Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches zu ernster Sorge. Die Folgerungen daraus werden auf einem Gebiete sich zeigen, Bei Besprechung der Handelsverhältnisse heißt es: "Sache der Regierung ist Wir können es den Pommern nicht verargen, wenn sie einmal kräftig schimpfen, Grenzboten III 1897 >x>
Maßgebliches und Unmaßgebliches zu ernster Sorge. Die Folgerungen daraus werden auf einem Gebiete sich zeigen, Bei Besprechung der Handelsverhältnisse heißt es: „Sache der Regierung ist Wir können es den Pommern nicht verargen, wenn sie einmal kräftig schimpfen, Grenzboten III 1897 >x>
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Maßgebliches und Unmaßgebliches
zu ernster Sorge. Die Folgerungen daraus werden auf einem Gebiete sich zeigen,
über welches hier nicht eingehend zu berichten ist; auf die daraus für unser ganzes
Staatsleben sich ergebende Gesahr hinzuweisen, ist die Pflicht jedes königstreuen
Mannes." Sehen wir zu, wie diese Pflicht im einzelnen erfüllt wird.
Bei Besprechung der Handelsverhältnisse heißt es: „Sache der Regierung ist
es nunmehr, den von ihnen unter Mitwirkung des Reichstags erlassenen Gesetzen
baldigst überall Geltung und Achtung zu verschaffen, wenn nicht der weit ver¬
breitete Glaube, daß heutzutage das Großkapital über dem Gesetz stehe, bedenklich
Nahrung finden soll. Mit steigender Erbitterung wird es in den Kreisen der
Landwirtschaft und Kleiumüllerei empfunden, daß man trotz der wiederholten Be¬
schlüsse selbst des jetzigen Reichstags noch nicht den Entschluß fcisseu kann, mit der
auf Staatskosten erfolgenden Begünstigung des Großhandels und der Großmüllerei
durch die gemischten Trcmsitläger und Mühlenkonten zu brechen." In dem Kapitel
„Beziehungen zum Staate usw." lesen wir: „Das Verhalten des Bundesrath in
der Margarinegesetzgebung hat weitgehende Verstimmung und Verbitterung in der
ländlichen Bevölkerung erregt, mau sieht in demselben (!) eine Begünstigung gro߬
kapitalistischer Unternehmungen, selbst dn, wo dieselben^!) dem Betrüge und der
Verfälschung eines wichtigen Nahrungsmittels dienen. Das Rechtsbewußtsein unsers
Volkes empört sich gegen eine solche Protektion des unlautern Wettbewerbs. Ebenso
wird es nicht verstanden, daß die Staatsregierung der Einschleppung der Vieh¬
seuchen Vorschub leistet, indem sie die Einfuhr rohen Fleisches über die Grenze
erleichtert hat. Die fortwährenden Ermahnungen, den Ausfall im Getreidebau
durch verstärkte Viehzucht auszugleichen, werden unter solche» Umstände» geradezu
als Huhn empfunden. . . . Man war seit der Durchpeitschuug der Handels¬
verträge auf alles gefaßt, daß aber der Bundesrat den Bestrebungen auf Be¬
seitigung des krassesten Betrugs bei dem Handel mit einem wichtigen Nahrungs¬
mittel Widerstand leisten werde, das vermochte man mit den landläufigen Begriffen
von Recht und Unrecht nicht in Einklang zu bringen."
Wir können es den Pommern nicht verargen, wenn sie einmal kräftig schimpfen,
auch auf die Negierung schimpfen; aber wenn die amtliche Vertretung der pommerschen
Landwirtschaft in dieser Weise politisch Regierung und Bundesrat zu beschimpfen
wagen darf, dann haben die königstreueu pommerschen Rittergutsbesitzer, die das
gutheißen, jedes Recht verscherzt, sich fernerhin als bessere, patriotischere, tonigs-
treuere Männer hinzustellen als Bebel. Liebknecht. Richter und Genossen. Auch
für sie wäre dann die Stellung zum Staat und zum Throne eine reine Magen¬
stage, zu deren günstiger geschäftlicher Lösung nicht nur bestehende Notstände aufs
krasseste übertrieben werden, sondern der Negierung geradezu eine absichtliche Ver¬
schuldung dieser Notstände nachgesagt wird, um dann womöglich mit versteckten
Drohungen zu schließen. „Schwer und schwerer, sagt der Bericht nu einer andern
Stelle, ringt die Landbevölkerung unsrer Provinz um ihre Existenz; wer die Ver¬
hältnisse kennt, wird derselben(!) die Anerkennung nicht versagen können, daß sie
alle Kräfte bis zur äußersten Grenze anspannt, um sich zuhalten. Und doch kann
jeder einzelne Landwirt mit mathematischer Genauigkeit berechnen, bis zu welchem
Zeitpunkt er sich durch Ersparnis aus frühern Zeiten noch über Wasser halten
kann; der völlige Ruin ist unausbleiblich, wenn wir bei einer Wirtschaftspolitik
verharren, die dem Auslande und dem internationalen Großkapital zu liebe die
heimische Landwirtschaft um die Früchte ihrer Arbeit bringt. Ein großes Kapital
an selbstloser Treue und zäher Kraft ist in dem pommerschen Bauernstande auf¬
gespeichert, und weise Herrscher sind bemüht gewesen, diesen Schatz zu erhalten und
Grenzboten III 1897 >x>
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