Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Angelsachsen und Deutsche in Südamerika der Boden entzogen, die sich außerdem sagen müssen, daß ihre Staaten ohne Um jedoch zu diesem Wettstreit mit Aussicht auf Erfolg in die Schränken Auch bei uns muß sich die Überzeugung Bahn brechen, daß der Über¬ Angelsachsen und Deutsche in Südamerika der Boden entzogen, die sich außerdem sagen müssen, daß ihre Staaten ohne Um jedoch zu diesem Wettstreit mit Aussicht auf Erfolg in die Schränken Auch bei uns muß sich die Überzeugung Bahn brechen, daß der Über¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231332"/> <fw type="header" place="top"> Angelsachsen und Deutsche in Südamerika</fw><lb/> <p xml:id="ID_498" prev="#ID_497"> der Boden entzogen, die sich außerdem sagen müssen, daß ihre Staaten ohne<lb/> starke europäische, insbesondre germanische Einwanderung auf die Dauer nicht<lb/> lebensfähig sein werden. Je mehr aber Arete Sam von Norden hereindrängt,<lb/> desto mehr werden diese südamerikanischen Jingos einsehen, wo das geringere<lb/> Übel ist, soweit sie es überhaupt in den Bemühungen, ihren Ländern aufzu¬<lb/> helfen, sehen dürfen. Denn daß der Deutsche im allgemeinen dem spanischen<lb/> oder portugiesischen Kreolen oder Mischling sympathischer ist als der Icmkee<lb/> oder der Engländer, das wird man wohl als ausgemacht gelten lassen dürfen.<lb/> Zu Gunsten des Deutschen spricht auch, daß man vernünftigerweise von ihm<lb/> nicht annehmen wird, daß er auf Erwerb von Kolonien für das Reich aus¬<lb/> geht. Mögen also auf südamerikanischer Erde deutsche und angelsächsische<lb/> Kultur in den Wettstreit eintreten, und auf wessen Seite der Menschheit höhere,<lb/> dauerndere Güter geboten werden, dort wird auch der endliche Sieg sein-</p><lb/> <p xml:id="ID_499"> Um jedoch zu diesem Wettstreit mit Aussicht auf Erfolg in die Schränken<lb/> treten zu können, bedarf es einer geeigneten Vorbildung derer, die als Vor¬<lb/> kämpfer für deutsches Wesen in der vordersten Reihe zu stehn haben, der<lb/> diplomatischen und konsularischen Vertreter, der Landwirte und Kaufleute, der<lb/> Pfarrer, Lehrer und Ärzte. Und zwar gilt dies nicht nur für Südamerika,<lb/> sondern für die Vertreter höherer deutscher Gesittung und materieller Inter-<lb/> essenpolitik im Ausland überhaupt. Nun ist ja für die konsularische Aus¬<lb/> bildung in neuster Zeit von verschiednen Seiten der lebhafte Wunsch nach<lb/> einer Änderung des bisherigen Modus vom Rcferendarexamen an geäußert<lb/> worden, und die Regierung wird sich wohl entgegenkommend zeigen. Allein die<lb/> Erziehung für die Thätigkeit im Auslande hat unsers Trachtens schon früher als<lb/> mit dem hier ins Auge gefaßten Zeitpunkt einzusetzen. Wir müssen hier von<lb/> England lernen, dessen Vorgang wir schon so viel verdanken, wie die Eng¬<lb/> länder zur Zeit der Hanse von uns gelernt haben und vielleicht einmal, wie<lb/> derzeit die Franzosen, auch wieder von uns lernen werden. In Deutschland<lb/> hat mau ja nunmehr auch mit der Gründung einer Kolonialschule den Anfang<lb/> gemacht. Nun könnte es anfänglich befremden, daß auch England nur eine<lb/> einzige Kolonialschule hat. Aber in diesem Lande sind eben alle bessern<lb/> Schulen, besonders die bekannten xrMle, seuools, in gewissem Sinne Kolonial-<lb/> schulen, insofern als der Knabe in ihnen eine weit geeignetere Vorbildung erhält<lb/> für eine spätere Thätigkeit in den Kolonien, die den ganzen Mann erfordert,<lb/> als der deutsche Schüler in unsern höher» Lehranstalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_500" next="#ID_501"> Auch bei uns muß sich die Überzeugung Bahn brechen, daß der Über¬<lb/> gang zur Weltpolitik, in dem wir stehn, auch eine neue Grundlage für die<lb/> Erziehung derer verlangt, die bei dieser Politik auf exponierten Posten an<lb/> der Peripherie zu wirken haben. Wir haben bisher ans unsern Gymnasien<lb/> einseitig Intelligenzen, Arbeitskräfte für die Veamtenwelt und die Gelehrten-<lb/> berufc großgezogen, während die Erziehung des Engländers in erster Linie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0162]
