Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Line Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Schriftsteller Italiens, der einen gewichtigen Abschnitt seines Irionto ctsllg, Und wie diese Gegend dnrch den bedeutendsten Dichter des heutigen Bei Chieuti, bald hinter Termoli, an der Mündung des Fortore wendet Line Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Schriftsteller Italiens, der einen gewichtigen Abschnitt seines Irionto ctsllg, Und wie diese Gegend dnrch den bedeutendsten Dichter des heutigen Bei Chieuti, bald hinter Termoli, an der Mündung des Fortore wendet <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231261"/> <fw type="header" place="top"> Line Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien</fw><lb/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250"> Schriftsteller Italiens, der einen gewichtigen Abschnitt seines Irionto ctsllg,<lb/> niort« hierher verlegt; und es ist noch gar nicht ausgeschlossen, daß sich unter<lb/> dem nachhaltigen Eindruck, den dieser Roman allenthalben hervorgerufen hat,<lb/> im folgenden Jahrhunderte hier ein lebhafterer Seebadevcrkehr erschließen wird.<lb/> Die äußern Voraussetzungen sind günstig, der flache, sandige Strand ist zum<lb/> Baden wie geschaffen, und die etwas nördlich, unweit von Ascoli liegenden<lb/> LtMIiiuöiM <Zi baZno zu Grottammare scheinen sich schon einer zunehmenden<lb/> Beliebtheit zu erfreuen.</p><lb/> <p xml:id="ID_252"> Und wie diese Gegend dnrch den bedeutendsten Dichter des heutigen<lb/> Italiens auf das begeistertste gepriesen ist, so entnimmt ihr der gefeiertste<lb/> italienische Maler der Gegenwart, Francesco Paolo Micchetti, der Freund<lb/> d'Auuunzios, mit Vorliebe die Motive zu seinen Werken; in das nahe bei<lb/> Pescara liegende Chieti führte er uns 1877 auf seiner farbensprühenden Corpus-<lb/> Domiui-Prozesstou, die jetzt im Besitze des deutschen Kaisers ist, und das hoch<lb/> über dem Meere, gleichfalls dicht bei Peseara gelegne Städtchen Francavilla,<lb/> das mit seinein Kirchturm und namentlich mit dem verfallnen Gemäuer seiner<lb/> alten, hochromantischen Burg auf uns einen unbeschreiblichen, unauslöschlich<lb/> tiefen Eindruck gemacht hat, ist von Micchetti unzähligemale geschildert worden.<lb/> Es ist bezeichnend für den Künstler, daß er sich diesen Ort zum dauernden<lb/> Aufenthalt erwählt hat. Mit seinem Ernst und seiner Schweigsamkeit steht er<lb/> in der fröhlichen Schar seiner Fachgenossen recht vereinzelt da, er hat etwas<lb/> Moltkisches an sich und ähnelt unserm Heerführer auch darin, daß er keine<lb/> Gelegenheit zur Erweiterung seiner allgemeinen Bildung und Vertiefung seiner<lb/> Persönlichkeit vorübergehen läßt. So wurde er, als ich ihn vor mehreren<lb/> Jahren in Taormina kennen lernte, nicht müde, sich in unserm deutschen Kreise mit<lb/> deutscher Musik vertraut zu machen und in den Geist von Richard Wagners<lb/> Nibelungen und Parsifal zu versenken. Es wird mir unvergeßlich bleiben,<lb/> wie er mit seinem feingeschnittncn Gesichte andächtig unter uns saß und er¬<lb/> griffen den fremden Lauten lauschte. Wer jemals diese herbe, strenge und doch<lb/> so fesselnde und liebenswürdige Persönlichkeit kennen gelernt hat, wird es durch¬<lb/> aus begreifen, daß sie sich von dem lärmenden Getriebe der großen Welt ab¬<lb/> gestoßen fühlt und lieber in der Einsamkeit der alten Heimat weilt. Und nur<lb/> in der stolzen, feierlichen Größe dieser herrlichen Abruzzenlcmdschaft konnten<lb/> sich seine Gaben zu der erhabnen Vollkommenheit entfalten, die die ganze ge¬<lb/> bildete Welt seit zwei Jahren in seiner „Tochter des Jorio" bewundert.</p><lb/> <p xml:id="ID_253"> Bei Chieuti, bald hinter Termoli, an der Mündung des Fortore wendet<lb/> sich die Bahn vom Meere ab und erreicht damit die dritte der oben von mir<lb/> bezeichneten Strecken. Sie durchschneidet ein niedriges Waldgestrüpp, das<lb/> stellenweise an eine ostpreußische Heide erinnert, sodann ein übelduftendes<lb/> Sumpfgebiet (in der Nähe Lagunenbildungen!) und schwenkt schließlich in die<lb/> große apulische Ebene, den berühmten Tavoliere ti Puglia ein.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
Line Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien
Schriftsteller Italiens, der einen gewichtigen Abschnitt seines Irionto ctsllg,
niort« hierher verlegt; und es ist noch gar nicht ausgeschlossen, daß sich unter
dem nachhaltigen Eindruck, den dieser Roman allenthalben hervorgerufen hat,
im folgenden Jahrhunderte hier ein lebhafterer Seebadevcrkehr erschließen wird.
