Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika seines Unternehmens umgab er sich mit einem ganzen Stäbe von gut bewaffneten Andersson machte 1867 noch eine Reise nach dem Cunene und starb am 6. Juli 1807
an Dissenterie im Ovambolande, Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika seines Unternehmens umgab er sich mit einem ganzen Stäbe von gut bewaffneten Andersson machte 1867 noch eine Reise nach dem Cunene und starb am 6. Juli 1807
an Dissenterie im Ovambolande, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228560"/> <fw type="header" place="top"> Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika</fw><lb/> <p xml:id="ID_908" prev="#ID_907" next="#ID_909"> seines Unternehmens umgab er sich mit einem ganzen Stäbe von gut bewaffneten<lb/> Europäern und Eingebornen. Kein Herero wagte ihm zu widerstreben. Als<lb/> er aber 1859 die Ausbeute seines Handels, einen großen Transport Rindvieh,<lb/> nach der Kapkolonie bringen wollte, geriet er in Streit mit den Hottentotten.<lb/> In Klein-Barmer stahl ihm ein Hottentott, namens Hartebest, vom Jonker-<lb/> stamm ein für Jonker Afrikaner bestimmtes Faß Branntwein. In dem sich<lb/> entspinnenden Streite schlug der Hottentott Andersson mit einem Zaum ins<lb/> Gesicht, und Andersson erschoß ihn. Besorgnis vor der Rache der Hottentotten<lb/> trieb Andersson nun ganz auf die Seite der Herero, und als 1860 der ge-<lb/> fürchtete Jonker Afrikaner starb und Kamaherero sich von dem Joche des<lb/> Jvnkerstammes befreite, versah Andersson die Herero mit Waffen und Munition<lb/> und führte sie in siegreichen Kämpfen gegen die Hottentotten. Die Herero<lb/> verbrieften ihm für seine Hilfe Herrscherrechte und Land, die Hottentotten da¬<lb/> gegen stahlen ihm jedesmal das Vieh, das er bei den Herero verdiente, sobald<lb/> er es durch das Ncnnaland nach der Kapkolonie treiben ließ. Dadurch kam<lb/> Andersson allmählich um sein Vermögen, und sein Einfluß schwand, während<lb/> der schlaue Mahcircro immer reicher wurde. Als nun gar Andersson am<lb/> 23. Februar 1864 im Gefecht bei Nehoboth das eine Bein zerschmettert wurde,<lb/> mußte er die Führung niederlegen, und die Herero kümmerten sich nicht weiter<lb/> um ihn. Er war froh, 1865 alle seine Liegenschaften an die durch den Missionar<lb/> Hugo Hahn gegründete Missivnskolonie Otjimbingue verkaufen zu können.*)<lb/> So scheiterte der erste Versuch eines Europäers, eine Herrschaft in unserm<lb/> jetzigen Schutzgebiet zu begründen. Als ein Unglück kann man es nicht be¬<lb/> trachten. Wäre Andersson wirklich zur Herrschaft gelangt, so würde er doch<lb/> zur Hebung der Gesittung und Kultur nichts gethan haben. Als geschickter<lb/> Spekulant und Kaufmann würde er nur die Neigung der Eingebornen zum<lb/> Trinken befördert und ihren Hang zum Dicbstcchl ausgenutzt haben. Sein<lb/> Sturz fiel in eine Zeit, wo der Handel überhaupt ausgeartet war. Brannt¬<lb/> wein, Pulver und Waffen waren die hauptsächlichsten Handelsartikel, den Ein¬<lb/> gebornen wurden alle Waren auf Kredit verkauft, und Bezahlung war nur<lb/> durch List und Gewalt zu erlangen. Wo sollten auch die armen Eingebornen<lb/> die Zahlung hernehmen? Die ergiebigste Quelle für die Gegenzahlungen, die<lb/> Jagd, war verdorben worden. Straußenfedern und Elfenbein waren selten<lb/> geworden, und es blieben nur geringwertige Felle, Hörner, Gummi, Vieh und<lb/> Häute als Zahlungsmittel. Aber auch diese Dinge waren selten. Man kann<lb/> es also nur als einen Vorteil für unser Schutzgebiet betrachten, daß sich<lb/> gerade in dieser Zeit die Barmer Mission entschloß, den Handel in ehrliche<lb/> Bahnen zu lenken und dadurch Einfluß auf die Herero zu gewinnen, was bis</p><lb/> <note xml:id="FID_51" place="foot"> Andersson machte 1867 noch eine Reise nach dem Cunene und starb am 6. Juli 1807<lb/> an Dissenterie im Ovambolande,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika
seines Unternehmens umgab er sich mit einem ganzen Stäbe von gut bewaffneten
Europäern und Eingebornen. Kein Herero wagte ihm zu widerstreben. Als
er aber 1859 die Ausbeute seines Handels, einen großen Transport Rindvieh,
nach der Kapkolonie bringen wollte, geriet er in Streit mit den Hottentotten.
In Klein-Barmer stahl ihm ein Hottentott, namens Hartebest, vom Jonker-
stamm ein für Jonker Afrikaner bestimmtes Faß Branntwein. In dem sich
entspinnenden Streite schlug der Hottentott Andersson mit einem Zaum ins
Gesicht, und Andersson erschoß ihn. Besorgnis vor der Rache der Hottentotten
trieb Andersson nun ganz auf die Seite der Herero, und als 1860 der ge-
fürchtete Jonker Afrikaner starb und Kamaherero sich von dem Joche des
Jvnkerstammes befreite, versah Andersson die Herero mit Waffen und Munition
und führte sie in siegreichen Kämpfen gegen die Hottentotten. Die Herero
verbrieften ihm für seine Hilfe Herrscherrechte und Land, die Hottentotten da¬
gegen stahlen ihm jedesmal das Vieh, das er bei den Herero verdiente, sobald
er es durch das Ncnnaland nach der Kapkolonie treiben ließ. Dadurch kam
Andersson allmählich um sein Vermögen, und sein Einfluß schwand, während
der schlaue Mahcircro immer reicher wurde. Als nun gar Andersson am
23. Februar 1864 im Gefecht bei Nehoboth das eine Bein zerschmettert wurde,
mußte er die Führung niederlegen, und die Herero kümmerten sich nicht weiter
um ihn. Er war froh, 1865 alle seine Liegenschaften an die durch den Missionar
Hugo Hahn gegründete Missivnskolonie Otjimbingue verkaufen zu können.*)
So scheiterte der erste Versuch eines Europäers, eine Herrschaft in unserm
jetzigen Schutzgebiet zu begründen. Als ein Unglück kann man es nicht be¬
trachten. Wäre Andersson wirklich zur Herrschaft gelangt, so würde er doch
zur Hebung der Gesittung und Kultur nichts gethan haben. Als geschickter
Spekulant und Kaufmann würde er nur die Neigung der Eingebornen zum
Trinken befördert und ihren Hang zum Dicbstcchl ausgenutzt haben. Sein
Sturz fiel in eine Zeit, wo der Handel überhaupt ausgeartet war. Brannt¬
wein, Pulver und Waffen waren die hauptsächlichsten Handelsartikel, den Ein¬
gebornen wurden alle Waren auf Kredit verkauft, und Bezahlung war nur
durch List und Gewalt zu erlangen. Wo sollten auch die armen Eingebornen
die Zahlung hernehmen? Die ergiebigste Quelle für die Gegenzahlungen, die
Jagd, war verdorben worden. Straußenfedern und Elfenbein waren selten
geworden, und es blieben nur geringwertige Felle, Hörner, Gummi, Vieh und
Häute als Zahlungsmittel. Aber auch diese Dinge waren selten. Man kann
es also nur als einen Vorteil für unser Schutzgebiet betrachten, daß sich
gerade in dieser Zeit die Barmer Mission entschloß, den Handel in ehrliche
Bahnen zu lenken und dadurch Einfluß auf die Herero zu gewinnen, was bis
Andersson machte 1867 noch eine Reise nach dem Cunene und starb am 6. Juli 1807
an Dissenterie im Ovambolande,
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