Angelsachsen und Deutsche in Südamerika
der Boden entzogen, die sich außerdem sagen müssen, daß ihre Staaten ohne
starke europäische, insbesondre germanische Einwanderung auf die Dauer nicht
lebensfähig sein werden. Je mehr aber Arete Sam von Norden hereindrängt,
desto mehr werden diese südamerikanischen Jingos einsehen, wo das geringere
Übel ist, soweit sie es überhaupt in den Bemühungen, ihren Ländern aufzu¬
helfen, sehen dürfen. Denn daß der Deutsche im allgemeinen dem spanischen
oder portugiesischen Kreolen oder Mischling sympathischer ist als der Icmkee
oder der Engländer, das wird man wohl als ausgemacht gelten lassen dürfen.
Zu Gunsten des Deutschen spricht auch, daß man vernünftigerweise von ihm
nicht annehmen wird, daß er auf Erwerb von Kolonien für das Reich aus¬
geht. Mögen also auf südamerikanischer Erde deutsche und angelsächsische
Kultur in den Wettstreit eintreten, und auf wessen Seite der Menschheit höhere,
dauerndere Güter geboten werden, dort wird auch der endliche Sieg sein-
Um jedoch zu diesem Wettstreit mit Aussicht auf Erfolg in die Schränken
treten zu können, bedarf es einer geeigneten Vorbildung derer, die als Vor¬
kämpfer für deutsches Wesen in der vordersten Reihe zu stehn haben, der
diplomatischen und konsularischen Vertreter, der Landwirte und Kaufleute, der
Pfarrer, Lehrer und Ärzte. Und zwar gilt dies nicht nur für Südamerika,
sondern für die Vertreter höherer deutscher Gesittung und materieller Inter-
essenpolitik im Ausland überhaupt. Nun ist ja für die konsularische Aus¬
bildung in neuster Zeit von verschiednen Seiten der lebhafte Wunsch nach
einer Änderung des bisherigen Modus vom Rcferendarexamen an geäußert
worden, und die Regierung wird sich wohl entgegenkommend zeigen. Allein die
Erziehung für die Thätigkeit im Auslande hat unsers Trachtens schon früher als
mit dem hier ins Auge gefaßten Zeitpunkt einzusetzen. Wir müssen hier von
England lernen, dessen Vorgang wir schon so viel verdanken, wie die Eng¬
länder zur Zeit der Hanse von uns gelernt haben und vielleicht einmal, wie
derzeit die Franzosen, auch wieder von uns lernen werden. In Deutschland
hat mau ja nunmehr auch mit der Gründung einer Kolonialschule den Anfang
gemacht. Nun könnte es anfänglich befremden, daß auch England nur eine
einzige Kolonialschule hat. Aber in diesem Lande sind eben alle bessern
Schulen, besonders die bekannten xrMle, seuools, in gewissem Sinne Kolonial-
schulen, insofern als der Knabe in ihnen eine weit geeignetere Vorbildung erhält
für eine spätere Thätigkeit in den Kolonien, die den ganzen Mann erfordert,
als der deutsche Schüler in unsern höher» Lehranstalten.
Auch bei uns muß sich die Überzeugung Bahn brechen, daß der Über¬
gang zur Weltpolitik, in dem wir stehn, auch eine neue Grundlage für die
Erziehung derer verlangt, die bei dieser Politik auf exponierten Posten an
der Peripherie zu wirken haben. Wir haben bisher ans unsern Gymnasien
einseitig Intelligenzen, Arbeitskräfte für die Veamtenwelt und die Gelehrten-
berufc großgezogen, während die Erziehung des Engländers in erster Linie
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