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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Das Aloster Walaam im Ladogasee

dem mobilen Großkapital einen gewissen Kosmopolitismus, eine gewisse Jnter-
nationalitüt vor. Für das deutsche Großkapital trifft das sicher zum Teil zu,
wie für die Deutschen überhaupt. Im Auslande werden wir, auch wenn wir
vielleicht die Nationalität bewahren wollen, gern heimatberechtigt, nehmen
einen Wechsel der Staatsangehörigkeit viel leichter als andre. Von den
Milliarden, die Deutsche im Auslande erworben haben, ist deshalb bisher sehr
wenig dem deutschen Nationalvermögen dauernd zu gute gekommen. Ich glaube,
die irischen Arbeiter, die tödlichen Groll gegen den Heimatstaat im Herzen ins
Ausland gegangen sind, haben durch die Geldsendungen nach der Heimat das
Vermögen in den Vereinigten Königreichen mehr erhöht, als alle deutschen
Auswandrer zusammen das deutsche. Wenn die Deutschen Geld nach Hanse
schickten, geschah es, um die Verwandten nachzuholen. Die als deutsches im
Ausland arbeitendes Kapital gezählten schönen Milliarden sind ein immerhin
unsicherer Bestandteil unsers Nationalreichtums. Wer die Verhältnisse kennt
und nüchtern urteilt, kann sich in dieser Beziehung keine Illusionen machen.
Unsre Altdeutschen sind ja so stolz auf ihre realpolitische Rücksichtslosigkeit.
Sie sollten doch auch bedenken und alles daran setzen, daß diesen schönen
Milliarden die deutsche Staatsangehörigkeit nicht noch wertloser erscheint, als
das schon der Fall ist. Aber namentlich sollten sie sich hüten, dem in Deutsch¬
land selbst heimatberechtigten mobilen Großkapital nnr darum die Heimat
unerträglich zu machen, weil die Eigentümer deutsche Juden sind. Will man
von den jüdischen Großkapitalisten Hingebung und Treue für das Deutschtum
verlangen, aber ihnen das Recht, sich deutsch zu nennen, und die Fähigkeit,
deutsch zu fühlen, rundweg bestreiten? Möchten auch in dieser Beziehung die
gebildeten Deutschen bald zur Besinnung kommen und den Bann der fixen Ideen
abschütteln. Der Gesundung des konservativen Geistes im Volke, dessen Grund-
und Eckstein Gerechtigkeit und Billigkeit sind, würde das sehr zu statten kommen.
Heute ist dieser Geist krank, und darin besteht die Hauptschwierigkeit des Kampfs
^ für die Weltpolitik, die wir brauchen.




Das Kloster Walaam im Ladogasee

as Kloster Walnam im Ladvgasee besteht wohl länger als ein
Jahrtausend. Von dieser Pflanzstätte des Mönchtums aus ver>
breitete sich das Christentum über den Norden Rußlands. Ans
einer alten Handschrift des heiligen Abraham Nvstowski ersieht
man, daß es in Walaam schon im Jahre 960 eine fromme
Brüderschaft gab mit dem Abte Theoklistos an der Spitze. Als Gründer des
Klosters gelten die Märtyrer Sergius und German, von deren Leben nur


Das Aloster Walaam im Ladogasee

dem mobilen Großkapital einen gewissen Kosmopolitismus, eine gewisse Jnter-
nationalitüt vor. Für das deutsche Großkapital trifft das sicher zum Teil zu,
wie für die Deutschen überhaupt. Im Auslande werden wir, auch wenn wir
vielleicht die Nationalität bewahren wollen, gern heimatberechtigt, nehmen
einen Wechsel der Staatsangehörigkeit viel leichter als andre. Von den
Milliarden, die Deutsche im Auslande erworben haben, ist deshalb bisher sehr
wenig dem deutschen Nationalvermögen dauernd zu gute gekommen. Ich glaube,
die irischen Arbeiter, die tödlichen Groll gegen den Heimatstaat im Herzen ins
Ausland gegangen sind, haben durch die Geldsendungen nach der Heimat das
Vermögen in den Vereinigten Königreichen mehr erhöht, als alle deutschen
Auswandrer zusammen das deutsche. Wenn die Deutschen Geld nach Hanse
schickten, geschah es, um die Verwandten nachzuholen. Die als deutsches im
Ausland arbeitendes Kapital gezählten schönen Milliarden sind ein immerhin
unsicherer Bestandteil unsers Nationalreichtums. Wer die Verhältnisse kennt
und nüchtern urteilt, kann sich in dieser Beziehung keine Illusionen machen.
Unsre Altdeutschen sind ja so stolz auf ihre realpolitische Rücksichtslosigkeit.
Sie sollten doch auch bedenken und alles daran setzen, daß diesen schönen
Milliarden die deutsche Staatsangehörigkeit nicht noch wertloser erscheint, als
das schon der Fall ist. Aber namentlich sollten sie sich hüten, dem in Deutsch¬
land selbst heimatberechtigten mobilen Großkapital nnr darum die Heimat
unerträglich zu machen, weil die Eigentümer deutsche Juden sind. Will man
von den jüdischen Großkapitalisten Hingebung und Treue für das Deutschtum
verlangen, aber ihnen das Recht, sich deutsch zu nennen, und die Fähigkeit,
deutsch zu fühlen, rundweg bestreiten? Möchten auch in dieser Beziehung die
gebildeten Deutschen bald zur Besinnung kommen und den Bann der fixen Ideen
abschütteln. Der Gesundung des konservativen Geistes im Volke, dessen Grund-
und Eckstein Gerechtigkeit und Billigkeit sind, würde das sehr zu statten kommen.
Heute ist dieser Geist krank, und darin besteht die Hauptschwierigkeit des Kampfs
^ für die Weltpolitik, die wir brauchen.




Das Kloster Walaam im Ladogasee

as Kloster Walnam im Ladvgasee besteht wohl länger als ein
Jahrtausend. Von dieser Pflanzstätte des Mönchtums aus ver>
breitete sich das Christentum über den Norden Rußlands. Ans
einer alten Handschrift des heiligen Abraham Nvstowski ersieht
man, daß es in Walaam schon im Jahre 960 eine fromme
Brüderschaft gab mit dem Abte Theoklistos an der Spitze. Als Gründer des
Klosters gelten die Märtyrer Sergius und German, von deren Leben nur


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[0526] Das Aloster Walaam im Ladogasee dem mobilen Großkapital einen gewissen Kosmopolitismus, eine gewisse Jnter- nationalitüt vor. Für das deutsche Großkapital trifft das sicher zum Teil zu, wie für die Deutschen überhaupt. Im Auslande werden wir, auch wenn wir vielleicht die Nationalität bewahren wollen, gern heimatberechtigt, nehmen einen Wechsel der Staatsangehörigkeit viel leichter als andre. Von den Milliarden, die Deutsche im Auslande erworben haben, ist deshalb bisher sehr wenig dem deutschen Nationalvermögen dauernd zu gute gekommen. Ich glaube, die irischen Arbeiter, die tödlichen Groll gegen den Heimatstaat im Herzen ins Ausland gegangen sind, haben durch die Geldsendungen nach der Heimat das Vermögen in den Vereinigten Königreichen mehr erhöht, als alle deutschen Auswandrer zusammen das deutsche. Wenn die Deutschen Geld nach Hanse schickten, geschah es, um die Verwandten nachzuholen. Die als deutsches im Ausland arbeitendes Kapital gezählten schönen Milliarden sind ein immerhin unsicherer Bestandteil unsers Nationalreichtums. Wer die Verhältnisse kennt und nüchtern urteilt, kann sich in dieser Beziehung keine Illusionen machen. Unsre Altdeutschen sind ja so stolz auf ihre realpolitische Rücksichtslosigkeit. Sie sollten doch auch bedenken und alles daran setzen, daß diesen schönen Milliarden die deutsche Staatsangehörigkeit nicht noch wertloser erscheint, als das schon der Fall ist. Aber namentlich sollten sie sich hüten, dem in Deutsch¬ land selbst heimatberechtigten mobilen Großkapital nnr darum die Heimat unerträglich zu machen, weil die Eigentümer deutsche Juden sind. Will man von den jüdischen Großkapitalisten Hingebung und Treue für das Deutschtum verlangen, aber ihnen das Recht, sich deutsch zu nennen, und die Fähigkeit, deutsch zu fühlen, rundweg bestreiten? Möchten auch in dieser Beziehung die gebildeten Deutschen bald zur Besinnung kommen und den Bann der fixen Ideen abschütteln. Der Gesundung des konservativen Geistes im Volke, dessen Grund- und Eckstein Gerechtigkeit und Billigkeit sind, würde das sehr zu statten kommen. Heute ist dieser Geist krank, und darin besteht die Hauptschwierigkeit des Kampfs ^ für die Weltpolitik, die wir brauchen. Das Kloster Walaam im Ladogasee as Kloster Walnam im Ladvgasee besteht wohl länger als ein Jahrtausend. Von dieser Pflanzstätte des Mönchtums aus ver> breitete sich das Christentum über den Norden Rußlands. Ans einer alten Handschrift des heiligen Abraham Nvstowski ersieht man, daß es in Walaam schon im Jahre 960 eine fromme Brüderschaft gab mit dem Abte Theoklistos an der Spitze. Als Gründer des Klosters gelten die Märtyrer Sergius und German, von deren Leben nur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/526>, abgerufen am 03.07.2024.