Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.ihm geantwortet, und so mußte er sich denn mit einem Schlitten begnügen. Sein Der Weg war so verschneit, daß Gräben und Zäune häufig ausgeglichen Kennst du Midskov? fragte der Leutnant seinen Kutscher. Ja, er sei dort bekannt; und durch eifriges Fragen erhielt der Leutnant allerlei Der Besitzer, Jägermeister Brvrstrup, sei ein "niederträchtiger" Mann und Und dann lehnte sich der Leutnant in den Schlitten zurück und malte sich Mit seinen beide" Seitenflügeln hob sich das alte Gebände finster von der Lange sollte er jedoch nicht Muße haben, sich weichern Gefühlen hinzugeben, Der Leutnant sprang schnell aus dem Schlitten, stellte sich vor und wollte Wolle" Sie uur vor allen Dingen ablegen, und dann seien Sie mir herzlich Der Leutnant kam in ein einfach ausgestattetes Fremdenzimmer, machte schnell ihm geantwortet, und so mußte er sich denn mit einem Schlitten begnügen. Sein Der Weg war so verschneit, daß Gräben und Zäune häufig ausgeglichen Kennst du Midskov? fragte der Leutnant seinen Kutscher. Ja, er sei dort bekannt; und durch eifriges Fragen erhielt der Leutnant allerlei Der Besitzer, Jägermeister Brvrstrup, sei ein „niederträchtiger" Mann und Und dann lehnte sich der Leutnant in den Schlitten zurück und malte sich Mit seinen beide» Seitenflügeln hob sich das alte Gebände finster von der Lange sollte er jedoch nicht Muße haben, sich weichern Gefühlen hinzugeben, Der Leutnant sprang schnell aus dem Schlitten, stellte sich vor und wollte Wolle» Sie uur vor allen Dingen ablegen, und dann seien Sie mir herzlich Der Leutnant kam in ein einfach ausgestattetes Fremdenzimmer, machte schnell <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229447"/> <p xml:id="ID_1412" prev="#ID_1411"> ihm geantwortet, und so mußte er sich denn mit einem Schlitten begnügen. Sein<lb/> Koffer wurde hinten aufgeschnallt, er selber in einen Schafpelz-Fußsack gesteckt, und<lb/> dann gings von dannen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1413"> Der Weg war so verschneit, daß Gräben und Zäune häufig ausgeglichen<lb/> waren. Die Pferde versanken oft bis an den Bauch und schwitzten so, daß der<lb/> Dampf von ihnen aufstieg, aber vorwärts ging es doch, wenn auch nur langsam.</p><lb/> <p xml:id="ID_1414"> Kennst du Midskov? fragte der Leutnant seinen Kutscher.</p><lb/> <p xml:id="ID_1415"> Ja, er sei dort bekannt; und durch eifriges Fragen erhielt der Leutnant allerlei<lb/> Aufschlüsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1416"> Der Besitzer, Jägermeister Brvrstrup, sei ein „niederträchtiger" Mann und<lb/> .,gemein" mit allen und jedem. Er halte sich nicht für zu gut, Karten mit einem<lb/> Bauern zu spielen — aber er sollte wohl eigentlich das Kartenspielen lieber bleiben<lb/> lassen, denn er verlöre meistens — und er tränke seinen Grog und seinen Punsch<lb/> wie nur eiuer. Schießen, darauf verstünde er sich, und seine Hunde — die Hühner¬<lb/> hunde wie die Teckel — wären weit über Viborg hinaus bekannt, aber manchmal<lb/> wäre er ein wenig sonderbar, und das Gut zu bewirtschaften, dazu taugte er nun<lb/> gar nicht, er habe keinen Verstand für das Vieh; und das Ende vom Liede würde<lb/> wohl sein, daß sie ihm eines Tags den Kasten über dem Kopf weg verkauften.<lb/> Und seine Frau? — Ja, die sei schon vor langen Jahren gestorben — sie wäre<lb/> übrigens von weither gewesen, von den Inseln her — aber er hätte zwei Töchter;<lb/> eine, die halberwachsen wäre, und eine, die in den Zwanzigern wäre. — Ob sie<lb/> zu Hause wären? — Ja, das wären sie wohl.</p><lb/> <p xml:id="ID_1417"> Und dann lehnte sich der Leutnant in den Schlitten zurück und malte sich<lb/> aus, wie der Jägermeister und die halberwachsene Tochter wohl aussähen — das<lb/> Äußere der Ältern kannte er ja; und eine halbe Stunde später zeigte der Kutscher<lb/> mit der Peitsche in die Ferne, wo ein Licht sichtbar wurde, und sagte: Da liegt<lb/> Midskov!</p><lb/> <p xml:id="ID_1418"> Mit seinen beide» Seitenflügeln hob sich das alte Gebände finster von der<lb/> weißen Umgebung ob. An der einen Ecke dämmerte ein runder Turm auf, und<lb/> "us diesem strahlte ein rotes Licht herab — der Leutnant sagte sich sogleich, daß<lb/> dies natürlich „ihr" Zimmer sein müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1419"> Lange sollte er jedoch nicht Muße haben, sich weichern Gefühlen hinzugeben,<lb/> denn kaum bog der Schlitten in den Hof ein und hielt vor der steinernen Treppe<lb/> zur Linken, als auch schon innen ein Höllenlärm von bellenden Hunden losging;<lb/> die Thür wurde aufgerissen, und im Schein des Lichts wurde ein großer Mann<lb/> langen Stiefeln und Hemdärmeln sichtbar, der mit dem Fuß ein paar Hunde<lb/> zur Seite stieß und fragte, wer da käme.</p><lb/> <p xml:id="ID_1420"> Der Leutnant sprang schnell aus dem Schlitten, stellte sich vor und wollte<lb/> ^es anschicken zu erzählen, weshalb er käme, aber dazu wurde ihm keine Zeit ge¬<lb/> lassen, denn Jägermeister Brvrstrnp — er war es, der herausgekommen war —<lb/> ^griff sofort das Wort und sagte:</p><lb/> <p xml:id="ID_1421"> Wolle» Sie uur vor allen Dingen ablegen, und dann seien Sie mir herzlich<lb/> willkommen! Ja, verzeihen Sie. daß ich Ihnen nicht die Hand biete, aber ich war<lb/> eben dabei, einen Nußhäher auszustopfen, den ich hente nachmittag geschossen habe,<lb/> und davon habe ich Blut an den Händen. — So! Ab mit dem Pelz! — Willst<lb/> du dich wohl tuschen, Unkas! — Ane, führe den Herrn Leutnant ins große<lb/> Fremdenzimmer hinauf und heize den Kachelofen ein, sodaß es ordentlich verschlägt,<lb/> ^ ist ja huudekalt! — Ja, Sie kommen wohl herunter, sobald Sie sich ein wenig<lb/> Surecht gemacht haben!</p><lb/> <p xml:id="ID_1422" next="#ID_1423"> Der Leutnant kam in ein einfach ausgestattetes Fremdenzimmer, machte schnell</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0498]
ihm geantwortet, und so mußte er sich denn mit einem Schlitten begnügen. Sein
Koffer wurde hinten aufgeschnallt, er selber in einen Schafpelz-Fußsack gesteckt, und
dann gings von dannen.
