Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.getheilt werden, so haben Sie wohl daraus ersehen, daß es mir zeither wohl August v. Goethe. getheilt werden, so haben Sie wohl daraus ersehen, daß es mir zeither wohl August v. Goethe. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232755"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_587" prev="#ID_586"> getheilt werden, so haben Sie wohl daraus ersehen, daß es mir zeither wohl<lb/> ergangen und ich keine Reise MißHelligkeiten gehabt habe. Auch mit meiner<lb/> Gesundheit geht es gut, besonders hat mir der Aufenthalt in Venedig sehr<lb/> Wohl gethan und es scheint mir besonders die Seeluft zu bekommen; aber auch<lb/> ^e große Bewegung, die ich mir täglich zu Fuß mache, denn manchen Tag<lb/> gehe ich 10—11 Stunden, mag dazu beitragen. Nur wenige Reste meiner<lb/> alten Uebel spüre ich leise und ein neues ist nicht hinzugekommen. Es ist<lb/> freilich ein wunderbares Gefühl eine Zeit lang ganz sein eigener Herr zu seyn<lb/> »ut man muß sich in acht nehmen, sich nicht zu sehr daran zu gewöhnen.<lb/> Ich stehe sehr früh auf fast immer vor 5 Uhr, bedenke mir dann was den<lb/> Tag über Angenehmes zu treiben ist und da ich beinahe niemand keime, so<lb/> hänge ich gänzlich von mir ab. Ich beschaue mir die dargebotene Welt und<lb/> deren Zustünde nach Möglichkeit und finde immer etwas Interessantes zu be¬<lb/> merken. Wenn man so ohne anderen Zweck als sich zu bewegen nud zu ver¬<lb/> gnügen den ganzen Tag in einer Stadt wie Mailand oder gar Venedig umher¬<lb/> geht, so findet 'manu 'so viel daß die Zeit verstreicht man weis nicht wie,<lb/> ">>d besieht man noch dazu Kirchen, Bildergalerien u. s- w. so ist ein Tag<lb/> vorüber ehe man es sich denkt und darnach verweilt man in Theatern ans<lb/> Promenaden, selbst in den Straße» bis uach Mitternacht und genießt dann<lb/> eines erquickenden von mir früher lange entbehrten Schlafes. Wie oft, wenn<lb/> ich recht froh bin und Dinge betrachte die mich in freudiges Erstaunen setzen<lb/> wünsche ich Sie, Gille, die Meinigen und andern Freunde um mich; als ich<lb/> -Merst das Meer befuhr hatte ich eine große Barte für mich allein, mit vier<lb/> Ruderern, schöne Bänke, ein netter Tisch, ein gutes Frühstück; es hätte alles<lb/> für 6 gereicht; da dachte ich an Leipzig und Ilmenau und mit dem Wunsche<lb/> sie alle hierher zaubern zu können verlor ich mich troz dein Gebrause der<lb/> schäumenden Wogen in Träume der Vergangenheit. Die Tage von Leipzig<lb/> traten mir Mitte Juni recht vor Augen und ich erinnerte mich des kleinsten<lb/> Umstandes i.lib mancher gute» Witze. So wird es mir Ende Juli und den<lb/> 3ten August (Königs Geburtstag) gehen. Wer weis wo ich da bin, wahr¬<lb/> scheinlich'in Neapel. Von deu Seebädern in Genua und Neapel hoffe ich<lb/> e'»e besondere günstige Wirkung n»d gänzl. Befestigung meiner Gesundheit;<lb/> den» dn ich bis jetzt Gott sey Dank noch keine Medizin gebraucht und much<lb/> Wohl fühle so wird fortgesetztes Verhalten und Bewegung gewiß noch das<lb/> Beste thun ' Grüßen Sie Gille, Carl, Nanny, Marie u. Mein, sowie Schmidts<lb/> statt.. auch bitte ich mich Sr. Excellenz dein Herrn Oberkammerherrn von<lb/> Wolf(sleet) ins Gedächtniß zu rufen und mich unterthänigst zu empfehlen.<lb/> Auch Töpfern grüßen Sie freundlich und vergessen Sie den Wanderer nicht;<lb/> "wnchmnl ist es mir doch sehr erquicklich wenn ich unter ganz fremden Menschen<lb/> denke: daß man doch in Weimar mich nicht ganz vergißt. Leben Sie recht<lb/> Wohl! Gott behüte Sie und die Ihrigen, denn es gehört zu meinem Frieden<lb/> zuweilen zu hören, daß es ihnen allen wohl ergeht. Wie immer dre alte Garde</p><lb/> <note type="bibl"> August v. Goethe.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203]
getheilt werden, so haben Sie wohl daraus ersehen, daß es mir zeither wohl
ergangen und ich keine Reise MißHelligkeiten gehabt habe. Auch mit meiner
Gesundheit geht es gut, besonders hat mir der Aufenthalt in Venedig sehr
Wohl gethan und es scheint mir besonders die Seeluft zu bekommen; aber auch
^e große Bewegung, die ich mir täglich zu Fuß mache, denn manchen Tag
gehe ich 10—11 Stunden, mag dazu beitragen. Nur wenige Reste meiner
alten Uebel spüre ich leise und ein neues ist nicht hinzugekommen. Es ist
freilich ein wunderbares Gefühl eine Zeit lang ganz sein eigener Herr zu seyn
»ut man muß sich in acht nehmen, sich nicht zu sehr daran zu gewöhnen.
