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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der durch zwei Jahrhunderte geübten Herrschaft, doch in Ehren erhalten könne. Und
noch aus weitern Ursachen wurden ihnen die Verdischc" Opern eine neue Quelle
und ein Hort vaterländischer Hoffnungen. Alle seine ersten Opern hatten eine oder
mehrere Nummern, die Heimat, Vaterland und Volk in gewaltigen Tönen feierten,
ähnlich aber noch demonstrativer, als dies Richard Wagner bei uus deu Land¬
grafen seines "Tannhäuser" und den König seines "Lohengrin" thun ließ. Die
patriotische Bedeutung seiner Musik war damit aber nicht erschöpft. Sie hatte die
Weichheit, Jmiigteit, die Klarheit und Einfachheit, die der Vorzug aller italienischen
Kunst, auch der bildenden, seit der Renaissance gewesen ist. Aber sie buhlte nicht
wie die Opern seiner letzten Borgänger, sondern ein Ton männlicher Kraft beseelte
und durchzog sie, sie brachte Eisen und Stahl in das entnervte Gemütsleben, sie
erhob, sie weckte, erfrischte und stärkte die besten Kräfte der Volksseele, die, die das
Land brauchte. Ju ihr erfüllte die Musik ihren höchsten Beruf: Ideale zu ver¬
künden und dafür zu erziehn, denn sie überzeugte die Nation, das; die Charnkter-
elemente, die eine politische Zukunft verhieße", vorhanden seien.

Es bleibt ein Ruhm für die Italiener, daß sie sich an diese Seite von Verdis
Kunst hielten und ihm darüber alle Roheit und Unreife, die sie umgab, verzieh".
Das Ausland that das nicht; rein musikalisch, also beschränkt urteilend, fand es die
Vcrdischen Opern bald zu sehr, bald zu wenig italienisch, gerade das Beste in ihnen,
den Ernst und die Feierlichkeit, lehnte es ab und versöhnte sich erst mit ihnen,
als Verdi in seiner mittlern Perote anfing, den großstädtische" Rvnebedarf an
Gassenhauern zu decken. Er selbst aber war ein viel zu naiver Künstler, als daß er
sein bestes Teil mit eigner Kraft aus dem Sumpf hätte retten können. Unsäglich
litt er unter dem Verfall der Operndichtuug, die um die Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts in alle" Länder" von einer euphemistisch Rouiantik genaunten Geistes¬
krankheit ergriffen war. Verdi warf sei" Talent ein die Zerrbilder des Rigoletto
und der Traviatci weg. An solchen nichtigen Texten erlahmte sein dramatischer
Sinn, er begann Konversatiousmusik zu macheu wie Ander und haschte "ach Musik-
effekteu wie Meyerbeer. Noch im Troubadour führt der Weg zum Herrlichsten,
was die "cuc Oper besitzt -- die Romanze, die Stretta des Mcinrico, die Zigeimer-
szene", der Stcrbechor mit der Toteuglocke, das Wiegenlied, dos Schußduett des
Liebespaares --, durch einen Wust äußerlichen, sinnlosen Klingklangs. Da fand er
mit der sko>'?a >ZoI clestino in Piave einen gesunden Dichter, und um seiner Hand
erreichte er in "Altai" den Gipfel seiner Begabung und schuf eins der phcmtasie-
vollste", ein Charakter und schöner Melodik reichsten Musikdramen, das es giebt,
das auch jedes Laud und ziemlich jede Partei gelten ließ.

Bis hierher geht in Verdis Leben die Geschichte des Talents, und nun beginnt
die des außergewöhnlichen Charakters. An Ehren, um Gütern und an Jahren reich,
reif für die Ruhe auf dem Lorbeer, beginnt er jetzt umzülerueu n"d beaiebt sich
unbefangen in die Schule Richard Wagners. Das ist keine Kleinigkeit; nur wenig
Musiker haben etwas ähnliches unternommen, einzelnen, wie Verdis Landsmann
Piccini, der in seinen alten Tagen, weltberühmt sich zu Gluck bekehrte, ist es ge¬
glückt, den meisten, unter ihnen dem alten Hayd", als er sich Mvznrtsche Neuerungen
anzueignen suchte, mißlungen. Verdi hat sich die Wagnersche Reform mit großer
Kritik angesehen und eigentlich nur einen Hauptteil davon, die prinzipielle und
reiche Verwendung des Orchesters zur Belebung der Darstellung, verwandt. Auch
sind die Früchte seiner Panlusperiode, Othello und Falstnff, zwar geistreich, aber
sie zeigen die Anstrengung und das Alter. Deuuuch bedeuten sie eine große That.
Italien ist durch sie für die Wagnerschen Ideen gewonnen und wird bei ihrer
Handhabung im inter"alio"ale" Strom ein gewichtiges Wort mitspreche". So hat
Verdi ein Bündnis italienische" und deutschen Geistes wesentlich gefördert und sich


Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der durch zwei Jahrhunderte geübten Herrschaft, doch in Ehren erhalten könne. Und
noch aus weitern Ursachen wurden ihnen die Verdischc» Opern eine neue Quelle
und ein Hort vaterländischer Hoffnungen. Alle seine ersten Opern hatten eine oder
mehrere Nummern, die Heimat, Vaterland und Volk in gewaltigen Tönen feierten,
ähnlich aber noch demonstrativer, als dies Richard Wagner bei uus deu Land¬
grafen seines „Tannhäuser" und den König seines „Lohengrin" thun ließ. Die
patriotische Bedeutung seiner Musik war damit aber nicht erschöpft. Sie hatte die
Weichheit, Jmiigteit, die Klarheit und Einfachheit, die der Vorzug aller italienischen
Kunst, auch der bildenden, seit der Renaissance gewesen ist. Aber sie buhlte nicht
wie die Opern seiner letzten Borgänger, sondern ein Ton männlicher Kraft beseelte
und durchzog sie, sie brachte Eisen und Stahl in das entnervte Gemütsleben, sie
erhob, sie weckte, erfrischte und stärkte die besten Kräfte der Volksseele, die, die das
Land brauchte. Ju ihr erfüllte die Musik ihren höchsten Beruf: Ideale zu ver¬
künden und dafür zu erziehn, denn sie überzeugte die Nation, das; die Charnkter-
elemente, die eine politische Zukunft verhieße», vorhanden seien.

Es bleibt ein Ruhm für die Italiener, daß sie sich an diese Seite von Verdis
Kunst hielten und ihm darüber alle Roheit und Unreife, die sie umgab, verzieh».
Das Ausland that das nicht; rein musikalisch, also beschränkt urteilend, fand es die
Vcrdischen Opern bald zu sehr, bald zu wenig italienisch, gerade das Beste in ihnen,
den Ernst und die Feierlichkeit, lehnte es ab und versöhnte sich erst mit ihnen,
als Verdi in seiner mittlern Perote anfing, den großstädtische» Rvnebedarf an
Gassenhauern zu decken. Er selbst aber war ein viel zu naiver Künstler, als daß er
sein bestes Teil mit eigner Kraft aus dem Sumpf hätte retten können. Unsäglich
litt er unter dem Verfall der Operndichtuug, die um die Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts in alle» Länder» von einer euphemistisch Rouiantik genaunten Geistes¬
krankheit ergriffen war. Verdi warf sei» Talent ein die Zerrbilder des Rigoletto
und der Traviatci weg. An solchen nichtigen Texten erlahmte sein dramatischer
Sinn, er begann Konversatiousmusik zu macheu wie Ander und haschte »ach Musik-
effekteu wie Meyerbeer. Noch im Troubadour führt der Weg zum Herrlichsten,
was die »cuc Oper besitzt — die Romanze, die Stretta des Mcinrico, die Zigeimer-
szene», der Stcrbechor mit der Toteuglocke, das Wiegenlied, dos Schußduett des
Liebespaares —, durch einen Wust äußerlichen, sinnlosen Klingklangs. Da fand er
mit der sko>'?a >ZoI clestino in Piave einen gesunden Dichter, und um seiner Hand
erreichte er in „Altai" den Gipfel seiner Begabung und schuf eins der phcmtasie-
vollste», ein Charakter und schöner Melodik reichsten Musikdramen, das es giebt,
das auch jedes Laud und ziemlich jede Partei gelten ließ.

Bis hierher geht in Verdis Leben die Geschichte des Talents, und nun beginnt
die des außergewöhnlichen Charakters. An Ehren, um Gütern und an Jahren reich,
reif für die Ruhe auf dem Lorbeer, beginnt er jetzt umzülerueu n»d beaiebt sich
unbefangen in die Schule Richard Wagners. Das ist keine Kleinigkeit; nur wenig
Musiker haben etwas ähnliches unternommen, einzelnen, wie Verdis Landsmann
Piccini, der in seinen alten Tagen, weltberühmt sich zu Gluck bekehrte, ist es ge¬
glückt, den meisten, unter ihnen dem alten Hayd», als er sich Mvznrtsche Neuerungen
anzueignen suchte, mißlungen. Verdi hat sich die Wagnersche Reform mit großer
Kritik angesehen und eigentlich nur einen Hauptteil davon, die prinzipielle und
reiche Verwendung des Orchesters zur Belebung der Darstellung, verwandt. Auch
sind die Früchte seiner Panlusperiode, Othello und Falstnff, zwar geistreich, aber
sie zeigen die Anstrengung und das Alter. Deuuuch bedeuten sie eine große That.
Italien ist durch sie für die Wagnerschen Ideen gewonnen und wird bei ihrer
Handhabung im inter»alio»ale» Strom ein gewichtiges Wort mitspreche». So hat
Verdi ein Bündnis italienische» und deutschen Geistes wesentlich gefördert und sich


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[0348] Maßgebliches und Unmaßgebliches in der durch zwei Jahrhunderte geübten Herrschaft, doch in Ehren erhalten könne. Und noch aus weitern Ursachen wurden ihnen die Verdischc» Opern eine neue Quelle und ein Hort vaterländischer Hoffnungen. Alle seine ersten Opern hatten eine oder mehrere Nummern, die Heimat, Vaterland und Volk in gewaltigen Tönen feierten, ähnlich aber noch demonstrativer, als dies Richard Wagner bei uus deu Land¬ grafen seines „Tannhäuser" und den König seines „Lohengrin" thun ließ. Die patriotische Bedeutung seiner Musik war damit aber nicht erschöpft. Sie hatte die Weichheit, Jmiigteit, die Klarheit und Einfachheit, die der Vorzug aller italienischen Kunst, auch der bildenden, seit der Renaissance gewesen ist. Aber sie buhlte nicht wie die Opern seiner letzten Borgänger, sondern ein Ton männlicher Kraft beseelte und durchzog sie, sie brachte Eisen und Stahl in das entnervte Gemütsleben, sie erhob, sie weckte, erfrischte und stärkte die besten Kräfte der Volksseele, die, die das Land brauchte. Ju ihr erfüllte die Musik ihren höchsten Beruf: Ideale zu ver¬ künden und dafür zu erziehn, denn sie überzeugte die Nation, das; die Charnkter- elemente, die eine politische Zukunft verhieße», vorhanden seien. Es bleibt ein Ruhm für die Italiener, daß sie sich an diese Seite von Verdis Kunst hielten und ihm darüber alle Roheit und Unreife, die sie umgab, verzieh». Das Ausland that das nicht; rein musikalisch, also beschränkt urteilend, fand es die Vcrdischen Opern bald zu sehr, bald zu wenig italienisch, gerade das Beste in ihnen, den Ernst und die Feierlichkeit, lehnte es ab und versöhnte sich erst mit ihnen, als Verdi in seiner mittlern Perote anfing, den großstädtische» Rvnebedarf an Gassenhauern zu decken. Er selbst aber war ein viel zu naiver Künstler, als daß er sein bestes Teil mit eigner Kraft aus dem Sumpf hätte retten können. Unsäglich litt er unter dem Verfall der Operndichtuug, die um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in alle» Länder» von einer euphemistisch Rouiantik genaunten Geistes¬ krankheit ergriffen war. Verdi warf sei» Talent ein die Zerrbilder des Rigoletto und der Traviatci weg. An solchen nichtigen Texten erlahmte sein dramatischer Sinn, er begann Konversatiousmusik zu macheu wie Ander und haschte »ach Musik- effekteu wie Meyerbeer. Noch im Troubadour führt der Weg zum Herrlichsten, was die »cuc Oper besitzt — die Romanze, die Stretta des Mcinrico, die Zigeimer- szene», der Stcrbechor mit der Toteuglocke, das Wiegenlied, dos Schußduett des Liebespaares —, durch einen Wust äußerlichen, sinnlosen Klingklangs. Da fand er mit der sko>'?a >ZoI clestino in Piave einen gesunden Dichter, und um seiner Hand erreichte er in „Altai" den Gipfel seiner Begabung und schuf eins der phcmtasie- vollste», ein Charakter und schöner Melodik reichsten Musikdramen, das es giebt, das auch jedes Laud und ziemlich jede Partei gelten ließ. Bis hierher geht in Verdis Leben die Geschichte des Talents, und nun beginnt die des außergewöhnlichen Charakters. An Ehren, um Gütern und an Jahren reich, reif für die Ruhe auf dem Lorbeer, beginnt er jetzt umzülerueu n»d beaiebt sich unbefangen in die Schule Richard Wagners. Das ist keine Kleinigkeit; nur wenig Musiker haben etwas ähnliches unternommen, einzelnen, wie Verdis Landsmann Piccini, der in seinen alten Tagen, weltberühmt sich zu Gluck bekehrte, ist es ge¬ glückt, den meisten, unter ihnen dem alten Hayd», als er sich Mvznrtsche Neuerungen anzueignen suchte, mißlungen. Verdi hat sich die Wagnersche Reform mit großer Kritik angesehen und eigentlich nur einen Hauptteil davon, die prinzipielle und reiche Verwendung des Orchesters zur Belebung der Darstellung, verwandt. Auch sind die Früchte seiner Panlusperiode, Othello und Falstnff, zwar geistreich, aber sie zeigen die Anstrengung und das Alter. Deuuuch bedeuten sie eine große That. Italien ist durch sie für die Wagnerschen Ideen gewonnen und wird bei ihrer Handhabung im inter»alio»ale» Strom ein gewichtiges Wort mitspreche». So hat Verdi ein Bündnis italienische» und deutschen Geistes wesentlich gefördert und sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/348>, abgerufen am 29.06.2024.