrag wiederum zu hoch ist, wenn man erwägt,
daß die Abwesenheit keinen vollen Tag dauert und während des Tages höchstens


man sich uicht einigen konnte, ans den Antrag des Abgeordneten Dr. Sattler
nochmals an die Budgetkommission zurückverwiesen. Diese ermäßigte in der
Sitzung vom 6. Mai die Vergütnngssätze für den Kilometer bei Reisen auf
Eisenbahnen noch um je einen Pfennig für jede Tarifklasse. In dieser Fassung
wurde die Vorlage schließlich in der Sitzung vom 22. Mui angenommen, nach¬
dem sich der Abgeordnete Mich noch vergeblich bemüht hatte, die Herabsetzung
des Satzes von 9 auf 7 Pfennige für die Tnrifklassc V rückgängig zu machen.
Die Bestimmungen der Vorlage sind demnächst vom 1. Oktober 1897 ab in
Kraft getreten.

Wir wollen nun zunächst untersuchen, ob der Zweck, den man bei der
Neuregelung der Reisekostenvergütung im Auge gehabt hatte, auch wirklich
erreicht worden ist. Leider ist dies nicht geschehn; es ist so ziemlich beim
alten geblieben, stellenweise ist sogar, wie schon der Abgeordnete Dasbach in
der Sitzung vom 3. April an einer Reihe von Beispielen nachgewiesen hatte,
anstatt der beabsichtigten Ermäßigung eine Erhöhung der Gebühren eingetreten.

Was zunächst die Tagegelder anlangt, so wird der Beweis dafür schwerlich
erbracht werden können, daß die frühern Sätze von 30 Mark für die Minister
(Klasse I des Tarifs), von 24 Mark für die Beamten der ersten (II) und
18 Mark für die Beamten der zweiten und dritten Rangklasse (III) nicht aus¬
reichten, um die Ausgaben für standesgemäßen Lebensunterhalt in einem
Gasthause entsprechenden Ranges für einen Tag zu bestreiten; man hat es
bei den Beratungen nicht einmal versucht. Dagegen kann man die Erhöhung
des den Beamten der vierten und fünften Rangklasse (IV) früher gewährten
Satzes von 12 Mark, der nicht in allen Fällen ausreicht, auf 15 Mark recht¬
fertigen, da diese Beamten in ihrem Auftreten und namentlich in der Wahl des
Gasthauses doch dieselben Standesrücksichten zu beobachten gezwungen sind,
wie z. B. die Beamten der dritten Rangklasse. Der Erhöhung der Tagegeld¬
sätze für die nicht zu den erwähnten fünf Rangklassen gehörenden Beamten
(V, VI und VII), sowie für die Unterbeamten (VIII) muß man bedingungslos
zustimmen, da die frühern Sätze von 9, 6 und 3 Mark schon für die Ver¬
gangenheit zu niedrig bemessen waren.

Eine neue, in dem alten Gesetz nicht enthaltne Bestimmung trifft das
gegenwärtig giltige Gesetz in dem Punkte, daß bei Dienstreisen, die an ein und
demselben Tage angetreten und beendet werden, die Tagegelder bei der Klasse I
um 8, bei II um 7, bei III um 5, bei IV und V um 3, bei VI um 2, bei
VII um 1 Mark 50 Pfennige und bei VIII um 1 Mark herabgesetzt werden.
Die schwache Seite dieser sonst durchaus glücklichem Neuerung liegt darin, daß
die Sätze, die für das wegfallende Nachtquartier außerhalb des Stationsortes
abgezogen werden, im Verhältnis zu der thatsächlich erforderlichen Aufwendung
— wenigstens für die Beamten der Tarifklassen I bis V — viel zu niedrig
bemessen sind, und daß infolgedessen der den Beamten zur Bestreitung der
Tagesausgaben bleibende Betrag wiederum zu hoch ist, wenn man erwägt,
daß die Abwesenheit keinen vollen Tag dauert und während des Tages höchstens


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/606>, abgerufen am 03.07.2024.