Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.ihre Schwächen und Leidenschaften allerdings auf kleine Modeänderungen be¬ In England betrug die Steuer für Patentmediziuen
im Jahre 1860 48 SSL Pfund Sterling im Jahre 1"!10 217264 Pfund Sterling'' " 187-0 72353 . " " " " 1895 234881 " " " 1880 135366 " " " " 1899 266404 " " Stunde in Deutschland der Konsum von Spezialitäten und Geheimmitteln im Verhältnis zur Einwohnerzahl und richtete mau dieselbe Steuer durchschnittlich von zwei Pfennigen ein, so würde die Steuerbehörde eine Einnahme von rund 5 640 000 Mark im Jahre haben. ihre Schwächen und Leidenschaften allerdings auf kleine Modeänderungen be¬ In England betrug die Steuer für Patentmediziuen
im Jahre 1860 48 SSL Pfund Sterling im Jahre 1«!10 217264 Pfund Sterling'' „ 187-0 72353 . „ „ „ „ 1895 234881 „ „ „ 1880 135366 „ „ „ „ 1899 266404 „ „ Stunde in Deutschland der Konsum von Spezialitäten und Geheimmitteln im Verhältnis zur Einwohnerzahl und richtete mau dieselbe Steuer durchschnittlich von zwei Pfennigen ein, so würde die Steuerbehörde eine Einnahme von rund 5 640 000 Mark im Jahre haben. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0616" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231786"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2003" prev="#ID_2002"> ihre Schwächen und Leidenschaften allerdings auf kleine Modeänderungen be¬<lb/> schränken, mit denen sich der Staat, so gut er kann, abfindet. Mit dem<lb/> Kleidermodeteufel band er vor Zeiten an — er läßt ihn jetzt ruhig gewähren.<lb/> Den Spielteufel schlug er nicht mit Beelzebub, aber er schickte — wie der<lb/> Arzt die schwarzen Pocken mit den harmlosen Kuhpocken bekämpft — die<lb/> staatlich konzessionierte Lotterie in den Streit, mit gutem Erfolg auch für die<lb/> Staatskasse. Dein Glücksspiel um die Gesundheit kam er durch die Freigebung<lb/> der Medizin entgegen, aber dem Drange, sich für sein eignes Geld irgend einen<lb/> Wuudertrcmk zu kaufen, legte Deutschland Fesseln auf, obgleich deutsche Be¬<lb/> hörden vor Zeiten Prüzedcnzfälle geschaffen haben, die keineswegs Schaden<lb/> im Gefolge hatten, und obgleich die Nachbarstanten mit ihren freisinnigen<lb/> Anschauungen entschieden gute Erfahrungen verzeichnen konnten. Der oben<lb/> genannte Schmalkalder Schwefelbalfam erfreute sich höchster Protektion. Kaiser<lb/> Matthias und Ferdinand III. gaben ihm einen Freibrief. Die Thüringer<lb/> „Olitäten" hatten ebenso wie die Tropfen der schlesischen Laboranten ihre<lb/> verbrieften Privilegien; die Haller Arzneimittel erfreuten sich desselben Frei¬<lb/> briefs zu Gunsten der Fränkischen Anstalten und der Mission. Dr. Kicsow<lb/> erhielt eine kaiserliche Erlaubnis, seine Augsburger Lebeuscssenz zu verkaufen,<lb/> und so ließen sich eine Unmenge Beispiele vorführen. Das Volk hatte seinen<lb/> Willen, der Erfinder des Mittels hatte Gelegenheit, seine Mühen in Geld<lb/> umzusetzen, und der Staat ging auch nicht leer aus. Die moderne Zeit<lb/> zeigt, daß auch andre Kreise an den Geheimmitteln interessiert sind. Die Eng¬<lb/> länder Morisvn und Holowah, die bekannten Fabrikanten der nach ihnen<lb/> benannten Pillen — ich möchte einschalten, daß sich die Mehrzahl der Ge¬<lb/> heimmittel mit den Leiden des tyrannischen Magens beschäftigt —, sollen im<lb/> Jahre gegen 20000 Pfund Sterling für Annoncen ausgegeben haben. Wahr¬<lb/> scheinlich nicht weniger strich der Staat vorweg für sich ein. England macht<lb/> nämlich (wie Frankreich) den Geheimmittelhandel von einer vorhergehenden<lb/> Prüfung abhängig, für die man für das betreffende Mittel an den Staat eine<lb/> Steuer entrichten muß/') Er schützt durch diese Maßnahme den Bürger vor<lb/> Schaden am Leibe und am Geldbeutel. Trotzdem bringt Galenus seinen Jüngern<lb/> gelegentlich soviel Segen, daß die beiden eben genannten bei ihrem Tode, trotz<lb/> vieler vorhergcgangnen Stiftungen, den Armen Londons noch je fünf Millionen<lb/> Pfund Sterling vermachen konnten.</p><lb/> <note xml:id="FID_236" place="foot"><p xml:id="ID_2004" next="#ID_2005"> In England betrug die Steuer für Patentmediziuen</p><lb/><list><item> im Jahre 1860 48 SSL Pfund Sterling im Jahre 1«!10 217264 Pfund Sterling''</item><item> „ 187-0 72353 . „ „ „ „ 1895 234881 „</item><item> „ „ 1880 135366 „ „ „ „ 1899 266404 „ „</item></list> ' ><lb/><p xml:id="ID_2005" prev="#ID_2004"> Stunde in Deutschland der Konsum von Spezialitäten und Geheimmitteln im Verhältnis zur<lb/> Einwohnerzahl und richtete mau dieselbe Steuer durchschnittlich von zwei Pfennigen ein, so<lb/> würde die Steuerbehörde eine Einnahme von rund 5 640 000 Mark im Jahre haben.</p></note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0616]
ihre Schwächen und Leidenschaften allerdings auf kleine Modeänderungen be¬
schränken, mit denen sich der Staat, so gut er kann, abfindet. Mit dem
Kleidermodeteufel band er vor Zeiten an — er läßt ihn jetzt ruhig gewähren.
Den Spielteufel schlug er nicht mit Beelzebub, aber er schickte — wie der
Arzt die schwarzen Pocken mit den harmlosen Kuhpocken bekämpft — die
staatlich konzessionierte Lotterie in den Streit, mit gutem Erfolg auch für die
Staatskasse. Dein Glücksspiel um die Gesundheit kam er durch die Freigebung
der Medizin entgegen, aber dem Drange, sich für sein eignes Geld irgend einen
Wuudertrcmk zu kaufen, legte Deutschland Fesseln auf, obgleich deutsche Be¬
hörden vor Zeiten Prüzedcnzfälle geschaffen haben, die keineswegs Schaden
im Gefolge hatten, und obgleich die Nachbarstanten mit ihren freisinnigen
Anschauungen entschieden gute Erfahrungen verzeichnen konnten. Der oben
genannte Schmalkalder Schwefelbalfam erfreute sich höchster Protektion. Kaiser
Matthias und Ferdinand III. gaben ihm einen Freibrief. Die Thüringer
„Olitäten" hatten ebenso wie die Tropfen der schlesischen Laboranten ihre
verbrieften Privilegien; die Haller Arzneimittel erfreuten sich desselben Frei¬
briefs zu Gunsten der Fränkischen Anstalten und der Mission. Dr. Kicsow
erhielt eine kaiserliche Erlaubnis, seine Augsburger Lebeuscssenz zu verkaufen,
und so ließen sich eine Unmenge Beispiele vorführen. Das Volk hatte seinen
Willen, der Erfinder des Mittels hatte Gelegenheit, seine Mühen in Geld
umzusetzen, und der Staat ging auch nicht leer aus. Die moderne Zeit
zeigt, daß auch andre Kreise an den Geheimmitteln interessiert sind. Die Eng¬
länder Morisvn und Holowah, die bekannten Fabrikanten der nach ihnen
benannten Pillen — ich möchte einschalten, daß sich die Mehrzahl der Ge¬
heimmittel mit den Leiden des tyrannischen Magens beschäftigt —, sollen im
Jahre gegen 20000 Pfund Sterling für Annoncen ausgegeben haben. Wahr¬
scheinlich nicht weniger strich der Staat vorweg für sich ein. England macht
nämlich (wie Frankreich) den Geheimmittelhandel von einer vorhergehenden
Prüfung abhängig, für die man für das betreffende Mittel an den Staat eine
Steuer entrichten muß/') Er schützt durch diese Maßnahme den Bürger vor
Schaden am Leibe und am Geldbeutel. Trotzdem bringt Galenus seinen Jüngern
gelegentlich soviel Segen, daß die beiden eben genannten bei ihrem Tode, trotz
vieler vorhergcgangnen Stiftungen, den Armen Londons noch je fünf Millionen
Pfund Sterling vermachen konnten.
In England betrug die Steuer für Patentmediziuen
im Jahre 1860 48 SSL Pfund Sterling im Jahre 1«!10 217264 Pfund Sterling''
„ 187-0 72353 . „ „ „ „ 1895 234881 „
„ „ 1880 135366 „ „ „ „ 1899 266404 „ „
' >
Stunde in Deutschland der Konsum von Spezialitäten und Geheimmitteln im Verhältnis zur
Einwohnerzahl und richtete mau dieselbe Steuer durchschnittlich von zwei Pfennigen ein, so
würde die Steuerbehörde eine Einnahme von rund 5 640 000 Mark im Jahre haben.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |