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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Litteratur

Teil des Ertrags der Rohvrvdnktion oder der Benutzung des Bodens, welcher nach
den richtigen Grundsätzen der Ertragsteilung dein Grund und Boden als solchem
zugerechnet werden muß." Wir möchten den Studenten wohl sehen, der das ver¬
steht! Wir selbst verstehens natürlich auch nicht, aber wir können erraten, was
dem Verfasser vorgeschwebt hat, und was ihm entweder nicht ganz klar geworden
ist, oder was er sich nicht getraut hat zu sagen. Es ist folgendes. So lange
freies Land vorhanden ist, und jeder Pflügen, säen und Hütten bauen kann, wo es
ihm beliebt, da wirft der Boden selbstverständlich nnr dem Arbeitenden Ertrag ab.
Ist dagegen aller Boden in Privatbesitz, dann wirft er außer dem Ertrage für
den Arbeitenden noch eine zweite Art von Ertrag ab, die dem Besitzer nicht durch
seine Arbeit, sondern nur kraft seines Eigentumrechts zufließt. Wer in dem Walde
dieses Besitzers Holz fällen, wer auf seinen Bauplätzen bauen, wer ans seinem Acker
pflügen, auf seine Weiden Vieh treiben will, der muß seine Erlaubnis nachsuchen
und ihm die gewährte Erlaubnis entweder mit einer dauernden Rente bezahlen
oder mit einem Kapital, das seinerseits Zins abwirft. Das ist die Grundrente.
Grundrente ist also das Einkommen, das der Boden seinem Eigentümer ohne dessen
eigne Arbeit lediglich auf Grund seines Eigentumrechts abwirft, oder: Grundrente
ist die Abgabe, die der Benutzer oder Bearbeiter von Grundstücken, die ihm nicht
gehören, dem Eigentümer zu entrichten hat. In manchen Fällen, z. B. beim Berg¬
regal, nimmt die Grundrente auch gesetzlich die Gestalt einer Abgabe an. Benutze
oder bebaut der Eigentümer seinen Boden selbst, dann bezieht er die Grundrente
in Gestalt einer Verminderung entweder seiner Unterhaltskosten oder seiner Pro¬
duktionskosten. Der Eigentümer eines Wohnhauses braucht kein Geld ans Wohnungs-
miete zu verdienen. Der Eigentümer eines Gasthauses, der Landwirt, der sein
eignes Gut bewirtschaftet, die brauchen keinen Pacht zu zahlen; die Produktions¬
oder Betriebskosten des Pächters sind um die Pacht höher. Haben die Eigentümer
Hypotheken ans ihren Häusern oder Landgütern, so sind sie nur Mitbesitzer, und
die Grundrente teilt sich unter sämtliche Mitbesitzer. Je knapper der Boden in
einer Stadt, in einer Gegend, in einem Lande wird, desto höher steigt natürlich
dnrch die Konkurrenz sein Preis und damit die Grundrente, Werden große Flächen
durch die tote Hand dem Verkehr entzogen, so wirkt das wie Bodenvermindernng
und steigert die Grundrente; wird bisher wertloser Boden großer Kolonialländer
angebaut, dessen Getreide dem der alten Kulturländer Konkurrenz macht, so wirkt
das so, wie wenn diesen Boden zugewachsen wäre und vermindert ihre landwirt¬
schaftliche Grundrente. Wir meinen, das wird jeder Student verstehen. Zucker-
kandls Artikel ist überhaupt ganz ungenügend; die vernichtende Kritik, die Rvd-
bcrtus an Ricardos Grundrententheorie geübt hat, scheint er gar nicht zu kennen.

Alles in allem: ein sehr nützliches Werk für solche, die schon gehörig unter¬
richtet sind und Kritik zu üben vermögen.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

Teil des Ertrags der Rohvrvdnktion oder der Benutzung des Bodens, welcher nach
den richtigen Grundsätzen der Ertragsteilung dein Grund und Boden als solchem
zugerechnet werden muß." Wir möchten den Studenten wohl sehen, der das ver¬
steht! Wir selbst verstehens natürlich auch nicht, aber wir können erraten, was
dem Verfasser vorgeschwebt hat, und was ihm entweder nicht ganz klar geworden
ist, oder was er sich nicht getraut hat zu sagen. Es ist folgendes. So lange
freies Land vorhanden ist, und jeder Pflügen, säen und Hütten bauen kann, wo es
ihm beliebt, da wirft der Boden selbstverständlich nnr dem Arbeitenden Ertrag ab.
Ist dagegen aller Boden in Privatbesitz, dann wirft er außer dem Ertrage für
den Arbeitenden noch eine zweite Art von Ertrag ab, die dem Besitzer nicht durch
seine Arbeit, sondern nur kraft seines Eigentumrechts zufließt. Wer in dem Walde
dieses Besitzers Holz fällen, wer auf seinen Bauplätzen bauen, wer ans seinem Acker
pflügen, auf seine Weiden Vieh treiben will, der muß seine Erlaubnis nachsuchen
und ihm die gewährte Erlaubnis entweder mit einer dauernden Rente bezahlen
oder mit einem Kapital, das seinerseits Zins abwirft. Das ist die Grundrente.
Grundrente ist also das Einkommen, das der Boden seinem Eigentümer ohne dessen
eigne Arbeit lediglich auf Grund seines Eigentumrechts abwirft, oder: Grundrente
ist die Abgabe, die der Benutzer oder Bearbeiter von Grundstücken, die ihm nicht
gehören, dem Eigentümer zu entrichten hat. In manchen Fällen, z. B. beim Berg¬
regal, nimmt die Grundrente auch gesetzlich die Gestalt einer Abgabe an. Benutze
oder bebaut der Eigentümer seinen Boden selbst, dann bezieht er die Grundrente
in Gestalt einer Verminderung entweder seiner Unterhaltskosten oder seiner Pro¬
duktionskosten. Der Eigentümer eines Wohnhauses braucht kein Geld ans Wohnungs-
miete zu verdienen. Der Eigentümer eines Gasthauses, der Landwirt, der sein
eignes Gut bewirtschaftet, die brauchen keinen Pacht zu zahlen; die Produktions¬
oder Betriebskosten des Pächters sind um die Pacht höher. Haben die Eigentümer
Hypotheken ans ihren Häusern oder Landgütern, so sind sie nur Mitbesitzer, und
die Grundrente teilt sich unter sämtliche Mitbesitzer. Je knapper der Boden in
einer Stadt, in einer Gegend, in einem Lande wird, desto höher steigt natürlich
dnrch die Konkurrenz sein Preis und damit die Grundrente, Werden große Flächen
durch die tote Hand dem Verkehr entzogen, so wirkt das wie Bodenvermindernng
und steigert die Grundrente; wird bisher wertloser Boden großer Kolonialländer
angebaut, dessen Getreide dem der alten Kulturländer Konkurrenz macht, so wirkt
das so, wie wenn diesen Boden zugewachsen wäre und vermindert ihre landwirt¬
schaftliche Grundrente. Wir meinen, das wird jeder Student verstehen. Zucker-
kandls Artikel ist überhaupt ganz ungenügend; die vernichtende Kritik, die Rvd-
bcrtus an Ricardos Grundrententheorie geübt hat, scheint er gar nicht zu kennen.

