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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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der Expansion Mac Kinleys, gegen die es sonst eingenommen sein, oder die
es in ihrer Tragweite nicht verstehn mag, doch unterstützen gegen Brhan, den
antmnperialistischei^ Kandidaten, der bis jetzt noch die Antwort auf die Frage:
Was soll denn mit den Philippinen geschehn? schuldig geblieben ist. Greif¬
barer lautet diese Frage für den Amerikaner: Sollen wir sie Deutschland über¬
lassen? Man hat auch schon versucht, den führenden Geist der Antiimperia-
listenliga, Herrn Karl Schurz, in den Blättern durch die Anschuldigung, er
besorge Deutschlands Geschäfte, tot zu machen.

Allerlei häßliche Skandale zogen sich durch diese Entwicklung der Dinge
hindurch. Die Verderbnis zeigte sich in den höchsten Kreisen und trat nicht
nur in den Verhandlungen zu Tage, die sich an die Manöver des Admirals
Schles in der Santiagobai anknüpften, sondern in allen Fragen, die auf¬
tauchten. Unberührt blieb die Marine selber. Auf sie schaute die Nation mit
erneutem Stolze und feierte in einem Feste, wie sich noch nie gesehen hatte,
zu Newyork den Mann, der sie darstellte, Admiral Dewey. Diesem stand der
Weg zu den höchsten Ehren offen. Man hatte ihm schon, die Präsident¬
schaft angeboten, die er aber mit dem Bemerken, als Seemann verstehe er von
der Sache nichts, ausgeschlagen haben soll. Nun aber, nachdem sein Ansehen
schon durch die Überschreibung des ihm von der Nation geschenkten Hauses an
seine kürzlich geehelichte Frau gelitte,: hatte, trat er plötzlich als Bewerber um
das höchste Amt der Nation auf, indem er seine Dienste der Partei anbot,
die sie wünschte; ein Hahn, der zu früh gekräht hatte. Die Antwort war
Lachen der Gemeinen, Unwillen der Edeln. Das olisroNW ig. tsirmis mußte
auch hier den gefallnen Adam retten. Aber von seinem Falle stand er nicht
mehr auf. Den letzten Stoß gab ihm in diesen Tagen ein ebenfalls von der
Höhe des Ruhms Gestürzter, Leutnant Hobson, der gesagt haben soll, die
Spanier hätten ihre Schiffe vor Manila selber zum Sinken gebracht, da keine
Schüsse unter die Wasserlinie gegangen seien.

Die Bedeutung aber der imperialistischen Politik Mac Kinleys und die
Veränderung, die die Expansion geschaffen hatte, zeigten sich in auffälligster
Weise während des Transvaalkriegs. Amerika mußte ihn geschehn lassen.
Was wir auf der Schulbank staunend vernommen hatten, daß nämlich eine
freie Republik die berufne Retterin aller Unterdrückten, sicher aber der gleich¬
gearteten Staatswesen sei, erwies sich als ein Irrtum. Die Philippinen unter¬
jochen und Transvaal befreien, das ging nicht an. Dazu hatte sich Eng¬
land in feiner Weise als Bundesgenosse im letzten Kriege aufgespielt und hatte
in der Rede vom Angelsachsentum auch etwas für das Gemüt gegeben. Kurz,
Amerika that nichts. Mac Kinley, sagte Bryan letzthin, kondoliere beim
Königsmord und läßt zwei Republiken zu Grunde gehn. Daß freilich die
Weltlage ein Eingreifen in Südafrika schwer oder unmöglich machte, wird im
Parteitreiben uicht anerkannt. So etwas wie maritime Schwäche giebts für
die Parteiwühler nicht. Der Gedanke, daß es unmöglich sein könnte, mit den
Anschauungen, auf die die Väter der Republik diese gegründet haben, in der


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der Expansion Mac Kinleys, gegen die es sonst eingenommen sein, oder die
es in ihrer Tragweite nicht verstehn mag, doch unterstützen gegen Brhan, den
antmnperialistischei^ Kandidaten, der bis jetzt noch die Antwort auf die Frage:
Was soll denn mit den Philippinen geschehn? schuldig geblieben ist. Greif¬
barer lautet diese Frage für den Amerikaner: Sollen wir sie Deutschland über¬
lassen? Man hat auch schon versucht, den führenden Geist der Antiimperia-
listenliga, Herrn Karl Schurz, in den Blättern durch die Anschuldigung, er
besorge Deutschlands Geschäfte, tot zu machen.

Allerlei häßliche Skandale zogen sich durch diese Entwicklung der Dinge
hindurch. Die Verderbnis zeigte sich in den höchsten Kreisen und trat nicht
nur in den Verhandlungen zu Tage, die sich an die Manöver des Admirals
Schles in der Santiagobai anknüpften, sondern in allen Fragen, die auf¬
tauchten. Unberührt blieb die Marine selber. Auf sie schaute die Nation mit
erneutem Stolze und feierte in einem Feste, wie sich noch nie gesehen hatte,
zu Newyork den Mann, der sie darstellte, Admiral Dewey. Diesem stand der
Weg zu den höchsten Ehren offen. Man hatte ihm schon, die Präsident¬
schaft angeboten, die er aber mit dem Bemerken, als Seemann verstehe er von
der Sache nichts, ausgeschlagen haben soll. Nun aber, nachdem sein Ansehen
schon durch die Überschreibung des ihm von der Nation geschenkten Hauses an
seine kürzlich geehelichte Frau gelitte,: hatte, trat er plötzlich als Bewerber um
das höchste Amt der Nation auf, indem er seine Dienste der Partei anbot,
die sie wünschte; ein Hahn, der zu früh gekräht hatte. Die Antwort war
Lachen der Gemeinen, Unwillen der Edeln. Das olisroNW ig. tsirmis mußte
auch hier den gefallnen Adam retten. Aber von seinem Falle stand er nicht
mehr auf. Den letzten Stoß gab ihm in diesen Tagen ein ebenfalls von der
Höhe des Ruhms Gestürzter, Leutnant Hobson, der gesagt haben soll, die
Spanier hätten ihre Schiffe vor Manila selber zum Sinken gebracht, da keine
Schüsse unter die Wasserlinie gegangen seien.

Die Bedeutung aber der imperialistischen Politik Mac Kinleys und die
Veränderung, die die Expansion geschaffen hatte, zeigten sich in auffälligster
Weise während des Transvaalkriegs. Amerika mußte ihn geschehn lassen.
Was wir auf der Schulbank staunend vernommen hatten, daß nämlich eine
freie Republik die berufne Retterin aller Unterdrückten, sicher aber der gleich¬
gearteten Staatswesen sei, erwies sich als ein Irrtum. Die Philippinen unter¬
jochen und Transvaal befreien, das ging nicht an. Dazu hatte sich Eng¬
land in feiner Weise als Bundesgenosse im letzten Kriege aufgespielt und hatte
in der Rede vom Angelsachsentum auch etwas für das Gemüt gegeben. Kurz,
Amerika that nichts. Mac Kinley, sagte Bryan letzthin, kondoliere beim
Königsmord und läßt zwei Republiken zu Grunde gehn. Daß freilich die
Weltlage ein Eingreifen in Südafrika schwer oder unmöglich machte, wird im
Parteitreiben uicht anerkannt. So etwas wie maritime Schwäche giebts für
die Parteiwühler nicht. Der Gedanke, daß es unmöglich sein könnte, mit den
Anschauungen, auf die die Väter der Republik diese gegründet haben, in der


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[0318] Zur Präsidentschaftswahl der Expansion Mac Kinleys, gegen die es sonst eingenommen sein, oder die es in ihrer Tragweite nicht verstehn mag, doch unterstützen gegen Brhan, den antmnperialistischei^ Kandidaten, der bis jetzt noch die Antwort auf die Frage: Was soll denn mit den Philippinen geschehn? schuldig geblieben ist. Greif¬ barer lautet diese Frage für den Amerikaner: Sollen wir sie Deutschland über¬ lassen? Man hat auch schon versucht, den führenden Geist der Antiimperia- listenliga, Herrn Karl Schurz, in den Blättern durch die Anschuldigung, er besorge Deutschlands Geschäfte, tot zu machen. Allerlei häßliche Skandale zogen sich durch diese Entwicklung der Dinge hindurch. Die Verderbnis zeigte sich in den höchsten Kreisen und trat nicht nur in den Verhandlungen zu Tage, die sich an die Manöver des Admirals Schles in der Santiagobai anknüpften, sondern in allen Fragen, die auf¬ tauchten. Unberührt blieb die Marine selber. Auf sie schaute die Nation mit erneutem Stolze und feierte in einem Feste, wie sich noch nie gesehen hatte, zu Newyork den Mann, der sie darstellte, Admiral Dewey. Diesem stand der Weg zu den höchsten Ehren offen. Man hatte ihm schon, die Präsident¬ schaft angeboten, die er aber mit dem Bemerken, als Seemann verstehe er von der Sache nichts, ausgeschlagen haben soll. Nun aber, nachdem sein Ansehen schon durch die Überschreibung des ihm von der Nation geschenkten Hauses an seine kürzlich geehelichte Frau gelitte,: hatte, trat er plötzlich als Bewerber um das höchste Amt der Nation auf, indem er seine Dienste der Partei anbot, die sie wünschte; ein Hahn, der zu früh gekräht hatte. Die Antwort war Lachen der Gemeinen, Unwillen der Edeln. Das olisroNW ig. tsirmis mußte auch hier den gefallnen Adam retten. Aber von seinem Falle stand er nicht mehr auf. Den letzten Stoß gab ihm in diesen Tagen ein ebenfalls von der Höhe des Ruhms Gestürzter, Leutnant Hobson, der gesagt haben soll, die Spanier hätten ihre Schiffe vor Manila selber zum Sinken gebracht, da keine Schüsse unter die Wasserlinie gegangen seien. Die Bedeutung aber der imperialistischen Politik Mac Kinleys und die Veränderung, die die Expansion geschaffen hatte, zeigten sich in auffälligster Weise während des Transvaalkriegs. Amerika mußte ihn geschehn lassen. Was wir auf der Schulbank staunend vernommen hatten, daß nämlich eine freie Republik die berufne Retterin aller Unterdrückten, sicher aber der gleich¬ gearteten Staatswesen sei, erwies sich als ein Irrtum. Die Philippinen unter¬ jochen und Transvaal befreien, das ging nicht an. Dazu hatte sich Eng¬ land in feiner Weise als Bundesgenosse im letzten Kriege aufgespielt und hatte in der Rede vom Angelsachsentum auch etwas für das Gemüt gegeben. Kurz, Amerika that nichts. Mac Kinley, sagte Bryan letzthin, kondoliere beim Königsmord und läßt zwei Republiken zu Grunde gehn. Daß freilich die Weltlage ein Eingreifen in Südafrika schwer oder unmöglich machte, wird im Parteitreiben uicht anerkannt. So etwas wie maritime Schwäche giebts für die Parteiwühler nicht. Der Gedanke, daß es unmöglich sein könnte, mit den Anschauungen, auf die die Väter der Republik diese gegründet haben, in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/318>, abgerufen am 26.06.2024.