Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Uuiistscnnmler in Berlin

müldesammluug, die hauptsächlich aus Kabinettstücken niederländischer Meister
bestand, befestigte die Stellung der beiden Männer. Auch dieser Erfolg erklärt
sich aus dem Kunstgeschmack, der damals die Kunstfreunde und Kunstsammler
beherrschte. Gemälde, Zeichnungen und Radirungen niederländischer Meister
wurden in Berlin schon seit den zwanziger Jahren, vielleicht schon früher ge¬
sammelt. Es giebt ein in den fünfziger Jahren erschienenes Buch über die
Kunstschätze Berlins von Max Schafter, das schon eine ganze Reihe von
Privatsammlungen aufzählt, die hauptsächlich Werke niederländischer Meister
umfaßten. Aus einer dieser Sammlungen, der von Adam Gottlieb Thiermann,
ist sogar der wertvollste Teil, meist Zeichnungen und Radirungen, 1867 in
die königlichen Museen übergegangen. Auch von diesen Sammlungen besteht
heute wohl keine mehr. Wenigstens findet man in dem von der Generalver-
waltuug der königlichen Museen in Berlin herausgegebnen Kunsthandbuch für
Deutschland (Berlin, 1897), das freilich in diesem Punkt keine absolute Voll¬
ständigkeit angestrebt hat, keine verzeichnet, deren Entstehungszeit über das
Jahr 1870 hinausgeht. Die letzten dieser Sammlungen haben ebenfalls noch
bis in die neunziger Jahre hinein bestanden und sind dann wie die alten
Sammlungen neuerer Meister versteigert worden. Wohl die letzte war die
Houbensche Sammlung, in der, wir noch einige Reste der Thiermannschen
wiedersahen.

Während sich Julius Meyer in seiner Amtsführung, die bis zum Jahre
1892 dauerte, hauptsächlich um die Vermehrung der Gemäldegalerie bemühte,
richtete der energischere, vielseitigere und auf dem internationalen Kuustmarkte
erfahrnere Bode schon frühzeitig sein Augenmerk auf die Erweiterung der Ab¬
teilung der Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance, wobei er zu¬
meist die Schöpfungen der italienischen Renaissance berücksichtigte, deren Stu¬
dium er sich nächst dem der niederländischen Malerei zur Hauptaufgabe ge¬
macht hatte. Trotz der beschränktem Mittel, mit denen er sich einrichten mußte,
wurde er bald Engländern und Franzosen ein gefürchteter Nebenbuhler. Spür¬
sinn, Entschlossenheit und Glück trafen bei ihm zusammen, und die Erfolge,
die er auf dem ausländischen Kunstmarkte zu Gunsten der königlichen Samm¬
lungen errang, erwarben ihm zuletzt auch in der Heimat eine Autorität, die
ihn bald zu einem allen Sammlern alter Kunstwerke unentbehrlichen Ratgeber
machte.

In dem neuen Geschlecht, das seit 1870 in Berlin herangewachsen oder
der Hauptstadt von außerhalb zugewachsen war, tauchten nämlich neben den
Renommisten, die ihre Salons nicht mit den besten, wohl aber mit den
teuersten Gemälden tapezirten, allmählich auch ernsthafte Sammler auf, die
ihren Bestrebungen einen wissenschastlichen Anstrich geben wollten und die
Anleitung dazu bei den Museumsbeamten suchten und fanden. Mehr und
mehr trat Bode dabei aus der Stellung des Ratgebers heraus. Er wurde


Uuiistscnnmler in Berlin

müldesammluug, die hauptsächlich aus Kabinettstücken niederländischer Meister
bestand, befestigte die Stellung der beiden Männer. Auch dieser Erfolg erklärt
sich aus dem Kunstgeschmack, der damals die Kunstfreunde und Kunstsammler
beherrschte. Gemälde, Zeichnungen und Radirungen niederländischer Meister
wurden in Berlin schon seit den zwanziger Jahren, vielleicht schon früher ge¬
sammelt. Es giebt ein in den fünfziger Jahren erschienenes Buch über die
Kunstschätze Berlins von Max Schafter, das schon eine ganze Reihe von
Privatsammlungen aufzählt, die hauptsächlich Werke niederländischer Meister
umfaßten. Aus einer dieser Sammlungen, der von Adam Gottlieb Thiermann,
ist sogar der wertvollste Teil, meist Zeichnungen und Radirungen, 1867 in
die königlichen Museen übergegangen. Auch von diesen Sammlungen besteht
heute wohl keine mehr. Wenigstens findet man in dem von der Generalver-
waltuug der königlichen Museen in Berlin herausgegebnen Kunsthandbuch für
Deutschland (Berlin, 1897), das freilich in diesem Punkt keine absolute Voll¬
ständigkeit angestrebt hat, keine verzeichnet, deren Entstehungszeit über das
Jahr 1870 hinausgeht. Die letzten dieser Sammlungen haben ebenfalls noch
bis in die neunziger Jahre hinein bestanden und sind dann wie die alten
Sammlungen neuerer Meister versteigert worden. Wohl die letzte war die
Houbensche Sammlung, in der, wir noch einige Reste der Thiermannschen
wiedersahen.