Die äußern Voraussetzungen sind günstig, der flache, sandige Strand ist zum
Baden wie geschaffen, und die etwas nördlich, unweit von Ascoli liegenden
LtMIiiuöiM <Zi baZno zu Grottammare scheinen sich schon einer zunehmenden
Beliebtheit zu erfreuen.
Und wie diese Gegend dnrch den bedeutendsten Dichter des heutigen
Italiens auf das begeistertste gepriesen ist, so entnimmt ihr der gefeiertste
italienische Maler der Gegenwart, Francesco Paolo Micchetti, der Freund
d'Auuunzios, mit Vorliebe die Motive zu seinen Werken; in das nahe bei
Pescara liegende Chieti führte er uns 1877 auf seiner farbensprühenden Corpus-
Domiui-Prozesstou, die jetzt im Besitze des deutschen Kaisers ist, und das hoch
über dem Meere, gleichfalls dicht bei Peseara gelegne Städtchen Francavilla,
das mit seinein Kirchturm und namentlich mit dem verfallnen Gemäuer seiner
alten, hochromantischen Burg auf uns einen unbeschreiblichen, unauslöschlich
tiefen Eindruck gemacht hat, ist von Micchetti unzähligemale geschildert worden.
Es ist bezeichnend für den Künstler, daß er sich diesen Ort zum dauernden
Aufenthalt erwählt hat. Mit seinem Ernst und seiner Schweigsamkeit steht er
in der fröhlichen Schar seiner Fachgenossen recht vereinzelt da, er hat etwas
Moltkisches an sich und ähnelt unserm Heerführer auch darin, daß er keine
Gelegenheit zur Erweiterung seiner allgemeinen Bildung und Vertiefung seiner
Persönlichkeit vorübergehen läßt. So wurde er, als ich ihn vor mehreren
Jahren in Taormina kennen lernte, nicht müde, sich in unserm deutschen Kreise mit
deutscher Musik vertraut zu machen und in den Geist von Richard Wagners
Nibelungen und Parsifal zu versenken. Es wird mir unvergeßlich bleiben,
wie er mit seinem feingeschnittncn Gesichte andächtig unter uns saß und er¬
griffen den fremden Lauten lauschte. Wer jemals diese herbe, strenge und doch
so fesselnde und liebenswürdige Persönlichkeit kennen gelernt hat, wird es durch¬
aus begreifen, daß sie sich von dem lärmenden Getriebe der großen Welt ab¬
gestoßen fühlt und lieber in der Einsamkeit der alten Heimat weilt. Und nur
in der stolzen, feierlichen Größe dieser herrlichen Abruzzenlcmdschaft konnten
sich seine Gaben zu der erhabnen Vollkommenheit entfalten, die die ganze ge¬
bildete Welt seit zwei Jahren in seiner „Tochter des Jorio" bewundert.
Bei Chieuti, bald hinter Termoli, an der Mündung des Fortore wendet
sich die Bahn vom Meere ab und erreicht damit die dritte der oben von mir
bezeichneten Strecken. Sie durchschneidet ein niedriges Waldgestrüpp, das
stellenweise an eine ostpreußische Heide erinnert, sodann ein übelduftendes
Sumpfgebiet (in der Nähe Lagunenbildungen!) und schwenkt schließlich in die
große apulische Ebene, den berühmten Tavoliere ti Puglia ein.
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