Alles in allem: ein sehr nützliches Werk für solche, die schon gehörig unter¬
richtet sind und Kritik zu üben vermögen.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0392] Litteratur Teil des Ertrags der Rohvrvdnktion oder der Benutzung des Bodens, welcher nach den richtigen Grundsätzen der Ertragsteilung dein Grund und Boden als solchem zugerechnet werden muß." Wir möchten den Studenten wohl sehen, der das ver¬ steht! Wir selbst verstehens natürlich auch nicht, aber wir können erraten, was dem Verfasser vorgeschwebt hat, und was ihm entweder nicht ganz klar geworden ist, oder was er sich nicht getraut hat zu sagen. Es ist folgendes. So lange freies Land vorhanden ist, und jeder Pflügen, säen und Hütten bauen kann, wo es ihm beliebt, da wirft der Boden selbstverständlich nnr dem Arbeitenden Ertrag ab. Ist dagegen aller Boden in Privatbesitz, dann wirft er außer dem Ertrage für den Arbeitenden noch eine zweite Art von Ertrag ab, die dem Besitzer nicht durch seine Arbeit, sondern nur kraft seines Eigentumrechts zufließt. Wer in dem Walde dieses Besitzers Holz fällen, wer auf seinen Bauplätzen bauen, wer ans seinem Acker pflügen, auf seine Weiden Vieh treiben will, der muß seine Erlaubnis nachsuchen und ihm die gewährte Erlaubnis entweder mit einer dauernden Rente bezahlen oder mit einem Kapital, das seinerseits Zins abwirft. Das ist die Grundrente. Grundrente ist also das Einkommen, das der Boden seinem Eigentümer ohne dessen eigne Arbeit lediglich auf Grund seines Eigentumrechts abwirft, oder: Grundrente ist die Abgabe, die der Benutzer oder Bearbeiter von Grundstücken, die ihm nicht gehören, dem Eigentümer zu entrichten hat. In manchen Fällen, z. B. beim Berg¬ regal, nimmt die Grundrente auch gesetzlich die Gestalt einer Abgabe an. Benutze oder bebaut der Eigentümer seinen Boden selbst, dann bezieht er die Grundrente in Gestalt einer Verminderung entweder seiner Unterhaltskosten oder seiner Pro¬ duktionskosten. Der Eigentümer eines Wohnhauses braucht kein Geld ans Wohnungs- miete zu verdienen. Der Eigentümer eines Gasthauses, der Landwirt, der sein eignes Gut bewirtschaftet, die brauchen keinen Pacht zu zahlen; die Produktions¬ oder Betriebskosten des Pächters sind um die Pacht höher. Haben die Eigentümer Hypotheken ans ihren Häusern oder Landgütern, so sind sie nur Mitbesitzer, und die Grundrente teilt sich unter sämtliche Mitbesitzer. Je knapper der Boden in einer Stadt, in einer Gegend, in einem Lande wird, desto höher steigt natürlich dnrch die Konkurrenz sein Preis und damit die Grundrente, Werden große Flächen durch die tote Hand dem Verkehr entzogen, so wirkt das wie Bodenvermindernng und steigert die Grundrente; wird bisher wertloser Boden großer Kolonialländer angebaut, dessen Getreide dem der alten Kulturländer Konkurrenz macht, so wirkt das so, wie wenn diesen Boden zugewachsen wäre und vermindert ihre landwirt¬ schaftliche Grundrente. Wir meinen, das wird jeder Student verstehen. Zucker- kandls Artikel ist überhaupt ganz ungenügend; die vernichtende Kritik, die Rvd- bcrtus an Ricardos Grundrententheorie geübt hat, scheint er gar nicht zu kennen. Alles in allem: ein sehr nützliches Werk für solche, die schon gehörig unter¬ richtet sind und Kritik zu üben vermögen. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/392>, abgerufen am 27.07.2024.