Während sich Julius Meyer in seiner Amtsführung, die bis zum Jahre
1892 dauerte, hauptsächlich um die Vermehrung der Gemäldegalerie bemühte,
richtete der energischere, vielseitigere und auf dem internationalen Kuustmarkte
erfahrnere Bode schon frühzeitig sein Augenmerk auf die Erweiterung der Ab¬
teilung der Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance, wobei er zu¬
meist die Schöpfungen der italienischen Renaissance berücksichtigte, deren Stu¬
dium er sich nächst dem der niederländischen Malerei zur Hauptaufgabe ge¬
macht hatte. Trotz der beschränktem Mittel, mit denen er sich einrichten mußte,
wurde er bald Engländern und Franzosen ein gefürchteter Nebenbuhler. Spür¬
sinn, Entschlossenheit und Glück trafen bei ihm zusammen, und die Erfolge,
die er auf dem ausländischen Kunstmarkte zu Gunsten der königlichen Samm¬
lungen errang, erwarben ihm zuletzt auch in der Heimat eine Autorität, die
ihn bald zu einem allen Sammlern alter Kunstwerke unentbehrlichen Ratgeber
machte.

In dem neuen Geschlecht, das seit 1870 in Berlin herangewachsen oder
der Hauptstadt von außerhalb zugewachsen war, tauchten nämlich neben den
Renommisten, die ihre Salons nicht mit den besten, wohl aber mit den
teuersten Gemälden tapezirten, allmählich auch ernsthafte Sammler auf, die
ihren Bestrebungen einen wissenschastlichen Anstrich geben wollten und die
Anleitung dazu bei den Museumsbeamten suchten und fanden. Mehr und
mehr trat Bode dabei aus der Stellung des Ratgebers heraus. Er wurde


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0188" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228490"/>
          <fw type="header" place="top"> Uuiistscnnmler in Berlin</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_733" prev="#ID_732"> müldesammluug, die hauptsächlich aus Kabinettstücken niederländischer Meister<lb/>
bestand, befestigte die Stellung der beiden Männer. Auch dieser Erfolg erklärt<lb/>
sich aus dem Kunstgeschmack, der damals die Kunstfreunde und Kunstsammler<lb/>
beherrschte. Gemälde, Zeichnungen und Radirungen niederländischer Meister<lb/>
wurden in Berlin schon seit den zwanziger Jahren, vielleicht schon früher ge¬<lb/>
sammelt. Es giebt ein in den fünfziger Jahren erschienenes Buch über die<lb/>
Kunstschätze Berlins von Max Schafter, das schon eine ganze Reihe von<lb/>
Privatsammlungen aufzählt, die hauptsächlich Werke niederländischer Meister<lb/>
umfaßten. Aus einer dieser Sammlungen, der von Adam Gottlieb Thiermann,<lb/>
ist sogar der wertvollste Teil, meist Zeichnungen und Radirungen, 1867 in<lb/>
die königlichen Museen übergegangen. Auch von diesen Sammlungen besteht<lb/>
heute wohl keine mehr. Wenigstens findet man in dem von der Generalver-<lb/>
waltuug der königlichen Museen in Berlin herausgegebnen Kunsthandbuch für<lb/>
Deutschland (Berlin, 1897), das freilich in diesem Punkt keine absolute Voll¬<lb/>
ständigkeit angestrebt hat, keine verzeichnet, deren Entstehungszeit über das<lb/>
Jahr 1870 hinausgeht. Die letzten dieser Sammlungen haben ebenfalls noch<lb/>
bis in die neunziger Jahre hinein bestanden und sind dann wie die alten<lb/>
Sammlungen neuerer Meister versteigert worden. Wohl die letzte war die<lb/>
Houbensche Sammlung, in der, wir noch einige Reste der Thiermannschen<lb/>
wiedersahen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_734"> Während sich Julius Meyer in seiner Amtsführung, die bis zum Jahre<lb/>
1892 dauerte, hauptsächlich um die Vermehrung der Gemäldegalerie bemühte,<lb/>
richtete der energischere, vielseitigere und auf dem internationalen Kuustmarkte<lb/>
erfahrnere Bode schon frühzeitig sein Augenmerk auf die Erweiterung der Ab¬<lb/>
teilung der Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance, wobei er zu¬<lb/>
meist die Schöpfungen der italienischen Renaissance berücksichtigte, deren Stu¬<lb/>
dium er sich nächst dem der niederländischen Malerei zur Hauptaufgabe ge¬<lb/>
macht hatte. Trotz der beschränktem Mittel, mit denen er sich einrichten mußte,<lb/>
wurde er bald Engländern und Franzosen ein gefürchteter Nebenbuhler. Spür¬<lb/>
sinn, Entschlossenheit und Glück trafen bei ihm zusammen, und die Erfolge,<lb/>
die er auf dem ausländischen Kunstmarkte zu Gunsten der königlichen Samm¬<lb/>
lungen errang, erwarben ihm zuletzt auch in der Heimat eine Autorität, die<lb/>
ihn bald zu einem allen Sammlern alter Kunstwerke unentbehrlichen Ratgeber<lb/>
machte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_735" next="#ID_736"> In dem neuen Geschlecht, das seit 1870 in Berlin herangewachsen oder<lb/>
der Hauptstadt von außerhalb zugewachsen war, tauchten nämlich neben den<lb/>
Renommisten, die ihre Salons nicht mit den besten, wohl aber mit den<lb/>
teuersten Gemälden tapezirten, allmählich auch ernsthafte Sammler auf, die<lb/>
ihren Bestrebungen einen wissenschastlichen Anstrich geben wollten und die<lb/>
Anleitung dazu bei den Museumsbeamten suchten und fanden. Mehr und<lb/>
mehr trat Bode dabei aus der Stellung des Ratgebers heraus.  Er wurde</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0188] Uuiistscnnmler in Berlin müldesammluug, die hauptsächlich aus Kabinettstücken niederländischer Meister bestand, befestigte die Stellung der beiden Männer. Auch dieser Erfolg erklärt sich aus dem Kunstgeschmack, der damals die Kunstfreunde und Kunstsammler beherrschte. Gemälde, Zeichnungen und Radirungen niederländischer Meister wurden in Berlin schon seit den zwanziger Jahren, vielleicht schon früher ge¬ sammelt. Es giebt ein in den fünfziger Jahren erschienenes Buch über die Kunstschätze Berlins von Max Schafter, das schon eine ganze Reihe von Privatsammlungen aufzählt, die hauptsächlich Werke niederländischer Meister umfaßten. Aus einer dieser Sammlungen, der von Adam Gottlieb Thiermann, ist sogar der wertvollste Teil, meist Zeichnungen und Radirungen, 1867 in die königlichen Museen übergegangen. Auch von diesen Sammlungen besteht heute wohl keine mehr. Wenigstens findet man in dem von der Generalver- waltuug der königlichen Museen in Berlin herausgegebnen Kunsthandbuch für Deutschland (Berlin, 1897), das freilich in diesem Punkt keine absolute Voll¬ ständigkeit angestrebt hat, keine verzeichnet, deren Entstehungszeit über das Jahr 1870 hinausgeht. Die letzten dieser Sammlungen haben ebenfalls noch bis in die neunziger Jahre hinein bestanden und sind dann wie die alten Sammlungen neuerer Meister versteigert worden. Wohl die letzte war die Houbensche Sammlung, in der, wir noch einige Reste der Thiermannschen wiedersahen. Während sich Julius Meyer in seiner Amtsführung, die bis zum Jahre 1892 dauerte, hauptsächlich um die Vermehrung der Gemäldegalerie bemühte, richtete der energischere, vielseitigere und auf dem internationalen Kuustmarkte erfahrnere Bode schon frühzeitig sein Augenmerk auf die Erweiterung der Ab¬ teilung der Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance, wobei er zu¬ meist die Schöpfungen der italienischen Renaissance berücksichtigte, deren Stu¬ dium er sich nächst dem der niederländischen Malerei zur Hauptaufgabe ge¬ macht hatte. Trotz der beschränktem Mittel, mit denen er sich einrichten mußte, wurde er bald Engländern und Franzosen ein gefürchteter Nebenbuhler. Spür¬ sinn, Entschlossenheit und Glück trafen bei ihm zusammen, und die Erfolge, die er auf dem ausländischen Kunstmarkte zu Gunsten der königlichen Samm¬ lungen errang, erwarben ihm zuletzt auch in der Heimat eine Autorität, die ihn bald zu einem allen Sammlern alter Kunstwerke unentbehrlichen Ratgeber machte. In dem neuen Geschlecht, das seit 1870 in Berlin herangewachsen oder der Hauptstadt von außerhalb zugewachsen war, tauchten nämlich neben den Renommisten, die ihre Salons nicht mit den besten, wohl aber mit den teuersten Gemälden tapezirten, allmählich auch ernsthafte Sammler auf, die ihren Bestrebungen einen wissenschastlichen Anstrich geben wollten und die Anleitung dazu bei den Museumsbeamten suchten und fanden. Mehr und mehr trat Bode dabei aus der Stellung des Ratgebers heraus. Er wurde

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/188
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/188>, abgerufen am 01.09.2024.