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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

aus, weil er der Wendung der Schutzzollpolitik widerstrebte und sich die alte, von
ihm geschaffne Bedeutung seines Amtes durch die Abzweigung andrer Reichsämter
allmählich verminderte. Sein Nachfolger vou Hofmann hatte infolgedessen nur uoch
etwa die Bedeutung eines Unterstcmtssekretürs für das Innere. An die Stelle
des Handelsministers Heinrich von Ueberhand, der weder die Verstaatlichung der
Preußischem Bahnen noch das Reichscisenbahnprojekt wollte, trat 1378 Albert
Maybach, der die Verstaatlichung mit dem glänzendsten Erfolge in überraschend
kurzer Zeit durchführte und 1673 zugleich die Leitung des Neichsamts für die
Reichseisenbahnen in Elsaß Lothringen übernahm. Ludolf von Camphausen machte
als Fiunnzminister im März 1878 dem bisherigen Oberbürgermeister von Berlin,
Arthur Hobrecht, Platz, da er der Schutzzollpolitik, der Steuerreform und dem
Reichseisenbahnprvjekt ebenso widerstrebte wie Delbrück und der Versuch Bismarcks,
Rudolf von Bennigsen zum Eintritt in das Ministerium! zu bestimmen, an dessen
ihm vou der nativualliberaleu Partei vorgeschriebnen Forderung gescheitert war,
auch Stauffenberg und Forckenbcck zu berufe" (Dezember 1877). Höchst ergötzlich
wird dabei erzählt, wie der Geheimrat Tiedemann, Chef der Reichskanzlei, den
neuen Finanzminister ausfindig machte und zur Annahme bestimmte, und ein an¬
ziehendes Bild von Bismarck und seinem Leben in Friedrichsruh giebt der Bericht
von Hobrechts Besuch dort im Dezember 1373. Fast gleichzeitig mit Hobrecht,
um 31. März, übernahm Graf Botho zu Eulenburg nach der kurzen Übergangs¬
zeit unter Friedenthal das Ministerium! des Innern, das seit dem Dezember 1862
sein Oheim Graf Fritz zu Eulenburg, der glückliche Unterhändler der Verträge mit
Japan, China und Siam, verwaltet hatte; seine Hanptmifgabe war die Aufstellung,
Verteidigung und Durchführung des Svzialisteugcsetzes. Unter den übrigen preußischen
Bevollmächtigten zum Bundesrate tritt besonders noch Graf Stolberg hervor,
der verdiente Oberpräsident der neuen Provinz Hannover (1867--73), dann Bot¬
schafter in Wie", 1878- 31 Stellvertreter Bismarcks im Reiche und in Preußen.
Der im September 1877 neuernannte bayrische Bevollmächtigte, Gideon von Rud-
hard, hatte bekanntlich das Mißgeschick, im Mui 1380 ganz persönlich mit Bismarck
wegen des Zvllanschlnsses von Hamburg hart zusammenzustoßen und nahm daher
seine Entlassung. Die königlich sächsischen Bevollmächtigte", die Minister Hermann
von Nostiz-Wallwitz, Alfred vo" Fabriee waren in Berlin längst heimisch, mich
die Badener Julius Jolly und Rudolf Frehdorf standen schon seit dem Winter
1870- -71 in amtlichen und persönlichen Beziehungen zu Bismarck, und von beiden
teilt Poschinger wieder eine Anzahl von Briefen mit. Die von Jolly geben
lebendige Bilder ans den Versailler Verhandlungen über den Eintritt der süd¬
deutschen Staaten in den Norddeutschen Bund und über den Frieden von Frank-
furt; Frcydorss Briefe gehören teils derselben Zeit, teils seinem Berliner Aufent¬
halt im Frühling 1871 und in deu Jahren l874--75 an. Über Jolly ist vor
kurzem aus der Feder des verstorbnen Historikers Hermann Banmgnrten in Stra߬
burg und des Professors Ludwig Jolly in Tübingen eine ausführliche Biographie
erschienen, auf die wir hier vorläufig aufmerksam machen.*) Als ein noch älterer
Bekannter tritt dem Leser der Sachsen-koburg-gvthaische Staatsminister von Seebach
entgegen, von dem wieder mehrere Reihen von Briefen an seine Tochter beigefügt
sind. Ein Personen- und Sachregister erleichtert auch in diesem Bande die Über¬
sicht über den der Natur der Sache nach sehr bunten und mannigfaltigen Stoff.



