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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Andreas Vppermanil

wenn die Vertragschließenden sich gleich stark und gleich einsichtig gegenüber¬
stehn. Daß dies beim Versicherungsvertrag nicht der Fall ist, ist oben gezeigt;
die Gesellschaften aber können sich auch später wie jetzt Konkurrenz macheu
bezüglich der Höhe der Prämien und durch die so viel gerühmte "Kulauz bei
der Regulierung."

Dringend wünschenswert wäre schließlich eine reichsgesetzliche Bestimmung,
wonach auf Anrufen des einen wie des andern Teils bei Streitigkeiten über
die Zahlungspflicht der Gesellschaft zunächst eine öffentliche Behörde mit allen
Befugnissen eines gesetzlichen Schiedsgerichts eine Vorentscheidung erläßt, gegen
die die Berufung auf den Rechtsweg stattfindet, in derselben Weise, wie dies
z. B. bei Streitigkeiten über die Entschädigung bei Enteignungen und sonst
vielfach gesetzlich vorgeschrieben ist; diese Vorentscheidung könnte bei geringern
Streitigkeiten den Polizei- oder Gemeindebehörden, bei größern Streitwerten
einer aus einem Rechtsverständiger und zwei anders befähigten Beisitzern ge¬
bildeten Behörde obliegen. Durch diese Regelung würden zahlreiche Prozesse
über Ansprüche aus Versicherungen vermieden, und dies ist aus dem besondern
Grunde wünschenswert, weil die Führung eines Prozesses für den Versicherten
etwas ganz andres ist als für die Gesellschaft. Für diese sind die Kosten
eines Prozesses kein irgendwie bedeutender Aufwand; anders für den Ver¬
sicherten, wenn man erwägt, daß gegenwärtig die Kosten eines Prozesses über
300, 3000, 30000 Mark, der durch die Instanzen geht, mit Leichtigkeit 150,
1500, 5000 Mark betragen, also zur Zerrüttung kleiner Vermögen führen
können, daß der Versicherte aber sowie seine Hinterbliebnen gerade beim
Eintritt des Versicherungsfalls oft in einer durch diesen hervvrgerufnen Not¬
lage sind.




Andreas Gppermann
Adolf Stern Lrinnerungsblätter von

s ist nun schon länger als drei Jahre her, daß Andreas Oppermann,
der talentvolle und lebensfrohe, dem Kreise, in dem er wirkte, und
den Menschen, denen er lieb und unersetzlich war, durch den Tod ent¬
rückt wurde. Erdrückt, nicht entrissen. Denn wer der ursprünglichen
und besondern Natur und Persönlichkeit des geistvollen Mannes, des
liebenswürdigen Menschen jemals näher gekommen war, der hatte
von ihr Eindrücke empfangen, die sich merklich von den Eindrücken andrer Begeg¬
nungen unterschieden und etwas von den wirksamen und unvergänglichen Eindrücken
guter Gestalten der Dichtung in sich trugen.

Der einfache Rechtsanwalt in einer Provinzialstadt der sächsischen Oberlausitz


Andreas Vppermanil

wenn die Vertragschließenden sich gleich stark und gleich einsichtig gegenüber¬
stehn. Daß dies beim Versicherungsvertrag nicht der Fall ist, ist oben gezeigt;
die Gesellschaften aber können sich auch später wie jetzt Konkurrenz macheu
bezüglich der Höhe der Prämien und durch die so viel gerühmte „Kulauz bei
der Regulierung."

Dringend wünschenswert wäre schließlich eine reichsgesetzliche Bestimmung,
wonach auf Anrufen des einen wie des andern Teils bei Streitigkeiten über
die Zahlungspflicht der Gesellschaft zunächst eine öffentliche Behörde mit allen
Befugnissen eines gesetzlichen Schiedsgerichts eine Vorentscheidung erläßt, gegen
die die Berufung auf den Rechtsweg stattfindet, in derselben Weise, wie dies
z. B. bei Streitigkeiten über die Entschädigung bei Enteignungen und sonst
vielfach gesetzlich vorgeschrieben ist; diese Vorentscheidung könnte bei geringern
Streitigkeiten den Polizei- oder Gemeindebehörden, bei größern Streitwerten
einer aus einem Rechtsverständiger und zwei anders befähigten Beisitzern ge¬
bildeten Behörde obliegen. Durch diese Regelung würden zahlreiche Prozesse
über Ansprüche aus Versicherungen vermieden, und dies ist aus dem besondern
Grunde wünschenswert, weil die Führung eines Prozesses für den Versicherten
etwas ganz andres ist als für die Gesellschaft. Für diese sind die Kosten
eines Prozesses kein irgendwie bedeutender Aufwand; anders für den Ver¬
sicherten, wenn man erwägt, daß gegenwärtig die Kosten eines Prozesses über
300, 3000, 30000 Mark, der durch die Instanzen geht, mit Leichtigkeit 150,
1500, 5000 Mark betragen, also zur Zerrüttung kleiner Vermögen führen
können, daß der Versicherte aber sowie seine Hinterbliebnen gerade beim
Eintritt des Versicherungsfalls oft in einer durch diesen hervvrgerufnen Not¬
lage sind.




