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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Siams Rulturbestrebungen und Deutschlands Anteil

Leiter das Postwesen Siams zu ordnen. Auch eine Anzahl deutscher Beamten
ging mit ihm hinaus. Dann folgten die Postinspektoren Stratz und Eickhoff.
Ihrer Thätigkeit, sowie den unter ihnen wirkenden andern deutschen Post¬
beamten ist es gelungen, trotz mannigfacher Schwierigkeiten, die in den Eigen¬
tümlichkeiten des Landes, im Klima, in der Sprache und in dem Verkehr mit
vielfach ganz ungeschulten Personen lagen, der gestellten Aufgabe in jeder
Hinsicht gerecht zu werden. Siam gehört schon seit mehreren Jahren dem
Weltpostverein an, und zwar auch in Bezug auf Paket- und Postanweisungs¬
austausch.

In dem Lande, das Deutschland an Größe etwas übertrifft, aber nur
fünf bis sechs Millionen Einwohner hat, waren in den bevölkertsten Gegenden
längs der Flüsse und der Küsten am Schlüsse des Jahres 1889 siebzig Post-
anstalten angelegt, deren Zahl 1893 schon auf 128 angewachsen war. Seitdem
sind auch noch die Verbindungen Bangkoks mit den Haupthandelsplntzeu der
Halbinsel sehr verbessert worden. Die Hauptorte des Landes sind unter¬
einander telegraphisch verbunden, und das so entstandne Netz ist über Mnlmein
und Saigon an die Weltlinien angeschlossen. Ein regelmüßiger PostVerkehr
geht durch Siam nach Cochinchina, sodaß das PostWesen in Siam, was deu
guten und sichern Betrieb und die praktische Einrichtung anbelangt, das aller
andern Staaten Asiens überragt.

In Bangkok selbst sind sechs Postanstcilten. Die Briefbestellung findet
dreimal täglich, morgens, mittags und abends, von drei Bestellämtern aus
statt. An die Stelle der alten hölzernen Briefkasten sind neue, von einer
Berliner Firma gelieferte aus Eisenblech eingeführt worden, worauf die Ab¬
holungszeiten durch Stundenplatten angezeigt sind. Die Amtsbedürfnisse, wie
Papier, Tinte, Klebstoff und Bindfaden, werden alle aus Deutschland bezogen
und schon seit Jahren von einem Hamburger Hause geliefert. Selbst die neuen
Briefmarken, die demnächst eingeführt werden sollen, kommen aus Deutschland.
Auch eine Postsparkasse ist von der Verwaltung ins Leben gerufen worden, um
den Beamten Gelegenheit zu geben, kleine Ersparnisse zu mäßigem Zinse sicher
anzulegen. Das Postwesen untersteht jetzt einem siamesischen Generaldirektor,
der in Leipzig sein Examen als Postsekretär abgelegt hat. Neben ihm, aber
in völlig selbständiger Stellung steht als Ratgeber ein höherer, deutscher Post¬
beamter Namens Collmann, der nun schon sieben Jahre lang das Siamesische
PostWesen mit großer Umsicht leitet.

Wie in der Post und Telegraphie, so haben auch in dem Heere Deutsche
vielfach die Offizierstellen inne, in kleinerer Anzahl sind darin auch Dänen
vertreten.*) Doch sind diese deutsch-siamesischen Offiziere nicht mit Urlaub



Im vorigen Jahre hieß es, das; infolge des Besuchs des Königs in Petersburg eine
Menge von russischen Offizieren als Lehrmeister für das Siamesische Heer gewonnen wären.
Siams Rulturbestrebungen und Deutschlands Anteil

Leiter das Postwesen Siams zu ordnen. Auch eine Anzahl deutscher Beamten
ging mit ihm hinaus. Dann folgten die Postinspektoren Stratz und Eickhoff.
Ihrer Thätigkeit, sowie den unter ihnen wirkenden andern deutschen Post¬
beamten ist es gelungen, trotz mannigfacher Schwierigkeiten, die in den Eigen¬
tümlichkeiten des Landes, im Klima, in der Sprache und in dem Verkehr mit
vielfach ganz ungeschulten Personen lagen, der gestellten Aufgabe in jeder
Hinsicht gerecht zu werden. Siam gehört schon seit mehreren Jahren dem
Weltpostverein an, und zwar auch in Bezug auf Paket- und Postanweisungs¬
austausch.

In dem Lande, das Deutschland an Größe etwas übertrifft, aber nur
fünf bis sechs Millionen Einwohner hat, waren in den bevölkertsten Gegenden
längs der Flüsse und der Küsten am Schlüsse des Jahres 1889 siebzig Post-
anstalten angelegt, deren Zahl 1893 schon auf 128 angewachsen war. Seitdem
sind auch noch die Verbindungen Bangkoks mit den Haupthandelsplntzeu der
Halbinsel sehr verbessert worden. Die Hauptorte des Landes sind unter¬
einander telegraphisch verbunden, und das so entstandne Netz ist über Mnlmein
und Saigon an die Weltlinien angeschlossen. Ein regelmüßiger PostVerkehr
geht durch Siam nach Cochinchina, sodaß das PostWesen in Siam, was deu
guten und sichern Betrieb und die praktische Einrichtung anbelangt, das aller
andern Staaten Asiens überragt.

