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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Die Versicherungsbedingungen der privaten Feuerversicherungsgesellschaften

werden kann, so mag dies ein für allemal geschehen und in die Bedingungen
des Versicherungsvertrags mit aufgenommen werden. Wenn von Fall zu Fall
durch das Gericht entschieden werden soll, ist es doch mindestens zweifelhaft,
ob dies zu Gunsten des Versicherten (oder wie es hier richtiger heißen müßte:
des Nichversicherten) geschehen wird. Immer aber würde dieser wiederum auf
den langwierigen Prozeßweg angewiesen sein, und selbst wenn hier zu seinen
Gunsten entschieden werden sollte, wird er im günstigsten Falle seine Brand¬
vergütung oder das Recht, anderswo zu versichern, erst nach langer Zeit und
nach endlosen Scherereien erhalten.

Wir müssen auch hier wieder auf die für den Versicherten viel günstigern
Bestimmungen der schon mehrfach erwähnten öffentlichen (behördlichen) Feuer¬
sozietäten hinweisen, bei denen auch bei einem Eigentumswechsel die Ersatzver¬
bindlichkeit der Sozietät fortbesteht. Wenn die Privatversicherungsgescllschaften
nach der privatrechtlichen Art ihres Vertragsverhältnisses glauben, ein gleiches
Zugeständnis dem Versicherten nicht machen zu können, so muß die betreffende
Bedingung so gefaßt werden, daß im Falle eines Eigentumswechsels beiden
Teilen das Recht der Aufhebung des Vertrags innerhalb einer gewissen Frist
zusteht. Daun ist gleiches Recht für beide Teile geschaffen. Im übrigen muß
es aber auch hier als eine Aufgabe des Agenten betrachtet werden, daß er
über seine Klientel derartig orientirt bleibt, um dolose Verschweiguugcn des
Eigentumswcchsels bei seiner Gesellschaft anzuzeigen. Denn im allgemeinen
kann es den Gesellschaften ganz gleichgiltig sein, ob der Versicherte Schulze
oder Müller heißt; mir in ganz besondern Ausnahmefällen liegt ein Interesse
für die Versicherungsgesellschaften vor, sich über die Persönlichkeit und die
Verhältnisse des neuen Eigentümers und die Modalitäten, unter denen sich
der Vesitzwechsel vollzogen hat, näher zu unterrichten. Für solche Fälle müssen
aber die Agenten über ihre Obliegenheiten richtig instruirt werden.

Das sind im wesentlichen die Bedingungen der Privat-Feuerversicherungs-
gesellschaften, von denen das Bestehen der Versicherung abhängt. Die vor¬
stehende Darlegung wird den Beweis dafür erbracht haben, wie begründet der
erwähnte Antrag der Herren Müller und von Liebermann ist, und wie sehr
die Staatsverwaltung Veranlassung hat, hier einzugreifen und ihre bessernde
Hand anzulegen. Wir behalten uns vor, die übrigen Bestimmungen des
Fenerversicheruugsvertrags, insoweit sie sich auf die Regulirung der Brand¬
schäden usw. beziehen, später auch noch zu erörtern.




Grenzboten III44
Die Versicherungsbedingungen der privaten Feuerversicherungsgesellschaften

werden kann, so mag dies ein für allemal geschehen und in die Bedingungen
des Versicherungsvertrags mit aufgenommen werden. Wenn von Fall zu Fall
durch das Gericht entschieden werden soll, ist es doch mindestens zweifelhaft,
ob dies zu Gunsten des Versicherten (oder wie es hier richtiger heißen müßte:
des Nichversicherten) geschehen wird. Immer aber würde dieser wiederum auf
den langwierigen Prozeßweg angewiesen sein, und selbst wenn hier zu seinen
Gunsten entschieden werden sollte, wird er im günstigsten Falle seine Brand¬
vergütung oder das Recht, anderswo zu versichern, erst nach langer Zeit und
nach endlosen Scherereien erhalten.

Wir müssen auch hier wieder auf die für den Versicherten viel günstigern
Bestimmungen der schon mehrfach erwähnten öffentlichen (behördlichen) Feuer¬
sozietäten hinweisen, bei denen auch bei einem Eigentumswechsel die Ersatzver¬
bindlichkeit der Sozietät fortbesteht. Wenn die Privatversicherungsgescllschaften
nach der privatrechtlichen Art ihres Vertragsverhältnisses glauben, ein gleiches
Zugeständnis dem Versicherten nicht machen zu können, so muß die betreffende
Bedingung so gefaßt werden, daß im Falle eines Eigentumswechsels beiden
Teilen das Recht der Aufhebung des Vertrags innerhalb einer gewissen Frist
zusteht. Daun ist gleiches Recht für beide Teile geschaffen. Im übrigen muß
es aber auch hier als eine Aufgabe des Agenten betrachtet werden, daß er
über seine Klientel derartig orientirt bleibt, um dolose Verschweiguugcn des
Eigentumswcchsels bei seiner Gesellschaft anzuzeigen. Denn im allgemeinen
kann es den Gesellschaften ganz gleichgiltig sein, ob der Versicherte Schulze
oder Müller heißt; mir in ganz besondern Ausnahmefällen liegt ein Interesse
für die Versicherungsgesellschaften vor, sich über die Persönlichkeit und die
Verhältnisse des neuen Eigentümers und die Modalitäten, unter denen sich
der Vesitzwechsel vollzogen hat, näher zu unterrichten. Für solche Fälle müssen
aber die Agenten über ihre Obliegenheiten richtig instruirt werden.

Das sind im wesentlichen die Bedingungen der Privat-Feuerversicherungs-
gesellschaften, von denen das Bestehen der Versicherung abhängt. Die vor¬
stehende Darlegung wird den Beweis dafür erbracht haben, wie begründet der
erwähnte Antrag der Herren Müller und von Liebermann ist, und wie sehr
die Staatsverwaltung Veranlassung hat, hier einzugreifen und ihre bessernde
Hand anzulegen. Wir behalten uns vor, die übrigen Bestimmungen des
Fenerversicheruugsvertrags, insoweit sie sich auf die Regulirung der Brand¬
schäden usw. beziehen, später auch noch zu erörtern.




Grenzboten III44
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[0353] Die Versicherungsbedingungen der privaten Feuerversicherungsgesellschaften werden kann, so mag dies ein für allemal geschehen und in die Bedingungen des Versicherungsvertrags mit aufgenommen werden. Wenn von Fall zu Fall durch das Gericht entschieden werden soll, ist es doch mindestens zweifelhaft, ob dies zu Gunsten des Versicherten (oder wie es hier richtiger heißen müßte: des Nichversicherten) geschehen wird. Immer aber würde dieser wiederum auf den langwierigen Prozeßweg angewiesen sein, und selbst wenn hier zu seinen Gunsten entschieden werden sollte, wird er im günstigsten Falle seine Brand¬ vergütung oder das Recht, anderswo zu versichern, erst nach langer Zeit und nach endlosen Scherereien erhalten. Wir müssen auch hier wieder auf die für den Versicherten viel günstigern Bestimmungen der schon mehrfach erwähnten öffentlichen (behördlichen) Feuer¬ sozietäten hinweisen, bei denen auch bei einem Eigentumswechsel die Ersatzver¬ bindlichkeit der Sozietät fortbesteht. Wenn die Privatversicherungsgescllschaften nach der privatrechtlichen Art ihres Vertragsverhältnisses glauben, ein gleiches Zugeständnis dem Versicherten nicht machen zu können, so muß die betreffende Bedingung so gefaßt werden, daß im Falle eines Eigentumswechsels beiden Teilen das Recht der Aufhebung des Vertrags innerhalb einer gewissen Frist zusteht. Daun ist gleiches Recht für beide Teile geschaffen. Im übrigen muß es aber auch hier als eine Aufgabe des Agenten betrachtet werden, daß er über seine Klientel derartig orientirt bleibt, um dolose Verschweiguugcn des Eigentumswcchsels bei seiner Gesellschaft anzuzeigen. Denn im allgemeinen kann es den Gesellschaften ganz gleichgiltig sein, ob der Versicherte Schulze oder Müller heißt; mir in ganz besondern Ausnahmefällen liegt ein Interesse für die Versicherungsgesellschaften vor, sich über die Persönlichkeit und die Verhältnisse des neuen Eigentümers und die Modalitäten, unter denen sich der Vesitzwechsel vollzogen hat, näher zu unterrichten. Für solche Fälle müssen aber die Agenten über ihre Obliegenheiten richtig instruirt werden. Das sind im wesentlichen die Bedingungen der Privat-Feuerversicherungs- gesellschaften, von denen das Bestehen der Versicherung abhängt. Die vor¬ stehende Darlegung wird den Beweis dafür erbracht haben, wie begründet der erwähnte Antrag der Herren Müller und von Liebermann ist, und wie sehr die Staatsverwaltung Veranlassung hat, hier einzugreifen und ihre bessernde Hand anzulegen. Wir behalten uns vor, die übrigen Bestimmungen des Fenerversicheruugsvertrags, insoweit sie sich auf die Regulirung der Brand¬ schäden usw. beziehen, später auch noch zu erörtern. Grenzboten III44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/353>, abgerufen am 27.07.2024.