Andreas Gppermann
Adolf Stern Lrinnerungsblätter von

s ist nun schon länger als drei Jahre her, daß Andreas Oppermann,
der talentvolle und lebensfrohe, dem Kreise, in dem er wirkte, und
den Menschen, denen er lieb und unersetzlich war, durch den Tod ent¬
rückt wurde. Erdrückt, nicht entrissen. Denn wer der ursprünglichen
und besondern Natur und Persönlichkeit des geistvollen Mannes, des
liebenswürdigen Menschen jemals näher gekommen war, der hatte
von ihr Eindrücke empfangen, die sich merklich von den Eindrücken andrer Begeg¬
nungen unterschieden und etwas von den wirksamen und unvergänglichen Eindrücken
guter Gestalten der Dichtung in sich trugen.

Der einfache Rechtsanwalt in einer Provinzialstadt der sächsischen Oberlausitz


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[0666] Andreas Vppermanil wenn die Vertragschließenden sich gleich stark und gleich einsichtig gegenüber¬ stehn. Daß dies beim Versicherungsvertrag nicht der Fall ist, ist oben gezeigt; die Gesellschaften aber können sich auch später wie jetzt Konkurrenz macheu bezüglich der Höhe der Prämien und durch die so viel gerühmte „Kulauz bei der Regulierung." Dringend wünschenswert wäre schließlich eine reichsgesetzliche Bestimmung, wonach auf Anrufen des einen wie des andern Teils bei Streitigkeiten über die Zahlungspflicht der Gesellschaft zunächst eine öffentliche Behörde mit allen Befugnissen eines gesetzlichen Schiedsgerichts eine Vorentscheidung erläßt, gegen die die Berufung auf den Rechtsweg stattfindet, in derselben Weise, wie dies z. B. bei Streitigkeiten über die Entschädigung bei Enteignungen und sonst vielfach gesetzlich vorgeschrieben ist; diese Vorentscheidung könnte bei geringern Streitigkeiten den Polizei- oder Gemeindebehörden, bei größern Streitwerten einer aus einem Rechtsverständiger und zwei anders befähigten Beisitzern ge¬ bildeten Behörde obliegen. Durch diese Regelung würden zahlreiche Prozesse über Ansprüche aus Versicherungen vermieden, und dies ist aus dem besondern Grunde wünschenswert, weil die Führung eines Prozesses für den Versicherten etwas ganz andres ist als für die Gesellschaft. Für diese sind die Kosten eines Prozesses kein irgendwie bedeutender Aufwand; anders für den Ver¬ sicherten, wenn man erwägt, daß gegenwärtig die Kosten eines Prozesses über 300, 3000, 30000 Mark, der durch die Instanzen geht, mit Leichtigkeit 150, 1500, 5000 Mark betragen, also zur Zerrüttung kleiner Vermögen führen können, daß der Versicherte aber sowie seine Hinterbliebnen gerade beim Eintritt des Versicherungsfalls oft in einer durch diesen hervvrgerufnen Not¬ lage sind. Andreas Gppermann Adolf Stern Lrinnerungsblätter von s ist nun schon länger als drei Jahre her, daß Andreas Oppermann, der talentvolle und lebensfrohe, dem Kreise, in dem er wirkte, und den Menschen, denen er lieb und unersetzlich war, durch den Tod ent¬ rückt wurde. Erdrückt, nicht entrissen. Denn wer der ursprünglichen und besondern Natur und Persönlichkeit des geistvollen Mannes, des liebenswürdigen Menschen jemals näher gekommen war, der hatte von ihr Eindrücke empfangen, die sich merklich von den Eindrücken andrer Begeg¬ nungen unterschieden und etwas von den wirksamen und unvergänglichen Eindrücken guter Gestalten der Dichtung in sich trugen. Der einfache Rechtsanwalt in einer Provinzialstadt der sächsischen Oberlausitz

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/666>, abgerufen am 23.07.2024.