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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Zvohmmgs- mit Bodenpolitik

Jahrfünft eine Abnahme der Bevölkerung -- nicht nur der ländlichen -- er¬
fahren hatte, folgende:

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141024
1612213
Pommern......27175L
Posen.......1212--13
Schlesien......26302625
Sachsen.......7687
Schleswig-Holstein , , ,121232
Hannover......3311108
Westfalen......21
1815"9
Rheinland......181353
Hohenzollem.....3382
überhaupt20 t1VS77122

Bis 1885 fällt die überseeische Auswandrung noch sehr ins Gewicht,
während sie in den nächsten Jahrfünften stark zurückgeht und im letzten nur
noch verschwindend in Betracht kommt. Der Anteil der Ostprovinzen an der
Gesamtzahl der entvölkerten Kreise stieg zunächst vou 53,7 auf 63,6 Prozent,
siel dann auf 55,8 und stieg im letzten Jahrfünft ans 74,6. Unzulässig ist es,
die Landflucht nach den Gesamtzahlen der Regierungsbezirke einschließlich der
Städte bemessen zu wolle", wie Rauchberg das thut. Wenn man so urteilte,
wäre 1895 bis 1900 mir in den beiden Bezirken Königsberg und Gumbinnen
-- deren Gesamtbevölkerung auch nur um --0,13 und --1,33 Prozent zuriick-
gegangen ist -- von Landflucht überhaupt zu reden, in den drei vorhergehenden
Jahrfünften sogar nur in Sigmaringen. Der amtliche Bericht über die Volks¬
zählung von 1900 hat aber durchaus Recht, wenn er sagt: "Wie in Europa
die Quellen des Auswaudrungsstroms zu suchen sind, der sich in alle andern
Erdteile ergießt, so bilden die östlichen Provinzen vorwiegend die Auswaudruugs-
gebiete für die übrigen Landesteile der preußischen Monarchie. Während aber
die internationalen Wandrungen im allgemeinen einem natürlichen Ausgleich
zwischen dicht und dünn besiedelten Ländern dienen, verschärfen die Biunen-
wandrnngeu im preußischen Staate zur Zeit den Gegensatz von Entvölkerung des
Ostens und Übervölkerung des Westens in ungesunder Weise." Noch weit mehr
verschärfen diese Wandrnugen aber deu ungesunden Gegensatz zwischen der
Übervölkerung der größern Städte und sonstigen Industriezentren und der Ent¬
völkerung des platten Landes einschließlich eines großen Teils der alten kleinen
Landstädte, und zwar auch innerhalb der Ostprovinzen selbst. Allein im letzten
Jahrfünft hat im Regierungsbezirk Königsberg in 17 von im ganzen 20 Kreisen
die Bevölkerung der ländlichen Orte, in 9 Kreisen auch die der Städte ab¬
genommen. Von 48 Städten sind 24 zurückgegangen. Von den 17 Kreisen
des Bezirks Gumbinnen haben in 15 die ländlichen Orte und von 19 Städten
8 an Einwohnern verloren. Im Bezirk Danzig ist dagegen in keinem Kreise
die ländliche Bevölkerung zurückgegangen, wohl aber haben von 12 Städten


Zvohmmgs- mit Bodenpolitik

Jahrfünft eine Abnahme der Bevölkerung — nicht nur der ländlichen — er¬
fahren hatte, folgende:

