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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

schnanaland "erobert," später aber hat es ihn natürlich fallen lassen müssen.
Durch die Annexion des Betschuancilandes aber, der leider weder Deutschland
noch Transvaal den gebührenden Widerstand entgegengesetzt hatte, war die
Idee einer deutsch-holländischen Barriere von Ost nach West ver¬
eitelt. England hatte den Weg nach Norden frei.

Um jene Zeit gelangte in Südafrika ein Mann zur Bedeutung, in dem
sich die Expansionskraft Englands geradezu verkörpert, Cecil Rhodes. Mit
seinem Namen ist seit jener Zeit innig die Erwerbspolitik Englands in Süd¬
afrika verbunden. Seine Pläne bezweckten nichts geringeres, als das östliche
Afrika vom Kap nach Kairo zu einem einzigen großen transkontinentalen
britischen Kolonialreich zu machen. Er war die treibende Kraft bei der Ex¬
pansion nach Norden, bei der Annexion des Vetschuanalandes, er drängte un¬
aufhaltsam weiter. Es gelang ihm, von Lo Bengnla, dem Beherrscher der
zwischen Sambesi und Limpopo wohnenden Maschona, 1888 eine Konzession
zu erwerben. Zu ihrer Ausbeutung gründete Rhodes die Lritisb. Lauer
^.krich, (üliMtorsä Ooinvlm^, an deren Spitze die Finanziers Rhodes, Beit,
Undt, Rothschild standen, und an der die höchste Aristokratie Englands, der
Herzog von Fife, ein Schwiegersohn der Königin, Herzog von Abercorn, be¬
teiligt war. Mit Umgehung der Rechte andrer Maschonakonzessionüre erteilte
dann die britische Negierung dieser Gesellschaft einen ungemein weitgehenden
Freibrief (Charter), der ihr die Ausbeutung und Verwaltung des Landes nach
Gutdünken überließ. Die ganze Regierungsgewalt lag in den Händen der
Company, selbst das Recht der Besetzung des Landes durch eine Polizeimacht,
deren Stärke nicht festgesetzt war. -- Cecil Rhodes als Vertreter der eng¬
lischen Flagge war wieder einmal Transvaal zuvorgekommen. Zwar hatten
einzelne Bureutrakte bis zum Sambesi stattgefunden, zu einer Beschlagnahme
des Landes aber hatten sie es nicht gebracht. So war den Burenrepubliken
die Expansion auch nach Norden unterbunden.

In fünf Jahren hat die Nhodessche Gesellschaft ein Gebiet von sechzehn
Breitegraden unterworfen, jedenfalls eine hervorragende Leistung. Aber wohin
sie kam, hat sie Streit und Haß erzeugt. Die Buren hatten zunächst auf ihre
Ansprüche nördlich vom Limpopo verzichten müssen. Dann kamen die Portu¬
giesen an die Reihe, an deren Mozambianeprovinz das britische Maschonaland
im Osten grenzte. Die portugiesischen Vorposten wurden im Gefecht von
Massi-Kassi aus der Landschaft Marina hinausgeworfen und mußten sich trotz
ihrer offenbaren Rechte zu dem Vertrag von Lissabon am 11. Juni 1891 be¬
quemen. Das ganze ehemalige Reich Monomotapo, in dem so viel portu¬
giesisches Blut geflossen ist, ging an England verloren. Die festgesetzte Grenze
bringt an England etwa die Hälfte des Shirelaufes nebst Umgebung bis zu
den Seen Chiuta und Shirwa, dann Marina und endet an der Nordostecke


Die Aufteilung Afrikas

schnanaland „erobert," später aber hat es ihn natürlich fallen lassen müssen.
Durch die Annexion des Betschuancilandes aber, der leider weder Deutschland
noch Transvaal den gebührenden Widerstand entgegengesetzt hatte, war die
Idee einer deutsch-holländischen Barriere von Ost nach West ver¬
eitelt. England hatte den Weg nach Norden frei.

Um jene Zeit gelangte in Südafrika ein Mann zur Bedeutung, in dem
sich die Expansionskraft Englands geradezu verkörpert, Cecil Rhodes. Mit
seinem Namen ist seit jener Zeit innig die Erwerbspolitik Englands in Süd¬
afrika verbunden. Seine Pläne bezweckten nichts geringeres, als das östliche
Afrika vom Kap nach Kairo zu einem einzigen großen transkontinentalen
britischen Kolonialreich zu machen. Er war die treibende Kraft bei der Ex¬
pansion nach Norden, bei der Annexion des Vetschuanalandes, er drängte un¬
aufhaltsam weiter. Es gelang ihm, von Lo Bengnla, dem Beherrscher der
zwischen Sambesi und Limpopo wohnenden Maschona, 1888 eine Konzession
zu erwerben. Zu ihrer Ausbeutung gründete Rhodes die Lritisb. Lauer
^.krich, (üliMtorsä Ooinvlm^, an deren Spitze die Finanziers Rhodes, Beit,
Undt, Rothschild standen, und an der die höchste Aristokratie Englands, der
Herzog von Fife, ein Schwiegersohn der Königin, Herzog von Abercorn, be¬
teiligt war. Mit Umgehung der Rechte andrer Maschonakonzessionüre erteilte
dann die britische Negierung dieser Gesellschaft einen ungemein weitgehenden
Freibrief (Charter), der ihr die Ausbeutung und Verwaltung des Landes nach
Gutdünken überließ. Die ganze Regierungsgewalt lag in den Händen der
Company, selbst das Recht der Besetzung des Landes durch eine Polizeimacht,
deren Stärke nicht festgesetzt war. — Cecil Rhodes als Vertreter der eng¬
lischen Flagge war wieder einmal Transvaal zuvorgekommen. Zwar hatten
einzelne Bureutrakte bis zum Sambesi stattgefunden, zu einer Beschlagnahme
des Landes aber hatten sie es nicht gebracht. So war den Burenrepubliken
die Expansion auch nach Norden unterbunden.

