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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

patriotische Verzweiflung darüber geraten, sein, daß ihnen nach einander Kiautschou,
Port Arthur und Weihaiwei lveggenommen worden sind. Der diese Ansicht ver¬
tretende Teil der deutscheu Presse erhielt eine unvermutete Unterstützung in Männern
mit Namen von solchem Klänge, wie Herr von Brandt und Sir Robert Hart.
Auch sie glauben die Boxerbeweguug hauptsächlich auf patriotische Antriebe zurück¬
führen zu müssen. Aber die große Mehrzahl der Kenner des alten Reiches der
Mitte ist trotz dieser Autoritäten andrer Ansicht. Zwar kann man zugeben, daß
es einige weiße Naben unter den Mandarinen giebt, denen die schlimme Lage ihres
Landes echten und tiefen Schmerz bereitet, doch das sind Ausnahmen; die aller¬
meisten Beamten denken nur an ihren Geldbeutel. Sie würden allerdings sämtlich
die Fremden am liebsten ganz wieder loswerden, wenn sie nur wüßten, wie sie das
anfangen sollten; aber sie haben ganz gesunden Menschenverstand, einzusehen, daß
dies nicht möglich ist. Deshalb finden sie sich, mit Ausnahme der unbelehrbarer
Elemente in der Umgebung der Kaiserinwitwe, mit der unbequemen Thatsache der
Gegenwart der Europäer ab und trösten sich damit, daß diese sie noch wenig in
ihrer Hauptbeschäftigung, der Gelderpressung, gestört haben. Der großen Menge
des Volks endlich ist es gleichgiltig, wer sie regiert, so lauge man sie nur uicht
allzu sehr bedrückt und nicht in ihre Lebensgewohnheiten eingreift. Will einer
übrigens ganz ehrlich sprechen, so muß er einfach erklären, daß er außer stände sei,
überhaupt eine Auskunft über die Stimmung der Masse des Volkes zu geben So
etwas ist doch in Europa selbst oft schwer. In China, wo es erst eine sehr wenig
entwickelte Presse giebt, bleibt nichts übrig, als aus einzelnen Anzeichen auf die
Volksstimmung zu schließen, und diese Anzeichen deuten meistens auf eine große
Gleichgiltigkeit in Fragen der hohen Politik hin.

Die Boxerbcweguug ist schwerlich aus dem Haß gegen die Fremde" entstanden.
Wahrscheinlich wurde sie ursprünglich durch eine anhaltende Dürre in der Provinz
Schenkung veranlaßt. Als sie dann allmählich einen bedeutenden Umfang annahm,
scheint der altchinesischen Partei am Pekinger Hofe plötzlich der Gedanke gekommen
zu sein: Diese Menschen, die sich unverwundbar zu machen versteh", lassen sich gewiß
vorzüglich zur Vertreibung der fremden Teufel verwenden! Welcher Prinz oder
hohe Mandarin zuerst einen solchen Einfall gehabt hat, wird sich wohl nicht mehr
mit Sicherheit feststellen lassen. Vermutlich ist es Prinz Trau gewesen; es kommt
aber im Grunde wenig darauf ein. weil alle Altchinesen sofort begierig auf den
Gedanken eingingen. Es fehlte nicht an warnenden Stimmen einzelner Mandarinen,
aber sie verhallten ungehört. Die ganze Regierung schien wie von einem Taumel
ergriffe" und nur noch darauf aus zu sei", den verhaßten Ausländern möglichst
rasch de" Garaus zu machen. Hier liegt anch der Schlüssel zum Verständnis dafür,
wie es eingehn konnte, daß die Gesandten nicht bester über die Absichten der Re¬
gierung unterrichtet waren, und daß ihnen die Sache so sehr plötzlich über den
Hals kam. Man hat ihnen dies zum schweren Borwurs gemacht; ich glaube jedoch
sehr mit Unrecht. Denn obwohl sie allerdings wissen konnte", daß bis in die höchsten
chinesischen Kreise der krasseste Aberglaube herrscht, so waren doch weder sie noch
irgend welche andern in China lebenden Europäer darauf vorbereitet, daß die Kcnserm-
witwe und ihre Umgebung die Boxer für kugelfest halten würden. Dies muß aber
thatsächlich der Fall gewesen sein. ' Nur so ist es zu erklären, wie die Pekinger
Regierung zu dem hellen Wahnsinn kam. ganz Europa. Amerika und Japan den
Fehdehandschuh hinzuwerfen. Ein dermaßen starkes Stück von Aberglauben konnte
aber kein Gesandter voraussehen.