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Bis 1885 fällt die überseeische Auswandrung noch sehr ins Gewicht,
während sie in den nächsten Jahrfünften stark zurückgeht und im letzten nur
noch verschwindend in Betracht kommt. Der Anteil der Ostprovinzen an der
Gesamtzahl der entvölkerten Kreise stieg zunächst vou 53,7 auf 63,6 Prozent,
siel dann auf 55,8 und stieg im letzten Jahrfünft ans 74,6. Unzulässig ist es,
die Landflucht nach den Gesamtzahlen der Regierungsbezirke einschließlich der
Städte bemessen zu wolle», wie Rauchberg das thut. Wenn man so urteilte,
wäre 1895 bis 1900 mir in den beiden Bezirken Königsberg und Gumbinnen
— deren Gesamtbevölkerung auch nur um —0,13 und —1,33 Prozent zuriick-
gegangen ist — von Landflucht überhaupt zu reden, in den drei vorhergehenden
Jahrfünften sogar nur in Sigmaringen. Der amtliche Bericht über die Volks¬
zählung von 1900 hat aber durchaus Recht, wenn er sagt: „Wie in Europa
die Quellen des Auswaudrungsstroms zu suchen sind, der sich in alle andern
Erdteile ergießt, so bilden die östlichen Provinzen vorwiegend die Auswaudruugs-
gebiete für die übrigen Landesteile der preußischen Monarchie. Während aber
die internationalen Wandrungen im allgemeinen einem natürlichen Ausgleich
zwischen dicht und dünn besiedelten Ländern dienen, verschärfen die Biunen-
wandrnngeu im preußischen Staate zur Zeit den Gegensatz von Entvölkerung des
Ostens und Übervölkerung des Westens in ungesunder Weise." Noch weit mehr
verschärfen diese Wandrnugen aber deu ungesunden Gegensatz zwischen der
Übervölkerung der größern Städte und sonstigen Industriezentren und der Ent¬
völkerung des platten Landes einschließlich eines großen Teils der alten kleinen
Landstädte, und zwar auch innerhalb der Ostprovinzen selbst. Allein im letzten
Jahrfünft hat im Regierungsbezirk Königsberg in 17 von im ganzen 20 Kreisen
die Bevölkerung der ländlichen Orte, in 9 Kreisen auch die der Städte ab¬
genommen. Von 48 Städten sind 24 zurückgegangen. Von den 17 Kreisen
des Bezirks Gumbinnen haben in 15 die ländlichen Orte und von 19 Städten
8 an Einwohnern verloren. Im Bezirk Danzig ist dagegen in keinem Kreise
die ländliche Bevölkerung zurückgegangen, wohl aber haben von 12 Städten


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[0556] Zvohmmgs- mit Bodenpolitik Jahrfünft eine Abnahme der Bevölkerung — nicht nur der ländlichen — er¬ fahren hatte, folgende: 1885IM>IMS>!«><> 24828 141024 1612213 Pommern......27175L Posen.......1212—13 Schlesien......26302625 Sachsen.......7687 Schleswig-Holstein , , ,121232 Hannover......3311108 Westfalen......21 1815»9 Rheinland......181353 Hohenzollem.....3382 überhaupt20 t1VS77122 Bis 1885 fällt die überseeische Auswandrung noch sehr ins Gewicht, während sie in den nächsten Jahrfünften stark zurückgeht und im letzten nur noch verschwindend in Betracht kommt. Der Anteil der Ostprovinzen an der Gesamtzahl der entvölkerten Kreise stieg zunächst vou 53,7 auf 63,6 Prozent, siel dann auf 55,8 und stieg im letzten Jahrfünft ans 74,6. Unzulässig ist es, die Landflucht nach den Gesamtzahlen der Regierungsbezirke einschließlich der Städte bemessen zu wolle», wie Rauchberg das thut. Wenn man so urteilte, wäre 1895 bis 1900 mir in den beiden Bezirken Königsberg und Gumbinnen — deren Gesamtbevölkerung auch nur um —0,13 und —1,33 Prozent zuriick- gegangen ist — von Landflucht überhaupt zu reden, in den drei vorhergehenden Jahrfünften sogar nur in Sigmaringen. Der amtliche Bericht über die Volks¬ zählung von 1900 hat aber durchaus Recht, wenn er sagt: „Wie in Europa die Quellen des Auswaudrungsstroms zu suchen sind, der sich in alle andern Erdteile ergießt, so bilden die östlichen Provinzen vorwiegend die Auswaudruugs- gebiete für die übrigen Landesteile der preußischen Monarchie. Während aber die internationalen Wandrungen im allgemeinen einem natürlichen Ausgleich zwischen dicht und dünn besiedelten Ländern dienen, verschärfen die Biunen- wandrnngeu im preußischen Staate zur Zeit den Gegensatz von Entvölkerung des Ostens und Übervölkerung des Westens in ungesunder Weise." Noch weit mehr verschärfen diese Wandrnugen aber deu ungesunden Gegensatz zwischen der Übervölkerung der größern Städte und sonstigen Industriezentren und der Ent¬ völkerung des platten Landes einschließlich eines großen Teils der alten kleinen Landstädte, und zwar auch innerhalb der Ostprovinzen selbst. Allein im letzten Jahrfünft hat im Regierungsbezirk Königsberg in 17 von im ganzen 20 Kreisen die Bevölkerung der ländlichen Orte, in 9 Kreisen auch die der Städte ab¬ genommen. Von 48 Städten sind 24 zurückgegangen. Von den 17 Kreisen des Bezirks Gumbinnen haben in 15 die ländlichen Orte und von 19 Städten 8 an Einwohnern verloren. Im Bezirk Danzig ist dagegen in keinem Kreise die ländliche Bevölkerung zurückgegangen, wohl aber haben von 12 Städten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/556>, abgerufen am 22.07.2024.