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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

formen errichteten, sondern Bauern das Land nach und nach besiedelten, würden
wir vorziehn.

Der den Grcnzbvtenlesern Wohl bekannte Staatsmann Theodor von Bern¬
hardt wird von Fritz Demuth in einer Broschüre sF, Th, v. Bernhardi,
Ein Beitrag zur Geschichte der Nationalökonomie des neunzehnten Jahrhunderts.
Jena, Gustav Fischer, 1990) als Nationalökonom ersten Ranges gepriesen. nieder¬
gelegt hat Bernhardt seine ökonomischen Anschauungen in einem 1849 zu Se. Peters¬
burg erschienenen (und schon aus diesem Grunde tu Deutschland unbekannt gebliebueu)
Werke: Versuch einer Kritik der Gründe, die für großes und für kleines Grund¬
eigentum angeführt werden. Als warmer Menschenfreund und von idealer Auf¬
fassung der Aufgaben vou Staat und Gesellschaft erfüllt, bekämpft Bernhardt die
kalten kaufmännischen Rechner der englischen Schule, namentlich Adam Smith und
Ricardo. Entschieduer Feind des Sozialismus, weist er dennoch nach, daß dieser
den englischen Nationalökonomen gegenüber im Recht und eine unabweisbare Wir¬
kung ihrer Lehren sei. Mau erwartet, wenn man die ersten Ausführungen Bern¬
hardts liest, daß er sich zu Friedrich List bekennen werde, das ist aber keineswegs
der Fall. "Bernhardi ist Freihändler; er hält übergroßes Wachsen des Fabrik¬
wesens und des Exporthandels und Verelendung der niedern Klassen für gleich¬
zeitige Erscheinungen ^soll heißen für Ursache und Wirkung^. Lifts Tendenz sdie
auf Begünstigung der Industrie gerichtet ists erschreckt ihn so sehr, daß er glaubt,
eine wahnsinnig gewordne Wissenschaft zu hören."

Der Grundriß zum Studium der politischen Ökonomie

von Professor
Dr. I. Conrad bedarf keiner Empfehlung; wir erwähnen ihn nur, um unsern
Lesern zu melden, daß vom ersten Teil: Nationalökonomie, eine "dritte, wesentlich
erweiterte Auflage" erschienen ist (bei Gustav Fischer in Jena, 1990).

Von der bei Teubner in Leipzig erscheinenden Scimmlnng: Aus Natur- und
Geisteswelt liegen uns drei ins volkswirtschaftliche Gebiet schlagende Bändchen vor,
die im Jahre 1999 erschienen sind: Ernährung und Volksnahruugsmittel
von I)r. Johannes Frentzel, Verkehrsentwicklnng in Deutschland von
Professor or. Walther Lotz und Die ständischen und sozialen Kampfe in
der römischen Republik von Leo Bloch, Privatdozenten an der Universität
Zürich. Sie erfüllen alle drei sehr gut ihren Populärwissenschaftlichen Zweck, aus
dem zweiten und dritten aber werden auch Fachmänner Belehrung schöpfen. Lotz
behandelt natürlich u. a. die Eisenbahntariffrage und die Kanalfrage.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

formen errichteten, sondern Bauern das Land nach und nach besiedelten, würden
wir vorziehn.

Der den Grcnzbvtenlesern Wohl bekannte Staatsmann Theodor von Bern¬
hardt wird von Fritz Demuth in einer Broschüre sF, Th, v. Bernhardi,
Ein Beitrag zur Geschichte der Nationalökonomie des neunzehnten Jahrhunderts.
Jena, Gustav Fischer, 1990) als Nationalökonom ersten Ranges gepriesen. nieder¬
gelegt hat Bernhardt seine ökonomischen Anschauungen in einem 1849 zu Se. Peters¬
burg erschienenen (und schon aus diesem Grunde tu Deutschland unbekannt gebliebueu)
Werke: Versuch einer Kritik der Gründe, die für großes und für kleines Grund¬
eigentum angeführt werden. Als warmer Menschenfreund und von idealer Auf¬
fassung der Aufgaben vou Staat und Gesellschaft erfüllt, bekämpft Bernhardt die
kalten kaufmännischen Rechner der englischen Schule, namentlich Adam Smith und
Ricardo. Entschieduer Feind des Sozialismus, weist er dennoch nach, daß dieser
den englischen Nationalökonomen gegenüber im Recht und eine unabweisbare Wir¬
kung ihrer Lehren sei. Mau erwartet, wenn man die ersten Ausführungen Bern¬
hardts liest, daß er sich zu Friedrich List bekennen werde, das ist aber keineswegs
der Fall. „Bernhardi ist Freihändler; er hält übergroßes Wachsen des Fabrik¬
wesens und des Exporthandels und Verelendung der niedern Klassen für gleich¬
zeitige Erscheinungen ^soll heißen für Ursache und Wirkung^. Lifts Tendenz sdie
auf Begünstigung der Industrie gerichtet ists erschreckt ihn so sehr, daß er glaubt,
eine wahnsinnig gewordne Wissenschaft zu hören."

Der Grundriß zum Studium der politischen Ökonomie

von Professor
Dr. I. Conrad bedarf keiner Empfehlung; wir erwähnen ihn nur, um unsern
Lesern zu melden, daß vom ersten Teil: Nationalökonomie, eine „dritte, wesentlich
erweiterte Auflage" erschienen ist (bei Gustav Fischer in Jena, 1990).

Von der bei Teubner in Leipzig erscheinenden Scimmlnng: Aus Natur- und
Geisteswelt liegen uns drei ins volkswirtschaftliche Gebiet schlagende Bändchen vor,
die im Jahre 1999 erschienen sind: Ernährung und Volksnahruugsmittel
von I)r. Johannes Frentzel, Verkehrsentwicklnng in Deutschland von
Professor or. Walther Lotz und Die ständischen und sozialen Kampfe in
der römischen Republik von Leo Bloch, Privatdozenten an der Universität
Zürich. Sie erfüllen alle drei sehr gut ihren Populärwissenschaftlichen Zweck, aus
dem zweiten und dritten aber werden auch Fachmänner Belehrung schöpfen. Lotz
behandelt natürlich u. a. die Eisenbahntariffrage und die Kanalfrage.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/304>, abgerufen am 03.07.2024.