In Bangkok selbst sind sechs Postanstcilten. Die Briefbestellung findet
dreimal täglich, morgens, mittags und abends, von drei Bestellämtern aus
statt. An die Stelle der alten hölzernen Briefkasten sind neue, von einer
Berliner Firma gelieferte aus Eisenblech eingeführt worden, worauf die Ab¬
holungszeiten durch Stundenplatten angezeigt sind. Die Amtsbedürfnisse, wie
Papier, Tinte, Klebstoff und Bindfaden, werden alle aus Deutschland bezogen
und schon seit Jahren von einem Hamburger Hause geliefert. Selbst die neuen
Briefmarken, die demnächst eingeführt werden sollen, kommen aus Deutschland.
Auch eine Postsparkasse ist von der Verwaltung ins Leben gerufen worden, um
den Beamten Gelegenheit zu geben, kleine Ersparnisse zu mäßigem Zinse sicher
anzulegen. Das Postwesen untersteht jetzt einem siamesischen Generaldirektor,
der in Leipzig sein Examen als Postsekretär abgelegt hat. Neben ihm, aber
in völlig selbständiger Stellung steht als Ratgeber ein höherer, deutscher Post¬
beamter Namens Collmann, der nun schon sieben Jahre lang das Siamesische
PostWesen mit großer Umsicht leitet.

Wie in der Post und Telegraphie, so haben auch in dem Heere Deutsche
vielfach die Offizierstellen inne, in kleinerer Anzahl sind darin auch Dänen
vertreten.*) Doch sind diese deutsch-siamesischen Offiziere nicht mit Urlaub



Im vorigen Jahre hieß es, das; infolge des Besuchs des Königs in Petersburg eine
Menge von russischen Offizieren als Lehrmeister für das Siamesische Heer gewonnen wären.
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[0420] Siams Rulturbestrebungen und Deutschlands Anteil Leiter das Postwesen Siams zu ordnen. Auch eine Anzahl deutscher Beamten ging mit ihm hinaus. Dann folgten die Postinspektoren Stratz und Eickhoff. Ihrer Thätigkeit, sowie den unter ihnen wirkenden andern deutschen Post¬ beamten ist es gelungen, trotz mannigfacher Schwierigkeiten, die in den Eigen¬ tümlichkeiten des Landes, im Klima, in der Sprache und in dem Verkehr mit vielfach ganz ungeschulten Personen lagen, der gestellten Aufgabe in jeder Hinsicht gerecht zu werden. Siam gehört schon seit mehreren Jahren dem Weltpostverein an, und zwar auch in Bezug auf Paket- und Postanweisungs¬ austausch. In dem Lande, das Deutschland an Größe etwas übertrifft, aber nur fünf bis sechs Millionen Einwohner hat, waren in den bevölkertsten Gegenden längs der Flüsse und der Küsten am Schlüsse des Jahres 1889 siebzig Post- anstalten angelegt, deren Zahl 1893 schon auf 128 angewachsen war. Seitdem sind auch noch die Verbindungen Bangkoks mit den Haupthandelsplntzeu der Halbinsel sehr verbessert worden. Die Hauptorte des Landes sind unter¬ einander telegraphisch verbunden, und das so entstandne Netz ist über Mnlmein und Saigon an die Weltlinien angeschlossen. Ein regelmüßiger PostVerkehr geht durch Siam nach Cochinchina, sodaß das PostWesen in Siam, was deu guten und sichern Betrieb und die praktische Einrichtung anbelangt, das aller andern Staaten Asiens überragt. In Bangkok selbst sind sechs Postanstcilten. Die Briefbestellung findet dreimal täglich, morgens, mittags und abends, von drei Bestellämtern aus statt. An die Stelle der alten hölzernen Briefkasten sind neue, von einer Berliner Firma gelieferte aus Eisenblech eingeführt worden, worauf die Ab¬ holungszeiten durch Stundenplatten angezeigt sind. Die Amtsbedürfnisse, wie Papier, Tinte, Klebstoff und Bindfaden, werden alle aus Deutschland bezogen und schon seit Jahren von einem Hamburger Hause geliefert. Selbst die neuen Briefmarken, die demnächst eingeführt werden sollen, kommen aus Deutschland. Auch eine Postsparkasse ist von der Verwaltung ins Leben gerufen worden, um den Beamten Gelegenheit zu geben, kleine Ersparnisse zu mäßigem Zinse sicher anzulegen. Das Postwesen untersteht jetzt einem siamesischen Generaldirektor, der in Leipzig sein Examen als Postsekretär abgelegt hat. Neben ihm, aber in völlig selbständiger Stellung steht als Ratgeber ein höherer, deutscher Post¬ beamter Namens Collmann, der nun schon sieben Jahre lang das Siamesische PostWesen mit großer Umsicht leitet. Wie in der Post und Telegraphie, so haben auch in dem Heere Deutsche vielfach die Offizierstellen inne, in kleinerer Anzahl sind darin auch Dänen vertreten.*) Doch sind diese deutsch-siamesischen Offiziere nicht mit Urlaub Im vorigen Jahre hieß es, das; infolge des Besuchs des Königs in Petersburg eine Menge von russischen Offizieren als Lehrmeister für das Siamesische Heer gewonnen wären.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/420>, abgerufen am 23.07.2024.