Einige deutsche Zeitungen habe" keinen Anstand genommen, die Besitznahme
von Kiautschou für die Bewegung verantwortlich zu macheu. Diese Besetzung war
indessen nnr ein Glied, und keineswegs das erste Glied, in einer Kette ähnlicher


Maßgebliches und Unmaßgebliches

patriotische Verzweiflung darüber geraten, sein, daß ihnen nach einander Kiautschou,
Port Arthur und Weihaiwei lveggenommen worden sind. Der diese Ansicht ver¬
tretende Teil der deutscheu Presse erhielt eine unvermutete Unterstützung in Männern
mit Namen von solchem Klänge, wie Herr von Brandt und Sir Robert Hart.
Auch sie glauben die Boxerbeweguug hauptsächlich auf patriotische Antriebe zurück¬
führen zu müssen. Aber die große Mehrzahl der Kenner des alten Reiches der
Mitte ist trotz dieser Autoritäten andrer Ansicht. Zwar kann man zugeben, daß
es einige weiße Naben unter den Mandarinen giebt, denen die schlimme Lage ihres
Landes echten und tiefen Schmerz bereitet, doch das sind Ausnahmen; die aller¬
meisten Beamten denken nur an ihren Geldbeutel. Sie würden allerdings sämtlich
die Fremden am liebsten ganz wieder loswerden, wenn sie nur wüßten, wie sie das
anfangen sollten; aber sie haben ganz gesunden Menschenverstand, einzusehen, daß
dies nicht möglich ist. Deshalb finden sie sich, mit Ausnahme der unbelehrbarer
Elemente in der Umgebung der Kaiserinwitwe, mit der unbequemen Thatsache der
Gegenwart der Europäer ab und trösten sich damit, daß diese sie noch wenig in
ihrer Hauptbeschäftigung, der Gelderpressung, gestört haben. Der großen Menge
des Volks endlich ist es gleichgiltig, wer sie regiert, so lauge man sie nur uicht
allzu sehr bedrückt und nicht in ihre Lebensgewohnheiten eingreift. Will einer
übrigens ganz ehrlich sprechen, so muß er einfach erklären, daß er außer stände sei,
überhaupt eine Auskunft über die Stimmung der Masse des Volkes zu geben So
etwas ist doch in Europa selbst oft schwer. In China, wo es erst eine sehr wenig
entwickelte Presse giebt, bleibt nichts übrig, als aus einzelnen Anzeichen auf die
Volksstimmung zu schließen, und diese Anzeichen deuten meistens auf eine große
Gleichgiltigkeit in Fragen der hohen Politik hin.

Die Boxerbcweguug ist schwerlich aus dem Haß gegen die Fremde» entstanden.
Wahrscheinlich wurde sie ursprünglich durch eine anhaltende Dürre in der Provinz
Schenkung veranlaßt. Als sie dann allmählich einen bedeutenden Umfang annahm,
scheint der altchinesischen Partei am Pekinger Hofe plötzlich der Gedanke gekommen
zu sein: Diese Menschen, die sich unverwundbar zu machen versteh», lassen sich gewiß
vorzüglich zur Vertreibung der fremden Teufel verwenden! Welcher Prinz oder
hohe Mandarin zuerst einen solchen Einfall gehabt hat, wird sich wohl nicht mehr
mit Sicherheit feststellen lassen. Vermutlich ist es Prinz Trau gewesen; es kommt
aber im Grunde wenig darauf ein. weil alle Altchinesen sofort begierig auf den
Gedanken eingingen. Es fehlte nicht an warnenden Stimmen einzelner Mandarinen,
aber sie verhallten ungehört. Die ganze Regierung schien wie von einem Taumel
ergriffe» und nur noch darauf aus zu sei», den verhaßten Ausländern möglichst
rasch de» Garaus zu machen. Hier liegt anch der Schlüssel zum Verständnis dafür,
wie es eingehn konnte, daß die Gesandten nicht bester über die Absichten der Re¬
gierung unterrichtet waren, und daß ihnen die Sache so sehr plötzlich über den
Hals kam. Man hat ihnen dies zum schweren Borwurs gemacht; ich glaube jedoch
sehr mit Unrecht. Denn obwohl sie allerdings wissen konnte», daß bis in die höchsten
chinesischen Kreise der krasseste Aberglaube herrscht, so waren doch weder sie noch
irgend welche andern in China lebenden Europäer darauf vorbereitet, daß die Kcnserm-
witwe und ihre Umgebung die Boxer für kugelfest halten würden. Dies muß aber
thatsächlich der Fall gewesen sein. ' Nur so ist es zu erklären, wie die Pekinger
Regierung zu dem hellen Wahnsinn kam. ganz Europa. Amerika und Japan den
Fehdehandschuh hinzuwerfen. Ein dermaßen starkes Stück von Aberglauben konnte
aber kein Gesandter voraussehen.

Einige deutsche Zeitungen habe» keinen Anstand genommen, die Besitznahme
von Kiautschou für die Bewegung verantwortlich zu macheu. Diese Besetzung war
indessen nnr ein Glied, und keineswegs das erste Glied, in einer Kette ähnlicher


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[0195] Maßgebliches und Unmaßgebliches patriotische Verzweiflung darüber geraten, sein, daß ihnen nach einander Kiautschou, Port Arthur und Weihaiwei lveggenommen worden sind. Der diese Ansicht ver¬ tretende Teil der deutscheu Presse erhielt eine unvermutete Unterstützung in Männern mit Namen von solchem Klänge, wie Herr von Brandt und Sir Robert Hart. Auch sie glauben die Boxerbeweguug hauptsächlich auf patriotische Antriebe zurück¬ führen zu müssen. Aber die große Mehrzahl der Kenner des alten Reiches der Mitte ist trotz dieser Autoritäten andrer Ansicht. Zwar kann man zugeben, daß es einige weiße Naben unter den Mandarinen giebt, denen die schlimme Lage ihres Landes echten und tiefen Schmerz bereitet, doch das sind Ausnahmen; die aller¬ meisten Beamten denken nur an ihren Geldbeutel. Sie würden allerdings sämtlich die Fremden am liebsten ganz wieder loswerden, wenn sie nur wüßten, wie sie das anfangen sollten; aber sie haben ganz gesunden Menschenverstand, einzusehen, daß dies nicht möglich ist. Deshalb finden sie sich, mit Ausnahme der unbelehrbarer Elemente in der Umgebung der Kaiserinwitwe, mit der unbequemen Thatsache der Gegenwart der Europäer ab und trösten sich damit, daß diese sie noch wenig in ihrer Hauptbeschäftigung, der Gelderpressung, gestört haben. Der großen Menge des Volks endlich ist es gleichgiltig, wer sie regiert, so lauge man sie nur uicht allzu sehr bedrückt und nicht in ihre Lebensgewohnheiten eingreift. Will einer übrigens ganz ehrlich sprechen, so muß er einfach erklären, daß er außer stände sei, überhaupt eine Auskunft über die Stimmung der Masse des Volkes zu geben So etwas ist doch in Europa selbst oft schwer. In China, wo es erst eine sehr wenig entwickelte Presse giebt, bleibt nichts übrig, als aus einzelnen Anzeichen auf die Volksstimmung zu schließen, und diese Anzeichen deuten meistens auf eine große Gleichgiltigkeit in Fragen der hohen Politik hin. Die Boxerbcweguug ist schwerlich aus dem Haß gegen die Fremde» entstanden. Wahrscheinlich wurde sie ursprünglich durch eine anhaltende Dürre in der Provinz Schenkung veranlaßt. Als sie dann allmählich einen bedeutenden Umfang annahm, scheint der altchinesischen Partei am Pekinger Hofe plötzlich der Gedanke gekommen zu sein: Diese Menschen, die sich unverwundbar zu machen versteh», lassen sich gewiß vorzüglich zur Vertreibung der fremden Teufel verwenden! Welcher Prinz oder hohe Mandarin zuerst einen solchen Einfall gehabt hat, wird sich wohl nicht mehr mit Sicherheit feststellen lassen. Vermutlich ist es Prinz Trau gewesen; es kommt aber im Grunde wenig darauf ein. weil alle Altchinesen sofort begierig auf den Gedanken eingingen. Es fehlte nicht an warnenden Stimmen einzelner Mandarinen, aber sie verhallten ungehört. Die ganze Regierung schien wie von einem Taumel ergriffe» und nur noch darauf aus zu sei», den verhaßten Ausländern möglichst rasch de» Garaus zu machen. Hier liegt anch der Schlüssel zum Verständnis dafür, wie es eingehn konnte, daß die Gesandten nicht bester über die Absichten der Re¬ gierung unterrichtet waren, und daß ihnen die Sache so sehr plötzlich über den Hals kam. Man hat ihnen dies zum schweren Borwurs gemacht; ich glaube jedoch sehr mit Unrecht. Denn obwohl sie allerdings wissen konnte», daß bis in die höchsten chinesischen Kreise der krasseste Aberglaube herrscht, so waren doch weder sie noch irgend welche andern in China lebenden Europäer darauf vorbereitet, daß die Kcnserm- witwe und ihre Umgebung die Boxer für kugelfest halten würden. Dies muß aber thatsächlich der Fall gewesen sein. ' Nur so ist es zu erklären, wie die Pekinger Regierung zu dem hellen Wahnsinn kam. ganz Europa. Amerika und Japan den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Ein dermaßen starkes Stück von Aberglauben konnte aber kein Gesandter voraussehen. Einige deutsche Zeitungen habe» keinen Anstand genommen, die Besitznahme von Kiautschou für die Bewegung verantwortlich zu macheu. Diese Besetzung war indessen nnr ein Glied, und keineswegs das erste Glied, in einer Kette ähnlicher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/195>, abgerufen am 26.06.2024.