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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Allerlei Neues vom Monde

üblich waren, sind bekanntlich nicht ans der Wurzel ins (eng,) hervorgegangen. Aber
es scheint nur so zu sein. In Wahrheit haben Hellenen und Jtaliker das alte
Wort ebensowenig eingebüßt als die verwandten Völkergruppen, es hat auf gra'ko-
italischcm Boden nur eine nicht eben weitgehende Verschiebung seines Inhalts er¬
litten. Denn (wiw), mundartlich auch ^"e/s (weis), und monsis bedeuten be¬
kanntlich in der Zeit, wo Bildung und Schrifttum bei Griechen und Römern auf
der Höhe steht, nicht den Mond selbst, sondern dessen Umlaufszeit, den Monat.
Daß jedoch diese Bedeutung erst abgeleitet ist, daß in einer weiter zurückliegende"
Periode der Geschichte diese Wörter auch den Weltkörper selbst, und zwar diesen
zunächst, bezeichnet haben, das ist eine so einleuchtende Wahrheit, daß sie gar keines
Beweises bedarf; bestätigt wird sie aber für das Griechische wenigstens durch die
Thatsache, daß sich die aus dem Grundworte abgezweigten Bildungen lMims)
und ^t^to'xoc.' (mvmÄcos) dessen sinnliche Grundbedeutung bewahrt haben. Dennoch
haben /"^v (ohn) und mvnsis mit der Zeit dein Schwcsterpaare ?e^v^ öffters)
und wog, weichen müssen, sobald die am Himmel sichtbare Mondscheibe selbst und
nicht ihre Drehuugszeit gemeint ist.

Was bedeuten aber nun diese Wörter? Auch sie benennen den Mond nach
einer seiner Eigenschaften, und zwar wiederum nach einer sehr charakteristischen, nämlich
der des Glanzes, c/c/i.^^, wie es in der ionisch-attischen Mundart heißt, sonst
auch are^"^" ssel-ma) oder c7e^"^" (ssiAiirm) lautend, ist entstanden aus ve^et's-i^r
(helas-rin) und somit auf das Wort cM"s (sol^s) zurückzuführen, das, wie jeder
weiß, den Schimmer oder den Glanz bedeutet. Gehn wir noch weiter zurück, so
entdecken wir als dessen Voraussetzung die Form c7/^"s (svolas), und diese läßt
keinen Zweifel, daß wir es mit einem Verwandten des lateinischen 8ol (eigentlich
savel) zu thun haben, l/t/i,^^ heißt also eigentlich die Glänzende. Hätte der
Grieche gewollt, er hätte aus derselben Wurzel und als Gegenstück zu dem ver¬
alteten c7x/^> (ssir) <7ö'^toe>' (""rio"), das einmal zur Bezeichnung der Sonne gedient
hat, eine Form <7et^/" (soma) neben <7L/^i^ entwickeln können, wie andrerseits der
Jtaliker das zu t/e^/" wie zu se^i^ sich fügende und in seinem Sprachschatz
bereit liegende sörsna auf die Vorstellung des Mondlichtes übertragen konnte.
Diese Genossenschaft hat auf den ersten Blick etwas Verblüffendes, sie erklärt sich
aber leicht durch den Umstand, daß die beiden Lante r und I wegen ihrer nahen
Verwandtschaft -- denn beide sind Zitterlaute, die durch die Annäherung der Zunge
an den vordern Gaumen, der eine mittels stärkerer, der andre mittels schwächerer
Schwingungen, hervorgebracht werden -- in allen Sprachen oftmals miteinander
wechseln. So entsteht aus dein lateinischen iusciniolus das französische rossi'g'not,
während umgekehrt durch den Übergang des r in das nahe liegende l -- und
dieser Wandel ist, weil bequemer, auch häufiger -- beispielsweise das griechische
).k/^too (Iizji'ion) in ullum, das lateinische xsr<ZArinu8 in xsloxrin (Pilger), das
lateinische mons.rinn in Mörtel umgestaltet wird. Darum sind die Bildungen
crx/^los-" (soirios), gorönus-g. und <7e>>.^^ eng verschwistert,*) und wenn trotz der
Verwandtschaft der Wortkörper die Begriffsentwicklung nicht gleichen Schritt ge¬
halten hat, so ist das reiner Zufall. Das griechische <7k/^>los (ssirios) ist, während
ein ksmininum <7e^/" (sviritr) wohl niemals gebildet worden ist, auf das glänzende
Sternbild, in dessen Zeichen die Sonne im Hochsommer tritt, übertragen worden, das
lateinische sorsnu" -- dem ein griechisches o^/i^voL (8vlouos) entsprechen würde --
ist zunächst Adjektivum geblieben. Erst im Mittelalter wurde das kemininum sei-En"
zum selbständigen Hauptwort erhoben, bedeutet dann aber nicht das große Nacht¬
gestirn, sondern, da die sinnliche Grundbedeutung "hell," "glänzend" schon der ab-



*) Im Grunde hat sich auch hier das ! aus dem r entwickelt, denn die älteste Lcmtgel
der Wurzel ist "(u)vAr. , ' "
Allerlei Neues vom Monde

üblich waren, sind bekanntlich nicht ans der Wurzel ins (eng,) hervorgegangen. Aber
es scheint nur so zu sein. In Wahrheit haben Hellenen und Jtaliker das alte
Wort ebensowenig eingebüßt als die verwandten Völkergruppen, es hat auf gra'ko-
italischcm Boden nur eine nicht eben weitgehende Verschiebung seines Inhalts er¬
litten. Denn (wiw), mundartlich auch ^«e/s (weis), und monsis bedeuten be¬
kanntlich in der Zeit, wo Bildung und Schrifttum bei Griechen und Römern auf
der Höhe steht, nicht den Mond selbst, sondern dessen Umlaufszeit, den Monat.
Daß jedoch diese Bedeutung erst abgeleitet ist, daß in einer weiter zurückliegende»
Periode der Geschichte diese Wörter auch den Weltkörper selbst, und zwar diesen
zunächst, bezeichnet haben, das ist eine so einleuchtende Wahrheit, daß sie gar keines
Beweises bedarf; bestätigt wird sie aber für das Griechische wenigstens durch die
Thatsache, daß sich die aus dem Grundworte abgezweigten Bildungen lMims)
und ^t^to'xoc.' (mvmÄcos) dessen sinnliche Grundbedeutung bewahrt haben. Dennoch
haben /«^v (ohn) und mvnsis mit der Zeit dein Schwcsterpaare ?e^v^ öffters)
und wog, weichen müssen, sobald die am Himmel sichtbare Mondscheibe selbst und
nicht ihre Drehuugszeit gemeint ist.

Was bedeuten aber nun diese Wörter? Auch sie benennen den Mond nach
einer seiner Eigenschaften, und zwar wiederum nach einer sehr charakteristischen, nämlich
der des Glanzes, c/c/i.^^, wie es in der ionisch-attischen Mundart heißt, sonst
auch are^«^« ssel-ma) oder c7e^«^« (ssiAiirm) lautend, ist entstanden aus ve^et's-i^r
(helas-rin) und somit auf das Wort cM«s (sol^s) zurückzuführen, das, wie jeder
weiß, den Schimmer oder den Glanz bedeutet. Gehn wir noch weiter zurück, so
entdecken wir als dessen Voraussetzung die Form c7/^«s (svolas), und diese läßt
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savel) zu thun haben, l/t/i,^^ heißt also eigentlich die Glänzende. Hätte der
Grieche gewollt, er hätte aus derselben Wurzel und als Gegenstück zu dem ver¬
alteten c7x/^> (ssir) <7ö'^toe>' («»rio«), das einmal zur Bezeichnung der Sonne gedient
hat, eine Form <7et^/« (soma) neben <7L/^i^ entwickeln können, wie andrerseits der
Jtaliker das zu t/e^/« wie zu se^i^ sich fügende und in seinem Sprachschatz
bereit liegende sörsna auf die Vorstellung des Mondlichtes übertragen konnte.
Diese Genossenschaft hat auf den ersten Blick etwas Verblüffendes, sie erklärt sich
aber leicht durch den Umstand, daß die beiden Lante r und I wegen ihrer nahen
Verwandtschaft — denn beide sind Zitterlaute, die durch die Annäherung der Zunge
an den vordern Gaumen, der eine mittels stärkerer, der andre mittels schwächerer
Schwingungen, hervorgebracht werden — in allen Sprachen oftmals miteinander
wechseln. So entsteht aus dein lateinischen iusciniolus das französische rossi'g'not,
während umgekehrt durch den Übergang des r in das nahe liegende l — und
dieser Wandel ist, weil bequemer, auch häufiger — beispielsweise das griechische
).k/^too (Iizji'ion) in ullum, das lateinische xsr<ZArinu8 in xsloxrin (Pilger), das
lateinische mons.rinn in Mörtel umgestaltet wird. Darum sind die Bildungen
crx/^los-« (soirios), gorönus-g. und <7e>>.^^ eng verschwistert,*) und wenn trotz der
Verwandtschaft der Wortkörper die Begriffsentwicklung nicht gleichen Schritt ge¬
halten hat, so ist das reiner Zufall. Das griechische <7k/^>los (ssirios) ist, während
ein ksmininum <7e^/« (sviritr) wohl niemals gebildet worden ist, auf das glänzende
Sternbild, in dessen Zeichen die Sonne im Hochsommer tritt, übertragen worden, das
lateinische sorsnu« — dem ein griechisches o^/i^voL (8vlouos) entsprechen würde —
ist zunächst Adjektivum geblieben. Erst im Mittelalter wurde das kemininum sei-En»
zum selbständigen Hauptwort erhoben, bedeutet dann aber nicht das große Nacht¬
gestirn, sondern, da die sinnliche Grundbedeutung „hell," „glänzend" schon der ab-



*) Im Grunde hat sich auch hier das ! aus dem r entwickelt, denn die älteste Lcmtgel
der Wurzel ist »(u)vAr. , ' »
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[0678] Allerlei Neues vom Monde üblich waren, sind bekanntlich nicht ans der Wurzel ins (eng,) hervorgegangen. Aber es scheint nur so zu sein. In Wahrheit haben Hellenen und Jtaliker das alte Wort ebensowenig eingebüßt als die verwandten Völkergruppen, es hat auf gra'ko- italischcm Boden nur eine nicht eben weitgehende Verschiebung seines Inhalts er¬ litten. Denn (wiw), mundartlich auch ^«e/s (weis), und monsis bedeuten be¬ kanntlich in der Zeit, wo Bildung und Schrifttum bei Griechen und Römern auf der Höhe steht, nicht den Mond selbst, sondern dessen Umlaufszeit, den Monat. Daß jedoch diese Bedeutung erst abgeleitet ist, daß in einer weiter zurückliegende» Periode der Geschichte diese Wörter auch den Weltkörper selbst, und zwar diesen zunächst, bezeichnet haben, das ist eine so einleuchtende Wahrheit, daß sie gar keines Beweises bedarf; bestätigt wird sie aber für das Griechische wenigstens durch die Thatsache, daß sich die aus dem Grundworte abgezweigten Bildungen lMims) und ^t^to'xoc.' (mvmÄcos) dessen sinnliche Grundbedeutung bewahrt haben. Dennoch haben /«^v (ohn) und mvnsis mit der Zeit dein Schwcsterpaare ?e^v^ öffters) und wog, weichen müssen, sobald die am Himmel sichtbare Mondscheibe selbst und nicht ihre Drehuugszeit gemeint ist. Was bedeuten aber nun diese Wörter? Auch sie benennen den Mond nach einer seiner Eigenschaften, und zwar wiederum nach einer sehr charakteristischen, nämlich der des Glanzes, c/c/i.^^, wie es in der ionisch-attischen Mundart heißt, sonst auch are^«^« ssel-ma) oder c7e^«^« (ssiAiirm) lautend, ist entstanden aus ve^et's-i^r (helas-rin) und somit auf das Wort cM«s (sol^s) zurückzuführen, das, wie jeder weiß, den Schimmer oder den Glanz bedeutet. Gehn wir noch weiter zurück, so entdecken wir als dessen Voraussetzung die Form c7/^«s (svolas), und diese läßt keinen Zweifel, daß wir es mit einem Verwandten des lateinischen 8ol (eigentlich savel) zu thun haben, l/t/i,^^ heißt also eigentlich die Glänzende. Hätte der Grieche gewollt, er hätte aus derselben Wurzel und als Gegenstück zu dem ver¬ alteten c7x/^> (ssir) <7ö'^toe>' («»rio«), das einmal zur Bezeichnung der Sonne gedient hat, eine Form <7et^/« (soma) neben <7L/^i^ entwickeln können, wie andrerseits der Jtaliker das zu t/e^/« wie zu se^i^ sich fügende und in seinem Sprachschatz bereit liegende sörsna auf die Vorstellung des Mondlichtes übertragen konnte. Diese Genossenschaft hat auf den ersten Blick etwas Verblüffendes, sie erklärt sich aber leicht durch den Umstand, daß die beiden Lante r und I wegen ihrer nahen Verwandtschaft — denn beide sind Zitterlaute, die durch die Annäherung der Zunge an den vordern Gaumen, der eine mittels stärkerer, der andre mittels schwächerer Schwingungen, hervorgebracht werden — in allen Sprachen oftmals miteinander wechseln. So entsteht aus dein lateinischen iusciniolus das französische rossi'g'not, während umgekehrt durch den Übergang des r in das nahe liegende l — und dieser Wandel ist, weil bequemer, auch häufiger — beispielsweise das griechische ).k/^too (Iizji'ion) in ullum, das lateinische xsr<ZArinu8 in xsloxrin (Pilger), das lateinische mons.rinn in Mörtel umgestaltet wird. Darum sind die Bildungen crx/^los-« (soirios), gorönus-g. und <7e>>.^^ eng verschwistert,*) und wenn trotz der Verwandtschaft der Wortkörper die Begriffsentwicklung nicht gleichen Schritt ge¬ halten hat, so ist das reiner Zufall. Das griechische <7k/^>los (ssirios) ist, während ein ksmininum <7e^/« (sviritr) wohl niemals gebildet worden ist, auf das glänzende Sternbild, in dessen Zeichen die Sonne im Hochsommer tritt, übertragen worden, das lateinische sorsnu« — dem ein griechisches o^/i^voL (8vlouos) entsprechen würde — ist zunächst Adjektivum geblieben. Erst im Mittelalter wurde das kemininum sei-En» zum selbständigen Hauptwort erhoben, bedeutet dann aber nicht das große Nacht¬ gestirn, sondern, da die sinnliche Grundbedeutung „hell," „glänzend" schon der ab- *) Im Grunde hat sich auch hier das ! aus dem r entwickelt, denn die älteste Lcmtgel der Wurzel ist »(u)vAr. , ' »

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/678>, abgerufen am 26.06.2024.