Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Nikolaus Lenau und Gustav Schwab in Döffiugen (Oberamt Vöblingen) war. Der Zufall, der in Lenaus Leben Um zu unserm Hauptthema zurückzukehren, so sei erwähnt, daß Lenau Wien, den 2. Mai 183K. Lieber Freund! Hier übersende ich dir meinen Beitrag für den Musenalmanach mit einem Mir geht es ziemlich wohl. nächster Tage ziehe ich aufs Land, und zwar Ich habe den ganzen Pack vorliegender Verse heute in einem Zug geschrieben, Lebe Wohl, lieber Freund, ich grüße deine gute Frau und deine Kinder Alter. Dein Nikolaus Lenau und Gustav Schwab in Döffiugen (Oberamt Vöblingen) war. Der Zufall, der in Lenaus Leben Um zu unserm Hauptthema zurückzukehren, so sei erwähnt, daß Lenau Wien, den 2. Mai 183K. Lieber Freund! Hier übersende ich dir meinen Beitrag für den Musenalmanach mit einem Mir geht es ziemlich wohl. nächster Tage ziehe ich aufs Land, und zwar Ich habe den ganzen Pack vorliegender Verse heute in einem Zug geschrieben, Lebe Wohl, lieber Freund, ich grüße deine gute Frau und deine Kinder Alter. Dein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231738"/> <fw type="header" place="top"> Nikolaus Lenau und Gustav Schwab</fw><lb/> <p xml:id="ID_1851" prev="#ID_1850"> in Döffiugen (Oberamt Vöblingen) war. Der Zufall, der in Lenaus Leben<lb/> überhaupt eine Rolle spielt, wollte es, daß sie kaum eine Woche nach Marie<lb/> Behrends, Lenaus letzter Braut, starb, und daß Sophie Löwenthal, Lenaus<lb/> größte und mächtigste Leidenschaft, ebenfalls in diesem Jahre, nur einige<lb/> Wochen vor Marie Behrends, zur letzten Ruhe einging.</p><lb/> <p xml:id="ID_1852"> Um zu unserm Hauptthema zurückzukehren, so sei erwähnt, daß Lenau<lb/> bis zu seinem geistigen Untergange mit großer Treue an Schwab und seinen<lb/> Lieben hing. Als dieser in Gomaringen Pfarrer war, wohin er sich, um<lb/> mehr Muße zu haben, hatte versetzen lassen, besuchte ihn Lenau wiederholt;<lb/> und brach auch sein ungestümes Wesen, was Schwab „die wilde Husarenlaune<lb/> in ihm" nannte, hervor, wurde er schroff und verschlossen in seinem Wesen —<lb/> der Kern der Freundschaft konnte selbst in den Zeiten düstersten Unmuts nicht<lb/> zerstört werden. Als Lenau (1335 und 1836) bei der Friedrich Brodhagischen<lb/> Buchhandlung in Stuttgart zwei Jahrgänge seines „Frühliugsalmanachs" mit<lb/> Beiträgen von Kerner, Gustav Pfizer, Anastasius Grün, Friedrich Rückert,<lb/> Anton .Laver Schurz, Karl Mayer usw. erscheinen ließ, richtete er die Auswahl<lb/> so ein, daß nnr wenige Mitarbeiter, diese aber mit größern Beiträgen, zu<lb/> Worte kamen, um auch den Schein zu vermeiden, als wolle er dem von seinem<lb/> Freunde Schwab und Chcimisfo herausgegebnen „Musenalmanach" Konkurrenz<lb/> machen. Wie zartsinnig er eine Störung der Kreise dieser beiden litterarischen<lb/> Unternehmungen zu vermeiden suchte, ja wie er sogar einer gegenseitigen Förde¬<lb/> rung und Stützung dieser Publikationen nicht abhold war, beweist der folgende<lb/> Brief Lenaus:</p><lb/> <p xml:id="ID_1853"> Wien, den 2. Mai 183K.</p><lb/> <note type="salute"> Lieber Freund!</note><lb/> <p xml:id="ID_1854"> Hier übersende ich dir meinen Beitrag für den Musenalmanach mit einem<lb/> schönen Gruß um Chamisso und der Bitte, diese Gedichte alle, und in der Ordnung,<lb/> Wie ich sie gelegt, aufzunehmen. Reinbeck schrieb mir, Rückert walte vielleicht einen<lb/> Teil seiner für meinen Almanach bestimmten Lieder in den eurigen abgeben. Ist<lb/> dieses Rückerts Wunsch, so bin ich mit Vergnügen bereit zu einer Cession, nicht<lb/> aber, als ob mir irgend eines seiner Lieder zu viel wäre, sondern nur insofern<lb/> ihm und der verehrten Redaktion des Musenalmanachs dadurch was Angenehmes<lb/> geschieht, weil ich mit letzterer gar gerne im freundlichsten Einvernehmen bleiben<lb/> und bei ihr jeden Schein einer Opposition vermeiden möchte. So lange ich aber<lb/> von Rückert keine desfnllsige Weisung habe, kann ich natürlich nichts thun.