*) Staatsminister Jolly. Ein Lebensbild von H. Bmimgortcn und L. Jolly. Tübingen
H> Lcmppsche Buchhandlung, .!"!)?. VI II n. 2W S. Leider fehlt ein Bildnis Jollus. '
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aus, weil er der Wendung der Schutzzollpolitik widerstrebte und sich die alte, von
ihm geschaffne Bedeutung seines Amtes durch die Abzweigung andrer Reichsämter
allmählich verminderte. Sein Nachfolger vou Hofmann hatte infolgedessen nur uoch
etwa die Bedeutung eines Unterstcmtssekretürs für das Innere. An die Stelle
des Handelsministers Heinrich von Ueberhand, der weder die Verstaatlichung der
Preußischem Bahnen noch das Reichscisenbahnprojekt wollte, trat 1378 Albert
Maybach, der die Verstaatlichung mit dem glänzendsten Erfolge in überraschend
kurzer Zeit durchführte und 1673 zugleich die Leitung des Neichsamts für die
Reichseisenbahnen in Elsaß Lothringen übernahm. Ludolf von Camphausen machte
als Fiunnzminister im März 1878 dem bisherigen Oberbürgermeister von Berlin,
Arthur Hobrecht, Platz, da er der Schutzzollpolitik, der Steuerreform und dem
Reichseisenbahnprvjekt ebenso widerstrebte wie Delbrück und der Versuch Bismarcks,
Rudolf von Bennigsen zum Eintritt in das Ministerium! zu bestimmen, an dessen
ihm vou der nativualliberaleu Partei vorgeschriebnen Forderung gescheitert war,
auch Stauffenberg und Forckenbcck zu berufe» (Dezember 1877). Höchst ergötzlich
wird dabei erzählt, wie der Geheimrat Tiedemann, Chef der Reichskanzlei, den
neuen Finanzminister ausfindig machte und zur Annahme bestimmte, und ein an¬
ziehendes Bild von Bismarck und seinem Leben in Friedrichsruh giebt der Bericht
von Hobrechts Besuch dort im Dezember 1373. Fast gleichzeitig mit Hobrecht,
um 31. März, übernahm Graf Botho zu Eulenburg nach der kurzen Übergangs¬
zeit unter Friedenthal das Ministerium! des Innern, das seit dem Dezember 1862
sein Oheim Graf Fritz zu Eulenburg, der glückliche Unterhändler der Verträge mit
Japan, China und Siam, verwaltet hatte; seine Hanptmifgabe war die Aufstellung,
Verteidigung und Durchführung des Svzialisteugcsetzes. Unter den übrigen preußischen
Bevollmächtigten zum Bundesrate tritt besonders noch Graf Stolberg hervor,
der verdiente Oberpräsident der neuen Provinz Hannover (1867—73), dann Bot¬
schafter in Wie», 1878- 31 Stellvertreter Bismarcks im Reiche und in Preußen.
Der im September 1877 neuernannte bayrische Bevollmächtigte, Gideon von Rud-
hard, hatte bekanntlich das Mißgeschick, im Mui 1380 ganz persönlich mit Bismarck
wegen des Zvllanschlnsses von Hamburg hart zusammenzustoßen und nahm daher
seine Entlassung. Die königlich sächsischen Bevollmächtigte», die Minister Hermann
von Nostiz-Wallwitz, Alfred vo» Fabriee waren in Berlin längst heimisch, mich
die Badener Julius Jolly und Rudolf Frehdorf standen schon seit dem Winter
1870- -71 in amtlichen und persönlichen Beziehungen zu Bismarck, und von beiden
teilt Poschinger wieder eine Anzahl von Briefen mit. Die von Jolly geben
lebendige Bilder ans den Versailler Verhandlungen über den Eintritt der süd¬
deutschen Staaten in den Norddeutschen Bund und über den Frieden von Frank-
furt; Frcydorss Briefe gehören teils derselben Zeit, teils seinem Berliner Aufent¬
halt im Frühling 1871 und in deu Jahren l874—75 an. Über Jolly ist vor
kurzem aus der Feder des verstorbnen Historikers Hermann Banmgnrten in Stra߬
burg und des Professors Ludwig Jolly in Tübingen eine ausführliche Biographie
erschienen, auf die wir hier vorläufig aufmerksam machen.*) Als ein noch älterer
Bekannter tritt dem Leser der Sachsen-koburg-gvthaische Staatsminister von Seebach
entgegen, von dem wieder mehrere Reihen von Briefen an seine Tochter beigefügt
sind. Ein Personen- und Sachregister erleichtert auch in diesem Bande die Über¬
sicht über den der Natur der Sache nach sehr bunten und mannigfaltigen Stoff.



