Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

für einen solchen hielt er Lev XIII. -- nicht reformieren könne, weil es ihm seine
historisch gegebne Stellung "ut seine Umgebung unmöglich machten. So legte er
denn ein? 13. September 1881 sein Amt nieder und begründete diesen Entschluß
in einem längern Schreiben ein den Kardinal Bvrrvmeo, das er am Abend des¬
selben Tages in der Kirche der amerikanischen Methodisten verlas. Seinen Versuch
einer Kirchenreform, der er sein übriges Leben zu widmen beschloß, begann er mit
der Gründung einer Zeitschrift, die er in Erinnerung an das Ja,den'u.in, die mit dem
Wahlspruch In Koe si^no v-roe-s geschmückte Standarte Konstantins, II I^b-rro nannte.
Ein Komitee von englischen Geistlichen mietete einen Saal in der Via Fnriui,
worin er Gottesdienste von evangelischem Charakter abhielt, ohne jedoch die katho¬
lischen Formen aufzugeben, und erwarb später in der Via Genvva ein Gebäude,
das zu eiuer "Sankt Paulskapelle" und Abendschule umgebaut wurde. In einer
Schmiede fand er einen kranken alten Mann, Pnnzcmi, der sich seinen Lebensunter¬
halt mit dem Gerndehnmmern krummer Nagel verdiente. Der Mann war ein
1820 geborner Korse, der als Mönch eine eifrige Neformthätigkeit entfaltet, drei
Jahre in den Kerkern der Inquisition zugebracht, dann in Tunis als Gärtner ge¬
arbeitet hatte, nach dem Sturz des Papstkönigtums in die italienische Heimat zurück¬
gekehrt war, und der in allen Lebenslagen Flugschriften verfaßt hatte, die er, so¬
weit seine kleinen Lvhnersparnisse und die empfangner Unterstützungen reichten,
drucken ließ, um durch sie wahres Christentum unter demi Volke zu verbreiten.
Dieser Pcmzcmi wurde nun sein Gehilfe. Es fanden sich noch mehrere, n. a. ein
Hauskaplan des Papstes, Scivarese, der für die italienischen Christkatholiken eine
Agende ausarbeitete, dann aber, weil ihm Campello nur ein dürftiges Einkommen
bieten konnte, zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückkehrte. Das geschah im Jahre
1886, und da er noch einen Genossen nachzog, ein dritter zwar nicht abfiel, aber
zur Sicherung seines Lebensunterhalts ein Negierungsamt annahm, wurde Campellos
Stellung in Rom so schwierig, daß er seine Thätigkeit in das umbrische Valnerina-
thal zu verlegen beschloß, wo er von seinem Vater ein kleines Landgut geerbt
hatte. Den verlassenen kleinen und armen Gemeinden dieses Thales -- einer der
dortigen Pfarrer ist gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt mit Kesselflicker zu ver¬
dienen -- erschien er mit seinen Predigten und seinen Abendschulen als ein Engel
des Trostes, und so gelang es ihm bald, mehrere dieser Gemeinden für sein
Christentum zu gewinnen; er besucht sie abwechselnd, um Gottesdienst und Schule
bei ihnen abzuhalten; in Arrone, wo er seinen Wohnsitz hat, ist eine Kirche samt
Schulhaus gebaut worden. Auch in San Nemo hat ihn der Anklang, den seine
dort gehnltnen Vorträge fanden, in den Stand gesetzt, eine Pfarrei zu gründen,
und in Bordighera hat sich wenigstens ein Reformverein gebildet. -- Campello
hat eine einträgliche Stellung und eine glänzende Zukunft geopfert, denn es winkte
ihm die Aussicht auf den Kardinalshut; nnter beständigen Entbehrungen, Kämpfen
und Sorgen arbeitet er hauptsächlich im Kreise armer Leute für deren leibliches
und Seelenheil; nach dem Bruch mit dem Vatikan waren seine ersten Schützlinge
und eifrigsten Zuhörer in der Paulskapelle junge Künstlermodelle. Daß auf eiuer
