Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Jahbücher daran ihre Freude wohl haben könnten. Es ließe sich denken, daß beide Teile Anton Vettelheim hat unter dem Titel ^c-eg. ckiurna (Wien, Hart¬ Jahbücher daran ihre Freude wohl haben könnten. Es ließe sich denken, daß beide Teile Anton Vettelheim hat unter dem Titel ^c-eg. ckiurna (Wien, Hart¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229221"/> <fw type="header" place="top"> Jahbücher</fw><lb/> <p xml:id="ID_748" prev="#ID_747"> daran ihre Freude wohl haben könnten. Es ließe sich denken, daß beide Teile<lb/> nach der Lektüre des eleganten Büchleins das Gefühl hätten, nicht recht auf<lb/> ihre Kosten gekommen zu sein. — Angewandtes und für jedermann brauchbares<lb/> Christentum könnte man Tory Schumachers „Du und deine Hausgenosse»"<lb/> (Ravensburg, Otto Maier) nennen. Den Inhalt sieht man aus den einzelnen<lb/> Abteilungen von deu Großeltern bis zu den Gästen im Hause, von den<lb/> Kindern. Gouvernanten und Dienenden bis zu den Hunden, Katzen und Papa¬<lb/> geien, aber was dieses Buch von ähnlichen über den guten Ton unterscheidet,<lb/> ist nicht die Mannigfaltigkeit der Fälle, sondern die feine Gesinnung, die aus<lb/> den sehr einfachen und als Gegenstand der Lektüre einleuchtenden Vorschriften<lb/> spricht. Wir wissen leider, daß mit solchen Mitteln die Leiden zusammen¬<lb/> lebender Mietbewohner nicht gehoben werden können, sonst würden wir jedem<lb/> raten, das Buch zu kaufen. Aber wir finden wirklich über manche Punkte<lb/> hier so außerordentlich vernünftig gehandelt, daß wir uns folgende Anwendung<lb/> des Büchleins möglich denken könnten. Bekanntlich machen, wenn einmal<lb/> unter Hausgenossen gewisse Verstimmungen stattgefunden haben. Versuche zum<lb/> Aussprechen das Übel eher noch schlimmer; man ist nicht mehr unbefangen,<lb/> und jeder Teil rechnet mit der Möglichkeit einer Kriegserklärung. In einem<lb/> solchen Falle würde ein Exemplar von Tory Schumacher mit einem Zeichen<lb/> zwischen den betreffenden Blättern, wo eine heilsame Vorschrift steht, und mit<lb/> der Bitte um freundliche Rückgabe wahrscheinlich eine gute Aufnahme finden.<lb/> Die Behandlung der Konflikte ist unparteiisch, jedem wird sein Teil an Verweis<lb/> und Ermahnung zugewvgeu. Und es ist ja richtig, wenn der eine sich sagte,<lb/> daß er seinen Hund nicht mit Schmutzpfoten über die Treppen des andern<lb/> laufen lassen darf, und der andre es nicht so gar schlimm findet, wenn der<lb/> Hund es trotzdem thut, so giebt es über solche Dinge keinen Verdruß mehr.<lb/> Nur nach dem letzten Kapitel zu urteilen, scheint uns die Verfasserin in<lb/> Bezug auf die Hallstiere von den Wegen der Gerechtigkeit um einige Finger¬<lb/> breiten abgewichen und des Besitzes einer Hauskatze einigermaßen verdächtig<lb/> SU sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_749" next="#ID_750"> Anton Vettelheim hat unter dem Titel ^c-eg. ckiurna (Wien, Hart¬<lb/> leben) eine Neue Folge gesammelter Aufsätze aus Zeitungen, namentlich Litte¬<lb/> raturberichte der Kosmopolit herausgegeben. Die Frage nach der Berechtigung<lb/> der Sammlung, die der Verfasser selbst aufwirft, brauchte ihm keine Sorge zu<lb/> machen, denn sein Buch enthält vielerlei Gedanken und zeigt ein auf festen<lb/> Ansichten ruhendes Urteil. Ein zusammenhängendes Gebiet bilden die Berichte<lb/> über das Vurgtheater mit Rücksicht auf bedeutende Schauspieler (Mitterwurzer.<lb/> Charlotte Wolter) und die Personen der Leitung seit Laube. Andres hängt<lb/> mit der Judenfrage zusammen. Der Verfasser, der „als geborner deutscher<lb/> Jude mit Leib und Seele an seinen Familienerinnerungen ebenso treu hangt<lb/> wie an seiner Heimat." spricht sich energisch gegen den Zionismus aus<lb/> (Theodor Herzl. Max Nordan), über den die Juden unter sich fertig werden<lb/> mögen. Als alten und unbeteiligten Beobachter hat mich eine kurze Be¬<lb/> merkung Bettelheims an einer ganz andern Stelle, nämlich bei der Besprechung<lb/> der Briefe Billroths eigentümlich berührt. Am Ende der sechziger ^ahre ging<lb/> litterarisch interessirten Kreisen Berlins, namentlich auch in orientalllch ge¬<lb/> richteten eine namenlos erschienene Broschüre um, die man Laster zuschrieb,<lb/> den jemand an einer einzigen Wendung darin erkannt hatte. Diese „Bekennt¬<lb/> nisse einer Mannesseele" fanden die meisten rührend, manche aber auch wenig<lb/> männlich, insofern, deutlich gesagt, der Bekenner in einem Hause, wo er als</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
