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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

schaften der kleinen Kemierkrei.se, der zahlungsfähigen Käufer, der großen Musse des
sogenannten Volkes, dessen Instinkte man für diese Äußerungen zu gewinnen sucht;
er geht auf die Umwälzungen in der Nationalgalerie ein, die Verhängung der
Cvrueliusscheu Knrtous und besserer älterer Bilder, auf denen noch etwas zu sehen
war, zu Gunsten von Liebermanns Proletarierkunst und der schlechthin fürchterlichen
Schmierereien eines Manet, Monet und Segautini. Er halt mit Tschudi Ab¬
rechnung über "Kunst und Publikum." Es sei Thorheit, auf die Verständnislosig-
keit der Menge zu schelten, sie sei weiches Wachs und lasse sich von geistig höher¬
stehenden Kennern belehren, aber auch von Künstlern in die Irre führen, und
schließlich werde vielleicht das heutige Publikum doch "och besser sein als die
heutige" Künstler. "Stück ist mit Klinger zusammen von all den Neuern so
ziemlich der Ungenießbarste, weil der unglückliche Mensch philosophieren will, und
Gedankeumnlerei bei unsern Naturalisten, das ist wirklich der Übel größtes. Wo
man die Welt des Geistes, das Leben des Gedankens proskribiert hat, da kann
hinterher die Gcdankenmalerei nichts hervorbringen als eine ungeheure Grimasse."
Es fehle, sagt Eremita, unserm Leben, unsrer Bildung und auch unsrer Kunst der
Idealismus, alles sei Sport, Vergnügen, Überschätzung des Technischen, des Kunst¬
stücks. Nur die Anknüpfung um die historische Entwicklung ermögliche ein Fort¬
schreiten, und die Leistungen einer bessern Vergangenheit müßten uns gesunde Ma߬
stäbe und festes Urteil zurückgeben. Unsre modernste Kunst geht ja ihre Wege mit
einer erstaunlichen Selbstzufriedenheit, und die ihr zngeschwornen Kunstapostcl
machen ihr die Bescheidenheit außerordentlich schwer. Rauschende Beifallsvrgieu
und ein unsagbarer Aufwand von Knustphrasen machen uns glnnben, daß wir in
einer Zeit der höchsten Blüte stehn. Auf der andern Seite sieht Eremita überall
Niedergang und Verfall. Es würde ein eignes Buch fordern, wollte jemand ihm
Schritt vor Schritt nachgehn und hier eine Abrechnung, einen Ausgleich versuchen.
Seine gedankenreichen und auf tiefe Bildung gegründeten Ausführungen treffen
immer mit Sicherheit deu schwachen Punkt, und eine solche Kritik kann nicht ohne
Nutzen bleiben. Hätte er auch in allem recht, und stünden die Dinge ganz so
schlecht, wie er sie ansieht, so würde uns noch ein Trost bleiben: es ist ein gutes
Zeichen für den Ernst unsers Bildungsbedürfnisses, daß die Gedanken ans Licht
drängen, daß solche Schriften erscheinen und weiter wirken. Eremitas Büchlein
steht aber nicht allein, wir können ihm zwei Bücher derselben Tendenz anschließen.

"Das Pathos der Resonanz, eine Philosophie der modernen Kunst und des
modernen Lebens," von Otto Lyon (Leipzig, Teubner) kommt im Urteil über die
moderne Kunstrichtung zu denselben Ergebnissen, die wir nicht aufzählen wollen.
Der Verfasser hat gute Kenntnisse und klare Einsichten. Der Wirkung seines
Buchs steht freilich eine nicht ganz leichte Terminologie im Wege, es ist nicht
populär und hat zuviel von den Eigenschaften eines Kollegienheftes an sich. Den
Haupttitel schon würde keiner zu deuten wissen, wenn er uns nicht im Verlaufe
darüber belehrte, daß er darunter das "Genie" verstehe. Am meisten Eindruck
werden wahrscheinlich seine Auseinandersetzungen über Nietzsche machen, dessen so¬
genannte Philosophie er in ihren Wandlungen recht gut beleuchtet, und vielleicht
wäre es am besten gewesen, wenn er geradezu, auch dem Titel nach, ein Buch über
Nietzsche geliefert hätte. Hierüber einige Bemerkungen. Bei dem ungeheuern
Erfolg, den dieser Schriftsteller gehabt hat, und bei seinem noch immer wachsenden
Einfluß steht eins außer Zweifel. Seine Anhänger und unbedingten Verehrer sind
die Unmündigen, die nicht immer jung zu sein brauchen, die also, denen die Quellen
seiner Weisheit fremd sind. Kein reifer Mann dagegen, der ans irgend einem
der vielen von Nietzsche befahrnen Gebiete selbst bewandert ist, kein Naturforscher,
Historiker, Litteraturknndiger oder Kunstforscher von selbständigem Wissen hat sich