solchen Thätigkeit Segen ruht, daß sie im kleinen einzelnen Gutes stiftet und
nicht ohne Einfluß auf das große Ganze bleibt, wenn der auch nicht statistisch nach¬
gewiesen werden kann, ist selbstverständlich. Ob sie aber zu der reformiert-katho-
lischen italienischen Nationalkirche führen wird, für die sich Robertson und Bey¬
schlag begeistern, das kann vorläufig noch niemand wissen. Der Umstand, daß
englisches und amerikanisches Geld immer wieder über Krisen und Verlegenheiten
hinweghelfen muß, spricht nicht für die innere Lebenskraft der Bewegung. Soviel
haben ja die nordischen "Evangelisatoren" der Romanen endlich gelernt, daß sich
diese niemals in Masse zu einem lutherischen oder zwinglischen Christentnme be-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

für einen solchen hielt er Lev XIII. — nicht reformieren könne, weil es ihm seine
historisch gegebne Stellung »ut seine Umgebung unmöglich machten. So legte er
denn ein? 13. September 1881 sein Amt nieder und begründete diesen Entschluß
in einem längern Schreiben ein den Kardinal Bvrrvmeo, das er am Abend des¬
selben Tages in der Kirche der amerikanischen Methodisten verlas. Seinen Versuch
einer Kirchenreform, der er sein übriges Leben zu widmen beschloß, begann er mit
der Gründung einer Zeitschrift, die er in Erinnerung an das Ja,den'u.in, die mit dem
Wahlspruch In Koe si^no v-roe-s geschmückte Standarte Konstantins, II I^b-rro nannte.
Ein Komitee von englischen Geistlichen mietete einen Saal in der Via Fnriui,
worin er Gottesdienste von evangelischem Charakter abhielt, ohne jedoch die katho¬
lischen Formen aufzugeben, und erwarb später in der Via Genvva ein Gebäude,
das zu eiuer „Sankt Paulskapelle" und Abendschule umgebaut wurde. In einer
Schmiede fand er einen kranken alten Mann, Pnnzcmi, der sich seinen Lebensunter¬
halt mit dem Gerndehnmmern krummer Nagel verdiente. Der Mann war ein
1820 geborner Korse, der als Mönch eine eifrige Neformthätigkeit entfaltet, drei
Jahre in den Kerkern der Inquisition zugebracht, dann in Tunis als Gärtner ge¬
arbeitet hatte, nach dem Sturz des Papstkönigtums in die italienische Heimat zurück¬
gekehrt war, und der in allen Lebenslagen Flugschriften verfaßt hatte, die er, so¬
weit seine kleinen Lvhnersparnisse und die empfangner Unterstützungen reichten,
drucken ließ, um durch sie wahres Christentum unter demi Volke zu verbreiten.
Dieser Pcmzcmi wurde nun sein Gehilfe. Es fanden sich noch mehrere, n. a. ein
Hauskaplan des Papstes, Scivarese, der für die italienischen Christkatholiken eine
Agende ausarbeitete, dann aber, weil ihm Campello nur ein dürftiges Einkommen
bieten konnte, zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückkehrte. Das geschah im Jahre
1886, und da er noch einen Genossen nachzog, ein dritter zwar nicht abfiel, aber
zur Sicherung seines Lebensunterhalts ein Negierungsamt annahm, wurde Campellos
Stellung in Rom so schwierig, daß er seine Thätigkeit in das umbrische Valnerina-
thal zu verlegen beschloß, wo er von seinem Vater ein kleines Landgut geerbt
hatte. Den verlassenen kleinen und armen Gemeinden dieses Thales — einer der
dortigen Pfarrer ist gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt mit Kesselflicker zu ver¬
dienen — erschien er mit seinen Predigten und seinen Abendschulen als ein Engel
des Trostes, und so gelang es ihm bald, mehrere dieser Gemeinden für sein
Christentum zu gewinnen; er besucht sie abwechselnd, um Gottesdienst und Schule
