Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Altes und Neues ans der Normandie

Von Franzosen, bald von Deutschen besetzt war. Keinem Teile durfte er Ver¬
anlassung zum Einschreiten geben, und ich habe seine Klugheit bewundert, mit der
er jeden Anlaß zu einem Konflikt vermied. Gelegenheit dazu gab es ja genügend.
Denn wenn man noch weniger als sonst weiß, ob man am nächsten Tage lebt, so
ist man nicht geneigt, große Rücksichten zu nehmen. Und die in der Stadt
wohnende zahlreiche Fnbrikbevölkerung, die nun schon wochenlang beschäftigungslos
war und mit dem Hunger kämpfte, hatte nichts zu verlieren. Mein Souspräfekt
unterhielt aus eignen Mitteln dreihundert seiner Arbeiter. Die französische Regie¬
rung drängte ihn vergeblich, ans die Bevölkerung einzuwirken, bei einem etwaigen
Angriff die französischen Truppen zu unterstützen, und sandte Spione um ihn, um
Auskunft über uns zu erhalten. Durch alle Klippen wußte der Souspräfekt das
städtische Schiff glücklich hindnrchznsteuern mit jugendlichem Mut und männlicher
Überlegung.

Wenn ich nicht ans dem Erkundungsmarsch war oder die Stadtwache hatte,
so saß ich mit dem alten alleinstehenden Herrn um Kamin, und wir tauschten unsre
Gedanken aus. Er las damals die Schriften seines Gegners Louis Blane, und
an diese anknüpfend schilderte er mir die sozialen Zustände in Frankreich. Ich
mußte ihm dafür von deutschen Einrichtungen und politischen Parteiverhältnissen in
Dentschland erzählen. Daran schlössen sich dann Erörterungen und Diskussionen,
und wir traten einander so nahe, wie es bei dem gewaltigen Altersunterschied, der
verschiednen Nationalität und seiner großen und meiner geringen Lebenserfahrung
möglich war. Aus vollem Herzen sagte ich ihm, ich wünschte Frankreich in Zukunft
viele so prächtige Menschen und gute Patrioten, wie er wäre, damit das uns
Deutsche anwidernde Parteiwesen in Frankreich ein Ende erreiche. So vergingen
zehn Tage zwischen anstrengenden Märschen, Frontmachen gegen die Franzosen,
wenn sie uns zu nahe kamen, und Ausruhen in Nvetot. Was sonst in der Welt
passierte, wußten Nur nicht, nicht einmal davon war uns Kunde geworden, daß in¬
zwischen in Versailles das deutsche Kniserreich neu aufgerichtet wordeu war. Unsre
Leute waren fast die ganze Zeit nicht aus den feuchten Kleidern herausgekommen,
die Uniform war beselt geworden, die Infanterie hatte auf den steinigen Straßen
die Stiefelsohlen durch und ihre Füße wnndgelaufen.

Am 28. Januar 1871 sollten wir abgelöst werde". Ich stand ans dem
Markt vor der Wache, als eine Ordonnanz angeritten kam. "Paris hat kapituliert,"
rief sie. Ans meine Frage, ob es eine dienstliche Meldung wäre, erhielt ich zur
Autwort, daß ein Hauptmann in Barentin es seinen Leuten als bestimmt mit¬
geteilt habe. Ich eilte zu den aufgestellten Wachmannschaften, Paris hat kapituliert,
Hurra! rief ich ihnen zu. Ein Hurra ans vollem Herzen und mit aller Kraft
der Lunge gerufen antwortete mir. Die umstehenden AÄmin" hatten nur die Worte
"Paris," "kapituliert" und "Hurra" verstanden, sie stoben nach allen Richtungen
auseinander, und wie ein Lauffeuer war in fünf Minuten durch die Stadt die
Nachricht verbreitet, daß Frankreichs Hauptstadt gefallen sei. Mein Souspräfekt
kam angelaufen, er wollte nicht daran glauben und verlangte Einzelheiten zu wissen.
Als ich ihm aber sagte, was ich wußte, dn fingen die hellen Thränen an ihm über
die Wangen zu laufen, und der siebzigjährige Mann weinte wie ein Kind.
Iiöui'öux, monsieur, sagte er zu mir, ot exensM um liomwo, uni aimo sa, ps-tris.

