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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Aus unsrer Vstmark

aufgestachelt, sondern auch die Deutschen der Ostmark sollten eingeschüchtert
und von dem Beitritt abgeschreckt werden. Dieser Zweck wurde, zur Schande
der Deutschen sei es gesagt, für den Augenblick erreicht. Während der Verein
in Altdeutschland schnell Boden faßte, und die Besten der Nation sich ihm
anschlössen und in seinem Sinne arbeiteten, vermochte er im Osten nur
Schritt für Schritt Boden zu fassen und nur allmählich die Maschen des
Netzes seiner Lokalvcreiue enger zu knüpfen. Wenn er gleichwohl schon viel
für das Deutschtum geleistet hat, so ist das nur der ungewöhnlichen Energie,
Zähigkeit und Klugheit der Vcreinslcitnng zu verdanken. Bei den Angriffen
der Polen befiel die hiesigen Deutschen ein wahrer Schrecken; in ihrem
Urteil beeinflußt, glaubten sie ihnen selbst die ungereimtesten Dinge von den
Gründern des Vereins und ihren Zielen; viele rückten von dem Verein und
seinen Anhängern ab und beteuerten den Polen, daß ihnen der Hakatismus
in der Seele zuwider wäre. Die einen, die Geschäftsleute, thaten und thun es
um wirklicher oder vermeintlicher geschäftlicher Vorteile willen, die andern, der
Deutschfreisinn, mit Rücksicht auf die kommenden Wahlen, für die der Abschluß
des Wahlbündnisses dnrch die Rede Jäckels, des Abgeordneten der Stadt Posen,
eingeleitet worden ist. Wo eine Ortsgruppe entstand, wurde von polnischer
Seite so lange hcrumgespürt, bis die Namen der Mitglieder bekannt waren.
Diese wurden dann in polnischen Blättern rirdi se c>M zum Zweck der Bvhkot-
tirung bekannt gemacht. In einer kleinen Stadt der Provinz Posen krochen
biedere Polen auf den niedrigen Boden über dem Hotelsaal, wo die Gründung
einer Ortsgruppe vollzogen werden sollte, und wohnten so, durch die Venti¬
lationsöffnung in der Decke hörend und sehend, der Sitzung bei. Oster klopfte
mau auch auf den Busch, um sich zu vergewissern, ob der gesuchte Deutsche
dahinter sitze, oder um eine Berichtigung zu erzwingen, die dann häufig genug
aller nationalen Würde bar und ein Gaudium für die Leser der polnischen
Blätter war. Ja es kam vor, daß ein Deutscher seine deutschen Konkurrenten
mit oder ohne Grund in den Ruf der Mitgliedschaft an dem verpöntem Verein
brachte und ihm dadurch geschäftlich Abbruch zu thun suchte.

Erst in der letzten Zeit hat die einschüchternde Kraft der polnischen An¬
griffe auf die deutschen Hasenfüße etwas nachgelassen; heute darf gesagt werden,
daß das onus, ein Hntatist zu sein, hier in der Ostmark zu ertragen ist. Der
Verein zur Förderung des Deutschtums ist auch hier eine Macht geworden;
die Polen haben sich darein gefunden und rechnen damit, daß er besteht. Die
Deutschen werden allmählich erkennen, was ihnen das Deutschtum an der
Sprachgrenze verdankt, und sich entschließen müssen, im Nationalitäteukampfe
auf der deutschen Seite Stellung zu nehmen. Freilich, ehe das alle gethan
haben werdeu, wird noch viel Wasser die Warthe und die Weichsel hinab¬
geflossen sein, und das Deutschtum wird noch manchen Verlust erleiden, uoch
manche Nöte zu bestehen haben.


Aus unsrer Vstmark

aufgestachelt, sondern auch die Deutschen der Ostmark sollten eingeschüchtert
und von dem Beitritt abgeschreckt werden. Dieser Zweck wurde, zur Schande
der Deutschen sei es gesagt, für den Augenblick erreicht. Während der Verein
in Altdeutschland schnell Boden faßte, und die Besten der Nation sich ihm
anschlössen und in seinem Sinne arbeiteten, vermochte er im Osten nur
Schritt für Schritt Boden zu fassen und nur allmählich die Maschen des
Netzes seiner Lokalvcreiue enger zu knüpfen. Wenn er gleichwohl schon viel
für das Deutschtum geleistet hat, so ist das nur der ungewöhnlichen Energie,
Zähigkeit und Klugheit der Vcreinslcitnng zu verdanken. Bei den Angriffen
der Polen befiel die hiesigen Deutschen ein wahrer Schrecken; in ihrem
Urteil beeinflußt, glaubten sie ihnen selbst die ungereimtesten Dinge von den
Gründern des Vereins und ihren Zielen; viele rückten von dem Verein und
seinen Anhängern ab und beteuerten den Polen, daß ihnen der Hakatismus
in der Seele zuwider wäre. Die einen, die Geschäftsleute, thaten und thun es
um wirklicher oder vermeintlicher geschäftlicher Vorteile willen, die andern, der
Deutschfreisinn, mit Rücksicht auf die kommenden Wahlen, für die der Abschluß
des Wahlbündnisses dnrch die Rede Jäckels, des Abgeordneten der Stadt Posen,
eingeleitet worden ist. Wo eine Ortsgruppe entstand, wurde von polnischer
Seite so lange hcrumgespürt, bis die Namen der Mitglieder bekannt waren.
Diese wurden dann in polnischen Blättern rirdi se c>M zum Zweck der Bvhkot-
tirung bekannt gemacht. In einer kleinen Stadt der Provinz Posen krochen
biedere Polen auf den niedrigen Boden über dem Hotelsaal, wo die Gründung
einer Ortsgruppe vollzogen werden sollte, und wohnten so, durch die Venti¬
lationsöffnung in der Decke hörend und sehend, der Sitzung bei. Oster klopfte
mau auch auf den Busch, um sich zu vergewissern, ob der gesuchte Deutsche
dahinter sitze, oder um eine Berichtigung zu erzwingen, die dann häufig genug
aller nationalen Würde bar und ein Gaudium für die Leser der polnischen
Blätter war. Ja es kam vor, daß ein Deutscher seine deutschen Konkurrenten
mit oder ohne Grund in den Ruf der Mitgliedschaft an dem verpöntem Verein
brachte und ihm dadurch geschäftlich Abbruch zu thun suchte.

Erst in der letzten Zeit hat die einschüchternde Kraft der polnischen An¬
griffe auf die deutschen Hasenfüße etwas nachgelassen; heute darf gesagt werden,
daß das onus, ein Hntatist zu sein, hier in der Ostmark zu ertragen ist. Der
Verein zur Förderung des Deutschtums ist auch hier eine Macht geworden;
die Polen haben sich darein gefunden und rechnen damit, daß er besteht. Die
Deutschen werden allmählich erkennen, was ihnen das Deutschtum an der
Sprachgrenze verdankt, und sich entschließen müssen, im Nationalitäteukampfe
auf der deutschen Seite Stellung zu nehmen. Freilich, ehe das alle gethan
haben werdeu, wird noch viel Wasser die Warthe und die Weichsel hinab¬
geflossen sein, und das Deutschtum wird noch manchen Verlust erleiden, uoch
manche Nöte zu bestehen haben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/452>, abgerufen am 28.12.2024.