bei ihnen abzuhalten; in Arrone, wo er seinen Wohnsitz hat, ist eine Kirche samt
Schulhaus gebaut worden. Auch in San Nemo hat ihn der Anklang, den seine
dort gehnltnen Vorträge fanden, in den Stand gesetzt, eine Pfarrei zu gründen,
und in Bordighera hat sich wenigstens ein Reformverein gebildet. — Campello
hat eine einträgliche Stellung und eine glänzende Zukunft geopfert, denn es winkte
ihm die Aussicht auf den Kardinalshut; nnter beständigen Entbehrungen, Kämpfen
und Sorgen arbeitet er hauptsächlich im Kreise armer Leute für deren leibliches
und Seelenheil; nach dem Bruch mit dem Vatikan waren seine ersten Schützlinge
und eifrigsten Zuhörer in der Paulskapelle junge Künstlermodelle. Daß auf eiuer
solchen Thätigkeit Segen ruht, daß sie im kleinen einzelnen Gutes stiftet und
nicht ohne Einfluß auf das große Ganze bleibt, wenn der auch nicht statistisch nach¬
gewiesen werden kann, ist selbstverständlich. Ob sie aber zu der reformiert-katho-
lischen italienischen Nationalkirche führen wird, für die sich Robertson und Bey¬
schlag begeistern, das kann vorläufig noch niemand wissen. Der Umstand, daß
englisches und amerikanisches Geld immer wieder über Krisen und Verlegenheiten
hinweghelfen muß, spricht nicht für die innere Lebenskraft der Bewegung. Soviel
haben ja die nordischen „Evangelisatoren" der Romanen endlich gelernt, daß sich
diese niemals in Masse zu einem lutherischen oder zwinglischen Christentnme be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0460" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290871"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1568" prev="#ID_1567" next="#ID_1569"> für einen solchen hielt er Lev XIII. &#x2014; nicht reformieren könne, weil es ihm seine<lb/>
historisch gegebne Stellung »ut seine Umgebung unmöglich machten. So legte er<lb/>
denn ein? 13. September 1881 sein Amt nieder und begründete diesen Entschluß<lb/>
in einem längern Schreiben ein den Kardinal Bvrrvmeo, das er am Abend des¬<lb/>
selben Tages in der Kirche der amerikanischen Methodisten verlas. Seinen Versuch<lb/>
einer Kirchenreform, der er sein übriges Leben zu widmen beschloß, begann er mit<lb/>
der Gründung einer Zeitschrift, die er in Erinnerung an das Ja,den'u.in, die mit dem<lb/>
Wahlspruch In Koe si^no v-roe-s geschmückte Standarte Konstantins, II I^b-rro nannte.<lb/>
Ein Komitee von englischen Geistlichen mietete einen Saal in der Via Fnriui,<lb/>
worin er Gottesdienste von evangelischem Charakter abhielt, ohne jedoch die katho¬<lb/>
lischen Formen aufzugeben, und erwarb später in der Via Genvva ein Gebäude,<lb/>
das zu eiuer &#x201E;Sankt Paulskapelle" und Abendschule umgebaut wurde. In einer<lb/>
Schmiede fand er einen kranken alten Mann, Pnnzcmi, der sich seinen Lebensunter¬<lb/>
halt mit dem Gerndehnmmern krummer Nagel verdiente. Der Mann war ein<lb/>
1820 geborner Korse, der als Mönch eine eifrige Neformthätigkeit entfaltet, drei<lb/>
Jahre in den Kerkern der Inquisition zugebracht, dann in Tunis als Gärtner ge¬<lb/>
arbeitet hatte, nach dem Sturz des Papstkönigtums in die italienische Heimat zurück¬<lb/>
gekehrt war, und der in allen Lebenslagen Flugschriften verfaßt hatte, die er, so¬<lb/>
weit seine kleinen Lvhnersparnisse und die empfangner Unterstützungen reichten,<lb/>
drucken ließ, um durch sie wahres Christentum unter demi Volke zu verbreiten.<lb/>
Dieser Pcmzcmi wurde nun sein Gehilfe. Es fanden sich noch mehrere, n. a. ein<lb/>
