Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H3 rücksichten, die Wahrheit zu erforschen." Ob sich aber die Wahrheit auch willig In Bezug auf die Regierung Ernst Augusts enthalten die Dokumente des Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H3 rücksichten, die Wahrheit zu erforschen." Ob sich aber die Wahrheit auch willig In Bezug auf die Regierung Ernst Augusts enthalten die Dokumente des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0634" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227536"/> <fw type="header" place="top"> Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H3</fw><lb/> <p xml:id="ID_2312" prev="#ID_2311"> rücksichten, die Wahrheit zu erforschen." Ob sich aber die Wahrheit auch willig<lb/> finden läßt und nicht vielmehr oft den Suchenden äfft und täuscht? Mit<lb/> einer großen Täuschung, die für das ganze Buch folgenreich gewesen ist, haben<lb/> wir uns ja eben beschäftigt-</p><lb/> <p xml:id="ID_2313" next="#ID_2314"> In Bezug auf die Regierung Ernst Augusts enthalten die Dokumente des<lb/> Verfassers sowohl wie seine Ausführungen viel wichtiges. Auch seinen Urteilen<lb/> können wir uns mit einigen Vorbehalten anschließen. Ernst August war ganz<lb/> gewiß ein kluger Mann. Das zeigen allein schon seine Randbemerkungen zu<lb/> den Berichten seiner Gesandten und Minister. Daß sie oft nicht in richtigem<lb/> Deutsch geschrieben waren, wie denn der König auch nur sehr unvollkommen<lb/> deutsch sprach, war nicht seine Schuld; es lag an seiner wunderlichen Erziehung<lb/> und gehört mit in das große Kapitel der „vier George." Er hatte seine<lb/> Jngend genossen in Kreisen, nach deren Auffassung ein Prinz nicht auf tiefere<lb/> geistige Bildung zu sehen brauchte. Er hatte gegen die Franzosen gekämpft,<lb/> persönlich mit dem Säbel in der Faust, unerschrocken und tapfer bis zur<lb/> Waghalsigkeit, er hatte schwere Verwundungen davon getragen, und ein auf¬<lb/> geschlagnes Auge erinnerte zeitlebens daran. Er war und blieb ein leiden¬<lb/> schaftlicher Soldat und würde sich in einem aktiven Kommando bei jeder<lb/> kriegerischen Expedition wohl gefühlt und vortrefflich bewährt haben. Nun<lb/> mußte er in England den unthätigen Prinzen und Hochtory spielen oder in<lb/> Berlin mit einer militärischen Scheinstellung vorlieb nehmen, die er der Freund¬<lb/> lichkeit seines Schwagers Friedrich Wilhelm III. verdankte, und es blieb bei<lb/> den Familienverhältnissen seiner Brüder, der Söhne Georgs III., lange un¬<lb/> gewiß, ob er noch jemals einen Thron besteigen würde. Als es endlich dazu<lb/> kam, war er sechsundsechzig Jahre alt, und es ist eher zu verwundern, daß er<lb/> sich noch so in die Verhältnisse feines Landes hineinfand, als daß man Grund<lb/> hätte, sich ihn als den vornehmsten Statisten seines Königreichs vorzustellen.<lb/> Das vielgenannte Staatsgrundgesetz, das unter Wilhelm IV. schon bald nach<lb/> Graf Münsters Rücktritt hauptsächlich von Dahlmann entworfen, aber erst<lb/> Ende 1833 publizirt worden war, bestimmte unter anderm die Vereinigung<lb/> der Landeskassen und die Ausscheidung einer bestimmten Domänenmasse, deren<lb/> Ertrag dem Könige zustehen sollte, also einer Zivilliste gleichkam. Dem Ent¬<lb/> würfe, ehe er den Ständen vorgelegt wurde, hatte nicht nur der König,<lb/> sondern auch der mutmaßliche Thronfolger Ernst August mit ausdrücklicher<lb/> Bezugnahme auf das Finanzthema dem Könige gegenüber zugestimmt. Später,<lb/> als die Minister dem Prinzen das fertige Gesetz nur zur Kenntnisnahme, uicht<lb/> damit er als Agnat zustimme, übersandten, erklärte er ihnen unzweideutig,<lb/> daß er sich an das Gesetz nicht gebunden halte (29. Oktober 1833). Kurz<lb/> darauf ließ er keinen Zweifel darüber, daß ihm die Kassenvereinigung und die<lb/> Abhängigkeit des königlichen Einkommens von der Bewilligung der Stände<lb/> uicht gefalle (März 1835). Im Dezember nahm er dann Scheich Rat in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0634]
Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H3
rücksichten, die Wahrheit zu erforschen." Ob sich aber die Wahrheit auch willig
finden läßt und nicht vielmehr oft den Suchenden äfft und täuscht? Mit
einer großen Täuschung, die für das ganze Buch folgenreich gewesen ist, haben
wir uns ja eben beschäftigt-
In Bezug auf die Regierung Ernst Augusts enthalten die Dokumente des
Verfassers sowohl wie seine Ausführungen viel wichtiges. Auch seinen Urteilen
können wir uns mit einigen Vorbehalten anschließen. Ernst August war ganz
gewiß ein kluger Mann. Das zeigen allein schon seine Randbemerkungen zu
den Berichten seiner Gesandten und Minister. Daß sie oft nicht in richtigem
Deutsch geschrieben waren, wie denn der König auch nur sehr unvollkommen
deutsch sprach, war nicht seine Schuld; es lag an seiner wunderlichen Erziehung
und gehört mit in das große Kapitel der „vier George." Er hatte seine
Jngend genossen in Kreisen, nach deren Auffassung ein Prinz nicht auf tiefere
geistige Bildung zu sehen brauchte. Er hatte gegen die Franzosen gekämpft,
persönlich mit dem Säbel in der Faust, unerschrocken und tapfer bis zur
Waghalsigkeit, er hatte schwere Verwundungen davon getragen, und ein auf¬
geschlagnes Auge erinnerte zeitlebens daran. Er war und blieb ein leiden¬
schaftlicher Soldat und würde sich in einem aktiven Kommando bei jeder
kriegerischen Expedition wohl gefühlt und vortrefflich bewährt haben. Nun
mußte er in England den unthätigen Prinzen und Hochtory spielen oder in
Berlin mit einer militärischen Scheinstellung vorlieb nehmen, die er der Freund¬
lichkeit seines Schwagers Friedrich Wilhelm III. verdankte, und es blieb bei
den Familienverhältnissen seiner Brüder, der Söhne Georgs III., lange un¬
gewiß, ob er noch jemals einen Thron besteigen würde. Als es endlich dazu
kam, war er sechsundsechzig Jahre alt, und es ist eher zu verwundern, daß er
sich noch so in die Verhältnisse feines Landes hineinfand, als daß man Grund
hätte, sich ihn als den vornehmsten Statisten seines Königreichs vorzustellen.
Das vielgenannte Staatsgrundgesetz, das unter Wilhelm IV. schon bald nach
Graf Münsters Rücktritt hauptsächlich von Dahlmann entworfen, aber erst
Ende 1833 publizirt worden war, bestimmte unter anderm die Vereinigung
der Landeskassen und die Ausscheidung einer bestimmten Domänenmasse, deren
Ertrag dem Könige zustehen sollte, also einer Zivilliste gleichkam. Dem Ent¬
würfe, ehe er den Ständen vorgelegt wurde, hatte nicht nur der König,
sondern auch der mutmaßliche Thronfolger Ernst August mit ausdrücklicher
Bezugnahme auf das Finanzthema dem Könige gegenüber zugestimmt. Später,
als die Minister dem Prinzen das fertige Gesetz nur zur Kenntnisnahme, uicht
damit er als Agnat zustimme, übersandten, erklärte er ihnen unzweideutig,
daß er sich an das Gesetz nicht gebunden halte (29. Oktober 1833). Kurz
darauf ließ er keinen Zweifel darüber, daß ihm die Kassenvereinigung und die
Abhängigkeit des königlichen Einkommens von der Bewilligung der Stände
uicht gefalle (März 1835). Im Dezember nahm er dann Scheich Rat in
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