In fünf Jahren hat die Nhodessche Gesellschaft ein Gebiet von sechzehn
Breitegraden unterworfen, jedenfalls eine hervorragende Leistung. Aber wohin
sie kam, hat sie Streit und Haß erzeugt. Die Buren hatten zunächst auf ihre
Ansprüche nördlich vom Limpopo verzichten müssen. Dann kamen die Portu¬
giesen an die Reihe, an deren Mozambianeprovinz das britische Maschonaland
im Osten grenzte. Die portugiesischen Vorposten wurden im Gefecht von
Massi-Kassi aus der Landschaft Marina hinausgeworfen und mußten sich trotz
ihrer offenbaren Rechte zu dem Vertrag von Lissabon am 11. Juni 1891 be¬
quemen. Das ganze ehemalige Reich Monomotapo, in dem so viel portu¬
giesisches Blut geflossen ist, ging an England verloren. Die festgesetzte Grenze
bringt an England etwa die Hälfte des Shirelaufes nebst Umgebung bis zu
den Seen Chiuta und Shirwa, dann Marina und endet an der Nordostecke


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[0071] Die Aufteilung Afrikas schnanaland „erobert," später aber hat es ihn natürlich fallen lassen müssen. Durch die Annexion des Betschuancilandes aber, der leider weder Deutschland noch Transvaal den gebührenden Widerstand entgegengesetzt hatte, war die Idee einer deutsch-holländischen Barriere von Ost nach West ver¬ eitelt. England hatte den Weg nach Norden frei. Um jene Zeit gelangte in Südafrika ein Mann zur Bedeutung, in dem sich die Expansionskraft Englands geradezu verkörpert, Cecil Rhodes. Mit seinem Namen ist seit jener Zeit innig die Erwerbspolitik Englands in Süd¬ afrika verbunden. Seine Pläne bezweckten nichts geringeres, als das östliche Afrika vom Kap nach Kairo zu einem einzigen großen transkontinentalen britischen Kolonialreich zu machen. Er war die treibende Kraft bei der Ex¬ pansion nach Norden, bei der Annexion des Vetschuanalandes, er drängte un¬ aufhaltsam weiter. Es gelang ihm, von Lo Bengnla, dem Beherrscher der zwischen Sambesi und Limpopo wohnenden Maschona, 1888 eine Konzession zu erwerben. Zu ihrer Ausbeutung gründete Rhodes die Lritisb. Lauer ^.krich, (üliMtorsä Ooinvlm^, an deren Spitze die Finanziers Rhodes, Beit, Undt, Rothschild standen, und an der die höchste Aristokratie Englands, der Herzog von Fife, ein Schwiegersohn der Königin, Herzog von Abercorn, be¬ teiligt war. Mit Umgehung der Rechte andrer Maschonakonzessionüre erteilte dann die britische Negierung dieser Gesellschaft einen ungemein weitgehenden Freibrief (Charter), der ihr die Ausbeutung und Verwaltung des Landes nach Gutdünken überließ. Die ganze Regierungsgewalt lag in den Händen der Company, selbst das Recht der Besetzung des Landes durch eine Polizeimacht, deren Stärke nicht festgesetzt war. — Cecil Rhodes als Vertreter der eng¬ lischen Flagge war wieder einmal Transvaal zuvorgekommen. Zwar hatten einzelne Bureutrakte bis zum Sambesi stattgefunden, zu einer Beschlagnahme des Landes aber hatten sie es nicht gebracht. So war den Burenrepubliken die Expansion auch nach Norden unterbunden. In fünf Jahren hat die Nhodessche Gesellschaft ein Gebiet von sechzehn Breitegraden unterworfen, jedenfalls eine hervorragende Leistung. Aber wohin sie kam, hat sie Streit und Haß erzeugt. Die Buren hatten zunächst auf ihre Ansprüche nördlich vom Limpopo verzichten müssen. Dann kamen die Portu¬ giesen an die Reihe, an deren Mozambianeprovinz das britische Maschonaland im Osten grenzte. Die portugiesischen Vorposten wurden im Gefecht von Massi-Kassi aus der Landschaft Marina hinausgeworfen und mußten sich trotz ihrer offenbaren Rechte zu dem Vertrag von Lissabon am 11. Juni 1891 be¬ quemen. Das ganze ehemalige Reich Monomotapo, in dem so viel portu¬ giesisches Blut geflossen ist, ging an England verloren. Die festgesetzte Grenze bringt an England etwa die Hälfte des Shirelaufes nebst Umgebung bis zu den Seen Chiuta und Shirwa, dann Marina und endet an der Nordostecke

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/71>, abgerufen am 15.01.2025.