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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Line plattdeutsche Dichterin

Das kurze Schlußgedicht dieser Abteilung endlich "Dat Kind hier Nachtgebet"
kann in seiner Einfachheit geradezu als vollendet bezeichnet werden; so empfindet
ein Kind!

Das dritte Strüzing "Ut swore Sturnen" gewährt uns einen tiefen
Einblick in das ergreifende Geschick der Dichterin, und doch ist das allzu
Persönliche soweit abgestreift, daß jede Beeinträchtigung des rein künstlerischen
Genusses vermieden wird. Das Eingangslied "Äwer Nacht," das erst vor
wenigen Jahren entstanden ist, wage ich, ohne Widerspruch zu fürchten, eine
lyrische Perle zu nennen; am liebsten setzte ich es ganz hierher, doch muß ich
wich mit einer Strophe begnügen:

Das nächste Gedicht "Ik sach hüt in 'ne Mahl" (Mühle) zeigt uns das
Leid der Dichterin in einem ergreifenden Bilde, und ähnlich enthält "Jn'n
schummern" einen düstern Rückblick auf ihr Leben, wenn auch mit etwas
lichterin Schlüsse. Noch mehr in die Tiefen ihres Kummers führt uns "Ik
wol furt!", ein ergreifender Schrei um Erlösung aus der Heilanstalt, die
übrigens mit schöner Zurückhaltung nirgends deutlich bezeichnet wird.

In dem innigen "Wetter tu Hus!" sehen wir ihren Herzenswunsch erfüllt.
" s Nachts" kann wohl als ein Seitenstück zu Gretchens Lied am Spinnrad
aus dem "Faust" bezeichnet werden, ohne doch irgend wie eine schwächliche
Nachahmung zu wirken. Wiederum eine schöne Symbolik herrscht in "En
Mann fett in Gedanken." Daß der Dichterin auch tief religiöses Empfinden
^gen ist, zeigen namentlich die Gedichte "Lewen, Lewen, Lewen" und das
noch schönere "Weh' still!"

Das vierte Strüzing endlich "Johrstiden" steht als ganzes wohl am
höchsten. Hier werden ähnlich wie in "Äwer Nacht" Töne angeschlagen,


Line plattdeutsche Dichterin

Das kurze Schlußgedicht dieser Abteilung endlich „Dat Kind hier Nachtgebet"
kann in seiner Einfachheit geradezu als vollendet bezeichnet werden; so empfindet
ein Kind!

Das dritte Strüzing „Ut swore Sturnen" gewährt uns einen tiefen
Einblick in das ergreifende Geschick der Dichterin, und doch ist das allzu
Persönliche soweit abgestreift, daß jede Beeinträchtigung des rein künstlerischen
Genusses vermieden wird. Das Eingangslied „Äwer Nacht," das erst vor
wenigen Jahren entstanden ist, wage ich, ohne Widerspruch zu fürchten, eine
lyrische Perle zu nennen; am liebsten setzte ich es ganz hierher, doch muß ich
wich mit einer Strophe begnügen:

Das nächste Gedicht „Ik sach hüt in 'ne Mahl" (Mühle) zeigt uns das
Leid der Dichterin in einem ergreifenden Bilde, und ähnlich enthält „Jn'n
schummern" einen düstern Rückblick auf ihr Leben, wenn auch mit etwas
lichterin Schlüsse. Noch mehr in die Tiefen ihres Kummers führt uns „Ik
wol furt!", ein ergreifender Schrei um Erlösung aus der Heilanstalt, die
übrigens mit schöner Zurückhaltung nirgends deutlich bezeichnet wird.

In dem innigen „Wetter tu Hus!" sehen wir ihren Herzenswunsch erfüllt.
" s Nachts" kann wohl als ein Seitenstück zu Gretchens Lied am Spinnrad
aus dem „Faust" bezeichnet werden, ohne doch irgend wie eine schwächliche
Nachahmung zu wirken. Wiederum eine schöne Symbolik herrscht in „En
Mann fett in Gedanken." Daß der Dichterin auch tief religiöses Empfinden
^gen ist, zeigen namentlich die Gedichte „Lewen, Lewen, Lewen" und das
noch schönere „Weh' still!"

Das vierte Strüzing endlich „Johrstiden" steht als ganzes wohl am
höchsten. Hier werden ähnlich wie in „Äwer Nacht" Töne angeschlagen,


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[0542] Line plattdeutsche Dichterin Das kurze Schlußgedicht dieser Abteilung endlich „Dat Kind hier Nachtgebet" kann in seiner Einfachheit geradezu als vollendet bezeichnet werden; so empfindet ein Kind! Das dritte Strüzing „Ut swore Sturnen" gewährt uns einen tiefen Einblick in das ergreifende Geschick der Dichterin, und doch ist das allzu Persönliche soweit abgestreift, daß jede Beeinträchtigung des rein künstlerischen Genusses vermieden wird. Das Eingangslied „Äwer Nacht," das erst vor wenigen Jahren entstanden ist, wage ich, ohne Widerspruch zu fürchten, eine lyrische Perle zu nennen; am liebsten setzte ich es ganz hierher, doch muß ich wich mit einer Strophe begnügen: Das nächste Gedicht „Ik sach hüt in 'ne Mahl" (Mühle) zeigt uns das Leid der Dichterin in einem ergreifenden Bilde, und ähnlich enthält „Jn'n schummern" einen düstern Rückblick auf ihr Leben, wenn auch mit etwas lichterin Schlüsse. Noch mehr in die Tiefen ihres Kummers führt uns „Ik wol furt!", ein ergreifender Schrei um Erlösung aus der Heilanstalt, die übrigens mit schöner Zurückhaltung nirgends deutlich bezeichnet wird. In dem innigen „Wetter tu Hus!" sehen wir ihren Herzenswunsch erfüllt. " s Nachts" kann wohl als ein Seitenstück zu Gretchens Lied am Spinnrad aus dem „Faust" bezeichnet werden, ohne doch irgend wie eine schwächliche Nachahmung zu wirken. Wiederum eine schöne Symbolik herrscht in „En Mann fett in Gedanken." Daß der Dichterin auch tief religiöses Empfinden ^gen ist, zeigen namentlich die Gedichte „Lewen, Lewen, Lewen" und das noch schönere „Weh' still!" Das vierte Strüzing endlich „Johrstiden" steht als ganzes wohl am höchsten. Hier werden ähnlich wie in „Äwer Nacht" Töne angeschlagen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/542>, abgerufen am 12.12.2024.