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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

warte, nur philanthropische und zivilisatorische Zwecke zu verfolgen, ging
Stanley 1879 mit einer großartig ausgestatteten Expedition nach dem Kongo.
Das Mähre Programm bestand aber darin, umfangreiche Gebiete zu erwerben,
die dann unter der Souveränität des Königs als Kolonien oder Staatswesen
proklamiert werden sollten. Stanley löste diese Aufgabe mit dem ihm eignen
Geschick, er schaffte Dampfer auf deu Kongo und errichtete an den wichtigsten
Punkten Stationen. Da trat ihm am Stanley-Pook ein unerwartetes Hindernis
entgegen: der französische Marineleutnant Graf Savorgnon de Brazza, der
im Auftrage der ^ssoeiMou intörnMcmalö a-trivaiinz schon am Kongo gewesen
war, hörte von Stanleys Plänen und kam ihm zuvor. Am Stanley-Pook
erwarb er vom Häuptling der Bateke Mcckoko große Landstrecken auf dem
rechten Kongoufer und reiste dann schleunigst nach Frankreich zurück. Die
französische Negierung nahm mit Eifer de Brazzcis Pläne auf und genehmigte
sein großes Kolonialuuternehmen am 3. Dezember 1882. Damit war die fran¬
zösische Kongopolitik ungemein erfolgreich eingeleitet.

Stanley war nicht wenig erschrocken, als er am Stanley-Pook die franzö¬
sische Flagge vorfand. Da indessen die Makoto ihre Ansprüche auf das linke
Kongvufer nicht nachweisen konnten, so gründete er auf dem linken Ufer gegen¬
über von Brazznville die Station Leopoldville. Damit verhinderte Stanley,
daß der untere Kongo ganz in französische Hände fiel und dem zu begründenden
Staate Leopolds II. der Zugang zum Meere abgeschnitten wurde. Es begann
nun ein Wettrennen zwischen de Brazza und Stanley, worin Stanley siegte.
Von Vivi aus erwarb er auf dem nördlichen Ufer des untern Kongo Gebiete,
bevor de Brazza die notwendigen Geldmittel von der französischen Regierung
erhalten hatte. In den folgenden Monaten erwarb er an den südlichen Zu¬
flüssen des Kongo sowohl wie an den nördlichen Landrechte. Im Juli 1884
kehrte Stanley nach Europa zurück, er konnte in Ostende seinem Auftraggeber,
dem König Leopold II., das Besitzrecht des gewaltigen Kongobeckens übergeben.
Diese Gebiete waren von Leopold II. als Privatmann erworben, er bot sie dem
belgischen Staate an. Aber die Kammer genehmigte die Einverleibung der Er¬
werbungen nicht, und es lag die Gefahr vor, daß einem fremden Staate der
Mühe Lohn in den Schoß fallen würde. Überall regte es sich in Afrika,
Deutsche, Engländer und Franzosen waren in die Periode des Flaggenhissens
getreten. Um das Einschreiten andrer Kolonialmächte zu hindern, wandelte
das Lomit6 et'MuäöL co Haut LonZo seinen Namen um in ^.LsooigUou inter-
rmtiouglö co Lou^o. Der König begann diplomatische Unterhandlungen mit
deu Mächten, um die Anerkennung des Besitzstandes dieser Assoziation zu er¬
zielen. Das gelang gegen das Zugeständnis, daß die Assoziation am Kongo
keine Zölle erheben dürfte. Die Vereinigten Staaten erkannten zuerst die
Assoziation als eine befreundete von Belgien unabhängige Macht an. Die
andern Staaten zögerten, weil der Fall die größten Schwierigkeiten bot, da


Die Aufteilung Afrikas

warte, nur philanthropische und zivilisatorische Zwecke zu verfolgen, ging
Stanley 1879 mit einer großartig ausgestatteten Expedition nach dem Kongo.
Das Mähre Programm bestand aber darin, umfangreiche Gebiete zu erwerben,
die dann unter der Souveränität des Königs als Kolonien oder Staatswesen
proklamiert werden sollten. Stanley löste diese Aufgabe mit dem ihm eignen
Geschick, er schaffte Dampfer auf deu Kongo und errichtete an den wichtigsten
Punkten Stationen. Da trat ihm am Stanley-Pook ein unerwartetes Hindernis
entgegen: der französische Marineleutnant Graf Savorgnon de Brazza, der
im Auftrage der ^ssoeiMou intörnMcmalö a-trivaiinz schon am Kongo gewesen
war, hörte von Stanleys Plänen und kam ihm zuvor. Am Stanley-Pook
erwarb er vom Häuptling der Bateke Mcckoko große Landstrecken auf dem
rechten Kongoufer und reiste dann schleunigst nach Frankreich zurück. Die
französische Negierung nahm mit Eifer de Brazzcis Pläne auf und genehmigte
sein großes Kolonialuuternehmen am 3. Dezember 1882. Damit war die fran¬
zösische Kongopolitik ungemein erfolgreich eingeleitet.