Der Weg war so verschneit, daß Gräben und Zäune häufig ausgeglichen
waren. Die Pferde versanken oft bis an den Bauch und schwitzten so, daß der
Dampf von ihnen aufstieg, aber vorwärts ging es doch, wenn auch nur langsam.
Kennst du Midskov? fragte der Leutnant seinen Kutscher.
Ja, er sei dort bekannt; und durch eifriges Fragen erhielt der Leutnant allerlei
Aufschlüsse.
Der Besitzer, Jägermeister Brvrstrup, sei ein „niederträchtiger" Mann und
.,gemein" mit allen und jedem. Er halte sich nicht für zu gut, Karten mit einem
Bauern zu spielen — aber er sollte wohl eigentlich das Kartenspielen lieber bleiben
lassen, denn er verlöre meistens — und er tränke seinen Grog und seinen Punsch
wie nur eiuer. Schießen, darauf verstünde er sich, und seine Hunde — die Hühner¬
hunde wie die Teckel — wären weit über Viborg hinaus bekannt, aber manchmal
wäre er ein wenig sonderbar, und das Gut zu bewirtschaften, dazu taugte er nun
gar nicht, er habe keinen Verstand für das Vieh; und das Ende vom Liede würde
wohl sein, daß sie ihm eines Tags den Kasten über dem Kopf weg verkauften.
Und seine Frau? — Ja, die sei schon vor langen Jahren gestorben — sie wäre
übrigens von weither gewesen, von den Inseln her — aber er hätte zwei Töchter;
eine, die halberwachsen wäre, und eine, die in den Zwanzigern wäre. — Ob sie
zu Hause wären? — Ja, das wären sie wohl.
Und dann lehnte sich der Leutnant in den Schlitten zurück und malte sich
aus, wie der Jägermeister und die halberwachsene Tochter wohl aussähen — das
Äußere der Ältern kannte er ja; und eine halbe Stunde später zeigte der Kutscher
mit der Peitsche in die Ferne, wo ein Licht sichtbar wurde, und sagte: Da liegt
Midskov!
Mit seinen beide» Seitenflügeln hob sich das alte Gebände finster von der
weißen Umgebung ob. An der einen Ecke dämmerte ein runder Turm auf, und
"us diesem strahlte ein rotes Licht herab — der Leutnant sagte sich sogleich, daß
dies natürlich „ihr" Zimmer sein müsse.
Lange sollte er jedoch nicht Muße haben, sich weichern Gefühlen hinzugeben,
denn kaum bog der Schlitten in den Hof ein und hielt vor der steinernen Treppe
zur Linken, als auch schon innen ein Höllenlärm von bellenden Hunden losging;
die Thür wurde aufgerissen, und im Schein des Lichts wurde ein großer Mann
langen Stiefeln und Hemdärmeln sichtbar, der mit dem Fuß ein paar Hunde
zur Seite stieß und fragte, wer da käme.
Der Leutnant sprang schnell aus dem Schlitten, stellte sich vor und wollte
^es anschicken zu erzählen, weshalb er käme, aber dazu wurde ihm keine Zeit ge¬
lassen, denn Jägermeister Brvrstrnp — er war es, der herausgekommen war —
^griff sofort das Wort und sagte:
Wolle» Sie uur vor allen Dingen ablegen, und dann seien Sie mir herzlich
willkommen! Ja, verzeihen Sie. daß ich Ihnen nicht die Hand biete, aber ich war
eben dabei, einen Nußhäher auszustopfen, den ich hente nachmittag geschossen habe,
und davon habe ich Blut an den Händen. — So! Ab mit dem Pelz! — Willst
du dich wohl tuschen, Unkas! — Ane, führe den Herrn Leutnant ins große
Fremdenzimmer hinauf und heize den Kachelofen ein, sodaß es ordentlich verschlägt,
^ ist ja huudekalt! — Ja, Sie kommen wohl herunter, sobald Sie sich ein wenig
Surecht gemacht haben!
Der Leutnant kam in ein einfach ausgestattetes Fremdenzimmer, machte schnell
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |