Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Makedonien zerfalle" sie in Gegen oder Südalbanesen, vielleicht Abkommen der alten Ebenso wenig wie von den Albanesen oder, wie sie sich selber nennen, In die Gebiete, die sie heute behaupten, begann allerdings seit dem zweiten Makedonien zerfalle» sie in Gegen oder Südalbanesen, vielleicht Abkommen der alten Ebenso wenig wie von den Albanesen oder, wie sie sich selber nennen, In die Gebiete, die sie heute behaupten, begann allerdings seit dem zweiten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0165" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228467"/> <fw type="header" place="top"> Makedonien</fw><lb/> <p xml:id="ID_645" prev="#ID_644"> zerfalle» sie in Gegen oder Südalbanesen, vielleicht Abkommen der alten<lb/> Epeiroten. und in Tosken oder Nordalbcmesen, die wohl Abkommen der alten<lb/> Jllyrier, also mit den Basken das älteste Volk in Europa sind. Trotz dem<lb/> grimmigen Hasse zwischen Griechen und Albanesen scheinen aber die Festlands¬<lb/> griechen des Königreichs wesentlich Nachkommen der Jllyrier und Südalbanesen<lb/> zu sein, mit denen sie namentlich auch den schlanken und schmalhüftigen Wuchs<lb/> gemein haben, wenn auch rumänischer und slawischer Blutzusatz, dieser nament¬<lb/> lich in der Peloponnes, überwiegt. Und auch was den Charakter betrifft,<lb/> würde die Bezeichnung des Demosthenes für die alten Jllyrier: «HAets<lb/> «xovet^ -r^»x, von Natur abhold aller Unterwerfung unter eine Regierung, für<lb/> den hervorstechenden Zug der Albanesen ebenso wie der Königsgriechen gelten.<lb/> Der Unterschied zwischen beiden besteht nur darin, daß die Griechen ihrer<lb/> Disziplinlosigkeit in verfassungsmüßigen Formen durch fortgesetzte kleine Par¬<lb/> lamentsrevolutionen genug thun, während sich die Albanesen der absolut<lb/> regierten Türkei in regelrechten Aufständen und periodischer Verjagung der<lb/> Behörden Luft machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_646"> Ebenso wenig wie von den Albanesen oder, wie sie sich selber nennen,<lb/> Tschkipetaren, soweit sie rein illyrischer Abstammung sind, und Arnauten,<lb/> soweit sie sich mit Slawen vermischt und den Islam angenommen haben, sieht<lb/> man in Salonik auch von den Bulgaren. Wohnen werden von diesen in der<lb/> Stadt selbst nur wenige, doch komme» sie mit Holz, Heu und Lämmern vom<lb/> Lande herein, denn in dem Völkergemisch, das Makedonien erfüllt, nehmen die<lb/> Bulgaren eine wichtige Stelle ein. Ein Teil von ihnen sind Christen geblieben,<lb/> ein andrer Teil aber ist, wie bei den Albanesen und Vosniaken, zum Islam<lb/> übergetreten. Bekannt sind sie als sehr geschickte Gärtner, und ein deutscher<lb/> Gutsbesitzer in der untern Wardarebne, der großenteils mit bulgarischen Leuten<lb/> arbeitet, sprach sich mir gegenüber sehr befriedigt über sie aus. Man ist sich<lb/> in Deutschland in weiten Kreisen ganz unklar über die Bulgaren, was wohl<lb/> damit zusammenhängt, daß sie bis vor kurzem selbst nicht recht wußten, wohin<lb/> sie gehören. Unter dem Druck der starken griechischen Propaganda neigten<lb/> die christlichen Bulgaren im ersten Drittel dieses Jahrhunderts noch zu den<lb/> Griechen. Aber nachdem sich diese durch die Habsucht des höhern Klerus in<lb/> Stambul gründlich verhaßt gemacht hatten, begann in den zwanziger Jahren<lb/> dieses Jahrhunderts eine national-bulgarische Propaganda, über die bald Ru߬<lb/> land seine schützende Hand hielt. So begannen nun die Bulgaren sich mehr<lb/> und mehr als Südslawen zu fühlen und fast als eine Art Russen zu betrachten.<lb/> Thatsächlich sind aber die Bulgaren, wie auch ihr Gegensatz zu den Serben<lb/> beweist, der nicht minder scharf ist als der zu den Rumänen, durchaus keine<lb/> reinen Südslawen.</p><lb/> <p xml:id="ID_647" next="#ID_648"> In die Gebiete, die sie heute behaupten, begann allerdings seit dem zweiten<lb/> christlichen Jahrhundert eine starke friedliche Einwanderung von slawischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0165]
Makedonien
zerfalle» sie in Gegen oder Südalbanesen, vielleicht Abkommen der alten
Epeiroten. und in Tosken oder Nordalbcmesen, die wohl Abkommen der alten
Jllyrier, also mit den Basken das älteste Volk in Europa sind. Trotz dem
grimmigen Hasse zwischen Griechen und Albanesen scheinen aber die Festlands¬
griechen des Königreichs wesentlich Nachkommen der Jllyrier und Südalbanesen
zu sein, mit denen sie namentlich auch den schlanken und schmalhüftigen Wuchs
gemein haben, wenn auch rumänischer und slawischer Blutzusatz, dieser nament¬
lich in der Peloponnes, überwiegt. Und auch was den Charakter betrifft,
würde die Bezeichnung des Demosthenes für die alten Jllyrier: «HAets
«xovet^ -r^»x, von Natur abhold aller Unterwerfung unter eine Regierung, für
den hervorstechenden Zug der Albanesen ebenso wie der Königsgriechen gelten.
Der Unterschied zwischen beiden besteht nur darin, daß die Griechen ihrer
Disziplinlosigkeit in verfassungsmüßigen Formen durch fortgesetzte kleine Par¬
lamentsrevolutionen genug thun, während sich die Albanesen der absolut
regierten Türkei in regelrechten Aufständen und periodischer Verjagung der
Behörden Luft machen.
Ebenso wenig wie von den Albanesen oder, wie sie sich selber nennen,
Tschkipetaren, soweit sie rein illyrischer Abstammung sind, und Arnauten,
soweit sie sich mit Slawen vermischt und den Islam angenommen haben, sieht
man in Salonik auch von den Bulgaren. Wohnen werden von diesen in der
Stadt selbst nur wenige, doch komme» sie mit Holz, Heu und Lämmern vom
Lande herein, denn in dem Völkergemisch, das Makedonien erfüllt, nehmen die
Bulgaren eine wichtige Stelle ein. Ein Teil von ihnen sind Christen geblieben,
ein andrer Teil aber ist, wie bei den Albanesen und Vosniaken, zum Islam
übergetreten. Bekannt sind sie als sehr geschickte Gärtner, und ein deutscher
Gutsbesitzer in der untern Wardarebne, der großenteils mit bulgarischen Leuten
arbeitet, sprach sich mir gegenüber sehr befriedigt über sie aus. Man ist sich
in Deutschland in weiten Kreisen ganz unklar über die Bulgaren, was wohl
damit zusammenhängt, daß sie bis vor kurzem selbst nicht recht wußten, wohin
sie gehören. Unter dem Druck der starken griechischen Propaganda neigten
die christlichen Bulgaren im ersten Drittel dieses Jahrhunderts noch zu den
Griechen. Aber nachdem sich diese durch die Habsucht des höhern Klerus in
Stambul gründlich verhaßt gemacht hatten, begann in den zwanziger Jahren
dieses Jahrhunderts eine national-bulgarische Propaganda, über die bald Ru߬
land seine schützende Hand hielt. So begannen nun die Bulgaren sich mehr
und mehr als Südslawen zu fühlen und fast als eine Art Russen zu betrachten.
Thatsächlich sind aber die Bulgaren, wie auch ihr Gegensatz zu den Serben
beweist, der nicht minder scharf ist als der zu den Rumänen, durchaus keine
reinen Südslawen.
In die Gebiete, die sie heute behaupten, begann allerdings seit dem zweiten
christlichen Jahrhundert eine starke friedliche Einwanderung von slawischen
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