*) Staatsminister Jolly. Ein Lebensbild von H. Bmimgortcn und L. Jolly. Tübingen
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[0673] Litteratur aus, weil er der Wendung der Schutzzollpolitik widerstrebte und sich die alte, von ihm geschaffne Bedeutung seines Amtes durch die Abzweigung andrer Reichsämter allmählich verminderte. Sein Nachfolger vou Hofmann hatte infolgedessen nur uoch etwa die Bedeutung eines Unterstcmtssekretürs für das Innere. An die Stelle des Handelsministers Heinrich von Ueberhand, der weder die Verstaatlichung der Preußischem Bahnen noch das Reichscisenbahnprojekt wollte, trat 1378 Albert Maybach, der die Verstaatlichung mit dem glänzendsten Erfolge in überraschend kurzer Zeit durchführte und 1673 zugleich die Leitung des Neichsamts für die Reichseisenbahnen in Elsaß Lothringen übernahm. Ludolf von Camphausen machte als Fiunnzminister im März 1878 dem bisherigen Oberbürgermeister von Berlin, Arthur Hobrecht, Platz, da er der Schutzzollpolitik, der Steuerreform und dem Reichseisenbahnprvjekt ebenso widerstrebte wie Delbrück und der Versuch Bismarcks, Rudolf von Bennigsen zum Eintritt in das Ministerium! zu bestimmen, an dessen ihm vou der nativualliberaleu Partei vorgeschriebnen Forderung gescheitert war, auch Stauffenberg und Forckenbcck zu berufe» (Dezember 1877). Höchst ergötzlich wird dabei erzählt, wie der Geheimrat Tiedemann, Chef der Reichskanzlei, den neuen Finanzminister ausfindig machte und zur Annahme bestimmte, und ein an¬ ziehendes Bild von Bismarck und seinem Leben in Friedrichsruh giebt der Bericht von Hobrechts Besuch dort im Dezember 1373. Fast gleichzeitig mit Hobrecht, um 31. März, übernahm Graf Botho zu Eulenburg nach der kurzen Übergangs¬ zeit unter Friedenthal das Ministerium! des Innern, das seit dem Dezember 1862 sein Oheim Graf Fritz zu Eulenburg, der glückliche Unterhändler der Verträge mit Japan, China und Siam, verwaltet hatte; seine Hanptmifgabe war die Aufstellung, Verteidigung und Durchführung des Svzialisteugcsetzes. Unter den übrigen preußischen Bevollmächtigten zum Bundesrate tritt besonders noch Graf Stolberg hervor, der verdiente Oberpräsident der neuen Provinz Hannover (1867—73), dann Bot¬ schafter in Wie», 1878- 31 Stellvertreter Bismarcks im Reiche und in Preußen. Der im September 1877 neuernannte bayrische Bevollmächtigte, Gideon von Rud- hard, hatte bekanntlich das Mißgeschick, im Mui 1380 ganz persönlich mit Bismarck wegen des Zvllanschlnsses von Hamburg hart zusammenzustoßen und nahm daher seine Entlassung. Die königlich sächsischen Bevollmächtigte», die Minister Hermann von Nostiz-Wallwitz, Alfred vo» Fabriee waren in Berlin längst heimisch, mich die Badener Julius Jolly und Rudolf Frehdorf standen schon seit dem Winter 1870- -71 in amtlichen und persönlichen Beziehungen zu Bismarck, und von beiden teilt Poschinger wieder eine Anzahl von Briefen mit. Die von Jolly geben lebendige Bilder ans den Versailler Verhandlungen über den Eintritt der süd¬ deutschen Staaten in den Norddeutschen Bund und über den Frieden von Frank- furt; Frcydorss Briefe gehören teils derselben Zeit, teils seinem Berliner Aufent¬ halt im Frühling 1871 und in deu Jahren l874—75 an. Über Jolly ist vor kurzem aus der Feder des verstorbnen Historikers Hermann Banmgnrten in Stra߬ burg und des Professors Ludwig Jolly in Tübingen eine ausführliche Biographie erschienen, auf die wir hier vorläufig aufmerksam machen.*) Als ein noch älterer Bekannter tritt dem Leser der Sachsen-koburg-gvthaische Staatsminister von Seebach entgegen, von dem wieder mehrere Reihen von Briefen an seine Tochter beigefügt sind. Ein Personen- und Sachregister erleichtert auch in diesem Bande die Über¬ sicht über den der Natur der Sache nach sehr bunten und mannigfaltigen Stoff. *) Staatsminister Jolly. Ein Lebensbild von H. Bmimgortcn und L. Jolly. Tübingen H> Lcmppsche Buchhandlung, .!»!)?. VI II n. 2W S. Leider fehlt ein Bildnis Jollus. '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/673>, abgerufen am 07.01.2025.