Ich stehe sehr früh auf fast immer vor 5 Uhr, bedenke mir dann was den
Tag über Angenehmes zu treiben ist und da ich beinahe niemand keime, so
hänge ich gänzlich von mir ab. Ich beschaue mir die dargebotene Welt und
deren Zustünde nach Möglichkeit und finde immer etwas Interessantes zu be¬
merken. Wenn man so ohne anderen Zweck als sich zu bewegen nud zu ver¬
gnügen den ganzen Tag in einer Stadt wie Mailand oder gar Venedig umher¬
geht, so findet 'manu 'so viel daß die Zeit verstreicht man weis nicht wie,
">>d besieht man noch dazu Kirchen, Bildergalerien u. s- w. so ist ein Tag
vorüber ehe man es sich denkt und darnach verweilt man in Theatern ans
Promenaden, selbst in den Straße» bis uach Mitternacht und genießt dann
eines erquickenden von mir früher lange entbehrten Schlafes. Wie oft, wenn
ich recht froh bin und Dinge betrachte die mich in freudiges Erstaunen setzen
wünsche ich Sie, Gille, die Meinigen und andern Freunde um mich; als ich
-Merst das Meer befuhr hatte ich eine große Barte für mich allein, mit vier
Ruderern, schöne Bänke, ein netter Tisch, ein gutes Frühstück; es hätte alles
für 6 gereicht; da dachte ich an Leipzig und Ilmenau und mit dem Wunsche
sie alle hierher zaubern zu können verlor ich mich troz dein Gebrause der
schäumenden Wogen in Träume der Vergangenheit. Die Tage von Leipzig
traten mir Mitte Juni recht vor Augen und ich erinnerte mich des kleinsten
Umstandes i.lib mancher gute» Witze. So wird es mir Ende Juli und den
3ten August (Königs Geburtstag) gehen. Wer weis wo ich da bin, wahr¬
scheinlich'in Neapel. Von deu Seebädern in Genua und Neapel hoffe ich
e'»e besondere günstige Wirkung n»d gänzl. Befestigung meiner Gesundheit;
den» dn ich bis jetzt Gott sey Dank noch keine Medizin gebraucht und much
Wohl fühle so wird fortgesetztes Verhalten und Bewegung gewiß noch das
Beste thun ' Grüßen Sie Gille, Carl, Nanny, Marie u. Mein, sowie Schmidts
statt.. auch bitte ich mich Sr. Excellenz dein Herrn Oberkammerherrn von
Wolf(sleet) ins Gedächtniß zu rufen und mich unterthänigst zu empfehlen.
Auch Töpfern grüßen Sie freundlich und vergessen Sie den Wanderer nicht;
"wnchmnl ist es mir doch sehr erquicklich wenn ich unter ganz fremden Menschen
denke: daß man doch in Weimar mich nicht ganz vergißt. Leben Sie recht
Wohl! Gott behüte Sie und die Ihrigen, denn es gehört zu meinem Frieden
zuweilen zu hören, daß es ihnen allen wohl ergeht. Wie immer dre alte Garde
August v. Goethe.
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