Hauskaplan des Papstes, Scivarese, der für die italienischen Christkatholiken eine<lb/>
Agende ausarbeitete, dann aber, weil ihm Campello nur ein dürftiges Einkommen<lb/>
bieten konnte, zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückkehrte. Das geschah im Jahre<lb/>
1886, und da er noch einen Genossen nachzog, ein dritter zwar nicht abfiel, aber<lb/>
zur Sicherung seines Lebensunterhalts ein Negierungsamt annahm, wurde Campellos<lb/>
Stellung in Rom so schwierig, daß er seine Thätigkeit in das umbrische Valnerina-<lb/>
thal zu verlegen beschloß, wo er von seinem Vater ein kleines Landgut geerbt<lb/>
hatte. Den verlassenen kleinen und armen Gemeinden dieses Thales &#x2014; einer der<lb/>
dortigen Pfarrer ist gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt mit Kesselflicker zu ver¬<lb/>
dienen &#x2014; erschien er mit seinen Predigten und seinen Abendschulen als ein Engel<lb/>
des Trostes, und so gelang es ihm bald, mehrere dieser Gemeinden für sein<lb/>
Christentum zu gewinnen; er besucht sie abwechselnd, um Gottesdienst und Schule<lb/>
bei ihnen abzuhalten; in Arrone, wo er seinen Wohnsitz hat, ist eine Kirche samt<lb/>
Schulhaus gebaut worden. Auch in San Nemo hat ihn der Anklang, den seine<lb/>
dort gehnltnen Vorträge fanden, in den Stand gesetzt, eine Pfarrei zu gründen,<lb/>
und in Bordighera hat sich wenigstens ein Reformverein gebildet. &#x2014; Campello<lb/>
hat eine einträgliche Stellung und eine glänzende Zukunft geopfert, denn es winkte<lb/>
ihm die Aussicht auf den Kardinalshut; nnter beständigen Entbehrungen, Kämpfen<lb/>
und Sorgen arbeitet er hauptsächlich im Kreise armer Leute für deren leibliches<lb/>
und Seelenheil; nach dem Bruch mit dem Vatikan waren seine ersten Schützlinge<lb/>
und eifrigsten Zuhörer in der Paulskapelle junge Künstlermodelle. Daß auf eiuer<lb/>
solchen Thätigkeit Segen ruht, daß sie im kleinen einzelnen Gutes stiftet und<lb/>
nicht ohne Einfluß auf das große Ganze bleibt, wenn der auch nicht statistisch nach¬<lb/>
gewiesen werden kann, ist selbstverständlich. Ob sie aber zu der reformiert-katho-<lb/>
lischen italienischen Nationalkirche führen wird, für die sich Robertson und Bey¬<lb/>
schlag begeistern, das kann vorläufig noch niemand wissen. Der Umstand, daß<lb/>
englisches und amerikanisches Geld immer wieder über Krisen und Verlegenheiten<lb/>
hinweghelfen muß, spricht nicht für die innere Lebenskraft der Bewegung. Soviel<lb/>
haben ja die nordischen &#x201E;Evangelisatoren" der Romanen endlich gelernt, daß sich<lb/>
diese niemals in Masse zu einem lutherischen oder zwinglischen Christentnme be-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0460] Maßgebliches und Unmaßgebliches für einen solchen hielt er Lev XIII. — nicht reformieren könne, weil es ihm seine historisch gegebne Stellung »ut seine Umgebung unmöglich machten. So legte er denn ein? 13. September 1881 sein Amt nieder und begründete diesen Entschluß in einem längern Schreiben ein den Kardinal Bvrrvmeo, das er am Abend des¬ selben Tages in der Kirche der amerikanischen Methodisten verlas. Seinen Versuch einer Kirchenreform, der er sein übriges Leben zu widmen beschloß, begann er mit der Gründung einer Zeitschrift, die er in Erinnerung an das Ja,den'u.in, die mit dem Wahlspruch In Koe si^no v-roe-s geschmückte Standarte Konstantins, II I^b-rro nannte. Ein Komitee von englischen Geistlichen mietete einen Saal in der Via Fnriui, worin er Gottesdienste von evangelischem Charakter abhielt, ohne jedoch die katho¬ lischen Formen aufzugeben, und erwarb später in der Via Genvva ein Gebäude, das zu eiuer „Sankt Paulskapelle" und Abendschule umgebaut wurde. In einer Schmiede fand er einen kranken alten Mann, Pnnzcmi, der sich seinen Lebensunter¬ halt mit dem Gerndehnmmern krummer Nagel verdiente. Der Mann war ein 1820 geborner Korse, der als Mönch eine eifrige Neformthätigkeit entfaltet, drei Jahre in den Kerkern der Inquisition zugebracht, dann in Tunis als Gärtner ge¬ arbeitet hatte, nach dem Sturz des Papstkönigtums in die italienische Heimat zurück¬ gekehrt war, und der in allen Lebenslagen Flugschriften verfaßt hatte, die er, so¬ weit seine kleinen Lvhnersparnisse und die empfangner Unterstützungen reichten, drucken ließ, um durch sie wahres Christentum unter demi Volke zu verbreiten. Dieser Pcmzcmi wurde nun sein Gehilfe. Es fanden sich noch mehrere, n. a. ein Hauskaplan des Papstes, Scivarese, der für die italienischen Christkatholiken eine Agende ausarbeitete, dann aber, weil ihm Campello nur ein dürftiges Einkommen bieten konnte, zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückkehrte. Das geschah im Jahre 1886, und da er noch einen Genossen nachzog, ein dritter zwar nicht abfiel, aber zur Sicherung seines Lebensunterhalts ein Negierungsamt annahm, wurde Campellos Stellung in Rom so schwierig, daß er seine Thätigkeit in das umbrische Valnerina- thal zu verlegen beschloß, wo er von seinem Vater ein kleines Landgut geerbt hatte. Den verlassenen kleinen und armen Gemeinden dieses Thales — einer der dortigen Pfarrer ist gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt mit Kesselflicker zu ver¬ dienen — erschien er mit seinen Predigten und seinen Abendschulen als ein Engel des Trostes, und so gelang es ihm bald, mehrere dieser Gemeinden für sein Christentum zu gewinnen; er besucht sie abwechselnd, um Gottesdienst und Schule bei ihnen abzuhalten; in Arrone, wo er seinen Wohnsitz hat, ist eine Kirche samt Schulhaus gebaut worden. Auch in San Nemo hat ihn der Anklang, den seine dort gehnltnen Vorträge fanden, in den Stand gesetzt, eine Pfarrei zu gründen, und in Bordighera hat sich wenigstens ein Reformverein gebildet. — Campello hat eine einträgliche Stellung und eine glänzende Zukunft geopfert, denn es winkte ihm die Aussicht auf den Kardinalshut; nnter beständigen Entbehrungen, Kämpfen und Sorgen arbeitet er hauptsächlich im Kreise armer Leute für deren leibliches und Seelenheil; nach dem Bruch mit dem Vatikan waren seine ersten Schützlinge und eifrigsten Zuhörer in der Paulskapelle junge Künstlermodelle. Daß auf eiuer solchen Thätigkeit Segen ruht, daß sie im kleinen einzelnen Gutes stiftet und nicht ohne Einfluß auf das große Ganze bleibt, wenn der auch nicht statistisch nach¬ gewiesen werden kann, ist selbstverständlich. Ob sie aber zu der reformiert-katho- lischen italienischen Nationalkirche führen wird, für die sich Robertson und Bey¬ schlag begeistern, das kann vorläufig noch niemand wissen. Der Umstand, daß englisches und amerikanisches Geld immer wieder über Krisen und Verlegenheiten hinweghelfen muß, spricht nicht für die innere Lebenskraft der Bewegung. Soviel haben ja die nordischen „Evangelisatoren" der Romanen endlich gelernt, daß sich diese niemals in Masse zu einem lutherischen oder zwinglischen Christentnme be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/460
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/460>, abgerufen am 01.07.2024.