Nachdem er sich gefaßt hatte, war er auch wieder der thatkräftige Mann, der
liebenswürdige Franzose. Ohne nach Hause zurückzukehren, requirierte er einen
Wagen, ließ seinen Mantel holen und den Maire rufen, mit ihm nach Rouen zu
fahren. Dann trat er um mich noch einmal heran und sagte: "Ich kann Ihnen
heute bei Tisch nicht mehr Gesellschnft leisten, ich hube meine beiden Schwieger¬
söhne beauftragt, Ihnen Gesellschnft zu leisten, und nehme jetzt von Ihnen Abschied.


Altes und Neues ans der Normandie

Von Franzosen, bald von Deutschen besetzt war. Keinem Teile durfte er Ver¬
anlassung zum Einschreiten geben, und ich habe seine Klugheit bewundert, mit der
er jeden Anlaß zu einem Konflikt vermied. Gelegenheit dazu gab es ja genügend.
Denn wenn man noch weniger als sonst weiß, ob man am nächsten Tage lebt, so
ist man nicht geneigt, große Rücksichten zu nehmen. Und die in der Stadt
wohnende zahlreiche Fnbrikbevölkerung, die nun schon wochenlang beschäftigungslos
war und mit dem Hunger kämpfte, hatte nichts zu verlieren. Mein Souspräfekt
unterhielt aus eignen Mitteln dreihundert seiner Arbeiter. Die französische Regie¬
rung drängte ihn vergeblich, ans die Bevölkerung einzuwirken, bei einem etwaigen
Angriff die französischen Truppen zu unterstützen, und sandte Spione um ihn, um
Auskunft über uns zu erhalten. Durch alle Klippen wußte der Souspräfekt das
städtische Schiff glücklich hindnrchznsteuern mit jugendlichem Mut und männlicher
Überlegung.

Wenn ich nicht ans dem Erkundungsmarsch war oder die Stadtwache hatte,
so saß ich mit dem alten alleinstehenden Herrn um Kamin, und wir tauschten unsre
Gedanken aus. Er las damals die Schriften seines Gegners Louis Blane, und
an diese anknüpfend schilderte er mir die sozialen Zustände in Frankreich. Ich
mußte ihm dafür von deutschen Einrichtungen und politischen Parteiverhältnissen in
Dentschland erzählen. Daran schlössen sich dann Erörterungen und Diskussionen,
und wir traten einander so nahe, wie es bei dem gewaltigen Altersunterschied, der
verschiednen Nationalität und seiner großen und meiner geringen Lebenserfahrung
möglich war. Aus vollem Herzen sagte ich ihm, ich wünschte Frankreich in Zukunft
viele so prächtige Menschen und gute Patrioten, wie er wäre, damit das uns
Deutsche anwidernde Parteiwesen in Frankreich ein Ende erreiche. So vergingen
zehn Tage zwischen anstrengenden Märschen, Frontmachen gegen die Franzosen,
wenn sie uns zu nahe kamen, und Ausruhen in Nvetot. Was sonst in der Welt
passierte, wußten Nur nicht, nicht einmal davon war uns Kunde geworden, daß in¬
zwischen in Versailles das deutsche Kniserreich neu aufgerichtet wordeu war. Unsre
Leute waren fast die ganze Zeit nicht aus den feuchten Kleidern herausgekommen,
die Uniform war beselt geworden, die Infanterie hatte auf den steinigen Straßen
die Stiefelsohlen durch und ihre Füße wnndgelaufen.