Stanley war nicht wenig erschrocken, als er am Stanley-Pook die franzö¬
sische Flagge vorfand. Da indessen die Makoto ihre Ansprüche auf das linke
Kongvufer nicht nachweisen konnten, so gründete er auf dem linken Ufer gegen¬
über von Brazznville die Station Leopoldville. Damit verhinderte Stanley,
daß der untere Kongo ganz in französische Hände fiel und dem zu begründenden
Staate Leopolds II. der Zugang zum Meere abgeschnitten wurde. Es begann
nun ein Wettrennen zwischen de Brazza und Stanley, worin Stanley siegte.
Von Vivi aus erwarb er auf dem nördlichen Ufer des untern Kongo Gebiete,
bevor de Brazza die notwendigen Geldmittel von der französischen Regierung
erhalten hatte. In den folgenden Monaten erwarb er an den südlichen Zu¬
flüssen des Kongo sowohl wie an den nördlichen Landrechte. Im Juli 1884
kehrte Stanley nach Europa zurück, er konnte in Ostende seinem Auftraggeber,
dem König Leopold II., das Besitzrecht des gewaltigen Kongobeckens übergeben.
Diese Gebiete waren von Leopold II. als Privatmann erworben, er bot sie dem
belgischen Staate an. Aber die Kammer genehmigte die Einverleibung der Er¬
werbungen nicht, und es lag die Gefahr vor, daß einem fremden Staate der
Mühe Lohn in den Schoß fallen würde. Überall regte es sich in Afrika,
Deutsche, Engländer und Franzosen waren in die Periode des Flaggenhissens
getreten. Um das Einschreiten andrer Kolonialmächte zu hindern, wandelte
das Lomit6 et'MuäöL co Haut LonZo seinen Namen um in ^.LsooigUou inter-
rmtiouglö co Lou^o. Der König begann diplomatische Unterhandlungen mit
deu Mächten, um die Anerkennung des Besitzstandes dieser Assoziation zu er¬
zielen. Das gelang gegen das Zugeständnis, daß die Assoziation am Kongo
keine Zölle erheben dürfte. Die Vereinigten Staaten erkannten zuerst die
Assoziation als eine befreundete von Belgien unabhängige Macht an. Die
andern Staaten zögerten, weil der Fall die größten Schwierigkeiten bot, da


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[0368] Die Aufteilung Afrikas warte, nur philanthropische und zivilisatorische Zwecke zu verfolgen, ging Stanley 1879 mit einer großartig ausgestatteten Expedition nach dem Kongo. Das Mähre Programm bestand aber darin, umfangreiche Gebiete zu erwerben, die dann unter der Souveränität des Königs als Kolonien oder Staatswesen proklamiert werden sollten. Stanley löste diese Aufgabe mit dem ihm eignen Geschick, er schaffte Dampfer auf deu Kongo und errichtete an den wichtigsten Punkten Stationen. Da trat ihm am Stanley-Pook ein unerwartetes Hindernis entgegen: der französische Marineleutnant Graf Savorgnon de Brazza, der im Auftrage der ^ssoeiMou intörnMcmalö a-trivaiinz schon am Kongo gewesen war, hörte von Stanleys Plänen und kam ihm zuvor. Am Stanley-Pook erwarb er vom Häuptling der Bateke Mcckoko große Landstrecken auf dem rechten Kongoufer und reiste dann schleunigst nach Frankreich zurück. Die französische Negierung nahm mit Eifer de Brazzcis Pläne auf und genehmigte sein großes Kolonialuuternehmen am 3. Dezember 1882. Damit war die fran¬ zösische Kongopolitik ungemein erfolgreich eingeleitet. Stanley war nicht wenig erschrocken, als er am Stanley-Pook die franzö¬ sische Flagge vorfand. Da indessen die Makoto ihre Ansprüche auf das linke Kongvufer nicht nachweisen konnten, so gründete er auf dem linken Ufer gegen¬ über von Brazznville die Station Leopoldville. Damit verhinderte Stanley, daß der untere Kongo ganz in französische Hände fiel und dem zu begründenden Staate Leopolds II. der Zugang zum Meere abgeschnitten wurde. Es begann nun ein Wettrennen zwischen de Brazza und Stanley, worin Stanley siegte. Von Vivi aus erwarb er auf dem nördlichen Ufer des untern Kongo Gebiete, bevor de Brazza die notwendigen Geldmittel von der französischen Regierung erhalten hatte. In den folgenden Monaten erwarb er an den südlichen Zu¬ flüssen des Kongo sowohl wie an den nördlichen Landrechte. Im Juli 1884 kehrte Stanley nach Europa zurück, er konnte in Ostende seinem Auftraggeber, dem König Leopold II., das Besitzrecht des gewaltigen Kongobeckens übergeben. Diese Gebiete waren von Leopold II. als Privatmann erworben, er bot sie dem belgischen Staate an. Aber die Kammer genehmigte die Einverleibung der Er¬ werbungen nicht, und es lag die Gefahr vor, daß einem fremden Staate der Mühe Lohn in den Schoß fallen würde. Überall regte es sich in Afrika, Deutsche, Engländer und Franzosen waren in die Periode des Flaggenhissens getreten. Um das Einschreiten andrer Kolonialmächte zu hindern, wandelte das Lomit6 et'MuäöL co Haut LonZo seinen Namen um in ^.LsooigUou inter- rmtiouglö co Lou^o. Der König begann diplomatische Unterhandlungen mit deu Mächten, um die Anerkennung des Besitzstandes dieser Assoziation zu er¬ zielen. Das gelang gegen das Zugeständnis, daß die Assoziation am Kongo keine Zölle erheben dürfte. Die Vereinigten Staaten erkannten zuerst die Assoziation als eine befreundete von Belgien unabhängige Macht an. Die andern Staaten zögerten, weil der Fall die größten Schwierigkeiten bot, da

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/368>, abgerufen am 15.01.2025.