Maßgebliches und Unmaßgebliches

schaften der kleinen Kemierkrei.se, der zahlungsfähigen Käufer, der großen Musse des
sogenannten Volkes, dessen Instinkte man für diese Äußerungen zu gewinnen sucht;
er geht auf die Umwälzungen in der Nationalgalerie ein, die Verhängung der
Cvrueliusscheu Knrtous und besserer älterer Bilder, auf denen noch etwas zu sehen
war, zu Gunsten von Liebermanns Proletarierkunst und der schlechthin fürchterlichen
Schmierereien eines Manet, Monet und Segautini. Er halt mit Tschudi Ab¬
rechnung über „Kunst und Publikum." Es sei Thorheit, auf die Verständnislosig-
keit der Menge zu schelten, sie sei weiches Wachs und lasse sich von geistig höher¬
stehenden Kennern belehren, aber auch von Künstlern in die Irre führen, und
schließlich werde vielleicht das heutige Publikum doch «och besser sein als die
heutige» Künstler. „Stück ist mit Klinger zusammen von all den Neuern so
ziemlich der Ungenießbarste, weil der unglückliche Mensch philosophieren will, und
Gedankeumnlerei bei unsern Naturalisten, das ist wirklich der Übel größtes. Wo
man die Welt des Geistes, das Leben des Gedankens proskribiert hat, da kann
hinterher die Gcdankenmalerei nichts hervorbringen als eine ungeheure Grimasse."
Es fehle, sagt Eremita, unserm Leben, unsrer Bildung und auch unsrer Kunst der
Idealismus, alles sei Sport, Vergnügen, Überschätzung des Technischen, des Kunst¬
stücks. Nur die Anknüpfung um die historische Entwicklung ermögliche ein Fort¬
schreiten, und die Leistungen einer bessern Vergangenheit müßten uns gesunde Ma߬
stäbe und festes Urteil zurückgeben. Unsre modernste Kunst geht ja ihre Wege mit
einer erstaunlichen Selbstzufriedenheit, und die ihr zngeschwornen Kunstapostcl
machen ihr die Bescheidenheit außerordentlich schwer. Rauschende Beifallsvrgieu
und ein unsagbarer Aufwand von Knustphrasen machen uns glnnben, daß wir in
einer Zeit der höchsten Blüte stehn. Auf der andern Seite sieht Eremita überall
Niedergang und Verfall. Es würde ein eignes Buch fordern, wollte jemand ihm
Schritt vor Schritt nachgehn und hier eine Abrechnung, einen Ausgleich versuchen.
Seine gedankenreichen und auf tiefe Bildung gegründeten Ausführungen treffen
immer mit Sicherheit deu schwachen Punkt, und eine solche Kritik kann nicht ohne
Nutzen bleiben. Hätte er auch in allem recht, und stünden die Dinge ganz so
schlecht, wie er sie ansieht, so würde uns noch ein Trost bleiben: es ist ein gutes
Zeichen für den Ernst unsers Bildungsbedürfnisses, daß die Gedanken ans Licht
drängen, daß solche Schriften erscheinen und weiter wirken. Eremitas Büchlein
steht aber nicht allein, wir können ihm zwei Bücher derselben Tendenz anschließen.

„Das Pathos der Resonanz, eine Philosophie der modernen Kunst und des
modernen Lebens," von Otto Lyon (Leipzig, Teubner) kommt im Urteil über die
moderne Kunstrichtung zu denselben Ergebnissen, die wir nicht aufzählen wollen.
Der Verfasser hat gute Kenntnisse und klare Einsichten. Der Wirkung seines
Buchs steht freilich eine nicht ganz leichte Terminologie im Wege, es ist nicht
populär und hat zuviel von den Eigenschaften eines Kollegienheftes an sich. Den
Haupttitel schon würde keiner zu deuten wissen, wenn er uns nicht im Verlaufe
darüber belehrte, daß er darunter das „Genie" verstehe. Am meisten Eindruck
werden wahrscheinlich seine Auseinandersetzungen über Nietzsche machen, dessen so¬
genannte Philosophie er in ihren Wandlungen recht gut beleuchtet, und vielleicht
wäre es am besten gewesen, wenn er geradezu, auch dem Titel nach, ein Buch über
Nietzsche geliefert hätte. Hierüber einige Bemerkungen. Bei dem ungeheuern
Erfolg, den dieser Schriftsteller gehabt hat, und bei seinem noch immer wachsenden
Einfluß steht eins außer Zweifel. Seine Anhänger und unbedingten Verehrer sind
die Unmündigen, die nicht immer jung zu sein brauchen, die also, denen die Quellen
seiner Weisheit fremd sind. Kein reifer Mann dagegen, der ans irgend einem
der vielen von Nietzsche befahrnen Gebiete selbst bewandert ist, kein Naturforscher,
Historiker, Litteraturknndiger oder Kunstforscher von selbständigem Wissen hat sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/112>, abgerufen am 26.06.2024.