Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Der goldne Engel ganze Angustwcische der Schmiede steckte im Wusser, und um dieses wichtigen Falles Line stauchte und rang, redete sich ins Gewissen und lauschte von Zeit zu Nun oben, Wand an Wand mit dem Jungen, stand ja der Vater an der Also neigte sie von Zeit zu Zeit den Kopf gegen das Waschhausfenster, oder Das Kind schlief seinen gesegneten Schlaf, und Line lief wieder hinunter und Heute sag ichs Ackermann, heute gewiß, ich bin es ihm schuldig. -- Stück um Ein böser Notbehelf ists, so wie es jetzt ist. -- Der Korb war voll, die Wanne Mit mir kann keiner mehr Freude haben, ich kaun das Freuen nicht mehr, Als sie an das Bübchen dachte, hob sie lauschend den Kopf, und wie sie Wir haben widrigen Wind, dachte sie, der Qualm vom Bäcker drüben schlägt Aber der Wind kam nicht vom Bäcker. Über das hohe Dach des goldnen Seltsam, dachte Line, so arg war das doch noch nie? Sie stauchte das Hemd Der schwache Dämmerungsschein über des Bäckers Hans war ungetrübt, nicht Da! Da wars! Ein, zwei brandrote Angen stierten vom Drogenspeicher zu Einen Augenblick lang erstarrte Line im ersten jähen Schrecken, dann rief sie: Aber die Stimme klang heiser und hilflos dünn, trotz der Morgenstille Feuer! rief sie noch einmal, rannte die Treppe hinauf und schlug an des Ackermann und seine Jungen waren schnell wach und bei Sinnen, im Nu Der goldne Engel ganze Angustwcische der Schmiede steckte im Wusser, und um dieses wichtigen Falles Line stauchte und rang, redete sich ins Gewissen und lauschte von Zeit zu Nun oben, Wand an Wand mit dem Jungen, stand ja der Vater an der Also neigte sie von Zeit zu Zeit den Kopf gegen das Waschhausfenster, oder Das Kind schlief seinen gesegneten Schlaf, und Line lief wieder hinunter und Heute sag ichs Ackermann, heute gewiß, ich bin es ihm schuldig. — Stück um Ein böser Notbehelf ists, so wie es jetzt ist. — Der Korb war voll, die Wanne Mit mir kann keiner mehr Freude haben, ich kaun das Freuen nicht mehr, Als sie an das Bübchen dachte, hob sie lauschend den Kopf, und wie sie Wir haben widrigen Wind, dachte sie, der Qualm vom Bäcker drüben schlägt Aber der Wind kam nicht vom Bäcker. Über das hohe Dach des goldnen Seltsam, dachte Line, so arg war das doch noch nie? Sie stauchte das Hemd Der schwache Dämmerungsschein über des Bäckers Hans war ungetrübt, nicht Da! Da wars! Ein, zwei brandrote Angen stierten vom Drogenspeicher zu Einen Augenblick lang erstarrte Line im ersten jähen Schrecken, dann rief sie: Aber die Stimme klang heiser und hilflos dünn, trotz der Morgenstille Feuer! rief sie noch einmal, rannte die Treppe hinauf und schlug an des Ackermann und seine Jungen waren schnell wach und bei Sinnen, im Nu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0733" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230419"/> <fw type="header" place="top"> Der goldne Engel</fw><lb/> <p xml:id="ID_3114" prev="#ID_3113"> ganze Angustwcische der Schmiede steckte im Wusser, und um dieses wichtigen Falles<lb/> willen waren die Frauenzimmer schon lange vor Morgengrauen bei der Hand.</p><lb/> <p xml:id="ID_3115"> Line stauchte und rang, redete sich ins Gewissen und lauschte von Zeit zu<lb/> Zeit hinauf, wo das Bübchen schlief.</p><lb/> <p xml:id="ID_3116"> Nun oben, Wand an Wand mit dem Jungen, stand ja der Vater an der<lb/> Arbeit, aber daß der Vater eiuen Ruf seines Kindes hören würde, das bezweifelte<lb/> Line, die die Stadels gar so genau kannte. Besser schon, sie gab selber acht.</p><lb/> <p xml:id="ID_3117"> Also neigte sie von Zeit zu Zeit den Kopf gegen das Waschhausfenster, oder<lb/> lief einmal hinaus, die Holztreppe halb hinauf nach dem Gange. Da sah sie das<lb/> helle Viereck des Werkstattfensters leuchten wie zu Vaters Zeiten und dahinter den<lb/> Bruder am Glaskasten hantieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_3118"> Das Kind schlief seinen gesegneten Schlaf, und Line lief wieder hinunter und<lb/> rang die Wäsche, die nett nachher hinaus nach dem Anger holen wollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_3119"> Heute sag ichs Ackermann, heute gewiß, ich bin es ihm schuldig. — Stück um<lb/> Stück rang sie aus der Wanne und warfs in den Korb.</p><lb/> <p xml:id="ID_3120"> Ein böser Notbehelf ists, so wie es jetzt ist. — Der Korb war voll, die Wanne<lb/> war leer, Line trat an die zweite.</p><lb/> <p xml:id="ID_3121"> Mit mir kann keiner mehr Freude haben, ich kaun das Freuen nicht mehr,<lb/> nicht mal das Bübchen macht mir das Herz so recht warm.</p><lb/> <p xml:id="ID_3122"> Als sie an das Bübchen dachte, hob sie lauschend den Kopf, und wie sie<lb/> dabei die Nase gegen die Thür richtete, kam ihr ein häßlicher Dunst zum Be¬<lb/> wußtsein.</p><lb/> <p xml:id="ID_3123"> Wir haben widrigen Wind, dachte sie, der Qualm vom Bäcker drüben schlägt<lb/> in deu Hof.</p><lb/> <p xml:id="ID_3124"> Aber der Wind kam nicht vom Bäcker. 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Der goldne Engel
ganze Angustwcische der Schmiede steckte im Wusser, und um dieses wichtigen Falles
willen waren die Frauenzimmer schon lange vor Morgengrauen bei der Hand.
Line stauchte und rang, redete sich ins Gewissen und lauschte von Zeit zu
Zeit hinauf, wo das Bübchen schlief.
Nun oben, Wand an Wand mit dem Jungen, stand ja der Vater an der
Arbeit, aber daß der Vater eiuen Ruf seines Kindes hören würde, das bezweifelte
Line, die die Stadels gar so genau kannte. Besser schon, sie gab selber acht.
Also neigte sie von Zeit zu Zeit den Kopf gegen das Waschhausfenster, oder
lief einmal hinaus, die Holztreppe halb hinauf nach dem Gange. Da sah sie das
helle Viereck des Werkstattfensters leuchten wie zu Vaters Zeiten und dahinter den
Bruder am Glaskasten hantieren.
Das Kind schlief seinen gesegneten Schlaf, und Line lief wieder hinunter und
rang die Wäsche, die nett nachher hinaus nach dem Anger holen wollte.
Heute sag ichs Ackermann, heute gewiß, ich bin es ihm schuldig. — Stück um
Stück rang sie aus der Wanne und warfs in den Korb.
Ein böser Notbehelf ists, so wie es jetzt ist. — Der Korb war voll, die Wanne
war leer, Line trat an die zweite.
Mit mir kann keiner mehr Freude haben, ich kaun das Freuen nicht mehr,
nicht mal das Bübchen macht mir das Herz so recht warm.
Als sie an das Bübchen dachte, hob sie lauschend den Kopf, und wie sie
dabei die Nase gegen die Thür richtete, kam ihr ein häßlicher Dunst zum Be¬
wußtsein.
Wir haben widrigen Wind, dachte sie, der Qualm vom Bäcker drüben schlägt
in deu Hof.
Aber der Wind kam nicht vom Bäcker. Über das hohe Dach des goldnen
Engels strich er herüber, und der Qualm drängte sich durch Läden und Sparren
dieses Dachs und suchte sich eiuen Ausweg nach dem Seitengebäude, wo die guten
Gaben des Sommers nützlicher Verwendung entgegen trockneten.
Seltsam, dachte Line, so arg war das doch noch nie? Sie stauchte das Hemd
ius Wasser zurück und trat auf den Hof.
Der schwache Dämmerungsschein über des Bäckers Hans war ungetrübt, nicht
das kleinste Rauchwölkchen lag auf der Esse. Line wandte den Kopf.
Da! Da wars! Ein, zwei brandrote Angen stierten vom Drogenspeicher zu
ihr herab, jetzt schon das dritte, und unter dem festen Schieferdach der alten Apo¬
theke hatte das Unwesen anch einen Ausweg gefunden, dick und braun quoll es
empor, von ausstoßenden, znrnckzuckeudeu Flammenzungen erhellt: der goldne Engel
streckte feurige Arme aus, uni Ackermanns Schmiede zu erwürgen.
Einen Augenblick lang erstarrte Line im ersten jähen Schrecken, dann rief sie:
Feuer.
Aber die Stimme klang heiser und hilflos dünn, trotz der Morgenstille
ringsnm.
Feuer! rief sie noch einmal, rannte die Treppe hinauf und schlug an des
Bruders Fenster, rannte an Ackermanns Schlafzimmer und donnerte gegen die
Laden, riß Professor Kilbnrgs Klingel entzwei, lief zur Wäsche zurück, stopfte sie
in die Körbe und trug sie hinaus ins Freie.
Ackermann und seine Jungen waren schnell wach und bei Sinnen, im Nu
war Leben auf dem Hof an der Stadtmauer. Aber da war er auch schon taghell
von der prasselnden Lohe erleuchtet, die mit einer großen Stichflamme Besitz von
dem Kräuterboden ergriffen hatte.
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