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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Meyers Uouversationslexikon

tellur" und "Bildhauerkunst" dienen, ohne daß sie sich dem Lallen aufdrängten.
Bei einzelnen Tafeln ist sogar eine bildmäßige Wirkung angestrebt und auch nicht
selten erreicht worden. Die zwölf Tafeln, die den Artikel "Architektur" begleiten,
sind für die fünfte Auflage völlig neu zusammengestellt und ausgeführt worden,
und zwar in malerischem Holzschnitt, der die plastischen Wirkungen der Architektur¬
teile ungleich wirksamer zur Geltung bringt als der magere Umrißstich auf Kupfer-
platten. Für die Tafeln zur Bildhauerkunst ist zwar noch ein Teil des alten
Materials beibehalten, dieses aber durch mehrere neue Tafeln vermehrt worden,
mit Beibehaltung der Kupferstichtechnik, die sich selbst in den durchaus malerisch
gedachten Schöpfungen der modernen Franzosen und Italiener, der österreichischen
und deutschen Bildhauer von der Art eines Tilgner, Weyr, R. Begas und
G. Eberlein vortrefflich bewährt hat. Bei einer neuen Auflage wird man aber
doch zu einem der Reproduttionsverfahren greifen müssen, die auf der Photo¬
graphie beruhen. Die Autotypie hat es bis jetzt, wenn es sich um die Herstellung
großer Auflagen bei möglichst geringen Kosten handelt, noch nicht zu befriedigenden
Ergebnissen gebracht. Aber es hieße an der Zukunft der modernen Technik, für
die doch gerade Meyers Lexikon ein mächtiger Hebel der Entwicklung gewesen ist,
verzweifeln, wenn man schon jetzt die Autotypie aus der Reihe der reproduzirenden
Künste streichen wollte.

Wohlweislich hat die Redaktion des Lexikons darauf verzichtet, auch dem Artikel
Malerei eine Reihe von Tafeln beizugeben. Eine Kunst, deren letztes und höchstes
Ausdrucksmittel die Farbe ist, bedarf ihrer auch für lehrhafte Zwecke, wenn sie in
ihren Absichten und Wirkungen verstanden sein will. Mit kleinen Reproduktionen
von einzelnen hervorragenden Bildern wichtiger Meister in Holzschnitt oder Autotypie
wird der Zweck der Belehrung und des Unterrichts nicht erreicht, sondern nur der
Schaulust gedient, die hente jeder befriedigen kann, der monatlich eine oder zwei
Mark für eine illustrirte Wochenschrift übrig hat. Zu einer farbigen Wiedergabe
von Gemälden ist aber unser Farbendruck zur Zeit uoch unfähig, er reicht aber
aus, wo es sich um Erzeugnisse der Kunstindustrie handelt. Dafür sprechen be¬
sonders die farbigen Tafeln, die zu deu Artikeln über Emailmalerei, über Glas-
kunstindustrie und Glasmalerei, gehören. Diese Tafeln können leicht vermehrt
werden. So würde z. B. die an und für sich sehr zweckmäßige und reichhaltige
Tafel Schmucksachen durch farbige Ausführung unendlich gewinne".

Solche idealen Ziele können aber nur erreicht werden, wenn die Gunst des
Publikums dem Unternehmen die alte Anhänglichkeit bewahrt. Die neue Auflage
hat sich bis zu den letzten Bänden, bei denen bisher fast immer die Lexikographen
in ein hilfloses Gedränge geraten und zu kopfloser Beseitigung von Unentbehrlichem
und Entbehrlichem geschritten sind, dieses Vertrauens würdig erwiesen, und das
Vertrauen wird sich uoch stärken, wenn der Käufer durch jahrelangen Verkehr mit
diesem Haushund erst wirklich mit ihm vertraut geworden sein wird.


Adolf Rosenberg


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tellur" und „Bildhauerkunst" dienen, ohne daß sie sich dem Lallen aufdrängten.
Bei einzelnen Tafeln ist sogar eine bildmäßige Wirkung angestrebt und auch nicht
selten erreicht worden. Die zwölf Tafeln, die den Artikel „Architektur" begleiten,
sind für die fünfte Auflage völlig neu zusammengestellt und ausgeführt worden,
und zwar in malerischem Holzschnitt, der die plastischen Wirkungen der Architektur¬
teile ungleich wirksamer zur Geltung bringt als der magere Umrißstich auf Kupfer-
platten. Für die Tafeln zur Bildhauerkunst ist zwar noch ein Teil des alten
Materials beibehalten, dieses aber durch mehrere neue Tafeln vermehrt worden,
mit Beibehaltung der Kupferstichtechnik, die sich selbst in den durchaus malerisch
gedachten Schöpfungen der modernen Franzosen und Italiener, der österreichischen
und deutschen Bildhauer von der Art eines Tilgner, Weyr, R. Begas und
G. Eberlein vortrefflich bewährt hat. Bei einer neuen Auflage wird man aber
doch zu einem der Reproduttionsverfahren greifen müssen, die auf der Photo¬
graphie beruhen. Die Autotypie hat es bis jetzt, wenn es sich um die Herstellung
großer Auflagen bei möglichst geringen Kosten handelt, noch nicht zu befriedigenden
Ergebnissen gebracht. Aber es hieße an der Zukunft der modernen Technik, für
die doch gerade Meyers Lexikon ein mächtiger Hebel der Entwicklung gewesen ist,
verzweifeln, wenn man schon jetzt die Autotypie aus der Reihe der reproduzirenden
Künste streichen wollte.

Wohlweislich hat die Redaktion des Lexikons darauf verzichtet, auch dem Artikel
Malerei eine Reihe von Tafeln beizugeben. Eine Kunst, deren letztes und höchstes
Ausdrucksmittel die Farbe ist, bedarf ihrer auch für lehrhafte Zwecke, wenn sie in
ihren Absichten und Wirkungen verstanden sein will. Mit kleinen Reproduktionen
von einzelnen hervorragenden Bildern wichtiger Meister in Holzschnitt oder Autotypie
wird der Zweck der Belehrung und des Unterrichts nicht erreicht, sondern nur der
Schaulust gedient, die hente jeder befriedigen kann, der monatlich eine oder zwei
Mark für eine illustrirte Wochenschrift übrig hat. Zu einer farbigen Wiedergabe
von Gemälden ist aber unser Farbendruck zur Zeit uoch unfähig, er reicht aber
aus, wo es sich um Erzeugnisse der Kunstindustrie handelt. Dafür sprechen be¬
sonders die farbigen Tafeln, die zu deu Artikeln über Emailmalerei, über Glas-
kunstindustrie und Glasmalerei, gehören. Diese Tafeln können leicht vermehrt
werden. So würde z. B. die an und für sich sehr zweckmäßige und reichhaltige
Tafel Schmucksachen durch farbige Ausführung unendlich gewinne».

Solche idealen Ziele können aber nur erreicht werden, wenn die Gunst des
Publikums dem Unternehmen die alte Anhänglichkeit bewahrt. Die neue Auflage
hat sich bis zu den letzten Bänden, bei denen bisher fast immer die Lexikographen
in ein hilfloses Gedränge geraten und zu kopfloser Beseitigung von Unentbehrlichem
und Entbehrlichem geschritten sind, dieses Vertrauens würdig erwiesen, und das
Vertrauen wird sich uoch stärken, wenn der Käufer durch jahrelangen Verkehr mit
diesem Haushund erst wirklich mit ihm vertraut geworden sein wird.


Adolf Rosenberg


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[0441] Meyers Uouversationslexikon W«M««MW« - . ' tellur" und „Bildhauerkunst" dienen, ohne daß sie sich dem Lallen aufdrängten. Bei einzelnen Tafeln ist sogar eine bildmäßige Wirkung angestrebt und auch nicht selten erreicht worden. Die zwölf Tafeln, die den Artikel „Architektur" begleiten, sind für die fünfte Auflage völlig neu zusammengestellt und ausgeführt worden, und zwar in malerischem Holzschnitt, der die plastischen Wirkungen der Architektur¬ teile ungleich wirksamer zur Geltung bringt als der magere Umrißstich auf Kupfer- platten. Für die Tafeln zur Bildhauerkunst ist zwar noch ein Teil des alten Materials beibehalten, dieses aber durch mehrere neue Tafeln vermehrt worden, mit Beibehaltung der Kupferstichtechnik, die sich selbst in den durchaus malerisch gedachten Schöpfungen der modernen Franzosen und Italiener, der österreichischen und deutschen Bildhauer von der Art eines Tilgner, Weyr, R. Begas und G. Eberlein vortrefflich bewährt hat. Bei einer neuen Auflage wird man aber doch zu einem der Reproduttionsverfahren greifen müssen, die auf der Photo¬ graphie beruhen. Die Autotypie hat es bis jetzt, wenn es sich um die Herstellung großer Auflagen bei möglichst geringen Kosten handelt, noch nicht zu befriedigenden Ergebnissen gebracht. Aber es hieße an der Zukunft der modernen Technik, für die doch gerade Meyers Lexikon ein mächtiger Hebel der Entwicklung gewesen ist, verzweifeln, wenn man schon jetzt die Autotypie aus der Reihe der reproduzirenden Künste streichen wollte. Wohlweislich hat die Redaktion des Lexikons darauf verzichtet, auch dem Artikel Malerei eine Reihe von Tafeln beizugeben. Eine Kunst, deren letztes und höchstes Ausdrucksmittel die Farbe ist, bedarf ihrer auch für lehrhafte Zwecke, wenn sie in ihren Absichten und Wirkungen verstanden sein will. Mit kleinen Reproduktionen von einzelnen hervorragenden Bildern wichtiger Meister in Holzschnitt oder Autotypie wird der Zweck der Belehrung und des Unterrichts nicht erreicht, sondern nur der Schaulust gedient, die hente jeder befriedigen kann, der monatlich eine oder zwei Mark für eine illustrirte Wochenschrift übrig hat. Zu einer farbigen Wiedergabe von Gemälden ist aber unser Farbendruck zur Zeit uoch unfähig, er reicht aber aus, wo es sich um Erzeugnisse der Kunstindustrie handelt. Dafür sprechen be¬ sonders die farbigen Tafeln, die zu deu Artikeln über Emailmalerei, über Glas- kunstindustrie und Glasmalerei, gehören. Diese Tafeln können leicht vermehrt werden. So würde z. B. die an und für sich sehr zweckmäßige und reichhaltige Tafel Schmucksachen durch farbige Ausführung unendlich gewinne». Solche idealen Ziele können aber nur erreicht werden, wenn die Gunst des Publikums dem Unternehmen die alte Anhänglichkeit bewahrt. Die neue Auflage hat sich bis zu den letzten Bänden, bei denen bisher fast immer die Lexikographen in ein hilfloses Gedränge geraten und zu kopfloser Beseitigung von Unentbehrlichem und Entbehrlichem geschritten sind, dieses Vertrauens würdig erwiesen, und das Vertrauen wird sich uoch stärken, wenn der Käufer durch jahrelangen Verkehr mit diesem Haushund erst wirklich mit ihm vertraut geworden sein wird. Adolf Rosenberg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/441>, abgerufen am 29.06.2024.