Jahbücher
daran ihre Freude wohl haben könnten. Es ließe sich denken, daß beide Teile
nach der Lektüre des eleganten Büchleins das Gefühl hätten, nicht recht auf
ihre Kosten gekommen zu sein. — Angewandtes und für jedermann brauchbares
Christentum könnte man Tory Schumachers „Du und deine Hausgenosse»"
(Ravensburg, Otto Maier) nennen. Den Inhalt sieht man aus den einzelnen
Abteilungen von deu Großeltern bis zu den Gästen im Hause, von den
Kindern. Gouvernanten und Dienenden bis zu den Hunden, Katzen und Papa¬
geien, aber was dieses Buch von ähnlichen über den guten Ton unterscheidet,
ist nicht die Mannigfaltigkeit der Fälle, sondern die feine Gesinnung, die aus
den sehr einfachen und als Gegenstand der Lektüre einleuchtenden Vorschriften
spricht. Wir wissen leider, daß mit solchen Mitteln die Leiden zusammen¬
lebender Mietbewohner nicht gehoben werden können, sonst würden wir jedem
raten, das Buch zu kaufen. Aber wir finden wirklich über manche Punkte
hier so außerordentlich vernünftig gehandelt, daß wir uns folgende Anwendung
des Büchleins möglich denken könnten. Bekanntlich machen, wenn einmal
unter Hausgenossen gewisse Verstimmungen stattgefunden haben. Versuche zum
Aussprechen das Übel eher noch schlimmer; man ist nicht mehr unbefangen,
und jeder Teil rechnet mit der Möglichkeit einer Kriegserklärung. In einem
solchen Falle würde ein Exemplar von Tory Schumacher mit einem Zeichen
zwischen den betreffenden Blättern, wo eine heilsame Vorschrift steht, und mit
der Bitte um freundliche Rückgabe wahrscheinlich eine gute Aufnahme finden.
Die Behandlung der Konflikte ist unparteiisch, jedem wird sein Teil an Verweis
und Ermahnung zugewvgeu. Und es ist ja richtig, wenn der eine sich sagte,
daß er seinen Hund nicht mit Schmutzpfoten über die Treppen des andern
laufen lassen darf, und der andre es nicht so gar schlimm findet, wenn der
Hund es trotzdem thut, so giebt es über solche Dinge keinen Verdruß mehr.
Nur nach dem letzten Kapitel zu urteilen, scheint uns die Verfasserin in
Bezug auf die Hallstiere von den Wegen der Gerechtigkeit um einige Finger¬
breiten abgewichen und des Besitzes einer Hauskatze einigermaßen verdächtig
SU sein.
Anton Vettelheim hat unter dem Titel ^c-eg. ckiurna (Wien, Hart¬
leben) eine Neue Folge gesammelter Aufsätze aus Zeitungen, namentlich Litte¬
raturberichte der Kosmopolit herausgegeben. Die Frage nach der Berechtigung
der Sammlung, die der Verfasser selbst aufwirft, brauchte ihm keine Sorge zu
machen, denn sein Buch enthält vielerlei Gedanken und zeigt ein auf festen
Ansichten ruhendes Urteil. Ein zusammenhängendes Gebiet bilden die Berichte
über das Vurgtheater mit Rücksicht auf bedeutende Schauspieler (Mitterwurzer.
Charlotte Wolter) und die Personen der Leitung seit Laube. Andres hängt
mit der Judenfrage zusammen. Der Verfasser, der „als geborner deutscher
Jude mit Leib und Seele an seinen Familienerinnerungen ebenso treu hangt
wie an seiner Heimat." spricht sich energisch gegen den Zionismus aus
(Theodor Herzl. Max Nordan), über den die Juden unter sich fertig werden
mögen. Als alten und unbeteiligten Beobachter hat mich eine kurze Be¬
merkung Bettelheims an einer ganz andern Stelle, nämlich bei der Besprechung
der Briefe Billroths eigentümlich berührt. Am Ende der sechziger ^ahre ging
litterarisch interessirten Kreisen Berlins, namentlich auch in orientalllch ge¬
richteten eine namenlos erschienene Broschüre um, die man Laster zuschrieb,
den jemand an einer einzigen Wendung darin erkannt hatte. Diese „Bekennt¬
nisse einer Mannesseele" fanden die meisten rührend, manche aber auch wenig
männlich, insofern, deutlich gesagt, der Bekenner in einem Hause, wo er als
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