</p><lb/> <p xml:id="ID_1855"> Mir geht es ziemlich wohl. nächster Tage ziehe ich aufs Land, und zwar<lb/> in eine herrliche Gebirgsgegend. Dort hoff ich was Ordentliches auszubeuten für<lb/> unsre beiden Almanache, die ich gerne als gute Brüder, durchaus nicht als Eifer-<lb/> süchtler nebeneinander einhergehn sehen möchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1856"> Ich habe den ganzen Pack vorliegender Verse heute in einem Zug geschrieben,<lb/> darum wird des Briefs an dich weniger.</p><lb/> <p xml:id="ID_1857"> Lebe Wohl, lieber Freund, ich grüße deine gute Frau und deine Kinder<lb/> herzlich.</p><lb/> <note type="closer"><note type="bibl"> Alter.</note> Dein</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
Nikolaus Lenau und Gustav Schwab
in Döffiugen (Oberamt Vöblingen) war. Der Zufall, der in Lenaus Leben
überhaupt eine Rolle spielt, wollte es, daß sie kaum eine Woche nach Marie
Behrends, Lenaus letzter Braut, starb, und daß Sophie Löwenthal, Lenaus
größte und mächtigste Leidenschaft, ebenfalls in diesem Jahre, nur einige
Wochen vor Marie Behrends, zur letzten Ruhe einging.
Um zu unserm Hauptthema zurückzukehren, so sei erwähnt, daß Lenau
bis zu seinem geistigen Untergange mit großer Treue an Schwab und seinen
Lieben hing. Als dieser in Gomaringen Pfarrer war, wohin er sich, um
mehr Muße zu haben, hatte versetzen lassen, besuchte ihn Lenau wiederholt;
und brach auch sein ungestümes Wesen, was Schwab „die wilde Husarenlaune
in ihm" nannte, hervor, wurde er schroff und verschlossen in seinem Wesen —
der Kern der Freundschaft konnte selbst in den Zeiten düstersten Unmuts nicht
zerstört werden. Als Lenau (1335 und 1836) bei der Friedrich Brodhagischen
Buchhandlung in Stuttgart zwei Jahrgänge seines „Frühliugsalmanachs" mit
Beiträgen von Kerner, Gustav Pfizer, Anastasius Grün, Friedrich Rückert,
Anton .Laver Schurz, Karl Mayer usw. erscheinen ließ, richtete er die Auswahl
so ein, daß nnr wenige Mitarbeiter, diese aber mit größern Beiträgen, zu
Worte kamen, um auch den Schein zu vermeiden, als wolle er dem von seinem
Freunde Schwab und Chcimisfo herausgegebnen „Musenalmanach" Konkurrenz
machen. Wie zartsinnig er eine Störung der Kreise dieser beiden litterarischen
Unternehmungen zu vermeiden suchte, ja wie er sogar einer gegenseitigen Förde¬
rung und Stützung dieser Publikationen nicht abhold war, beweist der folgende
Brief Lenaus:
Wien, den 2. Mai 183K.
Lieber Freund!
Hier übersende ich dir meinen Beitrag für den Musenalmanach mit einem
schönen Gruß um Chamisso und der Bitte, diese Gedichte alle, und in der Ordnung,
Wie ich sie gelegt, aufzunehmen. Reinbeck schrieb mir, Rückert walte vielleicht einen
Teil seiner für meinen Almanach bestimmten Lieder in den eurigen abgeben. Ist
dieses Rückerts Wunsch, so bin ich mit Vergnügen bereit zu einer Cession, nicht
aber, als ob mir irgend eines seiner Lieder zu viel wäre, sondern nur insofern
ihm und der verehrten Redaktion des Musenalmanachs dadurch was Angenehmes
geschieht, weil ich mit letzterer gar gerne im freundlichsten Einvernehmen bleiben
und bei ihr jeden Schein einer Opposition vermeiden möchte. So lange ich aber
von Rückert keine desfnllsige Weisung habe, kann ich natürlich nichts thun.
Mir geht es ziemlich wohl. nächster Tage ziehe ich aufs Land, und zwar
in eine herrliche Gebirgsgegend. Dort hoff ich was Ordentliches auszubeuten für
unsre beiden Almanache, die ich gerne als gute Brüder, durchaus nicht als Eifer-
süchtler nebeneinander einhergehn sehen möchte.
Ich habe den ganzen Pack vorliegender Verse heute in einem Zug geschrieben,
darum wird des Briefs an dich weniger.
Lebe Wohl, lieber Freund, ich grüße deine gute Frau und deine Kinder
herzlich.
Alter. Dein
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