Am 28. Januar 1871 sollten wir abgelöst werde». Ich stand ans dem
Markt vor der Wache, als eine Ordonnanz angeritten kam. „Paris hat kapituliert,"
rief sie. Ans meine Frage, ob es eine dienstliche Meldung wäre, erhielt ich zur
Autwort, daß ein Hauptmann in Barentin es seinen Leuten als bestimmt mit¬
geteilt habe. Ich eilte zu den aufgestellten Wachmannschaften, Paris hat kapituliert,
Hurra! rief ich ihnen zu. Ein Hurra ans vollem Herzen und mit aller Kraft
der Lunge gerufen antwortete mir. Die umstehenden AÄmin« hatten nur die Worte
„Paris," „kapituliert" und „Hurra" verstanden, sie stoben nach allen Richtungen
auseinander, und wie ein Lauffeuer war in fünf Minuten durch die Stadt die
Nachricht verbreitet, daß Frankreichs Hauptstadt gefallen sei. Mein Souspräfekt
kam angelaufen, er wollte nicht daran glauben und verlangte Einzelheiten zu wissen.
Als ich ihm aber sagte, was ich wußte, dn fingen die hellen Thränen an ihm über
die Wangen zu laufen, und der siebzigjährige Mann weinte wie ein Kind.
Iiöui'öux, monsieur, sagte er zu mir, ot exensM um liomwo, uni aimo sa, ps-tris.

Nachdem er sich gefaßt hatte, war er auch wieder der thatkräftige Mann, der
liebenswürdige Franzose. Ohne nach Hause zurückzukehren, requirierte er einen
Wagen, ließ seinen Mantel holen und den Maire rufen, mit ihm nach Rouen zu
fahren. Dann trat er um mich noch einmal heran und sagte: „Ich kann Ihnen
heute bei Tisch nicht mehr Gesellschnft leisten, ich hube meine beiden Schwieger¬
söhne beauftragt, Ihnen Gesellschnft zu leisten, und nehme jetzt von Ihnen Abschied.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234770"/>
            <fw type="header" place="top"> Altes und Neues ans der Normandie</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_704" prev="#ID_703"> Von Franzosen, bald von Deutschen besetzt war. Keinem Teile durfte er Ver¬<lb/>
anlassung zum Einschreiten geben, und ich habe seine Klugheit bewundert, mit der<lb/>
er jeden Anlaß zu einem Konflikt vermied. Gelegenheit dazu gab es ja genügend.<lb/>
Denn wenn man noch weniger als sonst weiß, ob man am nächsten Tage lebt, so<lb/>
ist man nicht geneigt, große Rücksichten zu nehmen. Und die in der Stadt<lb/>
wohnende zahlreiche Fnbrikbevölkerung, die nun schon wochenlang beschäftigungslos<lb/>
war und mit dem Hunger kämpfte, hatte nichts zu verlieren. Mein Souspräfekt<lb/>
unterhielt aus eignen Mitteln dreihundert seiner Arbeiter. Die französische Regie¬<lb/>
rung drängte ihn vergeblich, ans die Bevölkerung einzuwirken, bei einem etwaigen<lb/>
Angriff die französischen Truppen zu unterstützen, und sandte Spione um ihn, um<lb/>
Auskunft über uns zu erhalten. Durch alle Klippen wußte der Souspräfekt das<lb/>
städtische Schiff glücklich hindnrchznsteuern mit jugendlichem Mut und männlicher<lb/>
Überlegung.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_705"> Wenn ich nicht ans dem Erkundungsmarsch war oder die Stadtwache hatte,<lb/>
so saß ich mit dem alten alleinstehenden Herrn um Kamin, und wir tauschten unsre<lb/>
Gedanken aus. Er las damals die Schriften seines Gegners Louis Blane, und<lb/>
an diese anknüpfend schilderte er mir die sozialen Zustände in Frankreich. Ich<lb/>
mußte ihm dafür von deutschen Einrichtungen und politischen Parteiverhältnissen in<lb/>
Dentschland erzählen. Daran schlössen sich dann Erörterungen und Diskussionen,<lb/>
und wir traten einander so nahe, wie es bei dem gewaltigen Altersunterschied, der<lb/>
verschiednen Nationalität und seiner großen und meiner geringen Lebenserfahrung<lb/>
möglich war. Aus vollem Herzen sagte ich ihm, ich wünschte Frankreich in Zukunft<lb/>
viele so prächtige Menschen und gute Patrioten, wie er wäre, damit das uns<lb/>
Deutsche anwidernde Parteiwesen in Frankreich ein Ende erreiche. So vergingen<lb/>
zehn Tage zwischen anstrengenden Märschen, Frontmachen gegen die Franzosen,<lb/>
wenn sie uns zu nahe kamen, und Ausruhen in Nvetot. Was sonst in der Welt<lb/>
passierte, wußten Nur nicht, nicht einmal davon war uns Kunde geworden, daß in¬<lb/>
zwischen in Versailles das deutsche Kniserreich neu aufgerichtet wordeu war. Unsre<lb/>
Leute waren fast die ganze Zeit nicht aus den feuchten Kleidern herausgekommen,<lb/>
die Uniform war beselt geworden, die Infanterie hatte auf den steinigen Straßen<lb/>
die Stiefelsohlen durch und ihre Füße wnndgelaufen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_706"> Am 28. Januar 1871 sollten wir abgelöst werde». Ich stand ans dem<lb/>
Markt vor der Wache, als eine Ordonnanz angeritten kam. &#x201E;Paris hat kapituliert,"<lb/>
rief sie. Ans meine Frage, ob es eine dienstliche Meldung wäre, erhielt ich zur<lb/>
Autwort, daß ein Hauptmann in Barentin es seinen Leuten als bestimmt mit¬<lb/>
geteilt habe. Ich eilte zu den aufgestellten Wachmannschaften, Paris hat kapituliert,<lb/>
Hurra! rief ich ihnen zu. Ein Hurra ans vollem Herzen und mit aller Kraft<lb/>
der Lunge gerufen antwortete mir. Die umstehenden AÄmin« hatten nur die Worte<lb/>
&#x201E;Paris," &#x201E;kapituliert" und &#x201E;Hurra" verstanden, sie stoben nach allen Richtungen<lb/>
auseinander, und wie ein Lauffeuer war in fünf Minuten durch die Stadt die<lb/>
Nachricht verbreitet, daß Frankreichs Hauptstadt gefallen sei. Mein Souspräfekt<lb/>
kam angelaufen, er wollte nicht daran glauben und verlangte Einzelheiten zu wissen.<lb/>
Als ich ihm aber sagte, was ich wußte, dn fingen die hellen Thränen an ihm über<lb/>
die Wangen zu laufen, und der siebzigjährige Mann weinte wie ein Kind.<lb/>
Iiöui'öux, monsieur, sagte er zu mir, ot exensM um liomwo, uni aimo sa, ps-tris.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_707" next="#ID_708"> Nachdem er sich gefaßt hatte, war er auch wieder der thatkräftige Mann, der<lb/>
liebenswürdige Franzose. Ohne nach Hause zurückzukehren, requirierte er einen<lb/>
Wagen, ließ seinen Mantel holen und den Maire rufen, mit ihm nach Rouen zu<lb/>
fahren. Dann trat er um mich noch einmal heran und sagte: &#x201E;Ich kann Ihnen<lb/>
heute bei Tisch nicht mehr Gesellschnft leisten, ich hube meine beiden Schwieger¬<lb/>
söhne beauftragt, Ihnen Gesellschnft zu leisten, und nehme jetzt von Ihnen Abschied.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0240] Altes und Neues ans der Normandie Von Franzosen, bald von Deutschen besetzt war. Keinem Teile durfte er Ver¬ anlassung zum Einschreiten geben, und ich habe seine Klugheit bewundert, mit der er jeden Anlaß zu einem Konflikt vermied. Gelegenheit dazu gab es ja genügend. Denn wenn man noch weniger als sonst weiß, ob man am nächsten Tage lebt, so ist man nicht geneigt, große Rücksichten zu nehmen. Und die in der Stadt wohnende zahlreiche Fnbrikbevölkerung, die nun schon wochenlang beschäftigungslos war und mit dem Hunger kämpfte, hatte nichts zu verlieren. Mein Souspräfekt unterhielt aus eignen Mitteln dreihundert seiner Arbeiter. Die französische Regie¬ rung drängte ihn vergeblich, ans die Bevölkerung einzuwirken, bei einem etwaigen Angriff die französischen Truppen zu unterstützen, und sandte Spione um ihn, um Auskunft über uns zu erhalten. Durch alle Klippen wußte der Souspräfekt das städtische Schiff glücklich hindnrchznsteuern mit jugendlichem Mut und männlicher Überlegung. Wenn ich nicht ans dem Erkundungsmarsch war oder die Stadtwache hatte, so saß ich mit dem alten alleinstehenden Herrn um Kamin, und wir tauschten unsre Gedanken aus. Er las damals die Schriften seines Gegners Louis Blane, und an diese anknüpfend schilderte er mir die sozialen Zustände in Frankreich. Ich mußte ihm dafür von deutschen Einrichtungen und politischen Parteiverhältnissen in Dentschland erzählen. Daran schlössen sich dann Erörterungen und Diskussionen, und wir traten einander so nahe, wie es bei dem gewaltigen Altersunterschied, der verschiednen Nationalität und seiner großen und meiner geringen Lebenserfahrung möglich war. Aus vollem Herzen sagte ich ihm, ich wünschte Frankreich in Zukunft viele so prächtige Menschen und gute Patrioten, wie er wäre, damit das uns Deutsche anwidernde Parteiwesen in Frankreich ein Ende erreiche. So vergingen zehn Tage zwischen anstrengenden Märschen, Frontmachen gegen die Franzosen, wenn sie uns zu nahe kamen, und Ausruhen in Nvetot. Was sonst in der Welt passierte, wußten Nur nicht, nicht einmal davon war uns Kunde geworden, daß in¬ zwischen in Versailles das deutsche Kniserreich neu aufgerichtet wordeu war. Unsre Leute waren fast die ganze Zeit nicht aus den feuchten Kleidern herausgekommen, die Uniform war beselt geworden, die Infanterie hatte auf den steinigen Straßen die Stiefelsohlen durch und ihre Füße wnndgelaufen. Am 28. Januar 1871 sollten wir abgelöst werde». Ich stand ans dem Markt vor der Wache, als eine Ordonnanz angeritten kam. „Paris hat kapituliert," rief sie. Ans meine Frage, ob es eine dienstliche Meldung wäre, erhielt ich zur Autwort, daß ein Hauptmann in Barentin es seinen Leuten als bestimmt mit¬ geteilt habe. Ich eilte zu den aufgestellten Wachmannschaften, Paris hat kapituliert, Hurra! rief ich ihnen zu. Ein Hurra ans vollem Herzen und mit aller Kraft der Lunge gerufen antwortete mir. Die umstehenden AÄmin« hatten nur die Worte „Paris," „kapituliert" und „Hurra" verstanden, sie stoben nach allen Richtungen auseinander, und wie ein Lauffeuer war in fünf Minuten durch die Stadt die Nachricht verbreitet, daß Frankreichs Hauptstadt gefallen sei. Mein Souspräfekt kam angelaufen, er wollte nicht daran glauben und verlangte Einzelheiten zu wissen. Als ich ihm aber sagte, was ich wußte, dn fingen die hellen Thränen an ihm über die Wangen zu laufen, und der siebzigjährige Mann weinte wie ein Kind. Iiöui'öux, monsieur, sagte er zu mir, ot exensM um liomwo, uni aimo sa, ps-tris. Nachdem er sich gefaßt hatte, war er auch wieder der thatkräftige Mann, der liebenswürdige Franzose. Ohne nach Hause zurückzukehren, requirierte er einen Wagen, ließ seinen Mantel holen und den Maire rufen, mit ihm nach Rouen zu fahren. Dann trat er um mich noch einmal heran und sagte: „Ich kann Ihnen heute bei Tisch nicht mehr Gesellschnft leisten, ich hube meine beiden Schwieger¬ söhne beauftragt, Ihnen Gesellschnft zu leisten, und nehme jetzt von Ihnen Abschied.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/240
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/240>, abgerufen am 01.07.2024.